Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

Doppelsterne.
suchte Distanz ST des Centralsterns zu erhalten. Ist dieser Winkel
STm in unserem Beispiele gleich 10 Secunden, so erhält man so-
fort TS = 74668000 Millionen oder 747 Billionen Meilen, eine
Distanz, welche das Licht erst in 566 Jahren zurücklegen würde.

In den meisten Fällen wird zwar die Bahn des Satelliten
kein Kreis, sondern eine Ellipse seyn, und die zweite Axe dieser
Ellipse wird nur selten nahe senkrecht auf die Gesichtslinie stehen.
In solchen Fällen wird es nöthig seyn, die Lage dieser großen Axe
gegen die Gesichtslinie auf dieselbe Art zu bestimmen, wie man
bei den Planetenbahnen die Lage ihrer Axen bestimmt. Gesetzt,
man hätte den Winkel der großen Axe mit der Gesichtslinie gleich
44° 26' gefunden, so wird man nur die vorhin gefundene Entfer-
nung, von 747 Billionen Meilen durch den Sinus dieses Winkels
multipliciren, um die wahre Distanz ST des Centralkörpers von
der Erde zu finden, die hier 523 Billionen Meilen beträgt.

§. 214. (Bahnbestimmung der Doppelsterne.) Zur vollständi-
gen Kenntniß eines Sterns, dessen Bewegung um einen anderen
man bereits erkannt hat, ist es nothwendig, die Elemente seiner
Bahn (vergl. I. §. 142) aus den Beobachtungen zu bestimmen,
ein Geschäft, das schon bei den Planeten und Kometen nicht leicht,
hier aber mit so vielen Schwierigkeiten verbunden ist, daß man,
ohne den Gebrauch mathematischer Formeln, keine Anzeige davon
geben kann. Um nämlich den Ort des Sternsatelliten am Him-
mel für jeden vorhergegangenen oder künftigen Augenblick zu be-
stimmen, muß man die sechs unterscheidenden Kennzeichen seiner
Bahn, die wir die Elemente desselben nennen, aus den Beobach-
tungen abzuleiten wissen. Diese sind I. die große Axe seiner El-
lipse, d. h. hier die Anzahl Secunden, unter welchen uns diese
Axe erscheinen würde, wenn sie senkrecht auf der Gesichtslinie
stünde. II. Die Excentricität dieser Ellipse (I. §. 136); III. die
Neigung der Ebene der Bahn und IV. die Länge der Knotenlinie
(I. 117) derselben in der Ecliptik, V. die Lage des Periheliums
oder der Winkel, welchen die große Axe der Bahn mit jener Kno-
tenlinie bildet, und VI. die Epoche, oder die Zeit, wann der Stern-
satellit durch die große Axe seiner Bahn geht.

Eigentlich gibt es aber noch zwei andere Elemente, die bei

Doppelſterne.
ſuchte Diſtanz ST des Centralſterns zu erhalten. Iſt dieſer Winkel
STm in unſerem Beiſpiele gleich 10 Secunden, ſo erhält man ſo-
fort TS = 74668000 Millionen oder 747 Billionen Meilen, eine
Diſtanz, welche das Licht erſt in 566 Jahren zurücklegen würde.

In den meiſten Fällen wird zwar die Bahn des Satelliten
kein Kreis, ſondern eine Ellipſe ſeyn, und die zweite Axe dieſer
Ellipſe wird nur ſelten nahe ſenkrecht auf die Geſichtslinie ſtehen.
In ſolchen Fällen wird es nöthig ſeyn, die Lage dieſer großen Axe
gegen die Geſichtslinie auf dieſelbe Art zu beſtimmen, wie man
bei den Planetenbahnen die Lage ihrer Axen beſtimmt. Geſetzt,
man hätte den Winkel der großen Axe mit der Geſichtslinie gleich
44° 26′ gefunden, ſo wird man nur die vorhin gefundene Entfer-
nung, von 747 Billionen Meilen durch den Sinus dieſes Winkels
multipliciren, um die wahre Diſtanz ST des Centralkörpers von
der Erde zu finden, die hier 523 Billionen Meilen beträgt.

§. 214. (Bahnbeſtimmung der Doppelſterne.) Zur vollſtändi-
gen Kenntniß eines Sterns, deſſen Bewegung um einen anderen
man bereits erkannt hat, iſt es nothwendig, die Elemente ſeiner
Bahn (vergl. I. §. 142) aus den Beobachtungen zu beſtimmen,
ein Geſchäft, das ſchon bei den Planeten und Kometen nicht leicht,
hier aber mit ſo vielen Schwierigkeiten verbunden iſt, daß man,
ohne den Gebrauch mathematiſcher Formeln, keine Anzeige davon
geben kann. Um nämlich den Ort des Sternſatelliten am Him-
mel für jeden vorhergegangenen oder künftigen Augenblick zu be-
ſtimmen, muß man die ſechs unterſcheidenden Kennzeichen ſeiner
Bahn, die wir die Elemente deſſelben nennen, aus den Beobach-
tungen abzuleiten wiſſen. Dieſe ſind I. die große Axe ſeiner El-
lipſe, d. h. hier die Anzahl Secunden, unter welchen uns dieſe
Axe erſcheinen würde, wenn ſie ſenkrecht auf der Geſichtslinie
ſtünde. II. Die Excentricität dieſer Ellipſe (I. §. 136); III. die
Neigung der Ebene der Bahn und IV. die Länge der Knotenlinie
(I. 117) derſelben in der Ecliptik, V. die Lage des Periheliums
oder der Winkel, welchen die große Axe der Bahn mit jener Kno-
tenlinie bildet, und VI. die Epoche, oder die Zeit, wann der Stern-
ſatellit durch die große Axe ſeiner Bahn geht.

Eigentlich gibt es aber noch zwei andere Elemente, die bei

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0344" n="334"/><fw place="top" type="header">Doppel&#x017F;terne.</fw><lb/>
&#x017F;uchte Di&#x017F;tanz <hi rendition="#aq">ST</hi> des Central&#x017F;terns zu erhalten. I&#x017F;t die&#x017F;er Winkel<lb/><hi rendition="#aq">STm</hi> in un&#x017F;erem Bei&#x017F;piele gleich 10 Secunden, &#x017F;o erhält man &#x017F;o-<lb/>
fort <hi rendition="#aq">TS</hi> = 74668000 Millionen oder 747 Billionen Meilen, eine<lb/>
Di&#x017F;tanz, welche das Licht er&#x017F;t in 566 Jahren zurücklegen würde.</p><lb/>
            <p>In den mei&#x017F;ten Fällen wird zwar die Bahn des Satelliten<lb/>
kein Kreis, &#x017F;ondern eine Ellip&#x017F;e &#x017F;eyn, und die zweite Axe die&#x017F;er<lb/>
Ellip&#x017F;e wird nur &#x017F;elten nahe &#x017F;enkrecht auf die Ge&#x017F;ichtslinie &#x017F;tehen.<lb/>
In &#x017F;olchen Fällen wird es nöthig &#x017F;eyn, die Lage die&#x017F;er großen Axe<lb/>
gegen die Ge&#x017F;ichtslinie auf die&#x017F;elbe Art zu be&#x017F;timmen, wie man<lb/>
bei den Planetenbahnen die Lage ihrer Axen be&#x017F;timmt. Ge&#x017F;etzt,<lb/>
man hätte den Winkel der großen Axe mit der Ge&#x017F;ichtslinie gleich<lb/>
44° 26&#x2032; gefunden, &#x017F;o wird man nur die vorhin gefundene Entfer-<lb/>
nung, von 747 Billionen Meilen durch den Sinus die&#x017F;es Winkels<lb/>
multipliciren, um die wahre Di&#x017F;tanz <hi rendition="#aq">ST</hi> des Centralkörpers von<lb/>
der Erde zu finden, die hier 523 Billionen Meilen beträgt.</p><lb/>
            <p>§. 214. (Bahnbe&#x017F;timmung der Doppel&#x017F;terne.) Zur voll&#x017F;tändi-<lb/>
gen Kenntniß eines Sterns, de&#x017F;&#x017F;en Bewegung um einen anderen<lb/>
man bereits erkannt hat, i&#x017F;t es nothwendig, die <hi rendition="#g">Elemente</hi> &#x017F;einer<lb/>
Bahn (vergl. <hi rendition="#aq">I.</hi> §. 142) aus den Beobachtungen zu be&#x017F;timmen,<lb/>
ein Ge&#x017F;chäft, das &#x017F;chon bei den Planeten und Kometen nicht leicht,<lb/>
hier aber mit &#x017F;o vielen Schwierigkeiten verbunden i&#x017F;t, daß man,<lb/>
ohne den Gebrauch mathemati&#x017F;cher Formeln, keine Anzeige davon<lb/>
geben kann. Um nämlich den Ort des Stern&#x017F;atelliten am Him-<lb/>
mel für jeden vorhergegangenen oder künftigen Augenblick zu be-<lb/>
&#x017F;timmen, muß man die &#x017F;echs unter&#x017F;cheidenden Kennzeichen &#x017F;einer<lb/>
Bahn, die wir die Elemente de&#x017F;&#x017F;elben nennen, aus den Beobach-<lb/>
tungen abzuleiten wi&#x017F;&#x017F;en. Die&#x017F;e &#x017F;ind <hi rendition="#aq">I.</hi> die große Axe &#x017F;einer El-<lb/>
lip&#x017F;e, d. h. hier die Anzahl Secunden, unter welchen uns die&#x017F;e<lb/>
Axe er&#x017F;cheinen würde, wenn &#x017F;ie &#x017F;enkrecht auf der Ge&#x017F;ichtslinie<lb/>
&#x017F;tünde. <hi rendition="#aq">II.</hi> Die Excentricität die&#x017F;er Ellip&#x017F;e (<hi rendition="#aq">I. §. 136); III.</hi> die<lb/>
Neigung der Ebene der Bahn und <hi rendition="#aq">IV.</hi> die Länge der Knotenlinie<lb/>
(<hi rendition="#aq">I.</hi> 117) der&#x017F;elben in der Ecliptik, <hi rendition="#aq">V.</hi> die Lage des Periheliums<lb/>
oder der Winkel, welchen die große Axe der Bahn mit jener Kno-<lb/>
tenlinie bildet, und <hi rendition="#aq">VI.</hi> die Epoche, oder die Zeit, wann der Stern-<lb/>
&#x017F;atellit durch die große Axe &#x017F;einer Bahn geht.</p><lb/>
            <p>Eigentlich gibt es aber noch zwei andere Elemente, die bei<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[334/0344] Doppelſterne. ſuchte Diſtanz ST des Centralſterns zu erhalten. Iſt dieſer Winkel STm in unſerem Beiſpiele gleich 10 Secunden, ſo erhält man ſo- fort TS = 74668000 Millionen oder 747 Billionen Meilen, eine Diſtanz, welche das Licht erſt in 566 Jahren zurücklegen würde. In den meiſten Fällen wird zwar die Bahn des Satelliten kein Kreis, ſondern eine Ellipſe ſeyn, und die zweite Axe dieſer Ellipſe wird nur ſelten nahe ſenkrecht auf die Geſichtslinie ſtehen. In ſolchen Fällen wird es nöthig ſeyn, die Lage dieſer großen Axe gegen die Geſichtslinie auf dieſelbe Art zu beſtimmen, wie man bei den Planetenbahnen die Lage ihrer Axen beſtimmt. Geſetzt, man hätte den Winkel der großen Axe mit der Geſichtslinie gleich 44° 26′ gefunden, ſo wird man nur die vorhin gefundene Entfer- nung, von 747 Billionen Meilen durch den Sinus dieſes Winkels multipliciren, um die wahre Diſtanz ST des Centralkörpers von der Erde zu finden, die hier 523 Billionen Meilen beträgt. §. 214. (Bahnbeſtimmung der Doppelſterne.) Zur vollſtändi- gen Kenntniß eines Sterns, deſſen Bewegung um einen anderen man bereits erkannt hat, iſt es nothwendig, die Elemente ſeiner Bahn (vergl. I. §. 142) aus den Beobachtungen zu beſtimmen, ein Geſchäft, das ſchon bei den Planeten und Kometen nicht leicht, hier aber mit ſo vielen Schwierigkeiten verbunden iſt, daß man, ohne den Gebrauch mathematiſcher Formeln, keine Anzeige davon geben kann. Um nämlich den Ort des Sternſatelliten am Him- mel für jeden vorhergegangenen oder künftigen Augenblick zu be- ſtimmen, muß man die ſechs unterſcheidenden Kennzeichen ſeiner Bahn, die wir die Elemente deſſelben nennen, aus den Beobach- tungen abzuleiten wiſſen. Dieſe ſind I. die große Axe ſeiner El- lipſe, d. h. hier die Anzahl Secunden, unter welchen uns dieſe Axe erſcheinen würde, wenn ſie ſenkrecht auf der Geſichtslinie ſtünde. II. Die Excentricität dieſer Ellipſe (I. §. 136); III. die Neigung der Ebene der Bahn und IV. die Länge der Knotenlinie (I. 117) derſelben in der Ecliptik, V. die Lage des Periheliums oder der Winkel, welchen die große Axe der Bahn mit jener Kno- tenlinie bildet, und VI. die Epoche, oder die Zeit, wann der Stern- ſatellit durch die große Axe ſeiner Bahn geht. Eigentlich gibt es aber noch zwei andere Elemente, die bei

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/344
Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/344>, abgerufen am 21.11.2024.