Löhe, Wilhelm: Eine protestantische Missionspredigt von der Abendmahlszucht. Nürnberg, 1853.wie nicht zu leugnen, überdies mit besonderer Verantwortung des Amtes belastet: gewis hat er das Seine zur Zucht und deren Uebung beizutragen; aber auch nur das Seine. Denn er ist und bleibt doch immerhin nur einer, ein Bruder, ein Gemeindeglied, von dem man nicht Arbeit und Liebesübung fordern kann, wie sie nur die Gemeinden in ihrer Vollzahl leisten und gewähren können; der sich auch nimmermehr solche Verantwortung, solch unerträgliche und unmögliche Last kann und wird aufhalsen laßen. Wie steht es nun aber mit dem Gehorsam gegen den Zuchtbefehl Christi und seiner Apostel? Wir könnten diese Frage auch auf die römische, griechische, reformierte, unierte Kirche ausdehnen, und ich glaube, im Allgemeinen würden wir von allen Seiten her dieselbe betrübende und niederschlagende Antwort bekommen. Allein wir wollen nur auf unsre eigne, die lutherische Kirche schauen: wie steht es da? Wir werden zwar einen Unterschied machen müßen zwischen den Landeskirchen, in welchen der Mensch seine Confession mehr durch die Verhältnisse, kaum durch Erziehung, am wenigsten durch eigne Prüfung und Entscheidung bekommt, und zwischen denjenigen Gemeinden, welche in Preußen, Nassau, Baden, Hamburg und Nordamerika durch eigne Entscheidung für die Bekenntnisse unsrer lutherischen Väter in den letzten Jahrzehnten entstanden sind. Bei den letzteren findet man mehr oder minder auch einen größeren Ernst rücksichtlich der Zucht, wiewol auch da nach dem eigenen Zeugnis der jenen Gemeinden vorstehenden Hirten gar vieles zu wünschen übrig bleibt. In den Landeskirchen hingegen, auf deren Gebieten sich unchristliche, ungläubige, unsittliche Menschen zu Tausenden, wenn man nicht sagen will, "zu Millionen" finden: da steht es schlecht. Zwar die alten Kirchenordnungen dieser Gemeinden reden von Zucht, namentlich von Abendmahlszucht. wie nicht zu leugnen, überdies mit besonderer Verantwortung des Amtes belastet: gewis hat er das Seine zur Zucht und deren Uebung beizutragen; aber auch nur das Seine. Denn er ist und bleibt doch immerhin nur einer, ein Bruder, ein Gemeindeglied, von dem man nicht Arbeit und Liebesübung fordern kann, wie sie nur die Gemeinden in ihrer Vollzahl leisten und gewähren können; der sich auch nimmermehr solche Verantwortung, solch unerträgliche und unmögliche Last kann und wird aufhalsen laßen. Wie steht es nun aber mit dem Gehorsam gegen den Zuchtbefehl Christi und seiner Apostel? Wir könnten diese Frage auch auf die römische, griechische, reformierte, unierte Kirche ausdehnen, und ich glaube, im Allgemeinen würden wir von allen Seiten her dieselbe betrübende und niederschlagende Antwort bekommen. Allein wir wollen nur auf unsre eigne, die lutherische Kirche schauen: wie steht es da? Wir werden zwar einen Unterschied machen müßen zwischen den Landeskirchen, in welchen der Mensch seine Confession mehr durch die Verhältnisse, kaum durch Erziehung, am wenigsten durch eigne Prüfung und Entscheidung bekommt, und zwischen denjenigen Gemeinden, welche in Preußen, Nassau, Baden, Hamburg und Nordamerika durch eigne Entscheidung für die Bekenntnisse unsrer lutherischen Väter in den letzten Jahrzehnten entstanden sind. Bei den letzteren findet man mehr oder minder auch einen größeren Ernst rücksichtlich der Zucht, wiewol auch da nach dem eigenen Zeugnis der jenen Gemeinden vorstehenden Hirten gar vieles zu wünschen übrig bleibt. In den Landeskirchen hingegen, auf deren Gebieten sich unchristliche, ungläubige, unsittliche Menschen zu Tausenden, wenn man nicht sagen will, „zu Millionen“ finden: da steht es schlecht. Zwar die alten Kirchenordnungen dieser Gemeinden reden von Zucht, namentlich von Abendmahlszucht. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0012" n="12"/> wie nicht zu leugnen, überdies mit besonderer Verantwortung des Amtes belastet: gewis hat er das Seine zur Zucht und deren Uebung beizutragen; aber auch nur das Seine. Denn er ist und bleibt doch immerhin nur <hi rendition="#g">einer, ein</hi> Bruder, <hi rendition="#g">ein</hi> Gemeindeglied, von dem man nicht Arbeit und Liebesübung fordern kann, wie sie nur die Gemeinden in ihrer Vollzahl leisten und gewähren können; der sich auch nimmermehr solche Verantwortung, solch unerträgliche und unmögliche Last kann und wird aufhalsen laßen.</p> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Wie steht es nun aber mit dem <hi rendition="#g">Gehorsam</hi> gegen den Zuchtbefehl Christi und seiner Apostel? 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In den Landeskirchen hingegen, auf deren Gebieten sich unchristliche, ungläubige, unsittliche Menschen zu Tausenden, wenn man nicht sagen will, „zu Millionen“ finden: da steht es schlecht. Zwar die alten Kirchenordnungen dieser Gemeinden reden von Zucht, namentlich von Abendmahlszucht. </p> </div> </body> </text> </TEI> [12/0012]
wie nicht zu leugnen, überdies mit besonderer Verantwortung des Amtes belastet: gewis hat er das Seine zur Zucht und deren Uebung beizutragen; aber auch nur das Seine. Denn er ist und bleibt doch immerhin nur einer, ein Bruder, ein Gemeindeglied, von dem man nicht Arbeit und Liebesübung fordern kann, wie sie nur die Gemeinden in ihrer Vollzahl leisten und gewähren können; der sich auch nimmermehr solche Verantwortung, solch unerträgliche und unmögliche Last kann und wird aufhalsen laßen.
Wie steht es nun aber mit dem Gehorsam gegen den Zuchtbefehl Christi und seiner Apostel? Wir könnten diese Frage auch auf die römische, griechische, reformierte, unierte Kirche ausdehnen, und ich glaube, im Allgemeinen würden wir von allen Seiten her dieselbe betrübende und niederschlagende Antwort bekommen. Allein wir wollen nur auf unsre eigne, die lutherische Kirche schauen: wie steht es da? Wir werden zwar einen Unterschied machen müßen zwischen den Landeskirchen, in welchen der Mensch seine Confession mehr durch die Verhältnisse, kaum durch Erziehung, am wenigsten durch eigne Prüfung und Entscheidung bekommt, und zwischen denjenigen Gemeinden, welche in Preußen, Nassau, Baden, Hamburg und Nordamerika durch eigne Entscheidung für die Bekenntnisse unsrer lutherischen Väter in den letzten Jahrzehnten entstanden sind. Bei den letzteren findet man mehr oder minder auch einen größeren Ernst rücksichtlich der Zucht, wiewol auch da nach dem eigenen Zeugnis der jenen Gemeinden vorstehenden Hirten gar vieles zu wünschen übrig bleibt. In den Landeskirchen hingegen, auf deren Gebieten sich unchristliche, ungläubige, unsittliche Menschen zu Tausenden, wenn man nicht sagen will, „zu Millionen“ finden: da steht es schlecht. Zwar die alten Kirchenordnungen dieser Gemeinden reden von Zucht, namentlich von Abendmahlszucht.
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