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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834.

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Tägliche Bewegung der Erde.
sich nicht bewegen. Diese beiden festen Punkte, von welchen jeder
einzelne jener Kreise in allen Theilen seines Umfangs gleichweit
absteht, nennt man die Pole (Einl. 3 und 11) jener Kreise, und
jener größte Kreis, der in der Mitte zwischen den Polen, also von
beiden Polen gleich entfernt ist, heißt der Aequator (11) der
Kugel, während alle übrigen kleineren Kreise Parallelkreise
(24) genannt werden.

Dieses vorausgesetzt, wollen wir in irgend einer ausgedehnten
Ebene, an einem hellen Abend, bald nach Sonnenuntergang, un-
sere Augen zu dem Himmel erheben, und die Gegenstände be-
trachten, die er uns darbietet. Wir erblicken zuerst ein weites,
halbkugelförmiges Gewölbe, mit Sternen von mannigfaltiger Größe
besäet. Die stille Größe dieses erhabenen Schauspieles erfüllt
uns, selbst bei wiederholter Betrachtung, mit immer neuer Bewun-
derung, und mit einer dunkeln Sehnsucht, diesen Gegenständen
über uns näher zu kommen, und die Ursache und den Zweck dieser
wunderbaren Erscheinung kennen zu lernen.

Wenn wir einzelne, besonders auffallende Gruppen dieser
Gestirne länger betrachten, und ihre Lage gegen feste irdische
Gegenstände, z. B. gegen Bäume oder Thürme, vergleichen, so
finden wir, daß alle jene Sterne, ohne ihre gegenseitige Lage un-
ter sich zu ändern, in einer gemeinschaftlichen Bewegung von Ost
gegen West begriffen sind. Wenden wir unser Gesicht gegen den
bereits bekannten Polarstern, oder gegen Nord, so sehen wir die
zur rechten Hand, auf der Ostseite, liegenden Sterne sich immer
mehr über den Horizont erheben, indeß jene auf der entgegenge-
setzten, linken oder westlichen Seite, immer tiefer herabsinken, und
wenigstens die von dem Polarsterne entferntesten Gestirne zuletzt
ganz verschwinden, und während endlich zu gleicher Zeit in Osten
wieder andere, neu hervorkommende Sterne gleichsam aus der
Erde heraufsteigen, um sich sofort den übrigen beizugesellen, und
gleich ihnen ihre Bewegung von Ost nach West fortzusetzen.

Eine geringe Aufmerksamkeit wird genügen, um zu zeigen, daß
die Bahnen, welche diese Gestirne am Himmel beschreiben, alle
kreisförmig sind. Von den dem Polarsterne nahen Gestirnen kann
man die ganzen von ihnen beschriebenen Kreise in allen ihren
Theilen übersehen, da sich diese Sterne immer über dem Horizonte

Tägliche Bewegung der Erde.
ſich nicht bewegen. Dieſe beiden feſten Punkte, von welchen jeder
einzelne jener Kreiſe in allen Theilen ſeines Umfangs gleichweit
abſteht, nennt man die Pole (Einl. 3 und 11) jener Kreiſe, und
jener größte Kreis, der in der Mitte zwiſchen den Polen, alſo von
beiden Polen gleich entfernt iſt, heißt der Aequator (11) der
Kugel, während alle übrigen kleineren Kreiſe Parallelkreiſe
(24) genannt werden.

Dieſes vorausgeſetzt, wollen wir in irgend einer ausgedehnten
Ebene, an einem hellen Abend, bald nach Sonnenuntergang, un-
ſere Augen zu dem Himmel erheben, und die Gegenſtände be-
trachten, die er uns darbietet. Wir erblicken zuerſt ein weites,
halbkugelförmiges Gewölbe, mit Sternen von mannigfaltiger Größe
beſäet. Die ſtille Größe dieſes erhabenen Schauſpieles erfüllt
uns, ſelbſt bei wiederholter Betrachtung, mit immer neuer Bewun-
derung, und mit einer dunkeln Sehnſucht, dieſen Gegenſtänden
über uns näher zu kommen, und die Urſache und den Zweck dieſer
wunderbaren Erſcheinung kennen zu lernen.

Wenn wir einzelne, beſonders auffallende Gruppen dieſer
Geſtirne länger betrachten, und ihre Lage gegen feſte irdiſche
Gegenſtände, z. B. gegen Bäume oder Thürme, vergleichen, ſo
finden wir, daß alle jene Sterne, ohne ihre gegenſeitige Lage un-
ter ſich zu ändern, in einer gemeinſchaftlichen Bewegung von Oſt
gegen Weſt begriffen ſind. Wenden wir unſer Geſicht gegen den
bereits bekannten Polarſtern, oder gegen Nord, ſo ſehen wir die
zur rechten Hand, auf der Oſtſeite, liegenden Sterne ſich immer
mehr über den Horizont erheben, indeß jene auf der entgegenge-
ſetzten, linken oder weſtlichen Seite, immer tiefer herabſinken, und
wenigſtens die von dem Polarſterne entfernteſten Geſtirne zuletzt
ganz verſchwinden, und während endlich zu gleicher Zeit in Oſten
wieder andere, neu hervorkommende Sterne gleichſam aus der
Erde heraufſteigen, um ſich ſofort den übrigen beizugeſellen, und
gleich ihnen ihre Bewegung von Oſt nach Weſt fortzuſetzen.

Eine geringe Aufmerkſamkeit wird genügen, um zu zeigen, daß
die Bahnen, welche dieſe Geſtirne am Himmel beſchreiben, alle
kreisförmig ſind. Von den dem Polarſterne nahen Geſtirnen kann
man die ganzen von ihnen beſchriebenen Kreiſe in allen ihren
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[56/0068] Tägliche Bewegung der Erde. ſich nicht bewegen. Dieſe beiden feſten Punkte, von welchen jeder einzelne jener Kreiſe in allen Theilen ſeines Umfangs gleichweit abſteht, nennt man die Pole (Einl. 3 und 11) jener Kreiſe, und jener größte Kreis, der in der Mitte zwiſchen den Polen, alſo von beiden Polen gleich entfernt iſt, heißt der Aequator (11) der Kugel, während alle übrigen kleineren Kreiſe Parallelkreiſe (24) genannt werden. Dieſes vorausgeſetzt, wollen wir in irgend einer ausgedehnten Ebene, an einem hellen Abend, bald nach Sonnenuntergang, un- ſere Augen zu dem Himmel erheben, und die Gegenſtände be- trachten, die er uns darbietet. Wir erblicken zuerſt ein weites, halbkugelförmiges Gewölbe, mit Sternen von mannigfaltiger Größe beſäet. Die ſtille Größe dieſes erhabenen Schauſpieles erfüllt uns, ſelbſt bei wiederholter Betrachtung, mit immer neuer Bewun- derung, und mit einer dunkeln Sehnſucht, dieſen Gegenſtänden über uns näher zu kommen, und die Urſache und den Zweck dieſer wunderbaren Erſcheinung kennen zu lernen. Wenn wir einzelne, beſonders auffallende Gruppen dieſer Geſtirne länger betrachten, und ihre Lage gegen feſte irdiſche Gegenſtände, z. B. gegen Bäume oder Thürme, vergleichen, ſo finden wir, daß alle jene Sterne, ohne ihre gegenſeitige Lage un- ter ſich zu ändern, in einer gemeinſchaftlichen Bewegung von Oſt gegen Weſt begriffen ſind. Wenden wir unſer Geſicht gegen den bereits bekannten Polarſtern, oder gegen Nord, ſo ſehen wir die zur rechten Hand, auf der Oſtſeite, liegenden Sterne ſich immer mehr über den Horizont erheben, indeß jene auf der entgegenge- ſetzten, linken oder weſtlichen Seite, immer tiefer herabſinken, und wenigſtens die von dem Polarſterne entfernteſten Geſtirne zuletzt ganz verſchwinden, und während endlich zu gleicher Zeit in Oſten wieder andere, neu hervorkommende Sterne gleichſam aus der Erde heraufſteigen, um ſich ſofort den übrigen beizugeſellen, und gleich ihnen ihre Bewegung von Oſt nach Weſt fortzuſetzen. Eine geringe Aufmerkſamkeit wird genügen, um zu zeigen, daß die Bahnen, welche dieſe Geſtirne am Himmel beſchreiben, alle kreisförmig ſind. Von den dem Polarſterne nahen Geſtirnen kann man die ganzen von ihnen beſchriebenen Kreiſe in allen ihren Theilen überſehen, da ſich dieſe Sterne immer über dem Horizonte

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem01_1834/68>, abgerufen am 24.11.2024.