Beschreibung und Gebrauch der astronom. Instrumente.
5 Minuten 43 Sekunden, also täglich 34,3 Sekunden zurück. Ihre tägliche Retardation gegen mittlere Zeit ist daher
aus der ersten Vergleichung 34,0 Sekunden
zweiten 33,3
dritten 34,3
und da die drei letzten Zahlen so wenig unter einander verschieden sind, so kann man den Gang der Uhr während dieser 15 Tage als gleichförmig, nämlich ihre tägliche Retardation im Mittel gleich 33,87 Sekunden annehmen.
Eine solche Uhr vorausgesetzt, beobachte man nun an einem vor seinem Fenster stehenden Thurme oder höheren Hause, mittelst eines Fernrohres von nur schwacher Vergrößerung, die vor- überziehenden Fixsterne, wie sie nach einander von der Mauer bedeckt werden und hinter ihr verschwinden. Wenn diese Mauer weit genug, etwa einige hundert Klafter, von dem Auge des Beob- achters entfernt ist, so haben diese Verschwindungen der Sterne augenblicklich statt und können daher mit vieler Schärfe beobachtet werden. Wenn ferner der Theil der Mauer, an welchem man diese Verschwindungen sieht, senkrecht auf dem Horizonte steht, wie dieses bei den meisten Mauern der Fall ist, so wird ein Fixstern alle Tage des Jahres um dieselbe Sternzeit hinter der Mauer zu ver- schwinden scheinen, wenn anders das Auge des Beobachters immer dieselbe Lage beibehält. Denn eigentlich geht der Stern im Augen- blicke seiner Verschwindung durch den Verticalkreis (I. S. 27), der durch das Auge und durch die senkrechte Mauer des Thurmes be- stimmt wird, oder der Stern hat in diesem Augenblicke dasselbe Azimut (I. S. 30), welches auch der Thurm für den Beobachter hat. Allein wenn für einen am Himmel fixen Stern S' (I. Fig. 2) das Azimut R Z S' nicht geändert wird, so bleibt auch sein Stunden- winkel RNS' (I. S. 30) und also auch die Sternzeit VQ seines Durch- gangs durch den Verticalkreis ZS' immer derselbe, da nach I. S. 38 diese Sternzeit nichts anders ist, als die Summe seines Stunden- winkels QNQ' oder QQC und seiner Rectascension Q'V. Derselbe Stern wird daher alle Tage um dieselbe Sternzeit verschwinden, und man darf diese Sternzeit nur einmal genau bestimmen, um durch die beobachtete Verschwindung des Sterns auch für jeden anderen Tag sofort den Fehler seiner Uhr gegen Sternzeit bestimmen zu können.
Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente.
5 Minuten 43 Sekunden, alſo täglich 34,3 Sekunden zurück. Ihre tägliche Retardation gegen mittlere Zeit iſt daher
aus der erſten Vergleichung 34,0 Sekunden
zweiten 33,3
dritten 34,3
und da die drei letzten Zahlen ſo wenig unter einander verſchieden ſind, ſo kann man den Gang der Uhr während dieſer 15 Tage als gleichförmig, nämlich ihre tägliche Retardation im Mittel gleich 33,87 Sekunden annehmen.
Eine ſolche Uhr vorausgeſetzt, beobachte man nun an einem vor ſeinem Fenſter ſtehenden Thurme oder höheren Hauſe, mittelſt eines Fernrohres von nur ſchwacher Vergrößerung, die vor- überziehenden Fixſterne, wie ſie nach einander von der Mauer bedeckt werden und hinter ihr verſchwinden. Wenn dieſe Mauer weit genug, etwa einige hundert Klafter, von dem Auge des Beob- achters entfernt iſt, ſo haben dieſe Verſchwindungen der Sterne augenblicklich ſtatt und können daher mit vieler Schärfe beobachtet werden. Wenn ferner der Theil der Mauer, an welchem man dieſe Verſchwindungen ſieht, ſenkrecht auf dem Horizonte ſteht, wie dieſes bei den meiſten Mauern der Fall iſt, ſo wird ein Fixſtern alle Tage des Jahres um dieſelbe Sternzeit hinter der Mauer zu ver- ſchwinden ſcheinen, wenn anders das Auge des Beobachters immer dieſelbe Lage beibehält. Denn eigentlich geht der Stern im Augen- blicke ſeiner Verſchwindung durch den Verticalkreis (I. S. 27), der durch das Auge und durch die ſenkrechte Mauer des Thurmes be- ſtimmt wird, oder der Stern hat in dieſem Augenblicke daſſelbe Azimut (I. S. 30), welches auch der Thurm für den Beobachter hat. Allein wenn für einen am Himmel fixen Stern S' (I. Fig. 2) das Azimut R Z S' nicht geändert wird, ſo bleibt auch ſein Stunden- winkel RNS' (I. S. 30) und alſo auch die Sternzeit VQ ſeines Durch- gangs durch den Verticalkreis ZS' immer derſelbe, da nach I. S. 38 dieſe Sternzeit nichts anders iſt, als die Summe ſeines Stunden- winkels QNQ' oder QQC und ſeiner Rectaſcenſion Q'V. Derſelbe Stern wird daher alle Tage um dieſelbe Sternzeit verſchwinden, und man darf dieſe Sternzeit nur einmal genau beſtimmen, um durch die beobachtete Verſchwindung des Sterns auch für jeden anderen Tag ſofort den Fehler ſeiner Uhr gegen Sternzeit beſtimmen zu können.
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Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente.
5 Minuten 43 Sekunden, alſo täglich 34,3 Sekunden zurück. Ihre
tägliche Retardation gegen mittlere Zeit iſt daher
aus der erſten Vergleichung 34,0 Sekunden
zweiten 33,3
dritten 34,3
und da die drei letzten Zahlen ſo wenig unter einander verſchieden
ſind, ſo kann man den Gang der Uhr während dieſer 15 Tage
als gleichförmig, nämlich ihre tägliche Retardation im Mittel
gleich 33,87 Sekunden annehmen.
Eine ſolche Uhr vorausgeſetzt, beobachte man nun an einem
vor ſeinem Fenſter ſtehenden Thurme oder höheren Hauſe, mittelſt
eines Fernrohres von nur ſchwacher Vergrößerung, die vor-
überziehenden Fixſterne, wie ſie nach einander von der Mauer
bedeckt werden und hinter ihr verſchwinden. Wenn dieſe Mauer
weit genug, etwa einige hundert Klafter, von dem Auge des Beob-
achters entfernt iſt, ſo haben dieſe Verſchwindungen der Sterne
augenblicklich ſtatt und können daher mit vieler Schärfe beobachtet
werden. Wenn ferner der Theil der Mauer, an welchem man dieſe
Verſchwindungen ſieht, ſenkrecht auf dem Horizonte ſteht, wie dieſes
bei den meiſten Mauern der Fall iſt, ſo wird ein Fixſtern alle Tage
des Jahres um dieſelbe Sternzeit hinter der Mauer zu ver-
ſchwinden ſcheinen, wenn anders das Auge des Beobachters immer
dieſelbe Lage beibehält. Denn eigentlich geht der Stern im Augen-
blicke ſeiner Verſchwindung durch den Verticalkreis (I. S. 27), der
durch das Auge und durch die ſenkrechte Mauer des Thurmes be-
ſtimmt wird, oder der Stern hat in dieſem Augenblicke daſſelbe Azimut
(I. S. 30), welches auch der Thurm für den Beobachter hat.
Allein wenn für einen am Himmel fixen Stern S' (I. Fig. 2) das
Azimut R Z S' nicht geändert wird, ſo bleibt auch ſein Stunden-
winkel RNS' (I. S. 30) und alſo auch die Sternzeit VQ ſeines Durch-
gangs durch den Verticalkreis ZS' immer derſelbe, da nach I. S. 38
dieſe Sternzeit nichts anders iſt, als die Summe ſeines Stunden-
winkels QNQ' oder QQC und ſeiner Rectaſcenſion Q'V. Derſelbe
Stern wird daher alle Tage um dieſelbe Sternzeit verſchwinden, und
man darf dieſe Sternzeit nur einmal genau beſtimmen, um durch die
beobachtete Verſchwindung des Sterns auch für jeden anderen Tag
ſofort den Fehler ſeiner Uhr gegen Sternzeit beſtimmen zu können.
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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/310>, abgerufen am 24.11.2024.
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