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Liszt, Franz von: Das Völkerrecht. Berlin, 1898.

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§ 18. Internationale Gerichte.
Eisenbahnen einzusetzen (Entwurf von 1877/78), fand nicht die
Zustimmung der übrigen Mächte.

Jenem "Centralamt für den internationalen Transport" wurden
durch Artikel 57 folgende Aufgaben überwiesen: 1. die Mitteilungen
eines jeden der Vertragsstaaten und einer jeden der beteiligten Eisen-
bahnen entgegenzunehmen und sie den übrigen Staaten und Verwal-
tungen zur Kenntnis zu bringen; 2. Nachrichten aller Art, die für
das internationale Transportwesen von Wichtigkeit sind, zu sammeln,
zusammenzustellen und zu veröffentlichen; 3. auf Begehren der Par-
teien Entscheidungen über Streitigkeiten der Eisenbahnen unterein-
ander abzugeben; 4. Abänderungsanträge geschäftlich zu behandeln
und den Vertragsstaaten, wenn hierzu Anlass vorliegt, den Zu-
sammentritt einer neuen Konferenz vorzuschlagen; 5. die finanziellen
Beziehungen der beteiligten Verwaltungen, sowie die Einziehung
rückständiger Forderungen zu erleichtern. Durch ein besonderes
Reglement (R. G. Bl. 1892 S. 870) wurde Bern als der Sitz des
Centralamtes bestimmt und die Herausgabe einer Zeitschrift in Aus-
sicht genommen. Diese erscheint in deutscher und französischer
Sprache. Das Reglement weist dem Centralamt ausserdem wich-
tige Aufgaben für den Fall zu, dass eine der beteiligten Eisen-
bahnverwaltungen ihren Verpflichtungen nachzukommen sich weigert.

§ 18. Internationale Gerichte.

In wesentlich verschiedenen Gestaltungen, teilweise an-
knüpfend an die konsularische Gerichtsbarkeit, finden sich inter-
nationale Gerichte, sowohl als Civil-, wie als Strafgerichte, ins-
besondere in der Türkei, in Egypten und auf Samoa.

I. Türkei.

Seit 1847 (beziehungsweise Hatti-Scheriff von 1856)
sind gemischte Gerichte, sowohl einerseits für die Handelssachen, als
auch andrerseits für die Strafsachen, in der Türkei geschaffen worden.

Savvas-Pascha in der Strafgesetzgebung der Gegenwart Bd. I (1894)
S. 708.

Annuaire des Instituts für Völkerrecht V (1882) S. 132.

1. Handelsrechtliche Streitigkeiten zwischen Europäern und
Eingeborenen werden durch Handelskammern erster Instanz und

7*

§ 18. Internationale Gerichte.
Eisenbahnen einzusetzen (Entwurf von 1877/78), fand nicht die
Zustimmung der übrigen Mächte.

Jenem „Centralamt für den internationalen Transport“ wurden
durch Artikel 57 folgende Aufgaben überwiesen: 1. die Mitteilungen
eines jeden der Vertragsstaaten und einer jeden der beteiligten Eisen-
bahnen entgegenzunehmen und sie den übrigen Staaten und Verwal-
tungen zur Kenntnis zu bringen; 2. Nachrichten aller Art, die für
das internationale Transportwesen von Wichtigkeit sind, zu sammeln,
zusammenzustellen und zu veröffentlichen; 3. auf Begehren der Par-
teien Entscheidungen über Streitigkeiten der Eisenbahnen unterein-
ander abzugeben; 4. Abänderungsanträge geschäftlich zu behandeln
und den Vertragsstaaten, wenn hierzu Anlaſs vorliegt, den Zu-
sammentritt einer neuen Konferenz vorzuschlagen; 5. die finanziellen
Beziehungen der beteiligten Verwaltungen, sowie die Einziehung
rückständiger Forderungen zu erleichtern. Durch ein besonderes
Reglement (R. G. Bl. 1892 S. 870) wurde Bern als der Sitz des
Centralamtes bestimmt und die Herausgabe einer Zeitschrift in Aus-
sicht genommen. Diese erscheint in deutscher und französischer
Sprache. Das Reglement weist dem Centralamt auſserdem wich-
tige Aufgaben für den Fall zu, daſs eine der beteiligten Eisen-
bahnverwaltungen ihren Verpflichtungen nachzukommen sich weigert.

§ 18. Internationale Gerichte.

In wesentlich verschiedenen Gestaltungen, teilweise an-
knüpfend an die konsularische Gerichtsbarkeit, finden sich inter-
nationale Gerichte, sowohl als Civil-, wie als Strafgerichte, ins-
besondere in der Türkei, in Egypten und auf Samoa.

I. Türkei.

Seit 1847 (beziehungsweise Hatti-Scheriff von 1856)
sind gemischte Gerichte, sowohl einerseits für die Handelssachen, als
auch andrerseits für die Strafsachen, in der Türkei geschaffen worden.

Savvas-Pascha in der Strafgesetzgebung der Gegenwart Bd. I (1894)
S. 708.

Annuaire des Instituts für Völkerrecht V (1882) S. 132.

1. Handelsrechtliche Streitigkeiten zwischen Europäern und
Eingeborenen werden durch Handelskammern erster Instanz und

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[99/0121] § 18. Internationale Gerichte. Eisenbahnen einzusetzen (Entwurf von 1877/78), fand nicht die Zustimmung der übrigen Mächte. Jenem „Centralamt für den internationalen Transport“ wurden durch Artikel 57 folgende Aufgaben überwiesen: 1. die Mitteilungen eines jeden der Vertragsstaaten und einer jeden der beteiligten Eisen- bahnen entgegenzunehmen und sie den übrigen Staaten und Verwal- tungen zur Kenntnis zu bringen; 2. Nachrichten aller Art, die für das internationale Transportwesen von Wichtigkeit sind, zu sammeln, zusammenzustellen und zu veröffentlichen; 3. auf Begehren der Par- teien Entscheidungen über Streitigkeiten der Eisenbahnen unterein- ander abzugeben; 4. Abänderungsanträge geschäftlich zu behandeln und den Vertragsstaaten, wenn hierzu Anlaſs vorliegt, den Zu- sammentritt einer neuen Konferenz vorzuschlagen; 5. die finanziellen Beziehungen der beteiligten Verwaltungen, sowie die Einziehung rückständiger Forderungen zu erleichtern. Durch ein besonderes Reglement (R. G. Bl. 1892 S. 870) wurde Bern als der Sitz des Centralamtes bestimmt und die Herausgabe einer Zeitschrift in Aus- sicht genommen. Diese erscheint in deutscher und französischer Sprache. Das Reglement weist dem Centralamt auſserdem wich- tige Aufgaben für den Fall zu, daſs eine der beteiligten Eisen- bahnverwaltungen ihren Verpflichtungen nachzukommen sich weigert. § 18. Internationale Gerichte. In wesentlich verschiedenen Gestaltungen, teilweise an- knüpfend an die konsularische Gerichtsbarkeit, finden sich inter- nationale Gerichte, sowohl als Civil-, wie als Strafgerichte, ins- besondere in der Türkei, in Egypten und auf Samoa. I. Türkei. Seit 1847 (beziehungsweise Hatti-Scheriff von 1856) sind gemischte Gerichte, sowohl einerseits für die Handelssachen, als auch andrerseits für die Strafsachen, in der Türkei geschaffen worden. Savvas-Pascha in der Strafgesetzgebung der Gegenwart Bd. I (1894) S. 708. Annuaire des Instituts für Völkerrecht V (1882) S. 132. 1. Handelsrechtliche Streitigkeiten zwischen Europäern und Eingeborenen werden durch Handelskammern erster Instanz und 7*

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Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das Völkerrecht. Berlin, 1898, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_voelkerrecht_1898/121>, abgerufen am 21.11.2024.