in allen seinen Theilen beisammen bleiben, und in der Regel- mäßigkeit seiner Bewegungen nicht wesentlich gestört werden soll.
§. 159. (Gründe für die Erhaltung der Erde.) Selbst auf unserer Erde bemerken wir ähnliche Spuren dieser Absicht der Natur, ihren Werken Bestand und Dauer zu geben. Dahin ge- hört vorzüglich die bereits oben (§. 123) betrachtete Stabilität der Pole auf der Oberfläche der Erde, und das durch die Beobach- tungen so vieler Jahrtausende bestätigte Gleichgewicht der Meere, die einen so großen Theil dieser Erde bedecken. Diese beiden Erscheinungen, die zur Erhaltung organischer Wesen unumgänglich nothwendig sind, können als ein einfaches Resultat der Rotation der Erde verbunden mit der allgemeinen Schwere aller Körper betrachtet werden. Denn durch jene Rotation wurde die Erde an ihren Polen abgeplattet, und durch diese Abplattung ist die Rotationsaxe der Erde eine freie (§. 126) und invariable Axe derselben geworden. Durch die Wirkung der allgemeinen Schwere aber mußte die Erdmasse gegen ihren Mittelpunkt viel dichter werden, als in der Nähe ihrer Oberfläche, so daß jetzt die mitt- lere Dichte der ganzen Erde die des Meerwassers weit übertrifft, was allein schon hinreicht, diese Meere selbst in stetem Gleichge- wichte zu erhalten, und der Wuth ihrer Fluthen einen Zügel an- zulegen.
Nach allen diesen Beobachtungen scheint es daher, daß der Urheber der Natur es absichtlich so eingerichtet habe, daß die Dauer seines schönen und großen Werkes gesichert bleibe, und daß er in seiner Anlage zu dem Sonnensystem von denselben An- sichten ausgegangen ist, die er auf der Erde, zur Erhaltung ihrer selbst sowohl als der auf ihr lebenden Geschöpfe beobachtet hat.
§. 160. (Nothwendige Beschränkung der durch die vorherge- henden Betrachtungen erhaltenen Resultate.) Wenn aber diese be- wunderungswürdigen Einrichtungen der Natur uns über die weitere Dauer ihres Werkes vollkommen beruhigen können, und wenn, wie wir gesehen haben, wenigstens das Innere dieses Sy- stems keine Spur von einer künftigen Zerstörung an sich trägt, so ist doch eine auch noch so lange -- keine ewige Dauer. Wir können uns nicht vermessen, die innere Einrichtung des Weltalls, und noch weniger die Absicht ihres erhabenen Gründers, auch nur
Dauer des Weltſyſtems.
in allen ſeinen Theilen beiſammen bleiben, und in der Regel- mäßigkeit ſeiner Bewegungen nicht weſentlich geſtört werden ſoll.
§. 159. (Gründe für die Erhaltung der Erde.) Selbſt auf unſerer Erde bemerken wir ähnliche Spuren dieſer Abſicht der Natur, ihren Werken Beſtand und Dauer zu geben. Dahin ge- hört vorzüglich die bereits oben (§. 123) betrachtete Stabilität der Pole auf der Oberfläche der Erde, und das durch die Beobach- tungen ſo vieler Jahrtauſende beſtätigte Gleichgewicht der Meere, die einen ſo großen Theil dieſer Erde bedecken. Dieſe beiden Erſcheinungen, die zur Erhaltung organiſcher Weſen unumgänglich nothwendig ſind, können als ein einfaches Reſultat der Rotation der Erde verbunden mit der allgemeinen Schwere aller Körper betrachtet werden. Denn durch jene Rotation wurde die Erde an ihren Polen abgeplattet, und durch dieſe Abplattung iſt die Rotationsaxe der Erde eine freie (§. 126) und invariable Axe derſelben geworden. Durch die Wirkung der allgemeinen Schwere aber mußte die Erdmaſſe gegen ihren Mittelpunkt viel dichter werden, als in der Nähe ihrer Oberfläche, ſo daß jetzt die mitt- lere Dichte der ganzen Erde die des Meerwaſſers weit übertrifft, was allein ſchon hinreicht, dieſe Meere ſelbſt in ſtetem Gleichge- wichte zu erhalten, und der Wuth ihrer Fluthen einen Zügel an- zulegen.
Nach allen dieſen Beobachtungen ſcheint es daher, daß der Urheber der Natur es abſichtlich ſo eingerichtet habe, daß die Dauer ſeines ſchönen und großen Werkes geſichert bleibe, und daß er in ſeiner Anlage zu dem Sonnenſyſtem von denſelben An- ſichten ausgegangen iſt, die er auf der Erde, zur Erhaltung ihrer ſelbſt ſowohl als der auf ihr lebenden Geſchöpfe beobachtet hat.
§. 160. (Nothwendige Beſchränkung der durch die vorherge- henden Betrachtungen erhaltenen Reſultate.) Wenn aber dieſe be- wunderungswürdigen Einrichtungen der Natur uns über die weitere Dauer ihres Werkes vollkommen beruhigen können, und wenn, wie wir geſehen haben, wenigſtens das Innere dieſes Sy- ſtems keine Spur von einer künftigen Zerſtörung an ſich trägt, ſo iſt doch eine auch noch ſo lange — keine ewige Dauer. Wir können uns nicht vermeſſen, die innere Einrichtung des Weltalls, und noch weniger die Abſicht ihres erhabenen Gründers, auch nur
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0227"n="215"/><fwplace="top"type="header">Dauer des Weltſyſtems.</fw><lb/>
in allen ſeinen Theilen beiſammen bleiben, und in der Regel-<lb/>
mäßigkeit ſeiner Bewegungen nicht weſentlich geſtört werden ſoll.</p><lb/><p>§. 159. (Gründe für die Erhaltung der Erde.) Selbſt auf<lb/>
unſerer Erde bemerken wir ähnliche Spuren dieſer Abſicht der<lb/>
Natur, ihren Werken Beſtand und Dauer zu geben. Dahin ge-<lb/>
hört vorzüglich die bereits oben (§. 123) betrachtete Stabilität<lb/>
der Pole auf der Oberfläche der Erde, und das durch die Beobach-<lb/>
tungen ſo vieler Jahrtauſende beſtätigte Gleichgewicht der Meere,<lb/>
die einen ſo großen Theil dieſer Erde bedecken. Dieſe beiden<lb/>
Erſcheinungen, die zur Erhaltung organiſcher Weſen unumgänglich<lb/>
nothwendig ſind, können als ein einfaches Reſultat der Rotation<lb/>
der Erde verbunden mit der allgemeinen Schwere aller Körper<lb/>
betrachtet werden. Denn durch jene Rotation wurde die Erde<lb/>
an ihren Polen abgeplattet, und durch dieſe Abplattung iſt die<lb/>
Rotationsaxe der Erde eine freie (§. 126) und invariable Axe<lb/>
derſelben geworden. Durch die Wirkung der allgemeinen Schwere<lb/>
aber mußte die Erdmaſſe gegen ihren Mittelpunkt viel dichter<lb/>
werden, als in der Nähe ihrer Oberfläche, ſo daß jetzt die <hirendition="#g">mitt-<lb/>
lere</hi> Dichte der ganzen Erde die des Meerwaſſers weit übertrifft,<lb/>
was allein ſchon hinreicht, dieſe Meere ſelbſt in ſtetem Gleichge-<lb/>
wichte zu erhalten, und der Wuth ihrer Fluthen einen Zügel an-<lb/>
zulegen.</p><lb/><p>Nach allen dieſen Beobachtungen ſcheint es daher, daß der<lb/>
Urheber der Natur es abſichtlich ſo eingerichtet habe, daß die<lb/>
Dauer ſeines ſchönen und großen Werkes geſichert bleibe, und<lb/>
daß er in ſeiner Anlage zu dem Sonnenſyſtem von denſelben An-<lb/>ſichten ausgegangen iſt, die er auf der Erde, zur Erhaltung ihrer<lb/>ſelbſt ſowohl als der auf ihr lebenden Geſchöpfe beobachtet hat.</p><lb/><p>§. 160. (Nothwendige Beſchränkung der durch die vorherge-<lb/>
henden Betrachtungen erhaltenen Reſultate.) Wenn aber dieſe be-<lb/>
wunderungswürdigen Einrichtungen der Natur uns über die<lb/>
weitere Dauer ihres Werkes vollkommen beruhigen können, und<lb/>
wenn, wie wir geſehen haben, wenigſtens das Innere dieſes Sy-<lb/>ſtems keine Spur von einer künftigen Zerſtörung an ſich trägt,<lb/>ſo iſt doch eine auch noch ſo lange — keine <hirendition="#g">ewige</hi> Dauer. Wir<lb/>
können uns nicht vermeſſen, die innere Einrichtung des Weltalls,<lb/>
und noch weniger die Abſicht ihres erhabenen Gründers, auch nur<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[215/0227]
Dauer des Weltſyſtems.
in allen ſeinen Theilen beiſammen bleiben, und in der Regel-
mäßigkeit ſeiner Bewegungen nicht weſentlich geſtört werden ſoll.
§. 159. (Gründe für die Erhaltung der Erde.) Selbſt auf
unſerer Erde bemerken wir ähnliche Spuren dieſer Abſicht der
Natur, ihren Werken Beſtand und Dauer zu geben. Dahin ge-
hört vorzüglich die bereits oben (§. 123) betrachtete Stabilität
der Pole auf der Oberfläche der Erde, und das durch die Beobach-
tungen ſo vieler Jahrtauſende beſtätigte Gleichgewicht der Meere,
die einen ſo großen Theil dieſer Erde bedecken. Dieſe beiden
Erſcheinungen, die zur Erhaltung organiſcher Weſen unumgänglich
nothwendig ſind, können als ein einfaches Reſultat der Rotation
der Erde verbunden mit der allgemeinen Schwere aller Körper
betrachtet werden. Denn durch jene Rotation wurde die Erde
an ihren Polen abgeplattet, und durch dieſe Abplattung iſt die
Rotationsaxe der Erde eine freie (§. 126) und invariable Axe
derſelben geworden. Durch die Wirkung der allgemeinen Schwere
aber mußte die Erdmaſſe gegen ihren Mittelpunkt viel dichter
werden, als in der Nähe ihrer Oberfläche, ſo daß jetzt die mitt-
lere Dichte der ganzen Erde die des Meerwaſſers weit übertrifft,
was allein ſchon hinreicht, dieſe Meere ſelbſt in ſtetem Gleichge-
wichte zu erhalten, und der Wuth ihrer Fluthen einen Zügel an-
zulegen.
Nach allen dieſen Beobachtungen ſcheint es daher, daß der
Urheber der Natur es abſichtlich ſo eingerichtet habe, daß die
Dauer ſeines ſchönen und großen Werkes geſichert bleibe, und
daß er in ſeiner Anlage zu dem Sonnenſyſtem von denſelben An-
ſichten ausgegangen iſt, die er auf der Erde, zur Erhaltung ihrer
ſelbſt ſowohl als der auf ihr lebenden Geſchöpfe beobachtet hat.
§. 160. (Nothwendige Beſchränkung der durch die vorherge-
henden Betrachtungen erhaltenen Reſultate.) Wenn aber dieſe be-
wunderungswürdigen Einrichtungen der Natur uns über die
weitere Dauer ihres Werkes vollkommen beruhigen können, und
wenn, wie wir geſehen haben, wenigſtens das Innere dieſes Sy-
ſtems keine Spur von einer künftigen Zerſtörung an ſich trägt,
ſo iſt doch eine auch noch ſo lange — keine ewige Dauer. Wir
können uns nicht vermeſſen, die innere Einrichtung des Weltalls,
und noch weniger die Abſicht ihres erhabenen Gründers, auch nur
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/227>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.