des Lichtes gefundenen Theorie der Bewegung der Fixsterne mit den unzähligen Beobachtungen, die seitdem an diesen Fixsternen mit den genauesten Instrumenten angestellt worden sind, ist daher nicht bloß ein neuer Beweis für die Richtigkeit von Römer's Ent- deckung, sondern sie gibt auch zugleich der bereits im vorherge- henden Kapitel als sehr wahrscheinlich gefundenen jährlichen Be- wegung der Erde um die Sonne einen Grad von Bestätigung, der unmittelbar an das volle Licht der Wahrheit gränzt, und dessen sich wohl nur wenige Hypothesen der Astronomie und der Physik zu erfreuen haben mögen.
Betrachten wir zum Schlusse dieses Gegenstandes, indem wir unsere Augen auf die bereits zurückgelegte Bahn rückwärts wenden, einen Augenblick die Weise, auf welche, und die kleinen Mittel, durch welche die Entdeckungen, deren wir bereits erwähnt haben, gemacht worden sind. Eine Linie, kaum so groß, als der zehnte Theil eines Zolls, um die nämlich das Secundenpendel in Südamerika kürzer gefunden wurde, als in Paris, lehrte uns die tägliche Umdrehung der Erde um ihre Axe, das Verhältniß der Centrifugalkraft derselben zu ihrer Schwere, die Verschieden- heit dieser Schwere auf der Oberfläche der Erde, und endlich die Gestalt und die Abplattung derselben an ihren Polen kennen, die selbst wieder so klein ist, daß sie nur den dreihundertsten Theil ihres Halbmessers beträgt. Dieses Pendel, das heißt, eine ein- fache, mit einem Gewichte versehene Schnur, gab uns ein Maß, damit die wahre Größe der Schwere unserer Erde oder den Raum, den frei fallende Körper zurücklegen, mit einer Genauigkeit zu messen, die uns kaum über den hunderttausendsten Theil dieser Größe ungewiß läßt, und es lehrte uns zugleich die Wirkungen derselben Schwere auf den Mond, in einer Entfernung von 50.000 Meilen von uns, mit einer noch größeren Schärfe zu bestimmen. Andere Messungen, mit scheinbar noch viel geringeren Mitteln, mit dem schwächsten Spinnenfaden im Brennpunkte unserer Fern- röhre, zeigten uns die Entfernung der Sonne von mehr als zwanzig Millionen Meilen, sowohl als auch die nicht minder er- staunenswürdige Größe dieses Himmelskörpers, dessen Volumen eine und eine halbe Million größer ist, als das unserer Erde. Dieselben Spinnenfäden und ein Stückchen Glas, auf Thon abge-
Aberration der Fixſterne.
des Lichtes gefundenen Theorie der Bewegung der Fixſterne mit den unzähligen Beobachtungen, die ſeitdem an dieſen Fixſternen mit den genaueſten Inſtrumenten angeſtellt worden ſind, iſt daher nicht bloß ein neuer Beweis für die Richtigkeit von Römer’s Ent- deckung, ſondern ſie gibt auch zugleich der bereits im vorherge- henden Kapitel als ſehr wahrſcheinlich gefundenen jährlichen Be- wegung der Erde um die Sonne einen Grad von Beſtätigung, der unmittelbar an das volle Licht der Wahrheit gränzt, und deſſen ſich wohl nur wenige Hypotheſen der Aſtronomie und der Phyſik zu erfreuen haben mögen.
Betrachten wir zum Schluſſe dieſes Gegenſtandes, indem wir unſere Augen auf die bereits zurückgelegte Bahn rückwärts wenden, einen Augenblick die Weiſe, auf welche, und die kleinen Mittel, durch welche die Entdeckungen, deren wir bereits erwähnt haben, gemacht worden ſind. Eine Linie, kaum ſo groß, als der zehnte Theil eines Zolls, um die nämlich das Secundenpendel in Südamerika kürzer gefunden wurde, als in Paris, lehrte uns die tägliche Umdrehung der Erde um ihre Axe, das Verhältniß der Centrifugalkraft derſelben zu ihrer Schwere, die Verſchieden- heit dieſer Schwere auf der Oberfläche der Erde, und endlich die Geſtalt und die Abplattung derſelben an ihren Polen kennen, die ſelbſt wieder ſo klein iſt, daß ſie nur den dreihundertſten Theil ihres Halbmeſſers beträgt. Dieſes Pendel, das heißt, eine ein- fache, mit einem Gewichte verſehene Schnur, gab uns ein Maß, damit die wahre Größe der Schwere unſerer Erde oder den Raum, den frei fallende Körper zurücklegen, mit einer Genauigkeit zu meſſen, die uns kaum über den hunderttauſendſten Theil dieſer Größe ungewiß läßt, und es lehrte uns zugleich die Wirkungen derſelben Schwere auf den Mond, in einer Entfernung von 50.000 Meilen von uns, mit einer noch größeren Schärfe zu beſtimmen. Andere Meſſungen, mit ſcheinbar noch viel geringeren Mitteln, mit dem ſchwächſten Spinnenfaden im Brennpunkte unſerer Fern- röhre, zeigten uns die Entfernung der Sonne von mehr als zwanzig Millionen Meilen, ſowohl als auch die nicht minder er- ſtaunenswürdige Größe dieſes Himmelskörpers, deſſen Volumen eine und eine halbe Million größer iſt, als das unſerer Erde. Dieſelben Spinnenfäden und ein Stückchen Glas, auf Thon abge-
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Aberration der Fixſterne.
des Lichtes gefundenen Theorie der Bewegung der Fixſterne mit
den unzähligen Beobachtungen, die ſeitdem an dieſen Fixſternen
mit den genaueſten Inſtrumenten angeſtellt worden ſind, iſt daher
nicht bloß ein neuer Beweis für die Richtigkeit von Römer’s Ent-
deckung, ſondern ſie gibt auch zugleich der bereits im vorherge-
henden Kapitel als ſehr wahrſcheinlich gefundenen jährlichen Be-
wegung der Erde um die Sonne einen Grad von Beſtätigung,
der unmittelbar an das volle Licht der Wahrheit gränzt, und
deſſen ſich wohl nur wenige Hypotheſen der Aſtronomie und der
Phyſik zu erfreuen haben mögen.
Betrachten wir zum Schluſſe dieſes Gegenſtandes, indem
wir unſere Augen auf die bereits zurückgelegte Bahn rückwärts
wenden, einen Augenblick die Weiſe, auf welche, und die kleinen
Mittel, durch welche die Entdeckungen, deren wir bereits erwähnt
haben, gemacht worden ſind. Eine Linie, kaum ſo groß, als der
zehnte Theil eines Zolls, um die nämlich das Secundenpendel
in Südamerika kürzer gefunden wurde, als in Paris, lehrte uns
die tägliche Umdrehung der Erde um ihre Axe, das Verhältniß
der Centrifugalkraft derſelben zu ihrer Schwere, die Verſchieden-
heit dieſer Schwere auf der Oberfläche der Erde, und endlich die
Geſtalt und die Abplattung derſelben an ihren Polen kennen, die
ſelbſt wieder ſo klein iſt, daß ſie nur den dreihundertſten Theil
ihres Halbmeſſers beträgt. Dieſes Pendel, das heißt, eine ein-
fache, mit einem Gewichte verſehene Schnur, gab uns ein Maß,
damit die wahre Größe der Schwere unſerer Erde oder den Raum,
den frei fallende Körper zurücklegen, mit einer Genauigkeit zu
meſſen, die uns kaum über den hunderttauſendſten Theil dieſer
Größe ungewiß läßt, und es lehrte uns zugleich die Wirkungen
derſelben Schwere auf den Mond, in einer Entfernung von 50.000
Meilen von uns, mit einer noch größeren Schärfe zu beſtimmen.
Andere Meſſungen, mit ſcheinbar noch viel geringeren Mitteln,
mit dem ſchwächſten Spinnenfaden im Brennpunkte unſerer Fern-
röhre, zeigten uns die Entfernung der Sonne von mehr als
zwanzig Millionen Meilen, ſowohl als auch die nicht minder er-
ſtaunenswürdige Größe dieſes Himmelskörpers, deſſen Volumen
eine und eine halbe Million größer iſt, als das unſerer Erde.
Dieſelben Spinnenfäden und ein Stückchen Glas, auf Thon abge-
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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem01_1834/204>, abgerufen am 16.07.2024.
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