einen Augenblick gegeben haben, wo die beiden, nach derselben Seite gerichteten wahren Bewegungen der Erde und des Planeten gleich groß waren, und dieß war der Augenblick des Stillstan- des, wo der Planet, von der Erde gesehen, sich am Himmel gar nicht zu bewegen scheint.
Nach der Opposition fängt die Bewegung der Erde an, sich wieder allmählig von der des Planeten weg zu krümmen, wodurch die scheinbare retrograde Bewegung des Planeten immer mehr verringert wird, bis endlich wieder beide wahre Bewegungen einander aufheben, und der Planet, von der Erde gesehen, zum zweitenmale stille steht. Von da wird seine scheinbare Bewegung wieder direct, und immer größer. Zur Zeit der zweiten Quadra- tur, wo die Erde in IV und der Planet in 4 ist, erscheint der letzte in 4' etwas weiter gegen Ost vorgerückt, und hier ist wieder, wie in der ersten Quadratur, seine scheinbare Bewegung gleich der wahren, weil die der Erde, die gerade auf den Planeten gerichtet ist, keinen Einfluß auf sie äußern kann. Nach dieser Quadratur wächst die directe scheinbare Bewegung noch mehr, daher er auch, wenn die Erde in V und der Planet in 5 ist, noch weiter gen Ost in 5' vorgerückt erscheint, bis er endlich wieder, wenn die Erde in der Mitte der von dem Planeten abgewendeten Hälfte ihrer Bahn oder in Conjunction ist, die größte scheinbare directe Bewegung erhält, und von da eine zweite, der eben angeführten ganz ähn- liche, Periode seiner Bewegungen beginnt.
Es wird kaum nothwendig seyn, dieselbe Erläuterung auch für die unteren Planeten zu wiederholen. Man wird sehr leicht, die hier vorkommenden Erscheinungen durch zwei ähnliche con- centrische Kreise darstellen, von welchen der äußere die Bahn der Erde, und der kleinere innere die des Planeten bezeichnet. Zur Zeit ihrer obern Conjunction (§. 108), wo die Sonne zwischen ihnen und der Erde ist, sind die wahren Bewegungen des Pla- neten und der Erde nach entgegengesetzten Seiten gerichtet, daher hier die von der Erde gesehene oder scheinbare Bewegung direct, und am größten ist. Nach der obern Conjunction neigt sich die Richtung der wahren Bewegung des Planeten immer mehr gegen die Erde hin, oder seine scheinbare directe Bewegung wird lang- samer. Zur Zeit der größten östlichen Digression geht die Richtung
Planetenſyſteme.
einen Augenblick gegeben haben, wo die beiden, nach derſelben Seite gerichteten wahren Bewegungen der Erde und des Planeten gleich groß waren, und dieß war der Augenblick des Stillſtan- des, wo der Planet, von der Erde geſehen, ſich am Himmel gar nicht zu bewegen ſcheint.
Nach der Oppoſition fängt die Bewegung der Erde an, ſich wieder allmählig von der des Planeten weg zu krümmen, wodurch die ſcheinbare retrograde Bewegung des Planeten immer mehr verringert wird, bis endlich wieder beide wahre Bewegungen einander aufheben, und der Planet, von der Erde geſehen, zum zweitenmale ſtille ſteht. Von da wird ſeine ſcheinbare Bewegung wieder direct, und immer größer. Zur Zeit der zweiten Quadra- tur, wo die Erde in IV und der Planet in 4 iſt, erſcheint der letzte in 4′ etwas weiter gegen Oſt vorgerückt, und hier iſt wieder, wie in der erſten Quadratur, ſeine ſcheinbare Bewegung gleich der wahren, weil die der Erde, die gerade auf den Planeten gerichtet iſt, keinen Einfluß auf ſie äußern kann. Nach dieſer Quadratur wächst die directe ſcheinbare Bewegung noch mehr, daher er auch, wenn die Erde in V und der Planet in 5 iſt, noch weiter gen Oſt in 5′ vorgerückt erſcheint, bis er endlich wieder, wenn die Erde in der Mitte der von dem Planeten abgewendeten Hälfte ihrer Bahn oder in Conjunction iſt, die größte ſcheinbare directe Bewegung erhält, und von da eine zweite, der eben angeführten ganz ähn- liche, Periode ſeiner Bewegungen beginnt.
Es wird kaum nothwendig ſeyn, dieſelbe Erläuterung auch für die unteren Planeten zu wiederholen. Man wird ſehr leicht, die hier vorkommenden Erſcheinungen durch zwei ähnliche con- centriſche Kreiſe darſtellen, von welchen der äußere die Bahn der Erde, und der kleinere innere die des Planeten bezeichnet. Zur Zeit ihrer obern Conjunction (§. 108), wo die Sonne zwiſchen ihnen und der Erde iſt, ſind die wahren Bewegungen des Pla- neten und der Erde nach entgegengeſetzten Seiten gerichtet, daher hier die von der Erde geſehene oder ſcheinbare Bewegung direct, und am größten iſt. Nach der obern Conjunction neigt ſich die Richtung der wahren Bewegung des Planeten immer mehr gegen die Erde hin, oder ſeine ſcheinbare directe Bewegung wird lang- ſamer. Zur Zeit der größten öſtlichen Digreſſion geht die Richtung
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Planetenſyſteme.
einen Augenblick gegeben haben, wo die beiden, nach derſelben
Seite gerichteten wahren Bewegungen der Erde und des Planeten
gleich groß waren, und dieß war der Augenblick des Stillſtan-
des, wo der Planet, von der Erde geſehen, ſich am Himmel gar
nicht zu bewegen ſcheint.
Nach der Oppoſition fängt die Bewegung der Erde an,
ſich wieder allmählig von der des Planeten weg zu krümmen,
wodurch die ſcheinbare retrograde Bewegung des Planeten immer
mehr verringert wird, bis endlich wieder beide wahre Bewegungen
einander aufheben, und der Planet, von der Erde geſehen, zum
zweitenmale ſtille ſteht. Von da wird ſeine ſcheinbare Bewegung
wieder direct, und immer größer. Zur Zeit der zweiten Quadra-
tur, wo die Erde in IV und der Planet in 4 iſt, erſcheint der
letzte in 4′ etwas weiter gegen Oſt vorgerückt, und hier iſt wieder,
wie in der erſten Quadratur, ſeine ſcheinbare Bewegung gleich der
wahren, weil die der Erde, die gerade auf den Planeten gerichtet
iſt, keinen Einfluß auf ſie äußern kann. Nach dieſer Quadratur
wächst die directe ſcheinbare Bewegung noch mehr, daher er auch,
wenn die Erde in V und der Planet in 5 iſt, noch weiter gen
Oſt in 5′ vorgerückt erſcheint, bis er endlich wieder, wenn die Erde
in der Mitte der von dem Planeten abgewendeten Hälfte ihrer Bahn
oder in Conjunction iſt, die größte ſcheinbare directe Bewegung
erhält, und von da eine zweite, der eben angeführten ganz ähn-
liche, Periode ſeiner Bewegungen beginnt.
Es wird kaum nothwendig ſeyn, dieſelbe Erläuterung auch
für die unteren Planeten zu wiederholen. Man wird ſehr leicht,
die hier vorkommenden Erſcheinungen durch zwei ähnliche con-
centriſche Kreiſe darſtellen, von welchen der äußere die Bahn der
Erde, und der kleinere innere die des Planeten bezeichnet. Zur
Zeit ihrer obern Conjunction (§. 108), wo die Sonne zwiſchen
ihnen und der Erde iſt, ſind die wahren Bewegungen des Pla-
neten und der Erde nach entgegengeſetzten Seiten gerichtet, daher
hier die von der Erde geſehene oder ſcheinbare Bewegung direct,
und am größten iſt. Nach der obern Conjunction neigt ſich die
Richtung der wahren Bewegung des Planeten immer mehr gegen
die Erde hin, oder ſeine ſcheinbare directe Bewegung wird lang-
ſamer. Zur Zeit der größten öſtlichen Digreſſion geht die Richtung
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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem01_1834/252>, abgerufen am 16.07.2024.
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