Beschreibung und Gebrauch der astronom. Instrumente.
Durch dieses Verfahren wird, wie man sieht, die Drehungs- axe und die Libelle zugleich rectificirt. Es wird übrigens nie nothwendig seyn, dasselbe so weit fortzusetzen, bis der Mittel- punkt der Blase in beiden Lagen der Libelle genau auf den Mit- telpunkt der Theilung fällt, da es, nach dem Vorhergehenden schon hinreicht, wenn beide Mittelpunkte nur einander nahe ge- nug gebracht werden. Wenn z. B. die Blase in der ersten Lage der Libelle 20, und in der zweiten Lage 26 zeigt, so wird man, nach dem zuvor gezeigten Verfahren, bloß durch die Schraube der Rotationsaxe die Blase auf die Mitte jener zwei Zahlen oder auf die Zahl 23 bringen, und dadurch versichert seyn, daß die so gestellte Rotationsaxe auch genau horizontal ist, obschon die Li- belle selbst noch nicht rectificirt ist, da sie, nach unserer Zeichnung (Fig. 16) nicht 23, sondern 25 zeigen sollte. Will man daher auch diese Libelle noch rectificiren, so wird man nur, mittels ihrer Correctionsschraube, den einen Haken derselben so viel verlängern oder verkürzen, daß der Mittelpunkt der Blase um zwei Theilstriche, von 23 auf 25 fortgehe, da 25 der Mittel- punkt der an der Glasröhre angebrachten Theilung ist. Bemer- ken wir noch, daß es öfter nothwendig ist, den Werth eines jener gleichen Theilstriche in Sekunden zu kennen. Zu diesem Zwecke wird man die Libelle an irgend ein Höhen messendes Instrument z. B. an einen Quadranten befestigen, und nun Instrument und Libelle so bewegen, daß z. B. der Mittelpunkt der Blase 30 Theil- striche der Libelle durchlauft, während das Instrument seine Höhe um 20 Sekunden geändert hat, woraus folgt, daß ein Theilstrich der Libelle 2/3 Sekunden beträgt. Muß man also die Axe A des Mittagsrohrs, bei der Rectification derselben, z. B. um 12 Theil- striche der Libelle erheben, so weiß man, daß diese Erhebung 8 Sekunden beträgt.
§. 19. (Rectification des Mittagsrohrs: Stellung im Meri- dian.) Wenn sonach die Drehungsaxe des Mittagsrohrs genau horizontal gestellt worden ist, so wird das Fernrohr [oder viel- mehr die Collimationslinie desselben, die nach dem Vorhergehenden (§. 17) bereits senkrecht auf jener Rotationsaxe steht], wenn dasselbe um jene Axe gedreht wird, einen Verticalkreis (Einl. S. 27) beschreiben, oder es wird in einer auf den Horizont
Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente.
Durch dieſes Verfahren wird, wie man ſieht, die Drehungs- axe und die Libelle zugleich rectificirt. Es wird übrigens nie nothwendig ſeyn, daſſelbe ſo weit fortzuſetzen, bis der Mittel- punkt der Blaſe in beiden Lagen der Libelle genau auf den Mit- telpunkt der Theilung fällt, da es, nach dem Vorhergehenden ſchon hinreicht, wenn beide Mittelpunkte nur einander nahe ge- nug gebracht werden. Wenn z. B. die Blaſe in der erſten Lage der Libelle 20, und in der zweiten Lage 26 zeigt, ſo wird man, nach dem zuvor gezeigten Verfahren, bloß durch die Schraube der Rotationsaxe die Blaſe auf die Mitte jener zwei Zahlen oder auf die Zahl 23 bringen, und dadurch verſichert ſeyn, daß die ſo geſtellte Rotationsaxe auch genau horizontal iſt, obſchon die Li- belle ſelbſt noch nicht rectificirt iſt, da ſie, nach unſerer Zeichnung (Fig. 16) nicht 23, ſondern 25 zeigen ſollte. Will man daher auch dieſe Libelle noch rectificiren, ſo wird man nur, mittels ihrer Correctionsſchraube, den einen Haken derſelben ſo viel verlängern oder verkürzen, daß der Mittelpunkt der Blaſe um zwei Theilſtriche, von 23 auf 25 fortgehe, da 25 der Mittel- punkt der an der Glasröhre angebrachten Theilung iſt. Bemer- ken wir noch, daß es öfter nothwendig iſt, den Werth eines jener gleichen Theilſtriche in Sekunden zu kennen. Zu dieſem Zwecke wird man die Libelle an irgend ein Höhen meſſendes Inſtrument z. B. an einen Quadranten befeſtigen, und nun Inſtrument und Libelle ſo bewegen, daß z. B. der Mittelpunkt der Blaſe 30 Theil- ſtriche der Libelle durchlauft, während das Inſtrument ſeine Höhe um 20 Sekunden geändert hat, woraus folgt, daß ein Theilſtrich der Libelle ⅔ Sekunden beträgt. Muß man alſo die Axe A des Mittagsrohrs, bei der Rectification derſelben, z. B. um 12 Theil- ſtriche der Libelle erheben, ſo weiß man, daß dieſe Erhebung 8 Sekunden beträgt.
§. 19. (Rectification des Mittagsrohrs: Stellung im Meri- dian.) Wenn ſonach die Drehungsaxe des Mittagsrohrs genau horizontal geſtellt worden iſt, ſo wird das Fernrohr [oder viel- mehr die Collimationslinie deſſelben, die nach dem Vorhergehenden (§. 17) bereits ſenkrecht auf jener Rotationsaxe ſteht], wenn daſſelbe um jene Axe gedreht wird, einen Verticalkreis (Einl. S. 27) beſchreiben, oder es wird in einer auf den Horizont
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0300"n="288"/><fwplace="top"type="header">Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente.</fw><lb/><p>Durch dieſes Verfahren wird, wie man ſieht, die Drehungs-<lb/>
axe und die Libelle zugleich rectificirt. Es wird übrigens nie<lb/>
nothwendig ſeyn, daſſelbe ſo weit fortzuſetzen, bis der Mittel-<lb/>
punkt der Blaſe in beiden Lagen der Libelle genau auf den Mit-<lb/>
telpunkt der Theilung fällt, da es, nach dem Vorhergehenden<lb/>ſchon hinreicht, wenn beide Mittelpunkte nur einander nahe ge-<lb/>
nug gebracht werden. Wenn z. B. die Blaſe in der erſten Lage<lb/>
der Libelle 20, und in der zweiten Lage 26 zeigt, ſo wird man,<lb/>
nach dem zuvor gezeigten Verfahren, <hirendition="#g">bloß</hi> durch die Schraube<lb/>
der Rotationsaxe die Blaſe auf die Mitte jener zwei Zahlen oder<lb/>
auf die Zahl 23 bringen, und dadurch verſichert ſeyn, daß die ſo<lb/>
geſtellte Rotationsaxe auch genau horizontal iſt, obſchon die Li-<lb/>
belle ſelbſt noch nicht rectificirt iſt, da ſie, nach unſerer Zeichnung<lb/>
(Fig. 16) nicht 23, ſondern 25 zeigen ſollte. Will man daher<lb/>
auch dieſe Libelle noch rectificiren, ſo wird man nur, mittels<lb/><hirendition="#g">ihrer</hi> Correctionsſchraube, den einen Haken derſelben ſo viel<lb/>
verlängern oder verkürzen, daß der Mittelpunkt der Blaſe um<lb/>
zwei Theilſtriche, von 23 auf 25 fortgehe, da 25 der Mittel-<lb/>
punkt der an der Glasröhre angebrachten Theilung iſt. Bemer-<lb/>
ken wir noch, daß es öfter nothwendig iſt, den Werth eines jener<lb/>
gleichen Theilſtriche in Sekunden zu kennen. Zu dieſem Zwecke<lb/>
wird man die Libelle an irgend ein Höhen meſſendes Inſtrument<lb/>
z. B. an einen Quadranten befeſtigen, und nun Inſtrument und<lb/>
Libelle ſo bewegen, daß z. B. der Mittelpunkt der Blaſe 30 Theil-<lb/>ſtriche der Libelle durchlauft, während das Inſtrument ſeine Höhe<lb/>
um 20 Sekunden geändert hat, woraus folgt, daß ein Theilſtrich<lb/>
der Libelle ⅔ Sekunden beträgt. Muß man alſo die Axe <hirendition="#aq">A</hi> des<lb/>
Mittagsrohrs, bei der Rectification derſelben, z. B. um 12 Theil-<lb/>ſtriche der Libelle erheben, ſo weiß man, daß dieſe Erhebung<lb/>
8 Sekunden beträgt.</p><lb/><p>§. 19. (Rectification des Mittagsrohrs: Stellung im Meri-<lb/>
dian.) Wenn ſonach die Drehungsaxe des Mittagsrohrs genau<lb/>
horizontal geſtellt worden iſt, ſo wird das Fernrohr [oder viel-<lb/>
mehr die Collimationslinie deſſelben, die nach dem Vorhergehenden<lb/>
(§. 17) bereits ſenkrecht auf jener Rotationsaxe ſteht], wenn<lb/>
daſſelbe um jene Axe gedreht wird, einen Verticalkreis (Einl.<lb/>
S. 27) beſchreiben, oder es wird in einer auf den Horizont<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[288/0300]
Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente.
Durch dieſes Verfahren wird, wie man ſieht, die Drehungs-
axe und die Libelle zugleich rectificirt. Es wird übrigens nie
nothwendig ſeyn, daſſelbe ſo weit fortzuſetzen, bis der Mittel-
punkt der Blaſe in beiden Lagen der Libelle genau auf den Mit-
telpunkt der Theilung fällt, da es, nach dem Vorhergehenden
ſchon hinreicht, wenn beide Mittelpunkte nur einander nahe ge-
nug gebracht werden. Wenn z. B. die Blaſe in der erſten Lage
der Libelle 20, und in der zweiten Lage 26 zeigt, ſo wird man,
nach dem zuvor gezeigten Verfahren, bloß durch die Schraube
der Rotationsaxe die Blaſe auf die Mitte jener zwei Zahlen oder
auf die Zahl 23 bringen, und dadurch verſichert ſeyn, daß die ſo
geſtellte Rotationsaxe auch genau horizontal iſt, obſchon die Li-
belle ſelbſt noch nicht rectificirt iſt, da ſie, nach unſerer Zeichnung
(Fig. 16) nicht 23, ſondern 25 zeigen ſollte. Will man daher
auch dieſe Libelle noch rectificiren, ſo wird man nur, mittels
ihrer Correctionsſchraube, den einen Haken derſelben ſo viel
verlängern oder verkürzen, daß der Mittelpunkt der Blaſe um
zwei Theilſtriche, von 23 auf 25 fortgehe, da 25 der Mittel-
punkt der an der Glasröhre angebrachten Theilung iſt. Bemer-
ken wir noch, daß es öfter nothwendig iſt, den Werth eines jener
gleichen Theilſtriche in Sekunden zu kennen. Zu dieſem Zwecke
wird man die Libelle an irgend ein Höhen meſſendes Inſtrument
z. B. an einen Quadranten befeſtigen, und nun Inſtrument und
Libelle ſo bewegen, daß z. B. der Mittelpunkt der Blaſe 30 Theil-
ſtriche der Libelle durchlauft, während das Inſtrument ſeine Höhe
um 20 Sekunden geändert hat, woraus folgt, daß ein Theilſtrich
der Libelle ⅔ Sekunden beträgt. Muß man alſo die Axe A des
Mittagsrohrs, bei der Rectification derſelben, z. B. um 12 Theil-
ſtriche der Libelle erheben, ſo weiß man, daß dieſe Erhebung
8 Sekunden beträgt.
§. 19. (Rectification des Mittagsrohrs: Stellung im Meri-
dian.) Wenn ſonach die Drehungsaxe des Mittagsrohrs genau
horizontal geſtellt worden iſt, ſo wird das Fernrohr [oder viel-
mehr die Collimationslinie deſſelben, die nach dem Vorhergehenden
(§. 17) bereits ſenkrecht auf jener Rotationsaxe ſteht], wenn
daſſelbe um jene Axe gedreht wird, einen Verticalkreis (Einl.
S. 27) beſchreiben, oder es wird in einer auf den Horizont
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/300>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.