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Liszt, Franz von: Das Völkerrecht. Berlin, 1898.

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IV. Buch.
Die Staatenstreitigkeiten und deren Austragung.


§ 38. Die völkerrechtlichen Streitigkeiten und ihre
Erledigung ohne Waffengewalt.
I.

Die friedliche Beilegung der zwischen den Staaten der Völker-
rechtsgemeinschaft ausgebrochenen Streitigkeiten, mag es sich um die
Behauptung eines (thatsächlich oder angeblich) völkerrechtlich be-
gründeten Rechtsanspruches, mag es sich um die Austragung eines
Interessenkonfliktes handeln, kann zunächst erfolgen durch Vereinba-
rung der streitenden Mächte, also durch Vergleich, Anerkennung,
Verzicht.

1. Zur Vorbereitung dieses Ergebnisses werden häufig ge-
mischte Kommissionen
(commissions mixtes) aus den Vertretern beider
Staaten mit oder ohne Zuziehung von Sachverständigen zusammen-
gesetzt, deren Vereinbarungen aber noch der Genehmigung durch
die von ihnen vertretene Staatsgewalt bedürfen.

2. Die friedliche Beilegung kann gefördert werden durch die
freundlichen Bemühungen dritter Mächte
(intervention amicale; ver-
schieden von der autoritativen Intervention, oben § 7 I S. 36).

Mögen diese von der dritten Macht angeboten oder von beiden
streitenden Teilen oder von einem von ihnen erbeten sein, stets
behalten die streitenden Teile die Entscheidung in der eigenen
Hand; darin liegt der Unterschied dieser freundlichen Bemühungen
von der schiedsrichterlichen Entscheidung. Man pflegt dabei zwischen
den "guten Diensten" (den "bons offices") und der eigentlichen

IV. Buch.
Die Staatenstreitigkeiten und deren Austragung.


§ 38. Die völkerrechtlichen Streitigkeiten und ihre
Erledigung ohne Waffengewalt.
I.

Die friedliche Beilegung der zwischen den Staaten der Völker-
rechtsgemeinschaft ausgebrochenen Streitigkeiten, mag es sich um die
Behauptung eines (thatsächlich oder angeblich) völkerrechtlich be-
gründeten Rechtsanspruches, mag es sich um die Austragung eines
Interessenkonfliktes handeln, kann zunächst erfolgen durch Vereinba-
rung der streitenden Mächte, also durch Vergleich, Anerkennung,
Verzicht.

1. Zur Vorbereitung dieses Ergebnisses werden häufig ge-
mischte Kommissionen
(commissions mixtes) aus den Vertretern beider
Staaten mit oder ohne Zuziehung von Sachverständigen zusammen-
gesetzt, deren Vereinbarungen aber noch der Genehmigung durch
die von ihnen vertretene Staatsgewalt bedürfen.

2. Die friedliche Beilegung kann gefördert werden durch die
freundlichen Bemühungen dritter Mächte
(intervention amicale; ver-
schieden von der autoritativen Intervention, oben § 7 I S. 36).

Mögen diese von der dritten Macht angeboten oder von beiden
streitenden Teilen oder von einem von ihnen erbeten sein, stets
behalten die streitenden Teile die Entscheidung in der eigenen
Hand; darin liegt der Unterschied dieser freundlichen Bemühungen
von der schiedsrichterlichen Entscheidung. Man pflegt dabei zwischen
den „guten Diensten“ (den „bons offices“) und der eigentlichen

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[[200]/0222] IV. Buch. Die Staatenstreitigkeiten und deren Austragung. § 38. Die völkerrechtlichen Streitigkeiten und ihre Erledigung ohne Waffengewalt. I. Die friedliche Beilegung der zwischen den Staaten der Völker- rechtsgemeinschaft ausgebrochenen Streitigkeiten, mag es sich um die Behauptung eines (thatsächlich oder angeblich) völkerrechtlich be- gründeten Rechtsanspruches, mag es sich um die Austragung eines Interessenkonfliktes handeln, kann zunächst erfolgen durch Vereinba- rung der streitenden Mächte, also durch Vergleich, Anerkennung, Verzicht. 1. Zur Vorbereitung dieses Ergebnisses werden häufig ge- mischte Kommissionen (commissions mixtes) aus den Vertretern beider Staaten mit oder ohne Zuziehung von Sachverständigen zusammen- gesetzt, deren Vereinbarungen aber noch der Genehmigung durch die von ihnen vertretene Staatsgewalt bedürfen. 2. Die friedliche Beilegung kann gefördert werden durch die freundlichen Bemühungen dritter Mächte (intervention amicale; ver- schieden von der autoritativen Intervention, oben § 7 I S. 36). Mögen diese von der dritten Macht angeboten oder von beiden streitenden Teilen oder von einem von ihnen erbeten sein, stets behalten die streitenden Teile die Entscheidung in der eigenen Hand; darin liegt der Unterschied dieser freundlichen Bemühungen von der schiedsrichterlichen Entscheidung. Man pflegt dabei zwischen den „guten Diensten“ (den „bons offices“) und der eigentlichen

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Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das Völkerrecht. Berlin, 1898, S. [200]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_voelkerrecht_1898/222>, abgerufen am 24.11.2024.