Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Sonne.
seren gewöhnlichen Wagen angestellt werden, da das Gewicht in
der andern Schaale der Wage ebenfalls ein Körper, und daher
ebenfalls 29 mal schwerer auf der Sonne seyn wird, als auf der
Erde. Aber eine Maschine, z. B. eine elastische Feder, die den
Druck der auf ihr liegenden Körper angäbe, würde hier schon bes-
sere Dienste leisten, da der vorhergehende Ausdruck eigentlich nur
sagen will, daß der Druck eines jeden Körpers auf seine Unter-
lage an der Oberfläche der Sonne 29 mal größer ist, als an der
der Erde. Und doch würden wir uns vergebens bemühen, auch den
Versuch mit einer solchen Maschine auf der Sonne anzustellen,
selbst wenn wir Mittel hätten, bis zu ihr zu gelangen. Denn ab-
gerechnet, daß wir, wenn wir auf unserer Reise von der Erde
zur Sonne der letztern einmal nahe genug kämen, mit einer so
großen Kraft von ihr angezogen, und mit einer so ungeheuern
Geschwindigkeit auf ihr ankommen würden, daß wir entwe-
der schon längst erstickt, oder bei unserem Auffalle zerschmettert
werden müßten; angenommen selbst, daß wir ein Mittel hätten,
uns vor der großen Hitze zu schützen, die wir wahrscheinlich in
ihrer Nähe erleiden müßten, so würde schon jener größere Druck
unsern Aufenthalt daselbst ganz unmöglich machen. Unser eige-
ner Körper würde nämlich uns selbst ebenfalls mit einem 29
mal größeren Gewichte drücken, und die 150 Pfunde, die wir
etwa hier mit uns selbst herumtragen, würden dort mit einer 29
mal größeren Kraft, d. h. mit einem Gewichte von 4350 Pfun-
den auf uns lasten, und wir würden, da wir unser eigenes Ge-
wicht nicht mehr ertragen könnten, von uns selbst erdrückt werden.

§. 5. (Veränderliche Dichtigkeit der Sonnenmasse.) Uebrigens
muß bemerkt werden, daß die oben erwähnte Dichtigkeit der Son-
nenmasse nur die mittlere Dichtigkeit derselben ist, oder daß,
wenn die Sonne in allen ihren Theilen eine durchaus homogene
Masse hätte, die Dichtigkeit derselben dem vierten Theile der mitt-
lern Dichtigkeit unsrer Erde gleich, also nahe so groß, wie die
des Pechs oder der Steinkohle seyn würde. Allein diese Voraus-
setzung einer überall gleich dichten Masse der Sonne ist äußerst
unwahrscheinlich, und wir werden später sehen, daß die Dichte
dieses Himmelskörpers mit der Nähe zu seinem Mittelpunkte im-
mer zunehmen, und in diesem Mittelpunkte selbst eine ganz

Die Sonne.
ſeren gewöhnlichen Wagen angeſtellt werden, da das Gewicht in
der andern Schaale der Wage ebenfalls ein Körper, und daher
ebenfalls 29 mal ſchwerer auf der Sonne ſeyn wird, als auf der
Erde. Aber eine Maſchine, z. B. eine elaſtiſche Feder, die den
Druck der auf ihr liegenden Körper angäbe, würde hier ſchon beſ-
ſere Dienſte leiſten, da der vorhergehende Ausdruck eigentlich nur
ſagen will, daß der Druck eines jeden Körpers auf ſeine Unter-
lage an der Oberfläche der Sonne 29 mal größer iſt, als an der
der Erde. Und doch würden wir uns vergebens bemühen, auch den
Verſuch mit einer ſolchen Maſchine auf der Sonne anzuſtellen,
ſelbſt wenn wir Mittel hätten, bis zu ihr zu gelangen. Denn ab-
gerechnet, daß wir, wenn wir auf unſerer Reiſe von der Erde
zur Sonne der letztern einmal nahe genug kämen, mit einer ſo
großen Kraft von ihr angezogen, und mit einer ſo ungeheuern
Geſchwindigkeit auf ihr ankommen würden, daß wir entwe-
der ſchon längſt erſtickt, oder bei unſerem Auffalle zerſchmettert
werden müßten; angenommen ſelbſt, daß wir ein Mittel hätten,
uns vor der großen Hitze zu ſchützen, die wir wahrſcheinlich in
ihrer Nähe erleiden müßten, ſo würde ſchon jener größere Druck
unſern Aufenthalt daſelbſt ganz unmöglich machen. Unſer eige-
ner Körper würde nämlich uns ſelbſt ebenfalls mit einem 29
mal größeren Gewichte drücken, und die 150 Pfunde, die wir
etwa hier mit uns ſelbſt herumtragen, würden dort mit einer 29
mal größeren Kraft, d. h. mit einem Gewichte von 4350 Pfun-
den auf uns laſten, und wir würden, da wir unſer eigenes Ge-
wicht nicht mehr ertragen könnten, von uns ſelbſt erdrückt werden.

§. 5. (Veränderliche Dichtigkeit der Sonnenmaſſe.) Uebrigens
muß bemerkt werden, daß die oben erwähnte Dichtigkeit der Son-
nenmaſſe nur die mittlere Dichtigkeit derſelben iſt, oder daß,
wenn die Sonne in allen ihren Theilen eine durchaus homogene
Maſſe hätte, die Dichtigkeit derſelben dem vierten Theile der mitt-
lern Dichtigkeit unſrer Erde gleich, alſo nahe ſo groß, wie die
des Pechs oder der Steinkohle ſeyn würde. Allein dieſe Voraus-
ſetzung einer überall gleich dichten Maſſe der Sonne iſt äußerſt
unwahrſcheinlich, und wir werden ſpäter ſehen, daß die Dichte
dieſes Himmelskörpers mit der Nähe zu ſeinem Mittelpunkte im-
mer zunehmen, und in dieſem Mittelpunkte ſelbſt eine ganz

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0017" n="7"/><fw place="top" type="header">Die Sonne.</fw><lb/>
&#x017F;eren gewöhnlichen Wagen ange&#x017F;tellt werden, da das Gewicht in<lb/>
der andern Schaale der Wage ebenfalls ein Körper, und daher<lb/>
ebenfalls 29 mal &#x017F;chwerer auf der Sonne &#x017F;eyn wird, als auf der<lb/>
Erde. Aber eine Ma&#x017F;chine, z. B. eine ela&#x017F;ti&#x017F;che Feder, die den<lb/>
Druck der auf ihr liegenden Körper angäbe, würde hier &#x017F;chon be&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ere Dien&#x017F;te lei&#x017F;ten, da der vorhergehende Ausdruck eigentlich nur<lb/>
&#x017F;agen will, daß der <hi rendition="#g">Druck</hi> eines jeden Körpers auf &#x017F;eine Unter-<lb/>
lage an der Oberfläche der Sonne 29 mal größer i&#x017F;t, als an der<lb/>
der Erde. Und doch würden wir uns vergebens bemühen, auch den<lb/>
Ver&#x017F;uch mit einer &#x017F;olchen Ma&#x017F;chine auf der Sonne anzu&#x017F;tellen,<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t wenn wir Mittel hätten, bis zu ihr zu gelangen. Denn ab-<lb/>
gerechnet, daß wir, wenn wir auf un&#x017F;erer Rei&#x017F;e von der Erde<lb/>
zur Sonne der letztern einmal nahe genug kämen, mit einer &#x017F;o<lb/>
großen Kraft von ihr angezogen, und mit einer &#x017F;o ungeheuern<lb/>
Ge&#x017F;chwindigkeit auf ihr ankommen würden, daß wir entwe-<lb/>
der &#x017F;chon läng&#x017F;t er&#x017F;tickt, oder bei un&#x017F;erem Auffalle zer&#x017F;chmettert<lb/>
werden müßten; angenommen &#x017F;elb&#x017F;t, daß wir ein Mittel hätten,<lb/>
uns vor der großen Hitze zu &#x017F;chützen, die wir wahr&#x017F;cheinlich in<lb/>
ihrer Nähe erleiden müßten, &#x017F;o würde &#x017F;chon jener größere Druck<lb/>
un&#x017F;ern Aufenthalt da&#x017F;elb&#x017F;t ganz unmöglich machen. Un&#x017F;er eige-<lb/>
ner Körper würde nämlich uns &#x017F;elb&#x017F;t ebenfalls mit einem 29<lb/>
mal größeren Gewichte drücken, und die 150 Pfunde, die wir<lb/>
etwa hier mit uns &#x017F;elb&#x017F;t herumtragen, würden dort mit einer 29<lb/>
mal größeren Kraft, d. h. mit einem Gewichte von 4350 Pfun-<lb/>
den auf uns la&#x017F;ten, und wir würden, da wir un&#x017F;er eigenes Ge-<lb/>
wicht nicht mehr ertragen könnten, von uns &#x017F;elb&#x017F;t erdrückt werden.</p><lb/>
            <p>§. 5. (Veränderliche Dichtigkeit der Sonnenma&#x017F;&#x017F;e.) Uebrigens<lb/>
muß bemerkt werden, daß die oben erwähnte Dichtigkeit der Son-<lb/>
nenma&#x017F;&#x017F;e nur die <hi rendition="#g">mittlere</hi> Dichtigkeit der&#x017F;elben i&#x017F;t, oder daß,<lb/>
wenn die Sonne in allen ihren Theilen eine durchaus homogene<lb/>
Ma&#x017F;&#x017F;e hätte, die Dichtigkeit der&#x017F;elben dem vierten Theile der mitt-<lb/>
lern Dichtigkeit un&#x017F;rer Erde gleich, al&#x017F;o nahe &#x017F;o groß, wie die<lb/>
des Pechs oder der Steinkohle &#x017F;eyn würde. Allein die&#x017F;e Voraus-<lb/>
&#x017F;etzung einer überall gleich dichten Ma&#x017F;&#x017F;e der Sonne i&#x017F;t äußer&#x017F;t<lb/>
unwahr&#x017F;cheinlich, und wir werden &#x017F;päter &#x017F;ehen, daß die Dichte<lb/>
die&#x017F;es Himmelskörpers mit der Nähe zu &#x017F;einem Mittelpunkte im-<lb/>
mer zunehmen, und in die&#x017F;em Mittelpunkte &#x017F;elb&#x017F;t eine ganz<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[7/0017] Die Sonne. ſeren gewöhnlichen Wagen angeſtellt werden, da das Gewicht in der andern Schaale der Wage ebenfalls ein Körper, und daher ebenfalls 29 mal ſchwerer auf der Sonne ſeyn wird, als auf der Erde. Aber eine Maſchine, z. B. eine elaſtiſche Feder, die den Druck der auf ihr liegenden Körper angäbe, würde hier ſchon beſ- ſere Dienſte leiſten, da der vorhergehende Ausdruck eigentlich nur ſagen will, daß der Druck eines jeden Körpers auf ſeine Unter- lage an der Oberfläche der Sonne 29 mal größer iſt, als an der der Erde. Und doch würden wir uns vergebens bemühen, auch den Verſuch mit einer ſolchen Maſchine auf der Sonne anzuſtellen, ſelbſt wenn wir Mittel hätten, bis zu ihr zu gelangen. Denn ab- gerechnet, daß wir, wenn wir auf unſerer Reiſe von der Erde zur Sonne der letztern einmal nahe genug kämen, mit einer ſo großen Kraft von ihr angezogen, und mit einer ſo ungeheuern Geſchwindigkeit auf ihr ankommen würden, daß wir entwe- der ſchon längſt erſtickt, oder bei unſerem Auffalle zerſchmettert werden müßten; angenommen ſelbſt, daß wir ein Mittel hätten, uns vor der großen Hitze zu ſchützen, die wir wahrſcheinlich in ihrer Nähe erleiden müßten, ſo würde ſchon jener größere Druck unſern Aufenthalt daſelbſt ganz unmöglich machen. Unſer eige- ner Körper würde nämlich uns ſelbſt ebenfalls mit einem 29 mal größeren Gewichte drücken, und die 150 Pfunde, die wir etwa hier mit uns ſelbſt herumtragen, würden dort mit einer 29 mal größeren Kraft, d. h. mit einem Gewichte von 4350 Pfun- den auf uns laſten, und wir würden, da wir unſer eigenes Ge- wicht nicht mehr ertragen könnten, von uns ſelbſt erdrückt werden. §. 5. (Veränderliche Dichtigkeit der Sonnenmaſſe.) Uebrigens muß bemerkt werden, daß die oben erwähnte Dichtigkeit der Son- nenmaſſe nur die mittlere Dichtigkeit derſelben iſt, oder daß, wenn die Sonne in allen ihren Theilen eine durchaus homogene Maſſe hätte, die Dichtigkeit derſelben dem vierten Theile der mitt- lern Dichtigkeit unſrer Erde gleich, alſo nahe ſo groß, wie die des Pechs oder der Steinkohle ſeyn würde. Allein dieſe Voraus- ſetzung einer überall gleich dichten Maſſe der Sonne iſt äußerſt unwahrſcheinlich, und wir werden ſpäter ſehen, daß die Dichte dieſes Himmelskörpers mit der Nähe zu ſeinem Mittelpunkte im- mer zunehmen, und in dieſem Mittelpunkte ſelbſt eine ganz

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/17
Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/17>, abgerufen am 03.12.2024.