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Liszt, Franz von: Das Völkerrecht. Berlin, 1898.

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II. Buch. Der völkerrechtl. Verkehr der Staaten im allgemeinen.
wird für Schäden, Bedrückungen oder Erpressungen, welche die
Angehörigen des Deutschen Reichs in dem Gebiete Mexikos in
Zeiten der Insurrektion oder des Bürgerkrieges von Seiten der Auf-
ständischen zu erleiden haben sollten, oder welche ihnen durch
die wilden Stämme zugefügt werden, die den Gehorsam gegen die
Regierung nicht anerkennen." Ähnlich in späteren Verträgen mit
andern Staaten.

Vgl. R. G. I 164; II 338; III 476. Aber auch Rivier II 43.

III.

Der Begriff des Deliktes wird ausgeschlossen durch den Mangel
der Rechtswidrigkeit.

Er wird also beseitigt durch die Befugnis zu dem Eingriff
in die Rechtssphäre des verletzten Staates, mag diese Befugnis
auf allgemeinen Rechtssätzen oder auf besonderer Einräumung be-
ruhen. Doch ist nicht ausgeschlossen, dass die Ersatzpflicht ohne
die übrigen Unrechtsfolgen trotz der Rechtmässigkeit eintritt.
Diese Erscheinung hat dieselbe Bedeutung wie auf dem Gebiete
des Privatrechtes. Der Standpunkt der Deliktshaftung ist damit
aufgegeben.

1. Der Einwilligung des verletzten Staates muss unter allen Um-
ständen die Kraft eines die Rechtswidrigkeit ausschliessenden Um-
standes beigelegt werden.

Das folgt aus der Souveränität der Staatsgewalt. Eine Ein-
schränkung ist nur insoweit zu machen, als die Handlung nicht
nur die Interessen des unmittelbar verletzten Staates selbst, sondern
auch diejenigen anderer Staaten verletzt. Die Einwilligung Belgiens
also in die Besetzung seines Gebietes durch eine kriegführende
Macht würde dieser Besetzung die Rechtswidrigkeit zu nehmen
nicht in der Lage sein.

2. Die strafrechtlich und privatrechtlich anerkannten Begriffe
der Notwehr und des Notstandes schliessen auch für das Gebiet des
Völkerrechts die Rechtswidrigkeit der begangenen Verletzung aus.

Auch der dauernd neutralisierte Staat darf mithin den feind-
lichen Überfall mit Waffengewalt abwehren. Er handelt in Not-
wehr. Dasselbe gilt vom Notstand. Droht den Interessen eines

II. Buch. Der völkerrechtl. Verkehr der Staaten im allgemeinen.
wird für Schäden, Bedrückungen oder Erpressungen, welche die
Angehörigen des Deutschen Reichs in dem Gebiete Mexikos in
Zeiten der Insurrektion oder des Bürgerkrieges von Seiten der Auf-
ständischen zu erleiden haben sollten, oder welche ihnen durch
die wilden Stämme zugefügt werden, die den Gehorsam gegen die
Regierung nicht anerkennen.“ Ähnlich in späteren Verträgen mit
andern Staaten.

Vgl. R. G. I 164; II 338; III 476. Aber auch Rivier II 43.

III.

Der Begriff des Deliktes wird ausgeschlossen durch den Mangel
der Rechtswidrigkeit.

Er wird also beseitigt durch die Befugnis zu dem Eingriff
in die Rechtssphäre des verletzten Staates, mag diese Befugnis
auf allgemeinen Rechtssätzen oder auf besonderer Einräumung be-
ruhen. Doch ist nicht ausgeschlossen, daſs die Ersatzpflicht ohne
die übrigen Unrechtsfolgen trotz der Rechtmäſsigkeit eintritt.
Diese Erscheinung hat dieselbe Bedeutung wie auf dem Gebiete
des Privatrechtes. Der Standpunkt der Deliktshaftung ist damit
aufgegeben.

1. Der Einwilligung des verletzten Staates muſs unter allen Um-
ständen die Kraft eines die Rechtswidrigkeit ausschlieſsenden Um-
standes beigelegt werden.

Das folgt aus der Souveränität der Staatsgewalt. Eine Ein-
schränkung ist nur insoweit zu machen, als die Handlung nicht
nur die Interessen des unmittelbar verletzten Staates selbst, sondern
auch diejenigen anderer Staaten verletzt. Die Einwilligung Belgiens
also in die Besetzung seines Gebietes durch eine kriegführende
Macht würde dieser Besetzung die Rechtswidrigkeit zu nehmen
nicht in der Lage sein.

2. Die strafrechtlich und privatrechtlich anerkannten Begriffe
der Notwehr und des Notstandes schlieſsen auch für das Gebiet des
Völkerrechts die Rechtswidrigkeit der begangenen Verletzung aus.

Auch der dauernd neutralisierte Staat darf mithin den feind-
lichen Überfall mit Waffengewalt abwehren. Er handelt in Not-
wehr. Dasselbe gilt vom Notstand. Droht den Interessen eines

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[128/0150] II. Buch. Der völkerrechtl. Verkehr der Staaten im allgemeinen. wird für Schäden, Bedrückungen oder Erpressungen, welche die Angehörigen des Deutschen Reichs in dem Gebiete Mexikos in Zeiten der Insurrektion oder des Bürgerkrieges von Seiten der Auf- ständischen zu erleiden haben sollten, oder welche ihnen durch die wilden Stämme zugefügt werden, die den Gehorsam gegen die Regierung nicht anerkennen.“ Ähnlich in späteren Verträgen mit andern Staaten. Vgl. R. G. I 164; II 338; III 476. Aber auch Rivier II 43. III. Der Begriff des Deliktes wird ausgeschlossen durch den Mangel der Rechtswidrigkeit. Er wird also beseitigt durch die Befugnis zu dem Eingriff in die Rechtssphäre des verletzten Staates, mag diese Befugnis auf allgemeinen Rechtssätzen oder auf besonderer Einräumung be- ruhen. Doch ist nicht ausgeschlossen, daſs die Ersatzpflicht ohne die übrigen Unrechtsfolgen trotz der Rechtmäſsigkeit eintritt. Diese Erscheinung hat dieselbe Bedeutung wie auf dem Gebiete des Privatrechtes. Der Standpunkt der Deliktshaftung ist damit aufgegeben. 1. Der Einwilligung des verletzten Staates muſs unter allen Um- ständen die Kraft eines die Rechtswidrigkeit ausschlieſsenden Um- standes beigelegt werden. Das folgt aus der Souveränität der Staatsgewalt. Eine Ein- schränkung ist nur insoweit zu machen, als die Handlung nicht nur die Interessen des unmittelbar verletzten Staates selbst, sondern auch diejenigen anderer Staaten verletzt. Die Einwilligung Belgiens also in die Besetzung seines Gebietes durch eine kriegführende Macht würde dieser Besetzung die Rechtswidrigkeit zu nehmen nicht in der Lage sein. 2. Die strafrechtlich und privatrechtlich anerkannten Begriffe der Notwehr und des Notstandes schlieſsen auch für das Gebiet des Völkerrechts die Rechtswidrigkeit der begangenen Verletzung aus. Auch der dauernd neutralisierte Staat darf mithin den feind- lichen Überfall mit Waffengewalt abwehren. Er handelt in Not- wehr. Dasselbe gilt vom Notstand. Droht den Interessen eines

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Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das Völkerrecht. Berlin, 1898, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_voelkerrecht_1898/150>, abgerufen am 21.11.2024.