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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834.

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schwindigkeit, sondern auch die des Halbmessers der Planeten
ihren Beobachtungen gemäß dargestellt wurden, indem sie vor-
aussetzten, daß diese beiden Aenderungen bloß von der größern
oder kleinern Entfernung der Planeten von der Erde kämen.
Allein dieß ist keineswegs der Fall, und selbst ihre unvollkommenen
Instrumente hätten sie von dem Irrthum ihrer Voraussetzung
zurückbringen können, wenn sie damit die so beträchtlichen Aende-
rungen des Durchmessers des Mondes mit Aufmerksamkeit beob-
achtet hätten. Bei ihm verhalten sich nämlich die größten und
kleinsten Geschwindigkeiten in einer Stunde wie die Zahlen 2302"
und 1767 oder wie 1,303 zu 1. Der größte und kleinste Durch-
messer des Mondes aber sind wie 2011" und 1762 oder wie 1,141
zu 1, da doch diese beiden Verhältnisse, die Geschwindigkeiten
und der Durchmesser einander gleich seyn sollten, wenn ihre Ver-
änderungen bloß von den verschiedenen Entfernungen des Mondes
von der Erde herrühren. Sie hätten daher, wenn der kleinste
Durchmesser des Mondes 1762" betrug, den größten gleich 2296"
oder nahe 43/4 Minuten größer sehen sollen, als sie ihn in der
That sahen, eine Größe, die auch ihren Instrumenten nicht leicht
entgehen konnte. Sie würden dann gesehen haben, daß nicht das
Verhältniß der von ihnen beobachteten Mondsdurchmesser, aber
wohl das Quadrat dieses Verhältnisses gleich der Zahl 1,303,
also gleich dem Verhältnisse der Geschwindigkeiten des Mondes
sey, und diese Bemerkung würde sie vielleicht auf die Entdeckung
des zweiten Keplerschen Gesetzes, von dem wir später sprechen
werden, und dadurch auf eine ganz andere, und was mehr ist,
auf die wahre Theorie der Planetenbewegung geführt haben.
Wenn sie also auch durch dieses Verfahren die Längen oder die
Geschwindigkeiten der Planeten, den Beobachtungen nahe gemäß,
darstellen konnten, so war es doch unmöglich, dadurch auch die Entfer-
nungen derselben von der Erde so, wie die Beobachtungen sie for-
derten, darzustellen. In der That war auch beinahe alles, was uns
die Alten von den Distanzen der Planeten, etwa die des Mondes
ausgenommen, überliefert haben, von keinem Werthe, da sie über
diesen wichtigen Gegenstand der Astronomie ganz im Dunklen ge-
blieben sind.


Planetenſyſteme.
ſchwindigkeit, ſondern auch die des Halbmeſſers der Planeten
ihren Beobachtungen gemäß dargeſtellt wurden, indem ſie vor-
ausſetzten, daß dieſe beiden Aenderungen bloß von der größern
oder kleinern Entfernung der Planeten von der Erde kämen.
Allein dieß iſt keineswegs der Fall, und ſelbſt ihre unvollkommenen
Inſtrumente hätten ſie von dem Irrthum ihrer Vorausſetzung
zurückbringen können, wenn ſie damit die ſo beträchtlichen Aende-
rungen des Durchmeſſers des Mondes mit Aufmerkſamkeit beob-
achtet hätten. Bei ihm verhalten ſich nämlich die größten und
kleinſten Geſchwindigkeiten in einer Stunde wie die Zahlen 2302″
und 1767 oder wie 1,303 zu 1. Der größte und kleinſte Durch-
meſſer des Mondes aber ſind wie 2011″ und 1762 oder wie 1,141
zu 1, da doch dieſe beiden Verhältniſſe, die Geſchwindigkeiten
und der Durchmeſſer einander gleich ſeyn ſollten, wenn ihre Ver-
änderungen bloß von den verſchiedenen Entfernungen des Mondes
von der Erde herrühren. Sie hätten daher, wenn der kleinſte
Durchmeſſer des Mondes 1762″ betrug, den größten gleich 2296″
oder nahe 4¾ Minuten größer ſehen ſollen, als ſie ihn in der
That ſahen, eine Größe, die auch ihren Inſtrumenten nicht leicht
entgehen konnte. Sie würden dann geſehen haben, daß nicht das
Verhältniß der von ihnen beobachteten Mondsdurchmeſſer, aber
wohl das Quadrat dieſes Verhältniſſes gleich der Zahl 1,303,
alſo gleich dem Verhältniſſe der Geſchwindigkeiten des Mondes
ſey, und dieſe Bemerkung würde ſie vielleicht auf die Entdeckung
des zweiten Keplerſchen Geſetzes, von dem wir ſpäter ſprechen
werden, und dadurch auf eine ganz andere, und was mehr iſt,
auf die wahre Theorie der Planetenbewegung geführt haben.
Wenn ſie alſo auch durch dieſes Verfahren die Längen oder die
Geſchwindigkeiten der Planeten, den Beobachtungen nahe gemäß,
darſtellen konnten, ſo war es doch unmöglich, dadurch auch die Entfer-
nungen derſelben von der Erde ſo, wie die Beobachtungen ſie for-
derten, darzuſtellen. In der That war auch beinahe alles, was uns
die Alten von den Diſtanzen der Planeten, etwa die des Mondes
ausgenommen, überliefert haben, von keinem Werthe, da ſie über
dieſen wichtigen Gegenſtand der Aſtronomie ganz im Dunklen ge-
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[231/0243] Planetenſyſteme. ſchwindigkeit, ſondern auch die des Halbmeſſers der Planeten ihren Beobachtungen gemäß dargeſtellt wurden, indem ſie vor- ausſetzten, daß dieſe beiden Aenderungen bloß von der größern oder kleinern Entfernung der Planeten von der Erde kämen. Allein dieß iſt keineswegs der Fall, und ſelbſt ihre unvollkommenen Inſtrumente hätten ſie von dem Irrthum ihrer Vorausſetzung zurückbringen können, wenn ſie damit die ſo beträchtlichen Aende- rungen des Durchmeſſers des Mondes mit Aufmerkſamkeit beob- achtet hätten. Bei ihm verhalten ſich nämlich die größten und kleinſten Geſchwindigkeiten in einer Stunde wie die Zahlen 2302″ und 1767 oder wie 1,303 zu 1. Der größte und kleinſte Durch- meſſer des Mondes aber ſind wie 2011″ und 1762 oder wie 1,141 zu 1, da doch dieſe beiden Verhältniſſe, die Geſchwindigkeiten und der Durchmeſſer einander gleich ſeyn ſollten, wenn ihre Ver- änderungen bloß von den verſchiedenen Entfernungen des Mondes von der Erde herrühren. Sie hätten daher, wenn der kleinſte Durchmeſſer des Mondes 1762″ betrug, den größten gleich 2296″ oder nahe 4¾ Minuten größer ſehen ſollen, als ſie ihn in der That ſahen, eine Größe, die auch ihren Inſtrumenten nicht leicht entgehen konnte. Sie würden dann geſehen haben, daß nicht das Verhältniß der von ihnen beobachteten Mondsdurchmeſſer, aber wohl das Quadrat dieſes Verhältniſſes gleich der Zahl 1,303, alſo gleich dem Verhältniſſe der Geſchwindigkeiten des Mondes ſey, und dieſe Bemerkung würde ſie vielleicht auf die Entdeckung des zweiten Keplerſchen Geſetzes, von dem wir ſpäter ſprechen werden, und dadurch auf eine ganz andere, und was mehr iſt, auf die wahre Theorie der Planetenbewegung geführt haben. Wenn ſie alſo auch durch dieſes Verfahren die Längen oder die Geſchwindigkeiten der Planeten, den Beobachtungen nahe gemäß, darſtellen konnten, ſo war es doch unmöglich, dadurch auch die Entfer- nungen derſelben von der Erde ſo, wie die Beobachtungen ſie for- derten, darzuſtellen. In der That war auch beinahe alles, was uns die Alten von den Diſtanzen der Planeten, etwa die des Mondes ausgenommen, überliefert haben, von keinem Werthe, da ſie über dieſen wichtigen Gegenſtand der Aſtronomie ganz im Dunklen ge- blieben ſind.

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem01_1834/243>, abgerufen am 24.11.2024.