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Liszt, Franz von: Das Völkerrecht. Berlin, 1898.

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II. Buch. Der völkerrechtl. Verkehr der Staaten im allgemeinen.

2. Die Gesandten im engeren Sinn, auch ausserordentliche Ge-
sandte oder bevollmächtigte Minister genannt
(envoyes extraordinaires
et ministres plenipotentiaires). Ihnen werden die päpstlichen Inter-
nuntien gleichgestellt.

3. Die 1818 eingeschobenen Ministerresidenten.

4. Die Geschäftsträger (charges d'affaires).

Wesentlich ist jedoch, von den Fragen der Etikette abge-
sehen, nur, dass die Gesandten der drei ersten Klassen von dem
Staatsoberhaupt bei dem Staatsoberhaupt, die der vierten Klasse
dagegen vom Minister bei dem Minister der auswärtigen Angelegen-
heiten beglaubigt werden.

Die bei einem Staat beglaubigten Gesandten der zur Völker-
rechtsgemeinschaft gehörenden Staaten bilden zusammen das "diplo-
matische Corps", an dessen Spitze als Doyen das rangälteste Mitglied
steht. Der Rang bestimmt sich nach der Klasse, innerhalb derselben
Klasse nach dem Zeitpunkt der Anmeldung der Ankunft bei dem
Empfangsstaat. (Wiener Reglement: "d'apres la date de la noti-
fication de leur arrivee".)

III.

Die völkerrechtliche Stellung des Gesandten wird begründet
durch die Übergabe und Empfangnahme des Beglaubigungsschreiben
beim Empfangsstaat.

Die Bestellung des Gesandten durch den Absendestaat ist ein
rein innerstaatlicher Akt. Er gewinnt völkerrechtliche Bedeutung erst
durch die Mitteilung der Ernennung an den Empfangsstaat. Dieser
hat das Recht, die Ernennung einer persona ingrata, auch ohne
Angabe von Gründen (die aber allerdings von England und den
Vereinigten Staaten verlangt wird), zurückzuweisen. Daher ist vor-
hergehende Anfrage (demande d'agreation) üblich, aber nicht völker-
rechtlich erforderlich. Die meisten Staaten pflegen den Empfang eigener
Staatsangehöriger als Gesandter fremder Mächte abzulehnen (anders
bezüglich der Konsuln). Ist die Mitteilung der Ernennung von
dem Empfangsstaat entgegengenommen worden, so vollzieht sich
die Reise des Gesandten an seinen Bestimmungsort von dem Augen-
blicke an, in dem er die Grenze des Empfangsstaates überschreitet,

II. Buch. Der völkerrechtl. Verkehr der Staaten im allgemeinen.

2. Die Gesandten im engeren Sinn, auch auſserordentliche Ge-
sandte oder bevollmächtigte Minister genannt
(envoyés extraordinaires
et ministres plénipotentiaires). Ihnen werden die päpstlichen Inter-
nuntien gleichgestellt.

3. Die 1818 eingeschobenen Ministerresidenten.

4. Die Geschäftsträger (chargés d’affaires).

Wesentlich ist jedoch, von den Fragen der Etikette abge-
sehen, nur, daſs die Gesandten der drei ersten Klassen von dem
Staatsoberhaupt bei dem Staatsoberhaupt, die der vierten Klasse
dagegen vom Minister bei dem Minister der auswärtigen Angelegen-
heiten beglaubigt werden.

Die bei einem Staat beglaubigten Gesandten der zur Völker-
rechtsgemeinschaft gehörenden Staaten bilden zusammen das „diplo-
matische Corps“, an dessen Spitze als Doyen das rangälteste Mitglied
steht. Der Rang bestimmt sich nach der Klasse, innerhalb derselben
Klasse nach dem Zeitpunkt der Anmeldung der Ankunft bei dem
Empfangsstaat. (Wiener Reglement: „d’après la date de la noti-
fication de leur arrivée“.)

III.

Die völkerrechtliche Stellung des Gesandten wird begründet
durch die Übergabe und Empfangnahme des Beglaubigungsschreiben
beim Empfangsstaat.

Die Bestellung des Gesandten durch den Absendestaat ist ein
rein innerstaatlicher Akt. Er gewinnt völkerrechtliche Bedeutung erst
durch die Mitteilung der Ernennung an den Empfangsstaat. Dieser
hat das Recht, die Ernennung einer persona ingrata, auch ohne
Angabe von Gründen (die aber allerdings von England und den
Vereinigten Staaten verlangt wird), zurückzuweisen. Daher ist vor-
hergehende Anfrage (demande d’agréation) üblich, aber nicht völker-
rechtlich erforderlich. Die meisten Staaten pflegen den Empfang eigener
Staatsangehöriger als Gesandter fremder Mächte abzulehnen (anders
bezüglich der Konsuln). Ist die Mitteilung der Ernennung von
dem Empfangsstaat entgegengenommen worden, so vollzieht sich
die Reise des Gesandten an seinen Bestimmungsort von dem Augen-
blicke an, in dem er die Grenze des Empfangsstaates überschreitet,

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[74/0096] II. Buch. Der völkerrechtl. Verkehr der Staaten im allgemeinen. 2. Die Gesandten im engeren Sinn, auch auſserordentliche Ge- sandte oder bevollmächtigte Minister genannt (envoyés extraordinaires et ministres plénipotentiaires). Ihnen werden die päpstlichen Inter- nuntien gleichgestellt. 3. Die 1818 eingeschobenen Ministerresidenten. 4. Die Geschäftsträger (chargés d’affaires). Wesentlich ist jedoch, von den Fragen der Etikette abge- sehen, nur, daſs die Gesandten der drei ersten Klassen von dem Staatsoberhaupt bei dem Staatsoberhaupt, die der vierten Klasse dagegen vom Minister bei dem Minister der auswärtigen Angelegen- heiten beglaubigt werden. Die bei einem Staat beglaubigten Gesandten der zur Völker- rechtsgemeinschaft gehörenden Staaten bilden zusammen das „diplo- matische Corps“, an dessen Spitze als Doyen das rangälteste Mitglied steht. Der Rang bestimmt sich nach der Klasse, innerhalb derselben Klasse nach dem Zeitpunkt der Anmeldung der Ankunft bei dem Empfangsstaat. (Wiener Reglement: „d’après la date de la noti- fication de leur arrivée“.) III. Die völkerrechtliche Stellung des Gesandten wird begründet durch die Übergabe und Empfangnahme des Beglaubigungsschreiben beim Empfangsstaat. Die Bestellung des Gesandten durch den Absendestaat ist ein rein innerstaatlicher Akt. Er gewinnt völkerrechtliche Bedeutung erst durch die Mitteilung der Ernennung an den Empfangsstaat. Dieser hat das Recht, die Ernennung einer persona ingrata, auch ohne Angabe von Gründen (die aber allerdings von England und den Vereinigten Staaten verlangt wird), zurückzuweisen. Daher ist vor- hergehende Anfrage (demande d’agréation) üblich, aber nicht völker- rechtlich erforderlich. Die meisten Staaten pflegen den Empfang eigener Staatsangehöriger als Gesandter fremder Mächte abzulehnen (anders bezüglich der Konsuln). Ist die Mitteilung der Ernennung von dem Empfangsstaat entgegengenommen worden, so vollzieht sich die Reise des Gesandten an seinen Bestimmungsort von dem Augen- blicke an, in dem er die Grenze des Empfangsstaates überschreitet,

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Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das Völkerrecht. Berlin, 1898, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_voelkerrecht_1898/96>, abgerufen am 24.11.2024.