Löhe, Wilhelm: Erste Predigt zu Neuendettelsau, gehalten am 11. Sonntag nach Trinitatis 6. August 1837. Nürnberg, 1873.beachtet werden, was unser Text behauptet: es ist nicht genug, Gottes Wort zu haben, man muß es auch hören, wenn man selig werden will. Es ist begreiflich, daß man ein seligmachendes Wort entweder hören oder lesen muß, wenn man die Frucht der Seligkeit durch dasselbe erlangen will. Da nun Gottes Wort überall oder wenigstens bei uns gepredigt wird, so scheiden sich die Gemeindeglieder fürs erste in solche, die Gottes Wort hören, und in solche, die es nicht hören. Die, welche Gottes Wort gar nicht hören, gar nicht in die Kirche kommen mögen, sind bedauernswerthe Menschen, ebenso bedauernswerth als unbarmherzig gegen ihre eigene Seele; denn sie schneiden, so viel an ihnen liegt, dem Worte Gottes alle Gelegenheit ab zum Heile ihrer Seelen sich wirksam zu erweisen. So viel kommt, wie auch die Glaubensschriften unserer Kirche richtig lehren, auf den eignen Willen eines Menschen an, ob er Gottes Wort höre oder nicht: - es nicht hören wollen, findet drum gar keine Entschuldigung, ist eine Sünde, die man eigentlich nicht verantworten kann; denn man hört zu, es mag leicht irgend ein Geschwätz oder Gerücht auskommen: solls denn nicht eine ungemeine Gleichgiltigkeit sein, das Wort nicht hören zu wollen, welches sich für heilig, für höher als jedes andere Wort, für Gottes Wort ausgibt? Ich will hoffen, daß in meiner Gemeinde sich wenige solche Verächter des göttlichen Worts finden; will hoffen, daß die Glieder derselben insgemein so geartet seien, daß sie Gottes heilwärtiges Wort ohne Noth einmal nicht versäumen; wenn mich aber meine Hoffnung täuscht, so sollen dergleichen Leute wissen, daß zwar meine Liebe zu ihnen, so Gott will, sich gleich bleiben wird, daß ich sie auch hie und da zu gewinnen suchen werde, aber auch, daß ich bei fortwährendem Widerstreben sie nicht weiter belästigen, vielmehr den Staub vor ihren Thüren abschütteln, sie einem andern befehlen werde, der die Herzen lenkt wie Wasserbäche und Seine Zeiten und Stunden für die Seelen hat; - ich will in Erinnerung des Wortes handeln: "Ihr sollt die Perlen nicht vor die Säue, noch das Heiligtum vor die Hunde werfen." Unter denen, welche Gottes Wort hören, ist auch wieder eine große Verschiedenheit. Denn wahrlich nicht alle, die es hören, sind beachtet werden, was unser Text behauptet: es ist nicht genug, Gottes Wort zu haben, man muß es auch hören, wenn man selig werden will. Es ist begreiflich, daß man ein seligmachendes Wort entweder hören oder lesen muß, wenn man die Frucht der Seligkeit durch dasselbe erlangen will. Da nun Gottes Wort überall oder wenigstens bei uns gepredigt wird, so scheiden sich die Gemeindeglieder fürs erste in solche, die Gottes Wort hören, und in solche, die es nicht hören. Die, welche Gottes Wort gar nicht hören, gar nicht in die Kirche kommen mögen, sind bedauernswerthe Menschen, ebenso bedauernswerth als unbarmherzig gegen ihre eigene Seele; denn sie schneiden, so viel an ihnen liegt, dem Worte Gottes alle Gelegenheit ab zum Heile ihrer Seelen sich wirksam zu erweisen. So viel kommt, wie auch die Glaubensschriften unserer Kirche richtig lehren, auf den eignen Willen eines Menschen an, ob er Gottes Wort höre oder nicht: – es nicht hören wollen, findet drum gar keine Entschuldigung, ist eine Sünde, die man eigentlich nicht verantworten kann; denn man hört zu, es mag leicht irgend ein Geschwätz oder Gerücht auskommen: solls denn nicht eine ungemeine Gleichgiltigkeit sein, das Wort nicht hören zu wollen, welches sich für heilig, für höher als jedes andere Wort, für Gottes Wort ausgibt? Ich will hoffen, daß in meiner Gemeinde sich wenige solche Verächter des göttlichen Worts finden; will hoffen, daß die Glieder derselben insgemein so geartet seien, daß sie Gottes heilwärtiges Wort ohne Noth einmal nicht versäumen; wenn mich aber meine Hoffnung täuscht, so sollen dergleichen Leute wissen, daß zwar meine Liebe zu ihnen, so Gott will, sich gleich bleiben wird, daß ich sie auch hie und da zu gewinnen suchen werde, aber auch, daß ich bei fortwährendem Widerstreben sie nicht weiter belästigen, vielmehr den Staub vor ihren Thüren abschütteln, sie einem andern befehlen werde, der die Herzen lenkt wie Wasserbäche und Seine Zeiten und Stunden für die Seelen hat; – ich will in Erinnerung des Wortes handeln: „Ihr sollt die Perlen nicht vor die Säue, noch das Heiligtum vor die Hunde werfen.“ Unter denen, welche Gottes Wort hören, ist auch wieder eine große Verschiedenheit. 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So viel kommt, wie auch die Glaubensschriften unserer Kirche richtig lehren, auf den eignen Willen eines Menschen an, ob er Gottes Wort höre oder nicht: – es nicht hören wollen, findet drum gar keine Entschuldigung, ist eine Sünde, die man eigentlich nicht verantworten kann; denn man hört zu, es mag leicht irgend ein Geschwätz oder Gerücht auskommen: solls denn nicht eine ungemeine Gleichgiltigkeit sein, das Wort nicht hören zu wollen, welches sich für heilig, für höher als jedes andere Wort, für Gottes Wort ausgibt? Ich will hoffen, daß in meiner Gemeinde sich wenige solche Verächter des göttlichen Worts finden; will hoffen, daß die Glieder derselben insgemein so geartet seien, daß sie Gottes heilwärtiges Wort ohne Noth einmal nicht versäumen; wenn mich aber meine Hoffnung täuscht, so sollen dergleichen Leute wissen, daß zwar meine Liebe zu ihnen, so Gott will, sich gleich bleiben wird, daß ich sie auch hie und da zu gewinnen suchen werde, aber auch, daß ich bei fortwährendem Widerstreben sie nicht weiter belästigen, vielmehr den Staub vor ihren Thüren abschütteln, sie einem andern befehlen werde, der die Herzen lenkt wie Wasserbäche und Seine Zeiten und Stunden für die Seelen hat; – ich will in Erinnerung des Wortes handeln: „Ihr sollt die Perlen nicht vor die Säue, noch das Heiligtum vor die Hunde werfen.“</p> <p>Unter denen, welche Gottes Wort hören, ist auch wieder eine große Verschiedenheit. Denn wahrlich nicht alle, die es hören, sind </p> </div> </body> </text> </TEI> [9/0009]
beachtet werden, was unser Text behauptet: es ist nicht genug, Gottes Wort zu haben, man muß es auch hören, wenn man selig werden will.
Es ist begreiflich, daß man ein seligmachendes Wort entweder hören oder lesen muß, wenn man die Frucht der Seligkeit durch dasselbe erlangen will. Da nun Gottes Wort überall oder wenigstens bei uns gepredigt wird, so scheiden sich die Gemeindeglieder fürs erste in solche, die Gottes Wort hören, und in solche, die es nicht hören. Die, welche Gottes Wort gar nicht hören, gar nicht in die Kirche kommen mögen, sind bedauernswerthe Menschen, ebenso bedauernswerth als unbarmherzig gegen ihre eigene Seele; denn sie schneiden, so viel an ihnen liegt, dem Worte Gottes alle Gelegenheit ab zum Heile ihrer Seelen sich wirksam zu erweisen. So viel kommt, wie auch die Glaubensschriften unserer Kirche richtig lehren, auf den eignen Willen eines Menschen an, ob er Gottes Wort höre oder nicht: – es nicht hören wollen, findet drum gar keine Entschuldigung, ist eine Sünde, die man eigentlich nicht verantworten kann; denn man hört zu, es mag leicht irgend ein Geschwätz oder Gerücht auskommen: solls denn nicht eine ungemeine Gleichgiltigkeit sein, das Wort nicht hören zu wollen, welches sich für heilig, für höher als jedes andere Wort, für Gottes Wort ausgibt? Ich will hoffen, daß in meiner Gemeinde sich wenige solche Verächter des göttlichen Worts finden; will hoffen, daß die Glieder derselben insgemein so geartet seien, daß sie Gottes heilwärtiges Wort ohne Noth einmal nicht versäumen; wenn mich aber meine Hoffnung täuscht, so sollen dergleichen Leute wissen, daß zwar meine Liebe zu ihnen, so Gott will, sich gleich bleiben wird, daß ich sie auch hie und da zu gewinnen suchen werde, aber auch, daß ich bei fortwährendem Widerstreben sie nicht weiter belästigen, vielmehr den Staub vor ihren Thüren abschütteln, sie einem andern befehlen werde, der die Herzen lenkt wie Wasserbäche und Seine Zeiten und Stunden für die Seelen hat; – ich will in Erinnerung des Wortes handeln: „Ihr sollt die Perlen nicht vor die Säue, noch das Heiligtum vor die Hunde werfen.“
Unter denen, welche Gottes Wort hören, ist auch wieder eine große Verschiedenheit. Denn wahrlich nicht alle, die es hören, sind
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