Beschreibung und Gebrauch der astronom. Instrumente.
Beobachtungen dieser Art geben zwar sehr genaue und sehr gut unter sich übereinstimmende Resultate, daher sie auch zu Längenbestimmungen auf dem Festlande vorzugsweise von den Astronomen zu diesem Zwecke gewählt werden, allein für den See- mann fallen sie ebenfalls viel zu selten vor, als daß er sich auf sie verlassen könnte, selbst wenn es möglich wäre, daß ihm die Beobachtungen der anderen schnell genug mitgetheilt werden könn- ten, um davon zu seinem Zwecke Gebrauch zu machen.
§. 54. (Längenbestimmungen durch Mondsdistanzen.) Für den Schiffer handelt es sich also vorzüglich um ein Verfahren, wel- ches jeden Tag, ja jede Stunde angewendet werden kann, und welches zugleich so genaue Resultate gibt, als nöthig ist, ihm über den Lauf seines Schiffes und über die ihn umgebenden Gefahren wenigstens in den meisten Fällen sicher zu stellen.
Dieses Mittel hat schon Halley in den Beobachtungen der Distanzen des Mondes von den vorzüglichsten Fixster- nen gefunden. Allein zu seiner Zeit, zu Ende des 17. Jahr- hunderts, war die Theorie des Mondes noch zu unvollkommen, um diese Methode mit Nutzen gebrauchen zu können. In unse- ren Tagen aber sind die Bewegungen des Mondes bereits so gut bekannt, daß dieses Verfahren, die geographische Länge zu be- stimmen, mit Sicherheit angewendet werden kann und auch in der That von allen erfahrenen Schiffern vorzugsweise angewendet wird. Man verfährt aber dabei auf folgende Weise.
Da man, aus den astronomischen Tafeln, den Ort des Mon- des sowohl, als auch den der Fixsterne, wie er aus dem Mit- telpunkte der Erde erscheint, für jeden Augenblick leicht finden kann, so wird man daraus auch, durch eine einfache Rechnung, den Abstand finden, um welchen für diesen Augenblick der Mond von jedem jener Sterne entfernt ist. Die Astronomen haben daher in ihren Ephemeriden diese Distanz des Mondes, sowohl von etwa zehn bis zwölf der größten Fixsterne, als auch von der Sonne und von den größten Planeten für jeden Tag von 6 zu 6 Stunden voraus berechnet und durch den Druck bekannt gemacht, damit die Schiffer diese Tafeln auf ihren Reisen mit sich nehmen, und dann ihre künftigen Längenbestimmungen darauf gründen können. Nehmen wir an, daß man auf diese Art die von dem Mittelpunkte
Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente.
Beobachtungen dieſer Art geben zwar ſehr genaue und ſehr gut unter ſich übereinſtimmende Reſultate, daher ſie auch zu Längenbeſtimmungen auf dem Feſtlande vorzugsweiſe von den Aſtronomen zu dieſem Zwecke gewählt werden, allein für den See- mann fallen ſie ebenfalls viel zu ſelten vor, als daß er ſich auf ſie verlaſſen könnte, ſelbſt wenn es möglich wäre, daß ihm die Beobachtungen der anderen ſchnell genug mitgetheilt werden könn- ten, um davon zu ſeinem Zwecke Gebrauch zu machen.
§. 54. (Längenbeſtimmungen durch Mondsdiſtanzen.) Für den Schiffer handelt es ſich alſo vorzüglich um ein Verfahren, wel- ches jeden Tag, ja jede Stunde angewendet werden kann, und welches zugleich ſo genaue Reſultate gibt, als nöthig iſt, ihm über den Lauf ſeines Schiffes und über die ihn umgebenden Gefahren wenigſtens in den meiſten Fällen ſicher zu ſtellen.
Dieſes Mittel hat ſchon Halley in den Beobachtungen der Diſtanzen des Mondes von den vorzüglichſten Fixſter- nen gefunden. Allein zu ſeiner Zeit, zu Ende des 17. Jahr- hunderts, war die Theorie des Mondes noch zu unvollkommen, um dieſe Methode mit Nutzen gebrauchen zu können. In unſe- ren Tagen aber ſind die Bewegungen des Mondes bereits ſo gut bekannt, daß dieſes Verfahren, die geographiſche Länge zu be- ſtimmen, mit Sicherheit angewendet werden kann und auch in der That von allen erfahrenen Schiffern vorzugsweiſe angewendet wird. Man verfährt aber dabei auf folgende Weiſe.
Da man, aus den aſtronomiſchen Tafeln, den Ort des Mon- des ſowohl, als auch den der Fixſterne, wie er aus dem Mit- telpunkte der Erde erſcheint, für jeden Augenblick leicht finden kann, ſo wird man daraus auch, durch eine einfache Rechnung, den Abſtand finden, um welchen für dieſen Augenblick der Mond von jedem jener Sterne entfernt iſt. Die Aſtronomen haben daher in ihren Ephemeriden dieſe Diſtanz des Mondes, ſowohl von etwa zehn bis zwölf der größten Fixſterne, als auch von der Sonne und von den größten Planeten für jeden Tag von 6 zu 6 Stunden voraus berechnet und durch den Druck bekannt gemacht, damit die Schiffer dieſe Tafeln auf ihren Reiſen mit ſich nehmen, und dann ihre künftigen Längenbeſtimmungen darauf gründen können. Nehmen wir an, daß man auf dieſe Art die von dem Mittelpunkte
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Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente.
Beobachtungen dieſer Art geben zwar ſehr genaue und ſehr
gut unter ſich übereinſtimmende Reſultate, daher ſie auch zu
Längenbeſtimmungen auf dem Feſtlande vorzugsweiſe von den
Aſtronomen zu dieſem Zwecke gewählt werden, allein für den See-
mann fallen ſie ebenfalls viel zu ſelten vor, als daß er ſich auf
ſie verlaſſen könnte, ſelbſt wenn es möglich wäre, daß ihm die
Beobachtungen der anderen ſchnell genug mitgetheilt werden könn-
ten, um davon zu ſeinem Zwecke Gebrauch zu machen.
§. 54. (Längenbeſtimmungen durch Mondsdiſtanzen.) Für den
Schiffer handelt es ſich alſo vorzüglich um ein Verfahren, wel-
ches jeden Tag, ja jede Stunde angewendet werden kann, und
welches zugleich ſo genaue Reſultate gibt, als nöthig iſt, ihm über
den Lauf ſeines Schiffes und über die ihn umgebenden Gefahren
wenigſtens in den meiſten Fällen ſicher zu ſtellen.
Dieſes Mittel hat ſchon Halley in den Beobachtungen
der Diſtanzen des Mondes von den vorzüglichſten Fixſter-
nen gefunden. Allein zu ſeiner Zeit, zu Ende des 17. Jahr-
hunderts, war die Theorie des Mondes noch zu unvollkommen,
um dieſe Methode mit Nutzen gebrauchen zu können. In unſe-
ren Tagen aber ſind die Bewegungen des Mondes bereits ſo gut
bekannt, daß dieſes Verfahren, die geographiſche Länge zu be-
ſtimmen, mit Sicherheit angewendet werden kann und auch in der
That von allen erfahrenen Schiffern vorzugsweiſe angewendet
wird. Man verfährt aber dabei auf folgende Weiſe.
Da man, aus den aſtronomiſchen Tafeln, den Ort des Mon-
des ſowohl, als auch den der Fixſterne, wie er aus dem Mit-
telpunkte der Erde erſcheint, für jeden Augenblick leicht finden
kann, ſo wird man daraus auch, durch eine einfache Rechnung,
den Abſtand finden, um welchen für dieſen Augenblick der Mond
von jedem jener Sterne entfernt iſt. Die Aſtronomen haben daher
in ihren Ephemeriden dieſe Diſtanz des Mondes, ſowohl von etwa
zehn bis zwölf der größten Fixſterne, als auch von der Sonne und
von den größten Planeten für jeden Tag von 6 zu 6 Stunden
voraus berechnet und durch den Druck bekannt gemacht, damit
die Schiffer dieſe Tafeln auf ihren Reiſen mit ſich nehmen, und
dann ihre künftigen Längenbeſtimmungen darauf gründen können.
Nehmen wir an, daß man auf dieſe Art die von dem Mittelpunkte
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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/396>, abgerufen am 01.11.2024.
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