Löhe, Wilhelm: Eine protestantische Missionspredigt von der Abendmahlszucht. Nürnberg, 1853.unsrer Lection Worte und Ausdruck findet. Die Gemeinde hatte mit dieser faulen, unsittlichen Duldsamkeit gegen die abscheulichste Uebertretung des sechsten Gebotes das Zuchtgebot JEsu Matth. 18., nach welchem sich nicht bloß ein Bruder um die Sünde des andern, sondern auch ganze Gemeinden um die Sünde des einzelnen Gliedes mit höchster Angelegenheit bekümmern, alle Liebe und Strenge anwenden sollten, den Bruder zu heilen: - dieses Zuchtgebot JEsu hatte die Gemeinde von Corinth in der auffallendsten Weise mit Füßen getreten. Und dabei war ihr Gewißen so hart und unempfindlich geworden, daß sie gar nicht merkten, wie weit sie von der christlichen Bahn sich verirrt hatten und noch verirrten. Kein Gedanke daran, daß sie im Namen des armen Sünders Reue und Leid gehabt und Buße gethan hätten - alle für einen wie einer für alle: sie bließen sich im Gegentheil noch auf, wie der Apostel V. 2. sagt und waren in ihrer Meinung trotz all dem die weitberühmte Christengemeinde von Corinth. Und so unklug und unweise waren sie, daß sie von der grauenhaften Sünde auch nicht einen Augenblick Ansteckung für andere unter ihnen fürchteten. Das macht, sie waren selbst innerlich schon angesteckt. Konnten sie doch die Sünde sehen und wißen, ohne sie zu bereden, zu tadeln, zu bestrafen. Sie waren wie blind gegen den Sünder, giengen mit ihm zum Sacramente, es fiel ihnen nicht ein, daß deshalb der Name Christi in Verachtung kommen und gelästert werden müßte: wie sollten sie bei einer so großen Blindheit und Stumpfheit für solche und ähnliche Sünden selbst unempfänglich gewesen sein? Was stand bei einem solchen Grade von innerer Betheiligung an der Sünde in Aussicht, wenn nicht eine zunehmende Durchsäuerung auch des äußern Lebens der Gemeinde und das Hinfallen in ähnliche schnöde und schwere Fleischessünden, für welche die griechische Natur ohnehin so empfänglich, so entzündlich war. Diese Befürchtung ist es, welche in den Worten Pauli sich ausspricht: unsrer Lection Worte und Ausdruck findet. Die Gemeinde hatte mit dieser faulen, unsittlichen Duldsamkeit gegen die abscheulichste Uebertretung des sechsten Gebotes das Zuchtgebot JEsu Matth. 18., nach welchem sich nicht bloß ein Bruder um die Sünde des andern, sondern auch ganze Gemeinden um die Sünde des einzelnen Gliedes mit höchster Angelegenheit bekümmern, alle Liebe und Strenge anwenden sollten, den Bruder zu heilen: – dieses Zuchtgebot JEsu hatte die Gemeinde von Corinth in der auffallendsten Weise mit Füßen getreten. Und dabei war ihr Gewißen so hart und unempfindlich geworden, daß sie gar nicht merkten, wie weit sie von der christlichen Bahn sich verirrt hatten und noch verirrten. Kein Gedanke daran, daß sie im Namen des armen Sünders Reue und Leid gehabt und Buße gethan hätten – alle für einen wie einer für alle: sie bließen sich im Gegentheil noch auf, wie der Apostel V. 2. sagt und waren in ihrer Meinung trotz all dem die weitberühmte Christengemeinde von Corinth. Und so unklug und unweise waren sie, daß sie von der grauenhaften Sünde auch nicht einen Augenblick Ansteckung für andere unter ihnen fürchteten. Das macht, sie waren selbst innerlich schon angesteckt. Konnten sie doch die Sünde sehen und wißen, ohne sie zu bereden, zu tadeln, zu bestrafen. Sie waren wie blind gegen den Sünder, giengen mit ihm zum Sacramente, es fiel ihnen nicht ein, daß deshalb der Name Christi in Verachtung kommen und gelästert werden müßte: wie sollten sie bei einer so großen Blindheit und Stumpfheit für solche und ähnliche Sünden selbst unempfänglich gewesen sein? Was stand bei einem solchen Grade von innerer Betheiligung an der Sünde in Aussicht, wenn nicht eine zunehmende Durchsäuerung auch des äußern Lebens der Gemeinde und das Hinfallen in ähnliche schnöde und schwere Fleischessünden, für welche die griechische Natur ohnehin so empfänglich, so entzündlich war. Diese Befürchtung ist es, welche in den Worten Pauli sich ausspricht: <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0005" n="5"/> unsrer Lection Worte und Ausdruck findet. Die Gemeinde hatte mit dieser faulen, unsittlichen Duldsamkeit gegen die abscheulichste Uebertretung des sechsten Gebotes das Zuchtgebot JEsu Matth. 18., nach welchem sich nicht bloß ein Bruder um die Sünde des andern, sondern auch ganze Gemeinden um die Sünde des einzelnen Gliedes mit höchster Angelegenheit bekümmern, alle Liebe und Strenge anwenden sollten, den Bruder zu heilen: – dieses Zuchtgebot JEsu hatte die Gemeinde von Corinth in der auffallendsten Weise mit Füßen getreten. Und dabei war ihr Gewißen so hart und unempfindlich geworden, daß sie gar nicht merkten, wie weit sie von der christlichen Bahn sich verirrt hatten und noch verirrten. Kein Gedanke daran, daß sie im Namen des armen Sünders Reue und Leid gehabt und Buße gethan hätten – alle für einen wie einer für alle: sie bließen sich im Gegentheil noch auf, wie der Apostel V. 2. sagt und waren in ihrer Meinung trotz all dem die weitberühmte Christengemeinde von Corinth. Und so unklug und unweise waren sie, daß sie von der grauenhaften Sünde auch nicht einen Augenblick Ansteckung für andere unter ihnen fürchteten. Das macht, sie waren selbst innerlich schon angesteckt. Konnten sie doch die Sünde sehen und wißen, ohne sie zu bereden, zu tadeln, zu bestrafen. Sie waren wie blind gegen den Sünder, giengen mit ihm zum Sacramente, es fiel ihnen nicht ein, daß deshalb der Name Christi in Verachtung kommen und gelästert werden müßte: wie sollten sie bei einer so großen Blindheit und Stumpfheit für solche und ähnliche Sünden selbst unempfänglich gewesen sein? Was stand bei einem solchen Grade von innerer Betheiligung an der Sünde in Aussicht, wenn nicht eine zunehmende Durchsäuerung auch des äußern Lebens der Gemeinde und das Hinfallen in ähnliche schnöde und schwere Fleischessünden, für welche die griechische Natur ohnehin so empfänglich, so entzündlich war. Diese Befürchtung ist es, welche in den Worten Pauli sich ausspricht: </p> </div> </body> </text> </TEI> [5/0005]
unsrer Lection Worte und Ausdruck findet. Die Gemeinde hatte mit dieser faulen, unsittlichen Duldsamkeit gegen die abscheulichste Uebertretung des sechsten Gebotes das Zuchtgebot JEsu Matth. 18., nach welchem sich nicht bloß ein Bruder um die Sünde des andern, sondern auch ganze Gemeinden um die Sünde des einzelnen Gliedes mit höchster Angelegenheit bekümmern, alle Liebe und Strenge anwenden sollten, den Bruder zu heilen: – dieses Zuchtgebot JEsu hatte die Gemeinde von Corinth in der auffallendsten Weise mit Füßen getreten. Und dabei war ihr Gewißen so hart und unempfindlich geworden, daß sie gar nicht merkten, wie weit sie von der christlichen Bahn sich verirrt hatten und noch verirrten. Kein Gedanke daran, daß sie im Namen des armen Sünders Reue und Leid gehabt und Buße gethan hätten – alle für einen wie einer für alle: sie bließen sich im Gegentheil noch auf, wie der Apostel V. 2. sagt und waren in ihrer Meinung trotz all dem die weitberühmte Christengemeinde von Corinth. Und so unklug und unweise waren sie, daß sie von der grauenhaften Sünde auch nicht einen Augenblick Ansteckung für andere unter ihnen fürchteten. Das macht, sie waren selbst innerlich schon angesteckt. Konnten sie doch die Sünde sehen und wißen, ohne sie zu bereden, zu tadeln, zu bestrafen. Sie waren wie blind gegen den Sünder, giengen mit ihm zum Sacramente, es fiel ihnen nicht ein, daß deshalb der Name Christi in Verachtung kommen und gelästert werden müßte: wie sollten sie bei einer so großen Blindheit und Stumpfheit für solche und ähnliche Sünden selbst unempfänglich gewesen sein? Was stand bei einem solchen Grade von innerer Betheiligung an der Sünde in Aussicht, wenn nicht eine zunehmende Durchsäuerung auch des äußern Lebens der Gemeinde und das Hinfallen in ähnliche schnöde und schwere Fleischessünden, für welche die griechische Natur ohnehin so empfänglich, so entzündlich war. Diese Befürchtung ist es, welche in den Worten Pauli sich ausspricht:
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