II. Buch. Der völkerrechtl. Verkehr der Staaten im allgemeinen.
II.
Als Vertreter der souveränen Staatsgewalt kann das Staatsober- haupt keiner fremden Staatsgewalt unterworfen sein: sogenannte Ex- territorialität.
Sie tritt insbesondere, aber nicht ausschliesslich, dann zu Tage, wenn das Staatsoberhaupt auf fremdem Staatsgebiet sich auf- hält (oben § 8 III und IV). Es macht dabei grundsätzlich keinen Unterschied, ob es sich um ein monarchisches Staatsoberhaupt oder aber um den Präsidenten eines Freistaates handelt. Wenn der Präsident der Vereinigten Staaten und der König von Italien in einem deutschen Badeort zur Wiederherstellung ihrer Gesundheit weilen, so ist ihre völkerrechtliche Stellung genau dieselbe. Und die weitverbreitete Meinung ist unrichtig, welche die Exterritorialität des Präsidenten einer fremden Republik auf den Fall beschränken will, dass er in Staatsgeschäften das Ausland betritt; jeder Versuch, diesen Satz praktisch anzuwenden, würde sofort seine theoretische Unhaltbarkeit aufdecken.
Dagegen u. a. Despagnet 236, Rivier I 424, Ullmann 88 (da die Präsidenten der Freistaaten nur Mandatare des souveränen Volkes seien).
Besteht das Staatsoberhaupt aus einer Mehrheit von Personen, so geniesst jede von ihnen die Vorrechte der Exterritorialität.
Die Exterritorialität geniesst auch das, das Staatsoberhaupt begleitende Gefolge, sowohl seine Familie wie die übrigen be- gleitenden Personen (bestritten; dagegen z. B. Martens-Berg- bohm, I 322); sie wird auch der allein reisenden Frau des mo- narchischen Staatsoberhauptes, aber lediglich aus internationaler Höflichkeit, zugestanden.
Da der Aufenthalt des Staatsoberhauptes auf fremdem Staats- gebiet eine Ausnahme darstellt, während er für die diplomatischen Vertreter die Regel bildet, hat sich geschichtlich die Lehre von der Exterritorialität des Staatsoberhauptes im Anschluss an die der diplomatischen Vertreter entwickelt. Dort, wo von dieser gesprochen wird (unten § 14 IV), ist daher auch wissenschaftlich der "Sitz der Materie", so dass hier eine allgemeine Übersicht genügt. Die Exterritorialität umfasst:
II. Buch. Der völkerrechtl. Verkehr der Staaten im allgemeinen.
II.
Als Vertreter der souveränen Staatsgewalt kann das Staatsober- haupt keiner fremden Staatsgewalt unterworfen sein: sogenannte Ex- territorialität.
Sie tritt insbesondere, aber nicht ausschlieſslich, dann zu Tage, wenn das Staatsoberhaupt auf fremdem Staatsgebiet sich auf- hält (oben § 8 III und IV). Es macht dabei grundsätzlich keinen Unterschied, ob es sich um ein monarchisches Staatsoberhaupt oder aber um den Präsidenten eines Freistaates handelt. Wenn der Präsident der Vereinigten Staaten und der König von Italien in einem deutschen Badeort zur Wiederherstellung ihrer Gesundheit weilen, so ist ihre völkerrechtliche Stellung genau dieselbe. Und die weitverbreitete Meinung ist unrichtig, welche die Exterritorialität des Präsidenten einer fremden Republik auf den Fall beschränken will, daſs er in Staatsgeschäften das Ausland betritt; jeder Versuch, diesen Satz praktisch anzuwenden, würde sofort seine theoretische Unhaltbarkeit aufdecken.
Dagegen u. a. Despagnet 236, Rivier I 424, Ullmann 88 (da die Präsidenten der Freistaaten nur Mandatare des souveränen Volkes seien).
Besteht das Staatsoberhaupt aus einer Mehrheit von Personen, so genieſst jede von ihnen die Vorrechte der Exterritorialität.
Die Exterritorialität genieſst auch das, das Staatsoberhaupt begleitende Gefolge, sowohl seine Familie wie die übrigen be- gleitenden Personen (bestritten; dagegen z. B. Martens-Berg- bohm, I 322); sie wird auch der allein reisenden Frau des mo- narchischen Staatsoberhauptes, aber lediglich aus internationaler Höflichkeit, zugestanden.
Da der Aufenthalt des Staatsoberhauptes auf fremdem Staats- gebiet eine Ausnahme darstellt, während er für die diplomatischen Vertreter die Regel bildet, hat sich geschichtlich die Lehre von der Exterritorialität des Staatsoberhauptes im Anschluſs an die der diplomatischen Vertreter entwickelt. Dort, wo von dieser gesprochen wird (unten § 14 IV), ist daher auch wissenschaftlich der „Sitz der Materie“, so daſs hier eine allgemeine Übersicht genügt. Die Exterritorialität umfaſst:
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II. Buch. Der völkerrechtl. Verkehr der Staaten im allgemeinen.
II. Als Vertreter der souveränen Staatsgewalt kann das Staatsober-
haupt keiner fremden Staatsgewalt unterworfen sein: sogenannte Ex-
territorialität.
Sie tritt insbesondere, aber nicht ausschlieſslich, dann zu
Tage, wenn das Staatsoberhaupt auf fremdem Staatsgebiet sich auf-
hält (oben § 8 III und IV). Es macht dabei grundsätzlich keinen
Unterschied, ob es sich um ein monarchisches Staatsoberhaupt oder
aber um den Präsidenten eines Freistaates handelt. Wenn der
Präsident der Vereinigten Staaten und der König von Italien in
einem deutschen Badeort zur Wiederherstellung ihrer Gesundheit
weilen, so ist ihre völkerrechtliche Stellung genau dieselbe. Und
die weitverbreitete Meinung ist unrichtig, welche die Exterritorialität
des Präsidenten einer fremden Republik auf den Fall beschränken
will, daſs er in Staatsgeschäften das Ausland betritt; jeder Versuch,
diesen Satz praktisch anzuwenden, würde sofort seine theoretische
Unhaltbarkeit aufdecken.
Dagegen u. a. Despagnet 236, Rivier I 424, Ullmann 88 (da die
Präsidenten der Freistaaten nur Mandatare des souveränen Volkes seien).
Besteht das Staatsoberhaupt aus einer Mehrheit von Personen,
so genieſst jede von ihnen die Vorrechte der Exterritorialität.
Die Exterritorialität genieſst auch das, das Staatsoberhaupt
begleitende Gefolge, sowohl seine Familie wie die übrigen be-
gleitenden Personen (bestritten; dagegen z. B. Martens-Berg-
bohm, I 322); sie wird auch der allein reisenden Frau des mo-
narchischen Staatsoberhauptes, aber lediglich aus internationaler
Höflichkeit, zugestanden.
Da der Aufenthalt des Staatsoberhauptes auf fremdem Staats-
gebiet eine Ausnahme darstellt, während er für die diplomatischen
Vertreter die Regel bildet, hat sich geschichtlich die Lehre von
der Exterritorialität des Staatsoberhauptes im Anschluſs an die der
diplomatischen Vertreter entwickelt. Dort, wo von dieser gesprochen
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Liszt, Franz von: Das Völkerrecht. Berlin, 1898, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_voelkerrecht_1898/90>, abgerufen am 19.07.2024.
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