Zweikampf ist der verabredete, den hergebrachten oder vereinbarten Regeln entsprechende, Kampf mit tötlichen Waffen zwischen zwei Personen. Den Begriff der Waffe haben wir hier (im Gegensatze zu dem oben §. 61 Note 2 Gesagten) im engeren Sinne zu nehmen: er umfaßt alle zu Angriff und Verteidigung be- stimmten und zur Zufügung von Verletzungen geeigneten Werkzeuge.14Tötliche Waffen aber sind diejenigen, die bei bestimmungsgemäßem Gebrauche und unter den gegebenen Umständen tötliche Verletzungen herbeizuführen geeignet sind. Dabei müssen, wie bei Anwendung aller relativen Begriffe des Strafrechtes, ganz außergewöhnliche Komplikationen außer Betracht gelassen werden. Demnach sind studentische Schlägermensuren, wenn unter Anwendung der regel- mäßigen Vorsichtsmaßregeln vor sich gehend, zwar als ein vielleicht strafwürdiges (positiv-rechtlich strafloses) Auf's- Spiel-Setzen der körperlichen Integrität, nicht aber als Kampf mit tötlichen Waffen zu betrachten.15 Die An- wendung der strafgesetzlichen Bestimmungen über Körper- verletzung und Raufhandel ist durch die Natur dieser Men- suren als eines vereinbarten und geregelten Kampfes aus- geschlossen. Die akademischen Vorschriften über Studentenduelle sind durch das RStGB. als Straf-, nicht aber als Disziplinargesetze (vgl. oben §. 42 IV) beseitigt worden.
Das sogenannte amerikanische Duell oder die Losung um's Leben ist weder Zweikampf noch Anstiftung zum Selbst- morde, sondern wie der Zweikampf ein Glücksspiel um Leib
14[Spaltenumbruch]
Vgl. RGR. 2. Juni 1880, E I 445, R II 14.
15[Spaltenumbruch]
Die eben cit. RGR. hat[Spaltenumbruch]
diese Frage, als zur Kompetenz des Erstrichters gehörig, nicht entschieden.
Gefährdung von Leib und Leben. §. 62.
Zweikampf iſt der verabredete, den hergebrachten oder vereinbarten Regeln entſprechende, Kampf mit tötlichen Waffen zwiſchen zwei Perſonen. Den Begriff der Waffe haben wir hier (im Gegenſatze zu dem oben §. 61 Note 2 Geſagten) im engeren Sinne zu nehmen: er umfaßt alle zu Angriff und Verteidigung be- ſtimmten und zur Zufügung von Verletzungen geeigneten Werkzeuge.14Tötliche Waffen aber ſind diejenigen, die bei beſtimmungsgemäßem Gebrauche und unter den gegebenen Umſtänden tötliche Verletzungen herbeizuführen geeignet ſind. Dabei müſſen, wie bei Anwendung aller relativen Begriffe des Strafrechtes, ganz außergewöhnliche Komplikationen außer Betracht gelaſſen werden. Demnach ſind ſtudentiſche Schlägermenſuren, wenn unter Anwendung der regel- mäßigen Vorſichtsmaßregeln vor ſich gehend, zwar als ein vielleicht ſtrafwürdiges (poſitiv-rechtlich ſtrafloſes) Auf’s- Spiel-Setzen der körperlichen Integrität, nicht aber als Kampf mit tötlichen Waffen zu betrachten.15 Die An- wendung der ſtrafgeſetzlichen Beſtimmungen über Körper- verletzung und Raufhandel iſt durch die Natur dieſer Men- ſuren als eines vereinbarten und geregelten Kampfes aus- geſchloſſen. Die akademiſchen Vorſchriften über Studentenduelle ſind durch das RStGB. als Straf-, nicht aber als Disziplinargeſetze (vgl. oben §. 42 IV) beſeitigt worden.
Das ſogenannte amerikaniſche Duell oder die Loſung um’s Leben iſt weder Zweikampf noch Anſtiftung zum Selbſt- morde, ſondern wie der Zweikampf ein Glücksſpiel um Leib
14[Spaltenumbruch]
Vgl. RGR. 2. Juni 1880, E I 445, R II 14.
15[Spaltenumbruch]
Die eben cit. RGR. hat[Spaltenumbruch]
dieſe Frage, als zur Kompetenz des Erſtrichters gehörig, nicht entſchieden.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><pbfacs="#f0273"n="247"/><fwplace="top"type="header">Gefährdung von Leib und Leben. §. 62.</fw><lb/><p>Zweikampf iſt der <hirendition="#g">verabredete, den hergebrachten<lb/>
oder vereinbarten Regeln entſprechende, Kampf<lb/>
mit tötlichen Waffen zwiſchen zwei Perſonen</hi>.<lb/>
Den Begriff der <hirendition="#g">Waffe</hi> haben wir hier (im Gegenſatze zu<lb/>
dem oben §. 61 Note 2 Geſagten) im engeren Sinne zu<lb/>
nehmen: er umfaßt alle zu Angriff und Verteidigung <hirendition="#g">be-<lb/>ſtimmten</hi> und zur Zufügung von Verletzungen geeigneten<lb/>
Werkzeuge.<noteplace="foot"n="14"><cb/>
Vgl. RGR. 2. Juni 1880,<lb/><hirendition="#aq">E I</hi> 445, <hirendition="#aq">R II</hi> 14.</note><hirendition="#g">Tötliche</hi> Waffen aber ſind diejenigen, die bei<lb/>
beſtimmungsgemäßem Gebrauche und unter den gegebenen<lb/>
Umſtänden tötliche Verletzungen herbeizuführen geeignet ſind.<lb/>
Dabei müſſen, wie bei Anwendung aller relativen Begriffe<lb/>
des Strafrechtes, ganz außergewöhnliche Komplikationen<lb/>
außer Betracht gelaſſen werden. Demnach ſind ſtudentiſche<lb/><hirendition="#g">Schlägermenſuren</hi>, wenn unter Anwendung der regel-<lb/>
mäßigen Vorſichtsmaßregeln vor ſich gehend, zwar als ein<lb/>
vielleicht ſtrafwürdiges (poſitiv-rechtlich ſtrafloſes) Auf’s-<lb/>
Spiel-Setzen der körperlichen Integrität, nicht aber als<lb/>
Kampf mit tötlichen Waffen zu betrachten.<noteplace="foot"n="15"><cb/>
Die eben cit. RGR. hat<cb/>
dieſe Frage, als zur Kompetenz<lb/>
des Erſtrichters gehörig, nicht<lb/>
entſchieden.</note> Die An-<lb/>
wendung der ſtrafgeſetzlichen Beſtimmungen über Körper-<lb/>
verletzung und Raufhandel iſt durch die Natur dieſer Men-<lb/>ſuren als eines vereinbarten und geregelten Kampfes aus-<lb/>
geſchloſſen. Die <hirendition="#g">akademiſchen Vorſchriften</hi> über<lb/>
Studentenduelle ſind durch das RStGB. als <hirendition="#g">Straf</hi>-, nicht<lb/>
aber als Disziplinargeſetze (vgl. oben §. 42 <hirendition="#aq">IV</hi>) beſeitigt<lb/>
worden.</p><lb/><p>Das ſogenannte <hirendition="#g">amerikaniſche Duell</hi> oder die Loſung<lb/>
um’s Leben iſt weder Zweikampf noch Anſtiftung zum Selbſt-<lb/>
morde, ſondern wie der Zweikampf ein Glücksſpiel um Leib<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[247/0273]
Gefährdung von Leib und Leben. §. 62.
Zweikampf iſt der verabredete, den hergebrachten
oder vereinbarten Regeln entſprechende, Kampf
mit tötlichen Waffen zwiſchen zwei Perſonen.
Den Begriff der Waffe haben wir hier (im Gegenſatze zu
dem oben §. 61 Note 2 Geſagten) im engeren Sinne zu
nehmen: er umfaßt alle zu Angriff und Verteidigung be-
ſtimmten und zur Zufügung von Verletzungen geeigneten
Werkzeuge. 14 Tötliche Waffen aber ſind diejenigen, die bei
beſtimmungsgemäßem Gebrauche und unter den gegebenen
Umſtänden tötliche Verletzungen herbeizuführen geeignet ſind.
Dabei müſſen, wie bei Anwendung aller relativen Begriffe
des Strafrechtes, ganz außergewöhnliche Komplikationen
außer Betracht gelaſſen werden. Demnach ſind ſtudentiſche
Schlägermenſuren, wenn unter Anwendung der regel-
mäßigen Vorſichtsmaßregeln vor ſich gehend, zwar als ein
vielleicht ſtrafwürdiges (poſitiv-rechtlich ſtrafloſes) Auf’s-
Spiel-Setzen der körperlichen Integrität, nicht aber als
Kampf mit tötlichen Waffen zu betrachten. 15 Die An-
wendung der ſtrafgeſetzlichen Beſtimmungen über Körper-
verletzung und Raufhandel iſt durch die Natur dieſer Men-
ſuren als eines vereinbarten und geregelten Kampfes aus-
geſchloſſen. Die akademiſchen Vorſchriften über
Studentenduelle ſind durch das RStGB. als Straf-, nicht
aber als Disziplinargeſetze (vgl. oben §. 42 IV) beſeitigt
worden.
Das ſogenannte amerikaniſche Duell oder die Loſung
um’s Leben iſt weder Zweikampf noch Anſtiftung zum Selbſt-
morde, ſondern wie der Zweikampf ein Glücksſpiel um Leib
14
Vgl. RGR. 2. Juni 1880,
E I 445, R II 14.
15
Die eben cit. RGR. hat
dieſe Frage, als zur Kompetenz
des Erſtrichters gehörig, nicht
entſchieden.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/273>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.