Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite

Beschreibung und Gebrauch der astronom. Instrumente.
und deutlich sieht, so wird man vielleicht den Faden nur sehr
schlecht, in der Form eines grauen, breiten Streifens erblicken,
zum Zeichen, daß er entweder zu nahe an oder zu ferne von dem
Objective steht. Denn in der wahren Entfernung von dem Ob-
jective, d. h. wenn er durch den Brennpunkt desselben geht, er-
scheint er, wie schon oben gesagt, immer ganz rein, schwarz und
scharf begränzt. In diesem Falle wird man also, mittels der
dazu bestimmten Schraube, den den Faden tragenden Ring in der
Richtung der Länge des Fernrohrs so lange verschieben oder seine
Distanz von dem Objecte ändern, bis er dem Auge völlig rein
und schwarz erscheint. Allein diese bloße Ansicht des Fadens ist
wohl hinreichend, ihn dem Brennpunkte sehr nahe zu bringen,
aber sie genügt nicht, um ihn mit der größten Schärfe genau
durch diesen Brennpunkt selbst zu führen. Zu diesem letzten
Zwecke wird man, nach jener ersten rohen Berichtigung des Fa-
dens, das Fernrohr auf irgend ein weit entferntes, festes und
wohl begränztes terrestrisches Object, z. B. auf die Ecke einer
Thurmspitze richten, und den Faden mit dieser Ecke in genaue
Berührung bringen. Dann bewegt man das Auge vor dem
Ocular rechts und links so weit, als man nur eben noch durch
das Fernrohr den Faden sehen kann, und sieht genau zu, ob in
den beiden äußersten Lagen des Auges jene Berührung immer
genau und unverändert statt hat. Tritt dieser Umstand zufällig
ein, so wird man sich versichert halten, daß der Faden zwar nicht
durch den Brennpunkt gehe, aber doch in einer durch diesen
Brennpunkt auf die Linsenaxe senkrechten Ebene liegen muß.
Wenn aber, während das Auge sich vor dem Oculare bewegt, der
Faden auf dem terrestrischen Objecte nicht fest bleibt, sondern
ebenfalls sich zu bewegen scheint, so ist dieß ein Zeichen, daß er
noch nicht in der erwähnten Ebene, sondern daß er hinter oder
vor dieser Ebene liegt. Welcher von diesen beiden Fällen aber in
der That statt hat, wird man durch folgende einfache Vorschrift
finden: "Wenn, bei jener Bewegung des Auges, Aug und Faden
nach derselben Seite, z. B. beide rechts gehen, so steht der Faden
zu nahe am Objectiv, und muß daher von ihm entfernt werden;
geht aber Aug und Faden auf entgegengesetzte Seiten, z. B. jenes
rechts und dieses links, so steht der Faden zu weit von dem Ob-

Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente.
und deutlich ſieht, ſo wird man vielleicht den Faden nur ſehr
ſchlecht, in der Form eines grauen, breiten Streifens erblicken,
zum Zeichen, daß er entweder zu nahe an oder zu ferne von dem
Objective ſteht. Denn in der wahren Entfernung von dem Ob-
jective, d. h. wenn er durch den Brennpunkt deſſelben geht, er-
ſcheint er, wie ſchon oben geſagt, immer ganz rein, ſchwarz und
ſcharf begränzt. In dieſem Falle wird man alſo, mittels der
dazu beſtimmten Schraube, den den Faden tragenden Ring in der
Richtung der Länge des Fernrohrs ſo lange verſchieben oder ſeine
Diſtanz von dem Objecte ändern, bis er dem Auge völlig rein
und ſchwarz erſcheint. Allein dieſe bloße Anſicht des Fadens iſt
wohl hinreichend, ihn dem Brennpunkte ſehr nahe zu bringen,
aber ſie genügt nicht, um ihn mit der größten Schärfe genau
durch dieſen Brennpunkt ſelbſt zu führen. Zu dieſem letzten
Zwecke wird man, nach jener erſten rohen Berichtigung des Fa-
dens, das Fernrohr auf irgend ein weit entferntes, feſtes und
wohl begränztes terreſtriſches Object, z. B. auf die Ecke einer
Thurmſpitze richten, und den Faden mit dieſer Ecke in genaue
Berührung bringen. Dann bewegt man das Auge vor dem
Ocular rechts und links ſo weit, als man nur eben noch durch
das Fernrohr den Faden ſehen kann, und ſieht genau zu, ob in
den beiden äußerſten Lagen des Auges jene Berührung immer
genau und unverändert ſtatt hat. Tritt dieſer Umſtand zufällig
ein, ſo wird man ſich verſichert halten, daß der Faden zwar nicht
durch den Brennpunkt gehe, aber doch in einer durch dieſen
Brennpunkt auf die Linſenaxe ſenkrechten Ebene liegen muß.
Wenn aber, während das Auge ſich vor dem Oculare bewegt, der
Faden auf dem terreſtriſchen Objecte nicht feſt bleibt, ſondern
ebenfalls ſich zu bewegen ſcheint, ſo iſt dieß ein Zeichen, daß er
noch nicht in der erwähnten Ebene, ſondern daß er hinter oder
vor dieſer Ebene liegt. Welcher von dieſen beiden Fällen aber in
der That ſtatt hat, wird man durch folgende einfache Vorſchrift
finden: „Wenn, bei jener Bewegung des Auges, Aug und Faden
nach derſelben Seite, z. B. beide rechts gehen, ſo ſteht der Faden
zu nahe am Objectiv, und muß daher von ihm entfernt werden;
geht aber Aug und Faden auf entgegengeſetzte Seiten, z. B. jenes
rechts und dieſes links, ſo ſteht der Faden zu weit von dem Ob-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0294" n="282"/><fw place="top" type="header">Be&#x017F;chreibung und Gebrauch der a&#x017F;tronom. In&#x017F;trumente.</fw><lb/>
und deutlich &#x017F;ieht, &#x017F;o wird man vielleicht den Faden nur &#x017F;ehr<lb/>
&#x017F;chlecht, in der Form eines grauen, breiten Streifens erblicken,<lb/>
zum Zeichen, daß er entweder zu nahe an oder zu ferne von dem<lb/>
Objective &#x017F;teht. Denn in der wahren Entfernung von dem Ob-<lb/>
jective, d. h. wenn er durch den Brennpunkt de&#x017F;&#x017F;elben geht, er-<lb/>
&#x017F;cheint er, wie &#x017F;chon oben ge&#x017F;agt, immer ganz rein, &#x017F;chwarz und<lb/>
&#x017F;charf begränzt. In die&#x017F;em Falle wird man al&#x017F;o, mittels der<lb/>
dazu be&#x017F;timmten Schraube, den den Faden tragenden Ring in der<lb/>
Richtung der Länge des Fernrohrs &#x017F;o lange ver&#x017F;chieben oder &#x017F;eine<lb/>
Di&#x017F;tanz von dem Objecte ändern, bis er dem Auge völlig rein<lb/>
und &#x017F;chwarz er&#x017F;cheint. Allein die&#x017F;e bloße An&#x017F;icht des Fadens i&#x017F;t<lb/>
wohl hinreichend, ihn dem Brennpunkte &#x017F;ehr nahe zu bringen,<lb/>
aber &#x017F;ie genügt nicht, um ihn mit der größten Schärfe genau<lb/>
durch die&#x017F;en Brennpunkt &#x017F;elb&#x017F;t zu führen. Zu die&#x017F;em letzten<lb/>
Zwecke wird man, nach jener er&#x017F;ten rohen Berichtigung des Fa-<lb/>
dens, das Fernrohr auf irgend ein weit entferntes, fe&#x017F;tes und<lb/>
wohl begränztes terre&#x017F;tri&#x017F;ches Object, z. B. auf die Ecke einer<lb/>
Thurm&#x017F;pitze richten, und den Faden mit die&#x017F;er Ecke in genaue<lb/>
Berührung bringen. Dann bewegt man das Auge vor dem<lb/>
Ocular rechts und links &#x017F;o weit, als man nur eben noch durch<lb/>
das Fernrohr den Faden &#x017F;ehen kann, und &#x017F;ieht genau zu, ob in<lb/>
den beiden äußer&#x017F;ten Lagen des Auges jene Berührung immer<lb/>
genau und unverändert &#x017F;tatt hat. Tritt die&#x017F;er Um&#x017F;tand zufällig<lb/>
ein, &#x017F;o wird man &#x017F;ich ver&#x017F;ichert halten, daß der Faden zwar nicht<lb/>
durch den Brennpunkt gehe, aber doch in einer durch die&#x017F;en<lb/>
Brennpunkt auf die Lin&#x017F;enaxe &#x017F;enkrechten Ebene liegen muß.<lb/>
Wenn aber, während das Auge &#x017F;ich vor dem Oculare bewegt, der<lb/>
Faden auf dem terre&#x017F;tri&#x017F;chen Objecte nicht fe&#x017F;t bleibt, &#x017F;ondern<lb/>
ebenfalls &#x017F;ich zu bewegen &#x017F;cheint, &#x017F;o i&#x017F;t dieß ein Zeichen, daß er<lb/>
noch nicht in der erwähnten Ebene, &#x017F;ondern daß er hinter oder<lb/>
vor die&#x017F;er Ebene liegt. Welcher von die&#x017F;en beiden Fällen aber in<lb/>
der That &#x017F;tatt hat, wird man durch folgende einfache Vor&#x017F;chrift<lb/>
finden: &#x201E;Wenn, bei jener Bewegung des Auges, Aug und Faden<lb/>
nach der&#x017F;elben Seite, z. B. beide rechts gehen, &#x017F;o &#x017F;teht der Faden<lb/>
zu nahe am Objectiv, und muß daher von ihm entfernt werden;<lb/>
geht aber Aug und Faden auf entgegenge&#x017F;etzte Seiten, z. B. jenes<lb/>
rechts und die&#x017F;es links, &#x017F;o &#x017F;teht der Faden zu weit von dem Ob-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[282/0294] Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente. und deutlich ſieht, ſo wird man vielleicht den Faden nur ſehr ſchlecht, in der Form eines grauen, breiten Streifens erblicken, zum Zeichen, daß er entweder zu nahe an oder zu ferne von dem Objective ſteht. Denn in der wahren Entfernung von dem Ob- jective, d. h. wenn er durch den Brennpunkt deſſelben geht, er- ſcheint er, wie ſchon oben geſagt, immer ganz rein, ſchwarz und ſcharf begränzt. In dieſem Falle wird man alſo, mittels der dazu beſtimmten Schraube, den den Faden tragenden Ring in der Richtung der Länge des Fernrohrs ſo lange verſchieben oder ſeine Diſtanz von dem Objecte ändern, bis er dem Auge völlig rein und ſchwarz erſcheint. Allein dieſe bloße Anſicht des Fadens iſt wohl hinreichend, ihn dem Brennpunkte ſehr nahe zu bringen, aber ſie genügt nicht, um ihn mit der größten Schärfe genau durch dieſen Brennpunkt ſelbſt zu führen. Zu dieſem letzten Zwecke wird man, nach jener erſten rohen Berichtigung des Fa- dens, das Fernrohr auf irgend ein weit entferntes, feſtes und wohl begränztes terreſtriſches Object, z. B. auf die Ecke einer Thurmſpitze richten, und den Faden mit dieſer Ecke in genaue Berührung bringen. Dann bewegt man das Auge vor dem Ocular rechts und links ſo weit, als man nur eben noch durch das Fernrohr den Faden ſehen kann, und ſieht genau zu, ob in den beiden äußerſten Lagen des Auges jene Berührung immer genau und unverändert ſtatt hat. Tritt dieſer Umſtand zufällig ein, ſo wird man ſich verſichert halten, daß der Faden zwar nicht durch den Brennpunkt gehe, aber doch in einer durch dieſen Brennpunkt auf die Linſenaxe ſenkrechten Ebene liegen muß. Wenn aber, während das Auge ſich vor dem Oculare bewegt, der Faden auf dem terreſtriſchen Objecte nicht feſt bleibt, ſondern ebenfalls ſich zu bewegen ſcheint, ſo iſt dieß ein Zeichen, daß er noch nicht in der erwähnten Ebene, ſondern daß er hinter oder vor dieſer Ebene liegt. Welcher von dieſen beiden Fällen aber in der That ſtatt hat, wird man durch folgende einfache Vorſchrift finden: „Wenn, bei jener Bewegung des Auges, Aug und Faden nach derſelben Seite, z. B. beide rechts gehen, ſo ſteht der Faden zu nahe am Objectiv, und muß daher von ihm entfernt werden; geht aber Aug und Faden auf entgegengeſetzte Seiten, z. B. jenes rechts und dieſes links, ſo ſteht der Faden zu weit von dem Ob-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/294
Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/294>, abgerufen am 24.11.2024.