Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834.Jährliche Bewegung der Erde. neten einfache Kreise, deren gemeinschaftlicher Mittelpunkt in demder Sonne liegt, zu beschreiben scheinen. Die Ebene dieser Kreise liegen alle in geringen Entfernungen um die Ecliptik, d. h. um die Bahn der Erde, die also mitten unter den Bahnen aller übrigen angetroffen wird. Die Bewegungen jener Planeten in ihren Kreisen gehen alle in der Richtung von West gen Ost vor sich, und eben dieselbe Richtung muß auch die Bewegung der Erde haben, wenn die in §. 54 erwähnten Erscheinungen Statt haben sollen. Schon diese beiden Analogien machen die jährliche Bewegung der Erde um die ruhende Sonne sehr wahr- scheinlich, aber diese Wahrscheinlichkeit wird noch sehr vermehrt, wenn man auf das bekannte Gesetz Rücksicht nimmt, welches zwischen den Umlaufszeiten der Planeten und zwischen den Halb- messern der von ihnen beschriebenen Kreise besteht. Nach diesem, von Kepler entdeckten, Gesetze verhalten sich bei den Planeten die Quadrate der Umlaufszeiten, wie die Würfel der Halbmesser ihrer Bahnen. Wenn daher dasselbe Verhältniß, welches bei allen Planeten statt hat, auch zwischen der Erde und einem jener Planeten besteht, so folgt daraus, daß auch diese Erde für einen Planeten gehalten werden soll. Nun kennen wir z. B. für Jupiter die Umlaufszeit 4.331.974 Tage, und den Halb- messer seiner Bahn 109.214.000 d. Meilen. Für die Erde aber ist, den Beobachtungen zu Folge, ihre mittlere Entfernung von der Sonne gleich 21.000.000 Meilen. Nennt man daher T die Umlaufszeit der Erde, so muß, in Folge jenes Gesetzes, das Qua- drat des Bruches [Formel 1] gleich seyn dem Würfel des Bru- ches [Formel 2] . Allein der Würfel des letzten Bruches ist 0,00710924, und von dieser Zahl die Quadratwurzel 0,0843163. Multiplicirt man daher die letzte Zahl durch 4.331.974, so erhält man für die gesuchte Umlaufszeit der Erde T = 365,256 Tage, vollkom- men mit der wahren Länge des Jahres, wie sie die Beobach- tungen geben, übereinstimmend. Zwar haben wir oben (§. 50) diese Länge des Jahres um nahe den hundertsten Theil eines Tages kleiner gefunden, allein unser bürgerliches Jahr bezieht Jährliche Bewegung der Erde. neten einfache Kreiſe, deren gemeinſchaftlicher Mittelpunkt in demder Sonne liegt, zu beſchreiben ſcheinen. Die Ebene dieſer Kreiſe liegen alle in geringen Entfernungen um die Ecliptik, d. h. um die Bahn der Erde, die alſo mitten unter den Bahnen aller übrigen angetroffen wird. Die Bewegungen jener Planeten in ihren Kreiſen gehen alle in der Richtung von Weſt gen Oſt vor ſich, und eben dieſelbe Richtung muß auch die Bewegung der Erde haben, wenn die in §. 54 erwähnten Erſcheinungen Statt haben ſollen. Schon dieſe beiden Analogien machen die jährliche Bewegung der Erde um die ruhende Sonne ſehr wahr- ſcheinlich, aber dieſe Wahrſcheinlichkeit wird noch ſehr vermehrt, wenn man auf das bekannte Geſetz Rückſicht nimmt, welches zwiſchen den Umlaufszeiten der Planeten und zwiſchen den Halb- meſſern der von ihnen beſchriebenen Kreiſe beſteht. Nach dieſem, von Kepler entdeckten, Geſetze verhalten ſich bei den Planeten die Quadrate der Umlaufszeiten, wie die Würfel der Halbmeſſer ihrer Bahnen. Wenn daher daſſelbe Verhältniß, welches bei allen Planeten ſtatt hat, auch zwiſchen der Erde und einem jener Planeten beſteht, ſo folgt daraus, daß auch dieſe Erde für einen Planeten gehalten werden ſoll. Nun kennen wir z. B. für Jupiter die Umlaufszeit 4.331.974 Tage, und den Halb- meſſer ſeiner Bahn 109.214.000 d. Meilen. Für die Erde aber iſt, den Beobachtungen zu Folge, ihre mittlere Entfernung von der Sonne gleich 21.000.000 Meilen. Nennt man daher T die Umlaufszeit der Erde, ſo muß, in Folge jenes Geſetzes, das Qua- drat des Bruches [Formel 1] gleich ſeyn dem Würfel des Bru- ches [Formel 2] . Allein der Würfel des letzten Bruches iſt 0,00710924, und von dieſer Zahl die Quadratwurzel 0,0843163. Multiplicirt man daher die letzte Zahl durch 4.331.974, ſo erhält man für die geſuchte Umlaufszeit der Erde T = 365,256 Tage, vollkom- men mit der wahren Länge des Jahres, wie ſie die Beobach- tungen geben, übereinſtimmend. Zwar haben wir oben (§. 50) dieſe Länge des Jahres um nahe den hundertſten Theil eines Tages kleiner gefunden, allein unſer bürgerliches Jahr bezieht <TEI> <text> <body> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0149" n="137"/><fw place="top" type="header">Jährliche Bewegung der Erde.</fw><lb/> neten einfache Kreiſe, deren gemeinſchaftlicher Mittelpunkt in dem<lb/> der Sonne liegt, zu beſchreiben ſcheinen. Die Ebene dieſer<lb/> Kreiſe liegen alle in geringen Entfernungen um die Ecliptik,<lb/> d. h. um die Bahn der Erde, die alſo mitten unter den Bahnen<lb/> aller übrigen angetroffen wird. Die Bewegungen jener Planeten<lb/> in ihren Kreiſen gehen alle in der Richtung von Weſt gen Oſt<lb/> vor ſich, und eben dieſelbe Richtung muß auch die Bewegung<lb/> der Erde haben, wenn die in §. 54 erwähnten Erſcheinungen<lb/> Statt haben ſollen. Schon dieſe beiden Analogien machen die<lb/> jährliche Bewegung der Erde um die ruhende Sonne ſehr wahr-<lb/> ſcheinlich, aber dieſe Wahrſcheinlichkeit wird noch ſehr vermehrt,<lb/> wenn man auf das bekannte Geſetz Rückſicht nimmt, welches<lb/> zwiſchen den Umlaufszeiten der Planeten und zwiſchen den Halb-<lb/> meſſern der von ihnen beſchriebenen Kreiſe beſteht. Nach dieſem,<lb/> von <hi rendition="#g">Kepler</hi> entdeckten, Geſetze verhalten ſich bei den Planeten<lb/> die Quadrate der Umlaufszeiten, wie die Würfel der Halbmeſſer<lb/> ihrer Bahnen. Wenn daher daſſelbe Verhältniß, welches bei<lb/> allen Planeten ſtatt hat, auch zwiſchen der Erde und einem jener<lb/> Planeten beſteht, ſo folgt daraus, daß auch dieſe Erde für<lb/> einen Planeten gehalten werden ſoll. Nun kennen wir z. B.<lb/> für Jupiter die Umlaufszeit 4.331.974 Tage, und den Halb-<lb/> meſſer ſeiner Bahn 109.214.000 d. Meilen. Für die Erde aber<lb/> iſt, den Beobachtungen zu Folge, ihre mittlere Entfernung von<lb/> der Sonne gleich 21.000.000 Meilen. Nennt man daher <hi rendition="#aq">T</hi> die<lb/> Umlaufszeit der Erde, ſo muß, in Folge jenes Geſetzes, das Qua-<lb/> drat des Bruches <formula/> gleich ſeyn dem Würfel des Bru-<lb/> ches <formula/>. Allein der Würfel des letzten Bruches iſt 0,<hi rendition="#sub">00710924</hi>,<lb/> und von dieſer Zahl die Quadratwurzel 0,<hi rendition="#sub">0843163</hi>. Multiplicirt<lb/> man daher die letzte Zahl durch 4.331.974, ſo erhält man für<lb/> die geſuchte Umlaufszeit der Erde <hi rendition="#aq">T</hi> = 365,<hi rendition="#sub">256</hi> Tage, vollkom-<lb/> men mit der wahren Länge des Jahres, wie ſie die Beobach-<lb/> tungen geben, übereinſtimmend. Zwar haben wir oben (§. 50)<lb/> dieſe Länge des Jahres um nahe den hundertſten Theil eines<lb/> Tages kleiner gefunden, allein unſer bürgerliches Jahr bezieht<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [137/0149]
Jährliche Bewegung der Erde.
neten einfache Kreiſe, deren gemeinſchaftlicher Mittelpunkt in dem
der Sonne liegt, zu beſchreiben ſcheinen. Die Ebene dieſer
Kreiſe liegen alle in geringen Entfernungen um die Ecliptik,
d. h. um die Bahn der Erde, die alſo mitten unter den Bahnen
aller übrigen angetroffen wird. Die Bewegungen jener Planeten
in ihren Kreiſen gehen alle in der Richtung von Weſt gen Oſt
vor ſich, und eben dieſelbe Richtung muß auch die Bewegung
der Erde haben, wenn die in §. 54 erwähnten Erſcheinungen
Statt haben ſollen. Schon dieſe beiden Analogien machen die
jährliche Bewegung der Erde um die ruhende Sonne ſehr wahr-
ſcheinlich, aber dieſe Wahrſcheinlichkeit wird noch ſehr vermehrt,
wenn man auf das bekannte Geſetz Rückſicht nimmt, welches
zwiſchen den Umlaufszeiten der Planeten und zwiſchen den Halb-
meſſern der von ihnen beſchriebenen Kreiſe beſteht. Nach dieſem,
von Kepler entdeckten, Geſetze verhalten ſich bei den Planeten
die Quadrate der Umlaufszeiten, wie die Würfel der Halbmeſſer
ihrer Bahnen. Wenn daher daſſelbe Verhältniß, welches bei
allen Planeten ſtatt hat, auch zwiſchen der Erde und einem jener
Planeten beſteht, ſo folgt daraus, daß auch dieſe Erde für
einen Planeten gehalten werden ſoll. Nun kennen wir z. B.
für Jupiter die Umlaufszeit 4.331.974 Tage, und den Halb-
meſſer ſeiner Bahn 109.214.000 d. Meilen. Für die Erde aber
iſt, den Beobachtungen zu Folge, ihre mittlere Entfernung von
der Sonne gleich 21.000.000 Meilen. Nennt man daher T die
Umlaufszeit der Erde, ſo muß, in Folge jenes Geſetzes, das Qua-
drat des Bruches [FORMEL] gleich ſeyn dem Würfel des Bru-
ches [FORMEL]. Allein der Würfel des letzten Bruches iſt 0,00710924,
und von dieſer Zahl die Quadratwurzel 0,0843163. Multiplicirt
man daher die letzte Zahl durch 4.331.974, ſo erhält man für
die geſuchte Umlaufszeit der Erde T = 365,256 Tage, vollkom-
men mit der wahren Länge des Jahres, wie ſie die Beobach-
tungen geben, übereinſtimmend. Zwar haben wir oben (§. 50)
dieſe Länge des Jahres um nahe den hundertſten Theil eines
Tages kleiner gefunden, allein unſer bürgerliches Jahr bezieht
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |