Schattengränze selbst eine Ebene wäre. Da dieß aber gegen die Erfahrung ist, oder da uns diese Gränze immer krumm erscheint, so muß auch unsere Erde selbst eine krumme Gestalt haben.
§. 11. (V. Aus der Gestalt anderer Gestirne). Als endlich im sechzehnten Jahrhunderte die Fernröhre erfunden wurden, be- merkte man auch an mehreren anderen Himmelskörpern dieselbe Kugelgestalt, die man denn auch sehr bald als die Lieblingsform der Natur erkannte, bis sie endlich durch die Theorie der allgemeinen Schwere, nur mit einigen kleinen Abweichungen, von welchen wir später reden werden, als die einzig mögliche erkannt und bewiesen worden ist. Sonne und Mond und alle Planeten mit ihren Sa- telliten haben diese Gestalt; warum sollte allein die von uns be- wohnte Erde sie nicht auch haben? Ein dunkles Gefühl scheint uns bereits aus den wenigen vorhergehenden Betrachtungen zuzu- rufen, daß wir bisher im Irrthume waren, wenn wir die Erde, unseren Wohnort, als etwas Eigenes, für sich Bestehendes ansahen, dergleichen nicht weiter in der übrigen Welt zu finden sey, ja der zu Liebe wohl, wie wir früher wähnten, alles andere da seyn soll, und daß wir uns daher bei Zeiten gewöhnen müssen, in dieser Erde nicht sowohl unseren ausschließenden Wohnort, als vielmehr einen der großen Himmelskörper mehr zu erblicken, welche den Weltraum um uns erfüllen, von deren Chor wir nur einen, und wie wir bald sehen werden, einen sehr kleinen Theil ausmachen.
Geſtalt der Erde.
Schattengränze ſelbſt eine Ebene wäre. Da dieß aber gegen die Erfahrung iſt, oder da uns dieſe Gränze immer krumm erſcheint, ſo muß auch unſere Erde ſelbſt eine krumme Geſtalt haben.
§. 11. (V. Aus der Geſtalt anderer Geſtirne). Als endlich im ſechzehnten Jahrhunderte die Fernröhre erfunden wurden, be- merkte man auch an mehreren anderen Himmelskörpern dieſelbe Kugelgeſtalt, die man denn auch ſehr bald als die Lieblingsform der Natur erkannte, bis ſie endlich durch die Theorie der allgemeinen Schwere, nur mit einigen kleinen Abweichungen, von welchen wir ſpäter reden werden, als die einzig mögliche erkannt und bewieſen worden iſt. Sonne und Mond und alle Planeten mit ihren Sa- telliten haben dieſe Geſtalt; warum ſollte allein die von uns be- wohnte Erde ſie nicht auch haben? Ein dunkles Gefühl ſcheint uns bereits aus den wenigen vorhergehenden Betrachtungen zuzu- rufen, daß wir bisher im Irrthume waren, wenn wir die Erde, unſeren Wohnort, als etwas Eigenes, für ſich Beſtehendes anſahen, dergleichen nicht weiter in der übrigen Welt zu finden ſey, ja der zu Liebe wohl, wie wir früher wähnten, alles andere da ſeyn ſoll, und daß wir uns daher bei Zeiten gewöhnen müſſen, in dieſer Erde nicht ſowohl unſeren ausſchließenden Wohnort, als vielmehr einen der großen Himmelskörper mehr zu erblicken, welche den Weltraum um uns erfüllen, von deren Chor wir nur einen, und wie wir bald ſehen werden, einen ſehr kleinen Theil ausmachen.
<TEI><text><body><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0066"n="54"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Geſtalt der Erde</hi>.</fw><lb/>
Schattengränze ſelbſt eine Ebene wäre. Da dieß aber gegen die<lb/>
Erfahrung iſt, oder da uns dieſe Gränze immer krumm erſcheint,<lb/>ſo muß auch unſere Erde ſelbſt eine krumme Geſtalt haben.</p><lb/><p>§. 11. (<hirendition="#aq">V.</hi> Aus der Geſtalt anderer Geſtirne). Als endlich<lb/>
im ſechzehnten Jahrhunderte die Fernröhre erfunden wurden, be-<lb/>
merkte man auch an mehreren anderen Himmelskörpern dieſelbe<lb/>
Kugelgeſtalt, die man denn auch ſehr bald als die Lieblingsform der<lb/>
Natur erkannte, bis ſie endlich durch die Theorie der allgemeinen<lb/>
Schwere, nur mit einigen kleinen Abweichungen, von welchen wir<lb/>ſpäter reden werden, als die einzig mögliche erkannt und bewieſen<lb/>
worden iſt. Sonne und Mond und alle Planeten mit ihren Sa-<lb/>
telliten haben dieſe Geſtalt; warum ſollte allein die von uns be-<lb/>
wohnte Erde ſie nicht auch haben? Ein dunkles Gefühl ſcheint<lb/>
uns bereits aus den wenigen vorhergehenden Betrachtungen zuzu-<lb/>
rufen, daß wir bisher im Irrthume waren, wenn wir die Erde,<lb/>
unſeren Wohnort, als etwas Eigenes, für ſich Beſtehendes anſahen,<lb/>
dergleichen nicht weiter in der übrigen Welt zu finden ſey, ja der<lb/>
zu Liebe wohl, wie wir früher wähnten, alles andere da ſeyn<lb/>ſoll, und daß wir uns daher bei Zeiten gewöhnen müſſen, in<lb/>
dieſer Erde nicht ſowohl unſeren ausſchließenden Wohnort, als<lb/>
vielmehr einen der großen Himmelskörper mehr zu erblicken,<lb/>
welche den Weltraum um uns erfüllen, von deren Chor wir nur<lb/>
einen, und wie wir bald ſehen werden, einen ſehr kleinen Theil<lb/>
ausmachen.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/></div></body></text></TEI>
[54/0066]
Geſtalt der Erde.
Schattengränze ſelbſt eine Ebene wäre. Da dieß aber gegen die
Erfahrung iſt, oder da uns dieſe Gränze immer krumm erſcheint,
ſo muß auch unſere Erde ſelbſt eine krumme Geſtalt haben.
§. 11. (V. Aus der Geſtalt anderer Geſtirne). Als endlich
im ſechzehnten Jahrhunderte die Fernröhre erfunden wurden, be-
merkte man auch an mehreren anderen Himmelskörpern dieſelbe
Kugelgeſtalt, die man denn auch ſehr bald als die Lieblingsform der
Natur erkannte, bis ſie endlich durch die Theorie der allgemeinen
Schwere, nur mit einigen kleinen Abweichungen, von welchen wir
ſpäter reden werden, als die einzig mögliche erkannt und bewieſen
worden iſt. Sonne und Mond und alle Planeten mit ihren Sa-
telliten haben dieſe Geſtalt; warum ſollte allein die von uns be-
wohnte Erde ſie nicht auch haben? Ein dunkles Gefühl ſcheint
uns bereits aus den wenigen vorhergehenden Betrachtungen zuzu-
rufen, daß wir bisher im Irrthume waren, wenn wir die Erde,
unſeren Wohnort, als etwas Eigenes, für ſich Beſtehendes anſahen,
dergleichen nicht weiter in der übrigen Welt zu finden ſey, ja der
zu Liebe wohl, wie wir früher wähnten, alles andere da ſeyn
ſoll, und daß wir uns daher bei Zeiten gewöhnen müſſen, in
dieſer Erde nicht ſowohl unſeren ausſchließenden Wohnort, als
vielmehr einen der großen Himmelskörper mehr zu erblicken,
welche den Weltraum um uns erfüllen, von deren Chor wir nur
einen, und wie wir bald ſehen werden, einen ſehr kleinen Theil
ausmachen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem01_1834/66>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.