Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836.Säculäre Störungen. den ersten Blick, daß in Folge der gegenseitigen Anziehung derbeiden Planeten die Bahnen derselben sich nähern, und daß daher der gestörte Planet die Ebene des störenden eher erreichen wird, als er ohne diese Störung gethan haben würde. Dieß wird der Fall seyn, der störende Planet mag über, oder, in der an- deren Hälfte seiner Bahn, unter der Ebene des gestörten sich befinden. Der Winkel aber, welchen die beiden Bahnen mit ein- ander bilden, wird in der einen Hälfte derselben offenbar ver- mehrt, und in der andern vermindert werden. Da nun beide Planeten, vermöge ihrer elliptischen Bewegung von West gen Ost, um die Sonne gehen, und da der gestörte Planet, wie gesagt, die Ebene des störenden früher erreicht, so wird dadurch der Knoten beider Bahnen dem Laufe des gestörten Planeten entge- gen, also von Ost gegen West gebracht, während im Gegentheile die Neigung beider Bahnen abwechselnd vergrößert und verkleinert wird. Mit andern Worten: durch die Störungen zweier Pla- neten gegen einander weichen die Knoten der gestörten Bahn auf den störenden immer zurück, während die Neigungen beider Bahnen, kleine periodische Schwankungen ausgenommen, im All- gemeinen als beständig betrachtet werden können. Dieß gilt von der Lage zweier Planetenbahnen gegen ein- Säculäre Störungen. den erſten Blick, daß in Folge der gegenſeitigen Anziehung derbeiden Planeten die Bahnen derſelben ſich nähern, und daß daher der geſtörte Planet die Ebene des ſtörenden eher erreichen wird, als er ohne dieſe Störung gethan haben würde. Dieß wird der Fall ſeyn, der ſtörende Planet mag über, oder, in der an- deren Hälfte ſeiner Bahn, unter der Ebene des geſtörten ſich befinden. Der Winkel aber, welchen die beiden Bahnen mit ein- ander bilden, wird in der einen Hälfte derſelben offenbar ver- mehrt, und in der andern vermindert werden. Da nun beide Planeten, vermöge ihrer elliptiſchen Bewegung von Weſt gen Oſt, um die Sonne gehen, und da der geſtörte Planet, wie geſagt, die Ebene des ſtörenden früher erreicht, ſo wird dadurch der Knoten beider Bahnen dem Laufe des geſtörten Planeten entge- gen, alſo von Oſt gegen Weſt gebracht, während im Gegentheile die Neigung beider Bahnen abwechſelnd vergrößert und verkleinert wird. Mit andern Worten: durch die Störungen zweier Pla- neten gegen einander weichen die Knoten der geſtörten Bahn auf den ſtörenden immer zurück, während die Neigungen beider Bahnen, kleine periodiſche Schwankungen ausgenommen, im All- gemeinen als beſtändig betrachtet werden können. Dieß gilt von der Lage zweier Planetenbahnen gegen ein- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0148" n="136"/><fw place="top" type="header">Säculäre Störungen.</fw><lb/> den erſten Blick, daß in Folge der gegenſeitigen Anziehung der<lb/> beiden Planeten die Bahnen derſelben ſich nähern, und daß daher<lb/> der geſtörte Planet die Ebene des ſtörenden <hi rendition="#g">eher</hi> erreichen wird,<lb/> als er ohne dieſe Störung gethan haben würde. Dieß wird<lb/> der Fall ſeyn, der ſtörende Planet mag <hi rendition="#g">über</hi>, oder, in der an-<lb/> deren Hälfte ſeiner Bahn, <hi rendition="#g">unter</hi> der Ebene des geſtörten ſich<lb/> befinden. Der Winkel aber, welchen die beiden Bahnen mit ein-<lb/> ander bilden, wird in der einen Hälfte derſelben offenbar ver-<lb/> mehrt, und in der andern vermindert werden. 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Säculäre Störungen.
den erſten Blick, daß in Folge der gegenſeitigen Anziehung der
beiden Planeten die Bahnen derſelben ſich nähern, und daß daher
der geſtörte Planet die Ebene des ſtörenden eher erreichen wird,
als er ohne dieſe Störung gethan haben würde. Dieß wird
der Fall ſeyn, der ſtörende Planet mag über, oder, in der an-
deren Hälfte ſeiner Bahn, unter der Ebene des geſtörten ſich
befinden. Der Winkel aber, welchen die beiden Bahnen mit ein-
ander bilden, wird in der einen Hälfte derſelben offenbar ver-
mehrt, und in der andern vermindert werden. Da nun beide
Planeten, vermöge ihrer elliptiſchen Bewegung von Weſt gen
Oſt, um die Sonne gehen, und da der geſtörte Planet, wie geſagt,
die Ebene des ſtörenden früher erreicht, ſo wird dadurch der
Knoten beider Bahnen dem Laufe des geſtörten Planeten entge-
gen, alſo von Oſt gegen Weſt gebracht, während im Gegentheile
die Neigung beider Bahnen abwechſelnd vergrößert und verkleinert
wird. Mit andern Worten: durch die Störungen zweier Pla-
neten gegen einander weichen die Knoten der geſtörten Bahn auf
den ſtörenden immer zurück, während die Neigungen beider
Bahnen, kleine periodiſche Schwankungen ausgenommen, im All-
gemeinen als beſtändig betrachtet werden können.
Dieß gilt von der Lage zweier Planetenbahnen gegen ein-
ander. Wenn man aber, wie es dem aſtronomiſchen Gebrauche
angemeſſen iſt, die Lage eines jeden Planeten auf eine dritte
Ebene, z. B. auf die Ecliptik bezieht, ſo hat jene einfache Dar-
ſtellung nicht mehr ſtatt, und dann kann der Knoten der geſtörten
Bahn mit der Ecliptik ſowohl vor- als rückwärts gehen, und die
Neigung der Bahn gegen die Ecliptik kann eben ſo, wie der
Knoten, beſtändig zu- oder abnehmen. Dieß iſt ſelbſt dann der
Fall, wenn die Ecliptik als eine feſte Ebene betrachtet wird.
Allein das iſt ſie nicht, da ſie, als die Ebene der Erdbahn, von
allen andern Planeten ebenfalls in ihrer Lage am Himmel ge-
ſtört wird. Nach den aſtronomiſchen Rechnungen nähert ſich, in
Folge dieſer Störungen der Erde durch die Planeten, die Ecliptik
dem Aequator in jedem Jahrhundert um 48,37 Sekunden, wäh-
rend der Durchſchnittspunkt derſelben mit dem Aequator, oder
während der Frühlingspunkt um die kleine Größe von 16,44
Sekunden vorwärts, oder von Weſt nach Oſt geht. Wir haben
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