Liszt, Franz von: Das Völkerrecht. Berlin, 1898.§ 28. Der Aussenhandel. schliessenden erklärten, dass der Kanal "zum Wohle der ganzenMenschheit" dienen und "allen unter den gleichen Bedingungen zugänglich" sein solle; dass sie daher im Falle eines zwischen ihnen ausgebrochenen Krieges die den Kanal passierenden Schiffe nicht wegnehmen oder mit Beschlag belegen und den Kanal nicht blokieren würden; ausserdem verpflichten sich die beiden Mächte, die Sicherheit und Neutralität des Kanals zu verbürgen. Aber seit den 80 er Jahren haben die Vereinigten Staaten ihre Haltung ge- ändert und gestützt auf ihre Auslegung der Monroedoktrin (oben § 7 II S. 37) für sich das ausschliessliche Recht der Überwachung jedes Kanals, wie jedes Landwegs über den Isthmus von Panama in Anspruch genommen. Vgl. Caratheodory, H. H. II 394. § 28. Der Aussenhandel. Melle in H. H. III 141. Die von den verschiedenen Staaten abgeschlossenen Handelsverträge werden I. Aus der Souveränität der Staatsgewalt folgt die Autonomie der Jeder Staat, soweit er durch Verträge nicht beschränkt ist, Über die gegenwärtige Handelspolitik des Deutschen Reichs, das durch § 28. Der Auſsenhandel. schlieſsenden erklärten, daſs der Kanal „zum Wohle der ganzenMenschheit“ dienen und „allen unter den gleichen Bedingungen zugänglich“ sein solle; daſs sie daher im Falle eines zwischen ihnen ausgebrochenen Krieges die den Kanal passierenden Schiffe nicht wegnehmen oder mit Beschlag belegen und den Kanal nicht blokieren würden; auſserdem verpflichten sich die beiden Mächte, die Sicherheit und Neutralität des Kanals zu verbürgen. Aber seit den 80 er Jahren haben die Vereinigten Staaten ihre Haltung ge- ändert und gestützt auf ihre Auslegung der Monroedoktrin (oben § 7 II S. 37) für sich das ausschlieſsliche Recht der Überwachung jedes Kanals, wie jedes Landwegs über den Isthmus von Panama in Anspruch genommen. Vgl. Carathéodory, H. H. II 394. § 28. Der Auſsenhandel. Melle in H. H. III 141. Die von den verschiedenen Staaten abgeschlossenen Handelsverträge werden I. Aus der Souveränität der Staatsgewalt folgt die Autonomie der Jeder Staat, soweit er durch Verträge nicht beschränkt ist, Über die gegenwärtige Handelspolitik des Deutschen Reichs, das durch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0177" n="155"/><fw place="top" type="header">§ 28. Der Auſsenhandel.</fw><lb/> schlieſsenden erklärten, daſs der Kanal „zum Wohle der ganzen<lb/> Menschheit“ dienen und „allen unter den gleichen Bedingungen<lb/> zugänglich“ sein solle; daſs sie daher im Falle eines zwischen<lb/> ihnen ausgebrochenen Krieges die den Kanal passierenden Schiffe<lb/> nicht wegnehmen oder mit Beschlag belegen und den Kanal nicht<lb/> blokieren würden; auſserdem verpflichten sich die beiden Mächte,<lb/> die Sicherheit und Neutralität des Kanals zu verbürgen. Aber seit<lb/> den 80 er Jahren haben die Vereinigten Staaten ihre Haltung ge-<lb/> ändert und gestützt auf ihre Auslegung der Monroedoktrin (oben<lb/> § 7 II S. 37) für sich das ausschlieſsliche Recht der Überwachung<lb/> jedes Kanals, wie jedes Landwegs über den Isthmus von Panama<lb/> in Anspruch genommen.</p><lb/> <p> <hi rendition="#et">Vgl. <hi rendition="#g">Carathéodory</hi>, H. H. II 394.</hi> </p> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">§ 28. Der Auſsenhandel.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#g">Melle</hi> in H. H. III 141.</p><lb/> <p>Die von den verschiedenen Staaten abgeschlossenen Handelsverträge werden<lb/> von dem <hi rendition="#g">deutschen Handelsarchiv</hi> in deutscher Sprache veröffentlicht.</p><lb/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#b">I.</hi> </head> <p><hi rendition="#b">Aus der Souveränität der Staatsgewalt folgt die Autonomie der<lb/> Handelspolitik</hi> (oben § 8 I).</p><lb/> <p>Jeder Staat, soweit er durch Verträge nicht beschränkt ist,<lb/> hat das Recht, diejenige Handelspolitik zu treiben, die er für die<lb/> richtige hält; er kann dem reinsten Freihandelsprinzip huldigen<lb/> oder auf dem Wege der Gesetzgebung weitgehende Schutzzölle ein-<lb/> führen, um Landwirtschaft, Handel und Gewerbe im Kampf gegen<lb/> den Wettbewerb des Auslandes zu schirmen; er kann durch Ver-<lb/> träge sich binden, die entweder einen bis in die kleinsten Einzel-<lb/> heiten gehenden Tarif, oder aber die bloſse Meistbegünstigungs-<lb/> klausel enthalten; er kann alle andern Staaten auf dem Fuſs der<lb/> Gleichberechtigung behandeln, oder, wenn er Retorsionen nicht<lb/> scheut, mit Differenzialzöllen arbeiten.</p><lb/> <p> <hi rendition="#et">Über die gegenwärtige Handelspolitik des Deutschen Reichs, das durch<lb/> die Handelsverträge vom 6. Dezember 1891 mit Österreich-Ungarn, Italien<lb/> und Belgien und vom 10. Dezember 1891 mit der Schweiz die Grund-</hi><lb/> </p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [155/0177]
§ 28. Der Auſsenhandel.
schlieſsenden erklärten, daſs der Kanal „zum Wohle der ganzen
Menschheit“ dienen und „allen unter den gleichen Bedingungen
zugänglich“ sein solle; daſs sie daher im Falle eines zwischen
ihnen ausgebrochenen Krieges die den Kanal passierenden Schiffe
nicht wegnehmen oder mit Beschlag belegen und den Kanal nicht
blokieren würden; auſserdem verpflichten sich die beiden Mächte,
die Sicherheit und Neutralität des Kanals zu verbürgen. Aber seit
den 80 er Jahren haben die Vereinigten Staaten ihre Haltung ge-
ändert und gestützt auf ihre Auslegung der Monroedoktrin (oben
§ 7 II S. 37) für sich das ausschlieſsliche Recht der Überwachung
jedes Kanals, wie jedes Landwegs über den Isthmus von Panama
in Anspruch genommen.
Vgl. Carathéodory, H. H. II 394.
§ 28. Der Auſsenhandel.
Melle in H. H. III 141.
Die von den verschiedenen Staaten abgeschlossenen Handelsverträge werden
von dem deutschen Handelsarchiv in deutscher Sprache veröffentlicht.
I. Aus der Souveränität der Staatsgewalt folgt die Autonomie der
Handelspolitik (oben § 8 I).
Jeder Staat, soweit er durch Verträge nicht beschränkt ist,
hat das Recht, diejenige Handelspolitik zu treiben, die er für die
richtige hält; er kann dem reinsten Freihandelsprinzip huldigen
oder auf dem Wege der Gesetzgebung weitgehende Schutzzölle ein-
führen, um Landwirtschaft, Handel und Gewerbe im Kampf gegen
den Wettbewerb des Auslandes zu schirmen; er kann durch Ver-
träge sich binden, die entweder einen bis in die kleinsten Einzel-
heiten gehenden Tarif, oder aber die bloſse Meistbegünstigungs-
klausel enthalten; er kann alle andern Staaten auf dem Fuſs der
Gleichberechtigung behandeln, oder, wenn er Retorsionen nicht
scheut, mit Differenzialzöllen arbeiten.
Über die gegenwärtige Handelspolitik des Deutschen Reichs, das durch
die Handelsverträge vom 6. Dezember 1891 mit Österreich-Ungarn, Italien
und Belgien und vom 10. Dezember 1891 mit der Schweiz die Grund-
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Zitationshilfe: | Liszt, Franz von: Das Völkerrecht. Berlin, 1898, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_voelkerrecht_1898/177>, abgerufen am 16.07.2024. |