Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836.Säculäre Störungen. dar. Es ist bereits oben (Kap. VI.) gesagt worden, daß dieUmlaufszeit der Planeten um die Sonne, also auch die der Sa- telliten um ihre Hauptplaneten aus theoretischen Gründen, von welchen wir später sprechen werden, als constant oder als unver- änderlich erkannt worden ist. Da mit diesen Umlaufszeiten, nach dem dritten Kepler'schen Gesetze, die halben großen Axen der Bahnen in unmittelbarem Zusammenhange stehen, indem, nach diesem Gesetze, eines durch das andere gegeben ist, so wurden auch diese Halbaxen der Bahnen als für alle Zeiten unver- änderlich erkannt, und die Beobachtungen der ältesten Zeit stimm- ten auch mit dieser Vorausetzung bei allen Planeten vollkommen überein. Nicht so bei dem Monde. Auch hier, wie oben (S. 124) Diese befremdende Erscheinung hat die Astronomen lange ge- Säculäre Störungen. dar. Es iſt bereits oben (Kap. VI.) geſagt worden, daß dieUmlaufszeit der Planeten um die Sonne, alſo auch die der Sa- telliten um ihre Hauptplaneten aus theoretiſchen Gründen, von welchen wir ſpäter ſprechen werden, als conſtant oder als unver- änderlich erkannt worden iſt. Da mit dieſen Umlaufszeiten, nach dem dritten Kepler’ſchen Geſetze, die halben großen Axen der Bahnen in unmittelbarem Zuſammenhange ſtehen, indem, nach dieſem Geſetze, eines durch das andere gegeben iſt, ſo wurden auch dieſe Halbaxen der Bahnen als für alle Zeiten unver- änderlich erkannt, und die Beobachtungen der älteſten Zeit ſtimm- ten auch mit dieſer Vorauſetzung bei allen Planeten vollkommen überein. Nicht ſo bei dem Monde. Auch hier, wie oben (S. 124) Dieſe befremdende Erſcheinung hat die Aſtronomen lange ge- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0144" n="132"/><fw place="top" type="header">Säculäre Störungen.</fw><lb/> dar. Es iſt bereits oben (Kap. <hi rendition="#aq">VI.</hi>) geſagt worden, daß die<lb/> Umlaufszeit der Planeten um die Sonne, alſo auch die der Sa-<lb/> telliten um ihre Hauptplaneten aus theoretiſchen Gründen, von<lb/> welchen wir ſpäter ſprechen werden, als conſtant oder als unver-<lb/> änderlich erkannt worden iſt. Da mit dieſen Umlaufszeiten, nach<lb/> dem dritten Kepler’ſchen Geſetze, die halben großen Axen der<lb/> Bahnen in unmittelbarem Zuſammenhange ſtehen, indem, nach<lb/> dieſem Geſetze, eines durch das andere gegeben iſt, ſo wurden<lb/> auch dieſe Halbaxen der Bahnen als für alle Zeiten unver-<lb/> änderlich erkannt, und die Beobachtungen der älteſten Zeit ſtimm-<lb/> ten auch mit dieſer Vorauſetzung bei allen Planeten vollkommen<lb/> überein.</p><lb/> <p>Nicht ſo bei dem <hi rendition="#g">Monde</hi>. Auch hier, wie oben (S. 124)<lb/> bei den beiden größten Planeten unſeres Sonnenſyſtems, hatte<lb/> Halley zuerſt gefunden, daß die Umlaufszeit des Mondes um die<lb/> Erde ſeit den Zeiten der griechiſchen Beobachtungen, d. h. nahe<lb/> ſeit zweihundert Jahren vor Chr. G. bis auf unſere Tage immer<lb/> kürzer, alſo die mittlere Bewegung des Mondes immer ſchneller<lb/> werde, wodurch daher der Mond der Erde immer näher kommen,<lb/> und endlich, wenn dieſe Bewegung ohne Aufhören in derſelben<lb/> Art fortſchreitet, auf ſie fallen muß, um ſich für immer mit<lb/> ihr zu vereinigen.</p><lb/> <p>Dieſe befremdende Erſcheinung hat die Aſtronomen lange ge-<lb/> quält, da ſie die Urſache derſelben nicht finden konnten. Man<lb/> ſuchte dieſelbe in der Wirkung der Planeten, in der Abweichung<lb/> des Mondes und der Erde von der Kugelgeſtalt, in dem Wider-<lb/> ſtande des Aethers, in der <hi rendition="#g">allmählichen</hi> Fortpflanzung der<lb/> Schwere u. f., aber immer vergebens. Indeß war die Ueberein-<lb/> ſtimmung aller anderen Phänomene des Himmels mit dem Ge-<lb/> ſetze der allgemeinen Schwere ſo groß, daß man nicht ohne leb-<lb/> haftes Bedauern dieſe Ausnahme ſehen konnte, welche bloß die<lb/> mittlere Bewegung des Mondes von dieſem Geſetze machen ſollte.<lb/> Dieß bewog die beiden größten Geometer ihrer Zeit, Lagrange<lb/> und Laplace, dem Grunde dieſer auffallenden Erſcheinung weiter<lb/> nachzuforſchen. Sie gingen von der Anſicht aus, daß dieſe Aus-<lb/> nahme nur ſcheinbar ſey, und ihre Urſache in demſelben Geſetze,<lb/> und zwar in der Anziehung der Sonne auf den Mond, haben<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [132/0144]
Säculäre Störungen.
dar. Es iſt bereits oben (Kap. VI.) geſagt worden, daß die
Umlaufszeit der Planeten um die Sonne, alſo auch die der Sa-
telliten um ihre Hauptplaneten aus theoretiſchen Gründen, von
welchen wir ſpäter ſprechen werden, als conſtant oder als unver-
änderlich erkannt worden iſt. Da mit dieſen Umlaufszeiten, nach
dem dritten Kepler’ſchen Geſetze, die halben großen Axen der
Bahnen in unmittelbarem Zuſammenhange ſtehen, indem, nach
dieſem Geſetze, eines durch das andere gegeben iſt, ſo wurden
auch dieſe Halbaxen der Bahnen als für alle Zeiten unver-
änderlich erkannt, und die Beobachtungen der älteſten Zeit ſtimm-
ten auch mit dieſer Vorauſetzung bei allen Planeten vollkommen
überein.
Nicht ſo bei dem Monde. Auch hier, wie oben (S. 124)
bei den beiden größten Planeten unſeres Sonnenſyſtems, hatte
Halley zuerſt gefunden, daß die Umlaufszeit des Mondes um die
Erde ſeit den Zeiten der griechiſchen Beobachtungen, d. h. nahe
ſeit zweihundert Jahren vor Chr. G. bis auf unſere Tage immer
kürzer, alſo die mittlere Bewegung des Mondes immer ſchneller
werde, wodurch daher der Mond der Erde immer näher kommen,
und endlich, wenn dieſe Bewegung ohne Aufhören in derſelben
Art fortſchreitet, auf ſie fallen muß, um ſich für immer mit
ihr zu vereinigen.
Dieſe befremdende Erſcheinung hat die Aſtronomen lange ge-
quält, da ſie die Urſache derſelben nicht finden konnten. Man
ſuchte dieſelbe in der Wirkung der Planeten, in der Abweichung
des Mondes und der Erde von der Kugelgeſtalt, in dem Wider-
ſtande des Aethers, in der allmählichen Fortpflanzung der
Schwere u. f., aber immer vergebens. Indeß war die Ueberein-
ſtimmung aller anderen Phänomene des Himmels mit dem Ge-
ſetze der allgemeinen Schwere ſo groß, daß man nicht ohne leb-
haftes Bedauern dieſe Ausnahme ſehen konnte, welche bloß die
mittlere Bewegung des Mondes von dieſem Geſetze machen ſollte.
Dieß bewog die beiden größten Geometer ihrer Zeit, Lagrange
und Laplace, dem Grunde dieſer auffallenden Erſcheinung weiter
nachzuforſchen. Sie gingen von der Anſicht aus, daß dieſe Aus-
nahme nur ſcheinbar ſey, und ihre Urſache in demſelben Geſetze,
und zwar in der Anziehung der Sonne auf den Mond, haben
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