Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835.Venus. dunklen Schatten der Nacht würden, im Augenblicke des Unter-gangs der Sonne, unmittelbar auf den hellen Tag folgen. Jetzt aber sendet die Sonne, auch wenn sie schon unter den Horizont gegangen ist, ihre Strahlen noch auf die höher über der Erde stehenden Lustschichten, von welchen sie wieder zu uns zurück ge- brochen werden (Vergl. I. §. 188). Es ist klar, daß diese Däm- merung im Allgemeinen desto stärker seyn und desto länger dauern wird, je dichter und je höher die Atmosphäre ist. -- Bei unserm Monde nun ist, wie jeder sogleich sieht, der ihn durch ein Fernrohr betrachtet, der helle Theil seiner Oberfläche von dem dunklen scharf getrennt, oder das Licht des einen geht plötzlich und ohne alle Abstufung in die Finsterniß des anderen Theiles über, zum Zeichen, daß er keine Dämmerung, also auch keine Atmosphäre, wenigstens keine beträchtliche und uns merkbare Atmosphäre haben kann. Auch verschwinden die Fixsterne, vor denen der Mond, auf seinem Wege um die Erde, vorbeigeht, in einem beinahe untheilbaren Augenblick, ohne zuerst an Licht allmählig verloren zu haben, und kommen eben so plötzlich auf der andern Seite wieder hervor. Dieß könnte nicht seyn, wenn der Mond eine Atmosphäre hätte, die, ihrer Natur nach, in größerer Nähe bei der Oberfläche dieses Körpers auch dichter und weniger durchsich- tiger seyn müßte. -- Ganz anders verhält sich dieß bei der Venus. Das sonst blendend weiße Licht dieses Planeten verliert gegen die Nachtseite hin immer mehr von seiner Helle, und geht, nahe bei der Lichtgrenze selbst, in eine mattgraue Farbe über, die sich oft weit über die Lichtgrenze hinaus in die Nachtseite der Venus hineinzieht. Dieß sind die Gegenden, denen eben die Sonne untergegangen ist, oder für die sie eben aufgehen will, und die daher ihre Abend- oder Morgendämmerung haben. Aus der Breite dieses dämmernden Streifens hat Schröter den Schluß gezogen, daß die Refraction (I. §. 186) an dem Horizonte der Venus nahe einen halben Grad beträgt, nahe so wie die Refraction, die wir auf unserer Erde beobachten. Auch verschwinden die Fixsterne, vor welchen dieser Planet vorbeigeht, nicht plötzlich an seinem Rande, sondern sie werden vielmehr immer schwächer, je näher sie seinem Rande kommen, oder je tiefer sie in die untern Venus. dunklen Schatten der Nacht würden, im Augenblicke des Unter-gangs der Sonne, unmittelbar auf den hellen Tag folgen. Jetzt aber ſendet die Sonne, auch wenn ſie ſchon unter den Horizont gegangen iſt, ihre Strahlen noch auf die höher über der Erde ſtehenden Luſtſchichten, von welchen ſie wieder zu uns zurück ge- brochen werden (Vergl. I. §. 188). Es iſt klar, daß dieſe Däm- merung im Allgemeinen deſto ſtärker ſeyn und deſto länger dauern wird, je dichter und je höher die Atmoſphäre iſt. — Bei unſerm Monde nun iſt, wie jeder ſogleich ſieht, der ihn durch ein Fernrohr betrachtet, der helle Theil ſeiner Oberfläche von dem dunklen ſcharf getrennt, oder das Licht des einen geht plötzlich und ohne alle Abſtufung in die Finſterniß des anderen Theiles über, zum Zeichen, daß er keine Dämmerung, alſo auch keine Atmoſphäre, wenigſtens keine beträchtliche und uns merkbare Atmoſphäre haben kann. Auch verſchwinden die Fixſterne, vor denen der Mond, auf ſeinem Wege um die Erde, vorbeigeht, in einem beinahe untheilbaren Augenblick, ohne zuerſt an Licht allmählig verloren zu haben, und kommen eben ſo plötzlich auf der andern Seite wieder hervor. Dieß könnte nicht ſeyn, wenn der Mond eine Atmoſphäre hätte, die, ihrer Natur nach, in größerer Nähe bei der Oberfläche dieſes Körpers auch dichter und weniger durchſich- tiger ſeyn müßte. — Ganz anders verhält ſich dieß bei der Venus. Das ſonſt blendend weiße Licht dieſes Planeten verliert gegen die Nachtſeite hin immer mehr von ſeiner Helle, und geht, nahe bei der Lichtgrenze ſelbſt, in eine mattgraue Farbe über, die ſich oft weit über die Lichtgrenze hinaus in die Nachtſeite der Venus hineinzieht. Dieß ſind die Gegenden, denen eben die Sonne untergegangen iſt, oder für die ſie eben aufgehen will, und die daher ihre Abend- oder Morgendämmerung haben. Aus der Breite dieſes dämmernden Streifens hat Schröter den Schluß gezogen, daß die Refraction (I. §. 186) an dem Horizonte der Venus nahe einen halben Grad beträgt, nahe ſo wie die Refraction, die wir auf unſerer Erde beobachten. Auch verſchwinden die Fixſterne, vor welchen dieſer Planet vorbeigeht, nicht plötzlich an ſeinem Rande, ſondern ſie werden vielmehr immer ſchwächer, je näher ſie ſeinem Rande kommen, oder je tiefer ſie in die untern <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0080" n="70"/><fw place="top" type="header">Venus.</fw><lb/> dunklen Schatten der Nacht würden, im Augenblicke des Unter-<lb/> gangs der Sonne, unmittelbar auf den hellen Tag folgen. Jetzt<lb/> aber ſendet die Sonne, auch wenn ſie ſchon unter den Horizont<lb/> gegangen iſt, ihre Strahlen noch auf die höher über der Erde<lb/> ſtehenden Luſtſchichten, von welchen ſie wieder zu uns zurück ge-<lb/> brochen werden (Vergl. <hi rendition="#aq">I.</hi> §. 188). 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Venus.
dunklen Schatten der Nacht würden, im Augenblicke des Unter-
gangs der Sonne, unmittelbar auf den hellen Tag folgen. Jetzt
aber ſendet die Sonne, auch wenn ſie ſchon unter den Horizont
gegangen iſt, ihre Strahlen noch auf die höher über der Erde
ſtehenden Luſtſchichten, von welchen ſie wieder zu uns zurück ge-
brochen werden (Vergl. I. §. 188). Es iſt klar, daß dieſe Däm-
merung im Allgemeinen deſto ſtärker ſeyn und deſto länger dauern
wird, je dichter und je höher die Atmoſphäre iſt. — Bei unſerm
Monde nun iſt, wie jeder ſogleich ſieht, der ihn durch ein Fernrohr
betrachtet, der helle Theil ſeiner Oberfläche von dem dunklen
ſcharf getrennt, oder das Licht des einen geht plötzlich und ohne
alle Abſtufung in die Finſterniß des anderen Theiles über, zum
Zeichen, daß er keine Dämmerung, alſo auch keine Atmoſphäre,
wenigſtens keine beträchtliche und uns merkbare Atmoſphäre haben
kann. Auch verſchwinden die Fixſterne, vor denen der Mond,
auf ſeinem Wege um die Erde, vorbeigeht, in einem beinahe
untheilbaren Augenblick, ohne zuerſt an Licht allmählig verloren
zu haben, und kommen eben ſo plötzlich auf der andern Seite
wieder hervor. Dieß könnte nicht ſeyn, wenn der Mond eine
Atmoſphäre hätte, die, ihrer Natur nach, in größerer Nähe bei
der Oberfläche dieſes Körpers auch dichter und weniger durchſich-
tiger ſeyn müßte. — Ganz anders verhält ſich dieß bei der Venus.
Das ſonſt blendend weiße Licht dieſes Planeten verliert gegen die
Nachtſeite hin immer mehr von ſeiner Helle, und geht, nahe bei
der Lichtgrenze ſelbſt, in eine mattgraue Farbe über, die ſich oft
weit über die Lichtgrenze hinaus in die Nachtſeite der Venus
hineinzieht. Dieß ſind die Gegenden, denen eben die Sonne
untergegangen iſt, oder für die ſie eben aufgehen will, und die
daher ihre Abend- oder Morgendämmerung haben. Aus der
Breite dieſes dämmernden Streifens hat Schröter den Schluß
gezogen, daß die Refraction (I. §. 186) an dem Horizonte der
Venus nahe einen halben Grad beträgt, nahe ſo wie die Refraction,
die wir auf unſerer Erde beobachten. Auch verſchwinden die
Fixſterne, vor welchen dieſer Planet vorbeigeht, nicht plötzlich an
ſeinem Rande, ſondern ſie werden vielmehr immer ſchwächer, je
näher ſie ſeinem Rande kommen, oder je tiefer ſie in die untern
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