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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834.

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Jährliche Bewegung der Sonne.
Jahres, beide Sonnenwenden beobachtet. Da nämlich die Ecliptik
und der Aequator größte Kreise des Himmels sind, also auch
(Einl. §. 6) sich gegenseitig in zwei gleiche Theile theilen, so werden
nicht bloß die Nachtgleichen-, sondern auch die beiden Wende-
punkte einander genau gegenüberstehen, und die eine, nördliche
Hälfte der Ecliptik wird sich eben so hoch über den Aequator
erheben, als die andere unter ihn herabsteigt, so daß daher der
Aequator selbst in der Mitte zwischen den beiden Solstitien liegen
wird. Hat man daher die Sonne zur Zeit der beiden Solstitien
beobachtet, so wird die halbe Differenz dieser beiden Höhen die
Schiefe der Ecliptik seyn, die man sonach, ohne die Polhöhe zu
kennen, finden kann. Die halbe Summe jener beiden Höhen aber
wird zugleich die gesuchte Höhe des Aequators seyn, die, von 90
Graden subtrahirt, die Polhöhe des Beobachtungsortes geben
wird. So beobachtete man in Wien im Jahre 1830 folgende
Solstitialhöhen der Sonne:

am 22ten Junius . 65° 14' 52" und
am 22ten Dezember . 18° 19' 56"

Die halbe Differenz dieser beiden Zahlen, oder 23° 27' 28",
ist die Schiefe der Ecliptik, und die halbe Summe derselben, oder
41° 47' 24", ist die Aequatorhöhe, also auch 48° 12' 36" die ge-
suchte Polhöhe des Beobachtungsortes.

§. 49. (Gnomon). So einfach das in (§. 43) erwähnte In-
strument, mit welchem man die Höhe der Sterne messen kann,
auch seyn mag, so wird man doch wohl bemerkt haben, daß es,
wenn es anders sehr genaue Resultate liefern soll, in seiner Con-
struction sowohl, als auch in seinem Gebrauche selbst manchen
Schwierigkeiten ausgesetzt ist, welche für die ersten Künstler und
Astronomen nicht so leicht zu beseitigen gewesen seyn mögen.
Auch ist es erst sehr spät in die beobachtende Astronomie eingeführt,
und erst um die Mitte des vorigen Jahrhunderts mit einer der
Würde der Wissenschaft angemessenen Genauigkeit, besonders von
den englischen Künstlern, verfertigt worden. Die Alten mußten
sich mit viel einfacheren Werkzeugen begnügen, und da sie sich
vorzüglich mit den Beobachtungen der Sonne beschäftigten, so
suchten sie auch ihre Instrumente diesen Beobachtungen gemäß
einzurichten.


Jährliche Bewegung der Sonne.
Jahres, beide Sonnenwenden beobachtet. Da nämlich die Ecliptik
und der Aequator größte Kreiſe des Himmels ſind, alſo auch
(Einl. §. 6) ſich gegenſeitig in zwei gleiche Theile theilen, ſo werden
nicht bloß die Nachtgleichen-, ſondern auch die beiden Wende-
punkte einander genau gegenüberſtehen, und die eine, nördliche
Hälfte der Ecliptik wird ſich eben ſo hoch über den Aequator
erheben, als die andere unter ihn herabſteigt, ſo daß daher der
Aequator ſelbſt in der Mitte zwiſchen den beiden Solſtitien liegen
wird. Hat man daher die Sonne zur Zeit der beiden Solſtitien
beobachtet, ſo wird die halbe Differenz dieſer beiden Höhen die
Schiefe der Ecliptik ſeyn, die man ſonach, ohne die Polhöhe zu
kennen, finden kann. Die halbe Summe jener beiden Höhen aber
wird zugleich die geſuchte Höhe des Aequators ſeyn, die, von 90
Graden ſubtrahirt, die Polhöhe des Beobachtungsortes geben
wird. So beobachtete man in Wien im Jahre 1830 folgende
Solſtitialhöhen der Sonne:

am 22ten Junius . 65° 14′ 52″ und
am 22ten Dezember . 18° 19′ 56″

Die halbe Differenz dieſer beiden Zahlen, oder 23° 27′ 28″,
iſt die Schiefe der Ecliptik, und die halbe Summe derſelben, oder
41° 47′ 24″, iſt die Aequatorhöhe, alſo auch 48° 12′ 36″ die ge-
ſuchte Polhöhe des Beobachtungsortes.

§. 49. (Gnomon). So einfach das in (§. 43) erwähnte In-
ſtrument, mit welchem man die Höhe der Sterne meſſen kann,
auch ſeyn mag, ſo wird man doch wohl bemerkt haben, daß es,
wenn es anders ſehr genaue Reſultate liefern ſoll, in ſeiner Con-
ſtruction ſowohl, als auch in ſeinem Gebrauche ſelbſt manchen
Schwierigkeiten ausgeſetzt iſt, welche für die erſten Künſtler und
Aſtronomen nicht ſo leicht zu beſeitigen geweſen ſeyn mögen.
Auch iſt es erſt ſehr ſpät in die beobachtende Aſtronomie eingeführt,
und erſt um die Mitte des vorigen Jahrhunderts mit einer der
Würde der Wiſſenſchaft angemeſſenen Genauigkeit, beſonders von
den engliſchen Künſtlern, verfertigt worden. Die Alten mußten
ſich mit viel einfacheren Werkzeugen begnügen, und da ſie ſich
vorzüglich mit den Beobachtungen der Sonne beſchäftigten, ſo
ſuchten ſie auch ihre Inſtrumente dieſen Beobachtungen gemäß
einzurichten.


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[109/0121] Jährliche Bewegung der Sonne. Jahres, beide Sonnenwenden beobachtet. Da nämlich die Ecliptik und der Aequator größte Kreiſe des Himmels ſind, alſo auch (Einl. §. 6) ſich gegenſeitig in zwei gleiche Theile theilen, ſo werden nicht bloß die Nachtgleichen-, ſondern auch die beiden Wende- punkte einander genau gegenüberſtehen, und die eine, nördliche Hälfte der Ecliptik wird ſich eben ſo hoch über den Aequator erheben, als die andere unter ihn herabſteigt, ſo daß daher der Aequator ſelbſt in der Mitte zwiſchen den beiden Solſtitien liegen wird. Hat man daher die Sonne zur Zeit der beiden Solſtitien beobachtet, ſo wird die halbe Differenz dieſer beiden Höhen die Schiefe der Ecliptik ſeyn, die man ſonach, ohne die Polhöhe zu kennen, finden kann. Die halbe Summe jener beiden Höhen aber wird zugleich die geſuchte Höhe des Aequators ſeyn, die, von 90 Graden ſubtrahirt, die Polhöhe des Beobachtungsortes geben wird. So beobachtete man in Wien im Jahre 1830 folgende Solſtitialhöhen der Sonne: am 22ten Junius . 65° 14′ 52″ und am 22ten Dezember . 18° 19′ 56″ Die halbe Differenz dieſer beiden Zahlen, oder 23° 27′ 28″, iſt die Schiefe der Ecliptik, und die halbe Summe derſelben, oder 41° 47′ 24″, iſt die Aequatorhöhe, alſo auch 48° 12′ 36″ die ge- ſuchte Polhöhe des Beobachtungsortes. §. 49. (Gnomon). So einfach das in (§. 43) erwähnte In- ſtrument, mit welchem man die Höhe der Sterne meſſen kann, auch ſeyn mag, ſo wird man doch wohl bemerkt haben, daß es, wenn es anders ſehr genaue Reſultate liefern ſoll, in ſeiner Con- ſtruction ſowohl, als auch in ſeinem Gebrauche ſelbſt manchen Schwierigkeiten ausgeſetzt iſt, welche für die erſten Künſtler und Aſtronomen nicht ſo leicht zu beſeitigen geweſen ſeyn mögen. Auch iſt es erſt ſehr ſpät in die beobachtende Aſtronomie eingeführt, und erſt um die Mitte des vorigen Jahrhunderts mit einer der Würde der Wiſſenſchaft angemeſſenen Genauigkeit, beſonders von den engliſchen Künſtlern, verfertigt worden. Die Alten mußten ſich mit viel einfacheren Werkzeugen begnügen, und da ſie ſich vorzüglich mit den Beobachtungen der Sonne beſchäftigten, ſo ſuchten ſie auch ihre Inſtrumente dieſen Beobachtungen gemäß einzurichten.

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem01_1834/121>, abgerufen am 24.11.2024.