Löhe, Wilhelm: Erste Predigt zu Neuendettelsau, gehalten am 11. Sonntag nach Trinitatis 6. August 1837. Nürnberg, 1873.von jenem Gefühle dich ergriffen hat, welches in der hellen, grellen Hölle aller Sünder Gewissen durchzucken und durchbeben wird ohne Ende; dann gedenke ans Evangelium des Friedens, an die Vergebung der Sünden, welche das Wort Gottes predigt; - bewahrs für solche Zeiten und tröste dein armes Herz damit. Ja, wenn dein Herz keine fühlbare Tröstung aus Gottes Wort sollte nehmen können, wenn von demselben keine Freude in deinen Geist übergehen sollte, wenn es dem Gefühl nach für dich unnütz scheinen, todt scheinen sollte: denk doch dran, denke grade recht ernstlich dran, halt dich dran, so kalt und eisig es dir vorkomme, es ist dennoch voll Lebenskraft und Wärme, - vergiß es nicht! Ach Bruder, es ist keine Kunst ein Christ zu sein, wenn man an den Brüsten des göttlichen Wortes die Kräfte jener Welt und himmlische Freuden saugt; aber das ist Gnade Christi, wenn man dem Gefühle nach verlassen scheint, Gottes Wort zu bewahren und Seine im Wort ausgesprochene Vergebung für größer und wahrer zu halten als den Brand und Zweifel im Herzen, die verheißene Freude, den gelobten ewigen Frieden für viel edler und erwählenswerther als alle Freude, die man hier spüren könnte. Bruder, bewahr das Wort vom Kreuz, von der Vergebung, vom Frieden: wer das bewahrt, kann nicht verloren gehen. Höret, meine Lieben! Nicht wahr, ihr habet bereits Gottes Wort gehört, ihr habet es in der letzten Zeit kennen gelernt, manche unter euch haben wirklich eine Liebe dazu gewonnen; nun sehet zu, daß ihrs bewahret! Gesäet ist, gepflanzt ist, ich will begießen, der HErr will Gedeihen geben; so bringt nun Frucht in Geduld und wachset durch die Kraft des HErrn von einer Klarheit zu der andern und von Gnade in Gnade hinein! Es ist leicht für den Menschen, am Wort fest halten, so lange der Prediger da ist, welchem man die Erweckung verdankt: denn wer eine Gemeinde erweckt, hat den ersten Preis bei ihr, die erste, eindringlichste Sprache in ihr Herz; aber wenn der Vater weggenommen ist, wenn ein andrer an die Stelle tritt, der nicht dieselben Gaben und bei demselben Worte doch eine andre Art und Weise hat, an die man sich erst gewöhnen muß, die einem schon deshalb nicht mundet, weil sie nicht ganz wie die des vorigen Lehrers ist, - wenn es nun gilt, dem ersten Lehrer zu entsagen, an den nachfolgenden nicht wieder das Herz zu hängen, von jenem Gefühle dich ergriffen hat, welches in der hellen, grellen Hölle aller Sünder Gewissen durchzucken und durchbeben wird ohne Ende; dann gedenke ans Evangelium des Friedens, an die Vergebung der Sünden, welche das Wort Gottes predigt; – bewahrs für solche Zeiten und tröste dein armes Herz damit. Ja, wenn dein Herz keine fühlbare Tröstung aus Gottes Wort sollte nehmen können, wenn von demselben keine Freude in deinen Geist übergehen sollte, wenn es dem Gefühl nach für dich unnütz scheinen, todt scheinen sollte: denk doch dran, denke grade recht ernstlich dran, halt dich dran, so kalt und eisig es dir vorkomme, es ist dennoch voll Lebenskraft und Wärme, – vergiß es nicht! Ach Bruder, es ist keine Kunst ein Christ zu sein, wenn man an den Brüsten des göttlichen Wortes die Kräfte jener Welt und himmlische Freuden saugt; aber das ist Gnade Christi, wenn man dem Gefühle nach verlassen scheint, Gottes Wort zu bewahren und Seine im Wort ausgesprochene Vergebung für größer und wahrer zu halten als den Brand und Zweifel im Herzen, die verheißene Freude, den gelobten ewigen Frieden für viel edler und erwählenswerther als alle Freude, die man hier spüren könnte. Bruder, bewahr das Wort vom Kreuz, von der Vergebung, vom Frieden: wer das bewahrt, kann nicht verloren gehen. Höret, meine Lieben! Nicht wahr, ihr habet bereits Gottes Wort gehört, ihr habet es in der letzten Zeit kennen gelernt, manche unter euch haben wirklich eine Liebe dazu gewonnen; nun sehet zu, daß ihrs bewahret! Gesäet ist, gepflanzt ist, ich will begießen, der HErr will Gedeihen geben; so bringt nun Frucht in Geduld und wachset durch die Kraft des HErrn von einer Klarheit zu der andern und von Gnade in Gnade hinein! Es ist leicht für den Menschen, am Wort fest halten, so lange der Prediger da ist, welchem man die Erweckung verdankt: denn wer eine Gemeinde erweckt, hat den ersten Preis bei ihr, die erste, eindringlichste Sprache in ihr Herz; aber wenn der Vater weggenommen ist, wenn ein andrer an die Stelle tritt, der nicht dieselben Gaben und bei demselben Worte doch eine andre Art und Weise hat, an die man sich erst gewöhnen muß, die einem schon deshalb nicht mundet, weil sie nicht ganz wie die des vorigen Lehrers ist, – wenn es nun gilt, dem ersten Lehrer zu entsagen, an den nachfolgenden nicht wieder das Herz zu hängen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0013" n="13"/> von jenem Gefühle dich ergriffen hat, welches in der hellen, grellen Hölle aller Sünder Gewissen durchzucken und durchbeben wird ohne Ende; dann gedenke ans Evangelium des Friedens, an die Vergebung der Sünden, welche das Wort Gottes predigt; – bewahrs für solche Zeiten und tröste dein armes Herz damit. Ja, wenn dein Herz keine fühlbare Tröstung aus Gottes Wort sollte nehmen können, wenn von demselben keine Freude in deinen Geist übergehen sollte, wenn es dem Gefühl nach für dich unnütz scheinen, todt scheinen sollte: denk doch dran, denke grade recht ernstlich dran, halt dich dran, so kalt und eisig es dir vorkomme, es ist dennoch voll Lebenskraft und Wärme, – vergiß es nicht! Ach Bruder, es ist keine Kunst ein Christ zu sein, wenn man an den Brüsten des göttlichen Wortes die Kräfte jener Welt und himmlische Freuden saugt; aber das ist Gnade Christi, wenn man dem Gefühle nach verlassen scheint, Gottes Wort zu bewahren und Seine im Wort ausgesprochene Vergebung für größer und wahrer zu halten als den Brand und Zweifel im Herzen, die verheißene Freude, den gelobten ewigen Frieden für viel edler und erwählenswerther als alle Freude, die man hier spüren könnte. Bruder, bewahr das Wort vom Kreuz, von der Vergebung, vom Frieden: wer das bewahrt, kann nicht verloren gehen. Höret, meine Lieben! Nicht wahr, ihr habet bereits Gottes Wort gehört, ihr habet es in der letzten Zeit kennen gelernt, manche unter euch haben wirklich eine Liebe dazu gewonnen; nun sehet zu, daß ihrs bewahret! Gesäet ist, gepflanzt ist, ich will begießen, der HErr will Gedeihen geben; so bringt nun Frucht in Geduld und wachset durch die Kraft des HErrn von einer Klarheit zu der andern und von Gnade in Gnade hinein! Es ist leicht für den Menschen, am Wort fest halten, so lange der Prediger da ist, welchem man die Erweckung verdankt: denn wer eine Gemeinde erweckt, hat den ersten Preis bei ihr, die erste, eindringlichste Sprache in ihr Herz; aber wenn der Vater weggenommen ist, wenn ein andrer an die Stelle tritt, der nicht dieselben Gaben und bei demselben Worte doch eine andre Art und Weise hat, an die man sich erst gewöhnen muß, die einem schon deshalb nicht mundet, weil sie nicht ganz wie die des vorigen Lehrers ist, – wenn es nun gilt, dem ersten Lehrer zu entsagen, an den nachfolgenden nicht wieder das Herz zu hängen, </p> </div> </body> </text> </TEI> [13/0013]
von jenem Gefühle dich ergriffen hat, welches in der hellen, grellen Hölle aller Sünder Gewissen durchzucken und durchbeben wird ohne Ende; dann gedenke ans Evangelium des Friedens, an die Vergebung der Sünden, welche das Wort Gottes predigt; – bewahrs für solche Zeiten und tröste dein armes Herz damit. Ja, wenn dein Herz keine fühlbare Tröstung aus Gottes Wort sollte nehmen können, wenn von demselben keine Freude in deinen Geist übergehen sollte, wenn es dem Gefühl nach für dich unnütz scheinen, todt scheinen sollte: denk doch dran, denke grade recht ernstlich dran, halt dich dran, so kalt und eisig es dir vorkomme, es ist dennoch voll Lebenskraft und Wärme, – vergiß es nicht! Ach Bruder, es ist keine Kunst ein Christ zu sein, wenn man an den Brüsten des göttlichen Wortes die Kräfte jener Welt und himmlische Freuden saugt; aber das ist Gnade Christi, wenn man dem Gefühle nach verlassen scheint, Gottes Wort zu bewahren und Seine im Wort ausgesprochene Vergebung für größer und wahrer zu halten als den Brand und Zweifel im Herzen, die verheißene Freude, den gelobten ewigen Frieden für viel edler und erwählenswerther als alle Freude, die man hier spüren könnte. Bruder, bewahr das Wort vom Kreuz, von der Vergebung, vom Frieden: wer das bewahrt, kann nicht verloren gehen. Höret, meine Lieben! Nicht wahr, ihr habet bereits Gottes Wort gehört, ihr habet es in der letzten Zeit kennen gelernt, manche unter euch haben wirklich eine Liebe dazu gewonnen; nun sehet zu, daß ihrs bewahret! Gesäet ist, gepflanzt ist, ich will begießen, der HErr will Gedeihen geben; so bringt nun Frucht in Geduld und wachset durch die Kraft des HErrn von einer Klarheit zu der andern und von Gnade in Gnade hinein! Es ist leicht für den Menschen, am Wort fest halten, so lange der Prediger da ist, welchem man die Erweckung verdankt: denn wer eine Gemeinde erweckt, hat den ersten Preis bei ihr, die erste, eindringlichste Sprache in ihr Herz; aber wenn der Vater weggenommen ist, wenn ein andrer an die Stelle tritt, der nicht dieselben Gaben und bei demselben Worte doch eine andre Art und Weise hat, an die man sich erst gewöhnen muß, die einem schon deshalb nicht mundet, weil sie nicht ganz wie die des vorigen Lehrers ist, – wenn es nun gilt, dem ersten Lehrer zu entsagen, an den nachfolgenden nicht wieder das Herz zu hängen,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2013-01-03T12:23:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-01-03T12:23:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2013-01-03T12:23:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |