Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834.Kepler's Gesetze. Er hatte uns gezeigt, daß die größere jener beiden Anoma- Allein jene erste Ungleichheit (§. 106) ließ sich durch die Copernicus aber behielt dessenungeachtet diese Hypothese der §. 127. (Tycho's Planetensystem.) Eine solche Verbesserung Kepler’s Geſetze. Er hatte uns gezeigt, daß die größere jener beiden Anoma- Allein jene erſte Ungleichheit (§. 106) ließ ſich durch die Copernicus aber behielt deſſenungeachtet dieſe Hypotheſe der §. 127. (Tycho’s Planetenſyſtem.) Eine ſolche Verbeſſerung <TEI> <text> <body> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0272" n="260"/> <fw place="top" type="header">Kepler’s Geſetze.</fw><lb/> <p>Er hatte uns gezeigt, daß die größere jener beiden Anoma-<lb/> lien, die wir bei den Bewegungen der Planeten bemerken, oder<lb/> daß die ſogenannte <hi rendition="#g">zweite Ungleichheit</hi> (§. 105) der Alten<lb/> nicht den Planeten eigenthümlich, ſondern daß ſie bloß ſcheinbar<lb/> ſey, und ihren Grund in der Bewegung der Erde um die Sonne<lb/> habe; und dieß hat er uns auf eine Weiſe gezeigt, daß fortan<lb/> Niemand mehr an der Wahrheit ſeiner Erklärung zweifeln kann,<lb/> und daß dieſe Vorausſetzung jeder künftigen Verbeſſerung oder<lb/> Erweiterung der Wiſſenſchaft zu Grunde liegen muß, wenn ſie<lb/> anders auf dieſe Benennung Anſpruch zu machen würdig iſt.</p><lb/> <p>Allein jene <hi rendition="#g">erſte Ungleichheit</hi> (§. 106) ließ ſich durch die<lb/> von Copernicus entdeckte Bewegung der Erde nicht darſtellen.<lb/> Dieſe Ungleichheit iſt den Planeten eigenthümlich, und kein bloßer<lb/> Schein, daher auch die wahre Urſache derſelben in der Bewegung<lb/> der Planeten ſelbſt, nicht außer ihnen, geſucht werden muß. Die<lb/> Griechen nahmen zu ihrer Erklärung den excentriſchen Kreis zu<lb/> Hilfe, und wir haben bereits oben (§. 108) geſehen, daß die Be-<lb/> wegung in dem excentriſchen Kreiſe auch durch die in einem con-<lb/> centriſchen Kreiſe mit einem Epicykel vorgeſtellt werden kann, ſo<lb/> wie auch bereits mehr als einmal bemerkt worden iſt, daß dieſe<lb/> Hypotheſe nicht einmal die unvollkommenen Beobachtungen der<lb/> Alten mit hinlänglicher Genauigkeit, und daß ſie beſonders die<lb/> Entfernungen der Planeten von der Erde gar nicht darſtellte.</p><lb/> <p>Copernicus aber behielt deſſenungeachtet dieſe Hypotheſe der<lb/> Griechen bei, ſo wie er ſich auch nicht von der kreisförmigen Ge-<lb/> ſtalt der Planetenbahnen, welche dieſe als die einzig mögliche er-<lb/> kannt haben wollten, losreißen konnte. Ihm war es genug, den<lb/> einen der beiden Haupttheile der alten Irrlehren geſtürzt zu<lb/> haben, den wichtigſten vielleicht, oder doch den ſchädlichſten und<lb/> gefährlichſten. Der zweite forderte ohne Zweifel mehr geiſtige<lb/> Kraft, mehr Kenntniſſe und Beharrlichkeit, aber nicht mehr jenen<lb/> edeln Muth, mit welchem er einem für unerſchütterlich gehaltenen<lb/> Irrthume, und ſelbſt dem täglichen Zeugniſſe der Sinne entgegen trat.</p><lb/> <p>§. 127. (Tycho’s Planetenſyſtem.) Eine ſolche Verbeſſerung<lb/> des copernicaniſchen Syſtems verſuchte, ein halbes Jahrhundert<lb/> nach der Bekanntmachung deſſelben, <hi rendition="#g">Tycho Brahe</hi>, einer der<lb/> größten practiſchen Aſtronomen, deſſen Urtheilskraft aber in den<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [260/0272]
Kepler’s Geſetze.
Er hatte uns gezeigt, daß die größere jener beiden Anoma-
lien, die wir bei den Bewegungen der Planeten bemerken, oder
daß die ſogenannte zweite Ungleichheit (§. 105) der Alten
nicht den Planeten eigenthümlich, ſondern daß ſie bloß ſcheinbar
ſey, und ihren Grund in der Bewegung der Erde um die Sonne
habe; und dieß hat er uns auf eine Weiſe gezeigt, daß fortan
Niemand mehr an der Wahrheit ſeiner Erklärung zweifeln kann,
und daß dieſe Vorausſetzung jeder künftigen Verbeſſerung oder
Erweiterung der Wiſſenſchaft zu Grunde liegen muß, wenn ſie
anders auf dieſe Benennung Anſpruch zu machen würdig iſt.
Allein jene erſte Ungleichheit (§. 106) ließ ſich durch die
von Copernicus entdeckte Bewegung der Erde nicht darſtellen.
Dieſe Ungleichheit iſt den Planeten eigenthümlich, und kein bloßer
Schein, daher auch die wahre Urſache derſelben in der Bewegung
der Planeten ſelbſt, nicht außer ihnen, geſucht werden muß. Die
Griechen nahmen zu ihrer Erklärung den excentriſchen Kreis zu
Hilfe, und wir haben bereits oben (§. 108) geſehen, daß die Be-
wegung in dem excentriſchen Kreiſe auch durch die in einem con-
centriſchen Kreiſe mit einem Epicykel vorgeſtellt werden kann, ſo
wie auch bereits mehr als einmal bemerkt worden iſt, daß dieſe
Hypotheſe nicht einmal die unvollkommenen Beobachtungen der
Alten mit hinlänglicher Genauigkeit, und daß ſie beſonders die
Entfernungen der Planeten von der Erde gar nicht darſtellte.
Copernicus aber behielt deſſenungeachtet dieſe Hypotheſe der
Griechen bei, ſo wie er ſich auch nicht von der kreisförmigen Ge-
ſtalt der Planetenbahnen, welche dieſe als die einzig mögliche er-
kannt haben wollten, losreißen konnte. Ihm war es genug, den
einen der beiden Haupttheile der alten Irrlehren geſtürzt zu
haben, den wichtigſten vielleicht, oder doch den ſchädlichſten und
gefährlichſten. Der zweite forderte ohne Zweifel mehr geiſtige
Kraft, mehr Kenntniſſe und Beharrlichkeit, aber nicht mehr jenen
edeln Muth, mit welchem er einem für unerſchütterlich gehaltenen
Irrthume, und ſelbſt dem täglichen Zeugniſſe der Sinne entgegen trat.
§. 127. (Tycho’s Planetenſyſtem.) Eine ſolche Verbeſſerung
des copernicaniſchen Syſtems verſuchte, ein halbes Jahrhundert
nach der Bekanntmachung deſſelben, Tycho Brahe, einer der
größten practiſchen Aſtronomen, deſſen Urtheilskraft aber in den
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