Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.Erstes Buch. I. Delikte gegen Leib und Leben. die körperliche Integrität der Schwangeren, läßt aber wegendes in abstracto gefährdenden Charakters der Abtreibung die Strafe auch dann eintreten, wenn im konkreten Falle eine Gefährdung weder der Schwangeren noch des Embryo eingetreten ist. Arten der Abtreibung: 1. Einfacher Fall (StGB. §. 218); Abtreibung: Strafe: Zuchthaus bis zu 5 Jahren; bei mildernden Um- 2. Die Lohnabtreibung9 (StGB. §. 219). Schwerere Der Lohnabtreibung kann sich die Schwangere selbst nie, 7 [Spaltenumbruch]
Ebenso RGR. 11. März 1880, E I 270, R I 450. 8 [Spaltenumbruch]
Ebenso RGR. 25. Februar 1880, E I 263, R I 394. 9 [Spaltenumbruch]
Vgl. Pfizer GS. XXVIII. 10 [Spaltenumbruch]
a. A. RGR. 10. April 1880,
E I 350, R I 568. Erſtes Buch. I. Delikte gegen Leib und Leben. die körperliche Integrität der Schwangeren, läßt aber wegendes in abstracto gefährdenden Charakters der Abtreibung die Strafe auch dann eintreten, wenn im konkreten Falle eine Gefährdung weder der Schwangeren noch des Embryo eingetreten iſt. Arten der Abtreibung: 1. Einfacher Fall (StGB. §. 218); Abtreibung: Strafe: Zuchthaus bis zu 5 Jahren; bei mildernden Um- 2. Die Lohnabtreibung9 (StGB. §. 219). Schwerere Der Lohnabtreibung kann ſich die Schwangere ſelbſt nie, 7 [Spaltenumbruch]
Ebenſo RGR. 11. März 1880, E I 270, R I 450. 8 [Spaltenumbruch]
Ebenſo RGR. 25. Februar 1880, E I 263, R I 394. 9 [Spaltenumbruch]
Vgl. Pfizer GS. XXVIII. 10 [Spaltenumbruch]
a. A. RGR. 10. April 1880,
E I 350, R I 568. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0270" n="244"/><fw place="top" type="header">Erſtes Buch. <hi rendition="#aq">I.</hi> Delikte gegen Leib und Leben.</fw><lb/> die körperliche Integrität der Schwangeren, läßt aber wegen<lb/> des <hi rendition="#aq">in abstracto</hi> gefährdenden Charakters der Abtreibung<lb/> die Strafe auch dann eintreten, wenn im konkreten Falle<lb/> eine Gefährdung weder der Schwangeren noch des Embryo<lb/> eingetreten iſt.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Arten</hi> der Abtreibung:</p><lb/> <p>1. <hi rendition="#g">Einfacher</hi> Fall (StGB. §. 218); Abtreibung:<lb/><hi rendition="#aq">a</hi>) durch die Schwangere ſelbſt; <hi rendition="#aq">b</hi>) durch einen Dritten mit<lb/> Einwilligung der Schwangeren. Doch muß im Falle <hi rendition="#aq">b.</hi> der<lb/> Dritte, damit ihn die volle Strafe (§. 218, 3. Abſatz) treffe,<lb/> nach den allgemeinen Grundſätzen als Thäter oder Mitthäter<lb/> erſcheinen (das Geſetz verlangt, daß er „die Mittel zur Ab-<lb/> treibung bei der Schwangeren <hi rendition="#g">angewendet</hi> oder ihr <hi rendition="#g">bei-<lb/> gebracht</hi> hat)“; bloßes <hi rendition="#g">Verſchaffen</hi> der Mittel würde als<lb/> Beihülfe zu dem Delikte <hi rendition="#aq">a.</hi> unter den reduzierten Strafrahmen<lb/> fallen.<note place="foot" n="7"><cb/> Ebenſo RGR. 11. März<lb/> 1880, <hi rendition="#aq">E I</hi> 270, <hi rendition="#aq">R I</hi> 450.</note> Die Schwangere kann im Falle <hi rendition="#aq">b.</hi> als Mitthäterin<lb/> oder aber auch als Teilnehmerin nach den allgemeinen<lb/> Grundſätzen erſcheinen.<note place="foot" n="8"><cb/> Ebenſo RGR. 25. Februar<lb/> 1880, <hi rendition="#aq">E I</hi> 263, <hi rendition="#aq">R I</hi> 394.</note></p><lb/> <p><hi rendition="#g">Strafe</hi>: Zuchthaus bis zu 5 Jahren; bei mildernden Um-<lb/> ſtänden Gefängnis nicht unter 6 Monaten.</p><lb/> <p>2. Die <hi rendition="#g">Lohnabtreibung</hi><note place="foot" n="9"><cb/> Vgl. <hi rendition="#g">Pfizer</hi> GS. <hi rendition="#aq">XXVIII.</hi></note> (StGB. §. 219). Schwerere<lb/> Strafe — Zuchthaus bis zu 10 Jahren — trifft denjenigen,<lb/> der einer Schwangeren, die ihre Frucht abgetrieben hat,<lb/> gegen <hi rendition="#g">Entgelt</hi> die Mittel hiezu verſchafft, bei ihr ange-<lb/> wendet oder ihr beigebracht hat.</p><lb/> <p>Der Lohnabtreibung kann ſich die Schwangere ſelbſt nie,<lb/> auch nicht als Gehülfin, ſchuldig machen;<note place="foot" n="10"><cb/> a. A. RGR. 10. April 1880,<lb/><hi rendition="#aq">E I</hi> 350, <hi rendition="#aq">R I</hi> 568.</note> der Dritte da-<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [244/0270]
Erſtes Buch. I. Delikte gegen Leib und Leben.
die körperliche Integrität der Schwangeren, läßt aber wegen
des in abstracto gefährdenden Charakters der Abtreibung
die Strafe auch dann eintreten, wenn im konkreten Falle
eine Gefährdung weder der Schwangeren noch des Embryo
eingetreten iſt.
Arten der Abtreibung:
1. Einfacher Fall (StGB. §. 218); Abtreibung:
a) durch die Schwangere ſelbſt; b) durch einen Dritten mit
Einwilligung der Schwangeren. Doch muß im Falle b. der
Dritte, damit ihn die volle Strafe (§. 218, 3. Abſatz) treffe,
nach den allgemeinen Grundſätzen als Thäter oder Mitthäter
erſcheinen (das Geſetz verlangt, daß er „die Mittel zur Ab-
treibung bei der Schwangeren angewendet oder ihr bei-
gebracht hat)“; bloßes Verſchaffen der Mittel würde als
Beihülfe zu dem Delikte a. unter den reduzierten Strafrahmen
fallen. 7 Die Schwangere kann im Falle b. als Mitthäterin
oder aber auch als Teilnehmerin nach den allgemeinen
Grundſätzen erſcheinen. 8
Strafe: Zuchthaus bis zu 5 Jahren; bei mildernden Um-
ſtänden Gefängnis nicht unter 6 Monaten.
2. Die Lohnabtreibung 9 (StGB. §. 219). Schwerere
Strafe — Zuchthaus bis zu 10 Jahren — trifft denjenigen,
der einer Schwangeren, die ihre Frucht abgetrieben hat,
gegen Entgelt die Mittel hiezu verſchafft, bei ihr ange-
wendet oder ihr beigebracht hat.
Der Lohnabtreibung kann ſich die Schwangere ſelbſt nie,
auch nicht als Gehülfin, ſchuldig machen; 10 der Dritte da-
7
Ebenſo RGR. 11. März
1880, E I 270, R I 450.
8
Ebenſo RGR. 25. Februar
1880, E I 263, R I 394.
9
Vgl. Pfizer GS. XXVIII.
10
a. A. RGR. 10. April 1880,
E I 350, R I 568.
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