Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836.Beschreibung und Gebrauch der astronom. Instrumente. schaft zu einer in sich selbst abgeschlossenen Ruhe, zu einer Artvon Stagnation bringen, während im Gegentheile das Ueberge- wicht des einen derselben über die beiden andern Leben und Thä- tigkeit erzeugt, und den menschlichen Geist aufreitzt, das gestörte Gleichgewicht wieder herzustellen, und die Lücken und Mängel, die in den zurückgebliebenen Theilen der Wissenschaft sichtbar werden, durch neue Anstrengungen wieder zu ersetzen. Eine solche Aufforderung an den Genius der Menschheit er- Wenn es aber erlaubt ist, diese Entdeckung, durch welche der *) Huygens, der selbst zur Vollendung dieser Entdeckung sehr we-
sentlich beigetragen hat, erklärt sich darüber in seiner Dioptrik auf folgende Weise: "Wenn es je einen Menschen von solcher Geisteskraft gegeben hätte, daß er durch bloßes Nachdenken und aus geometrischen Principien auf die Entdeckung des Fernrohrs gekommen wäre, so würde ich nicht anstehen können, ihn für Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente. ſchaft zu einer in ſich ſelbſt abgeſchloſſenen Ruhe, zu einer Artvon Stagnation bringen, während im Gegentheile das Ueberge- wicht des einen derſelben über die beiden andern Leben und Thä- tigkeit erzeugt, und den menſchlichen Geiſt aufreitzt, das geſtörte Gleichgewicht wieder herzuſtellen, und die Lücken und Mängel, die in den zurückgebliebenen Theilen der Wiſſenſchaft ſichtbar werden, durch neue Anſtrengungen wieder zu erſetzen. Eine ſolche Aufforderung an den Genius der Menſchheit er- Wenn es aber erlaubt iſt, dieſe Entdeckung, durch welche der *) Huygens, der ſelbſt zur Vollendung dieſer Entdeckung ſehr we-
ſentlich beigetragen hat, erklärt ſich darüber in ſeiner Dioptrik auf folgende Weiſe: „Wenn es je einen Menſchen von ſolcher Geiſteskraft gegeben hätte, daß er durch bloßes Nachdenken und aus geometriſchen Principien auf die Entdeckung des Fernrohrs gekommen wäre, ſo würde ich nicht anſtehen können, ihn für <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0270" n="258"/><fw place="top" type="header">Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente.</fw><lb/> ſchaft zu einer in ſich ſelbſt abgeſchloſſenen Ruhe, zu einer Art<lb/> von Stagnation bringen, während im Gegentheile das Ueberge-<lb/> wicht des einen derſelben über die beiden andern Leben und Thä-<lb/> tigkeit erzeugt, und den menſchlichen Geiſt aufreitzt, das geſtörte<lb/> Gleichgewicht wieder herzuſtellen, und die Lücken und Mängel,<lb/> die in den zurückgebliebenen Theilen der Wiſſenſchaft ſichtbar<lb/> werden, durch neue Anſtrengungen wieder zu erſetzen.</p><lb/> <p>Eine ſolche Aufforderung an den Genius der Menſchheit er-<lb/> ging, im Anfange des ſiebenzehnten Jahrhunderts, durch die Er-<lb/> findung des Fernrohrs, dem bald auch die des Mikroſcops folgte,<lb/> das jenem ſo nahe verwandt iſt. Beide Inſtrumente erweiterten<lb/> die Gränze unſeres edelſten Sinnes, und dadurch unſere Kenntniß<lb/> der Natur auf eine wunderbare Weiſe. Zwei neue, bisher ganz<lb/> ungeahnte Welten ſchloſſen ſie vor uns auf, indem ſie uns Ge-<lb/> genſtände erkennen ließen, von welchen die einen wegen ihrer zu<lb/> geringen Kleinheit, und die anderen wegen ihrer zu großen Ent-<lb/> fernung, uns für immer verborgen geblieben wären.</p><lb/> <p>Wenn es aber erlaubt iſt, dieſe Entdeckung, durch welche der<lb/> Menſch die ihm von der Natur geſetzten Schranken zu durchbre-<lb/> chen, und ſich über ſich ſelbſt zu erheben wußte, für ihn ſelbſt in<lb/> einem hohen Grade ruhmvoll zu halten, ſo muß doch auch hin-<lb/> zugeſetzt werden, daß er dieſe ſchönſte und glänzendſte ſeiner Ent-<lb/> deckungen keinesweges dem Scharfſinne oder dem angeſtrengten<lb/> Nachdenken ſeines Geiſtes, ſondern daß er ſie nur einem Zufalle,<lb/> einem blinden Ohngefähr, daß er ſie bloß einem abſichtsloſen<lb/> Spiele zweier Kinder verdankt. Auch möchte es, welche hohe<lb/> Idee von der geiſtigen Kraft des Menſchen man auch nähren<lb/> mag, wohl immer für ihn unmöglich ſeyn, auf dem bloßen Wege<lb/> der theoretiſchen Spekulation zu Entdeckungen ſolcher Art zu ge-<lb/> langen <note xml:id="seg2pn_2_1" next="#seg2pn_2_2" place="foot" n="*)">Huygens, der ſelbſt zur Vollendung dieſer Entdeckung ſehr we-<lb/> ſentlich beigetragen hat, erklärt ſich darüber in ſeiner Dioptrik<lb/> auf folgende Weiſe: „Wenn es je einen Menſchen von ſolcher<lb/> Geiſteskraft gegeben hätte, daß er durch bloßes Nachdenken und<lb/> aus geometriſchen Principien auf die Entdeckung des Fernrohrs<lb/> gekommen wäre, ſo würde ich nicht anſtehen können, ihn für</note>. Nach Borelli’s Erzählung ſoll Zacharias Janſen, ein<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [258/0270]
Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente.
ſchaft zu einer in ſich ſelbſt abgeſchloſſenen Ruhe, zu einer Art
von Stagnation bringen, während im Gegentheile das Ueberge-
wicht des einen derſelben über die beiden andern Leben und Thä-
tigkeit erzeugt, und den menſchlichen Geiſt aufreitzt, das geſtörte
Gleichgewicht wieder herzuſtellen, und die Lücken und Mängel,
die in den zurückgebliebenen Theilen der Wiſſenſchaft ſichtbar
werden, durch neue Anſtrengungen wieder zu erſetzen.
Eine ſolche Aufforderung an den Genius der Menſchheit er-
ging, im Anfange des ſiebenzehnten Jahrhunderts, durch die Er-
findung des Fernrohrs, dem bald auch die des Mikroſcops folgte,
das jenem ſo nahe verwandt iſt. Beide Inſtrumente erweiterten
die Gränze unſeres edelſten Sinnes, und dadurch unſere Kenntniß
der Natur auf eine wunderbare Weiſe. Zwei neue, bisher ganz
ungeahnte Welten ſchloſſen ſie vor uns auf, indem ſie uns Ge-
genſtände erkennen ließen, von welchen die einen wegen ihrer zu
geringen Kleinheit, und die anderen wegen ihrer zu großen Ent-
fernung, uns für immer verborgen geblieben wären.
Wenn es aber erlaubt iſt, dieſe Entdeckung, durch welche der
Menſch die ihm von der Natur geſetzten Schranken zu durchbre-
chen, und ſich über ſich ſelbſt zu erheben wußte, für ihn ſelbſt in
einem hohen Grade ruhmvoll zu halten, ſo muß doch auch hin-
zugeſetzt werden, daß er dieſe ſchönſte und glänzendſte ſeiner Ent-
deckungen keinesweges dem Scharfſinne oder dem angeſtrengten
Nachdenken ſeines Geiſtes, ſondern daß er ſie nur einem Zufalle,
einem blinden Ohngefähr, daß er ſie bloß einem abſichtsloſen
Spiele zweier Kinder verdankt. Auch möchte es, welche hohe
Idee von der geiſtigen Kraft des Menſchen man auch nähren
mag, wohl immer für ihn unmöglich ſeyn, auf dem bloßen Wege
der theoretiſchen Spekulation zu Entdeckungen ſolcher Art zu ge-
langen *). Nach Borelli’s Erzählung ſoll Zacharias Janſen, ein
*) Huygens, der ſelbſt zur Vollendung dieſer Entdeckung ſehr we-
ſentlich beigetragen hat, erklärt ſich darüber in ſeiner Dioptrik
auf folgende Weiſe: „Wenn es je einen Menſchen von ſolcher
Geiſteskraft gegeben hätte, daß er durch bloßes Nachdenken und
aus geometriſchen Principien auf die Entdeckung des Fernrohrs
gekommen wäre, ſo würde ich nicht anſtehen können, ihn für
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