Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Löscher, Valentin Ernst: Historie Des Römischen Huren-Regiments Der Theodoræ und Maroziæ. Leipzig, 1705.

Bild:
<< vorherige Seite

Römisches
zu sich zu ziehen. Nun schickte sich hierzu niemand besser/ als der
Platina in
Vit. p.
112.
obenbeschriebene Cardinal Marinus, der ihnen gäntzlich ergeben
war; Dahero spahrten sie keine Mühe/ und Marin brauchte auch
alle seine Künste/ daß er zum Pabst erwehlet und in den Wey-
nachts-Feyertagen gekröhnet ward/ wobey er den Nahmen Mar-
tinus II
annahm. Dieser absolvirte alle diejenigen/ so sein
Vorfahrer in Bann gethan hatte/ in sonderheit den Marckgrafen
Adelbert und Formosum, den er auch seines Eyds erließ und in sei-
ne ehemahligen Aembter setzte. Der junge König Ludwig in
Neustrien nahm um diese Zeit in seiner Blüthe ein betrübtes En-
Regino ad
h. a.
de. Er satzte aus geiler Hitze einen Mägdgen zu Pferde nach/
und weil das Pferd zu einer niedrigen Thüre hinein rennte/ muste
er von den harten Stoß und schwehren Fall sein hitziges Blut ver-
giessen/ dessen Antheil der jüngere Bruder Carlomann/ jedoch
A. 883.unter des Käysers Vormundschafft/ erbte. Die Reihe traff auch
den Hertzog Lambert von Spoleto, dessen Ambt seinem Sohn
Guidoni heimfiel/ der zugleich die Freundschafft zu der Tuscu-
lani
schen Partey erbte. Guido war ein tapfferer/ aber äusserst
auffgeblasener und ehrgeitziger Heer/ darneben von überaus
leichtgläubigen Gemüth: Weil er nun den neuen Pabst auff
seiner Seite hatte/ unterstund er sich den Käyserlichen Titul an-
zunehmen/ trat auch so gar mit denen Saracenen, so damahls in
Neapolitanischen festen Fuß gesetzet hatten/ in ein Bündniß
Käyser Carl der dicke/ welcher selbst wegen der in Bäyern ent-
standenen Unruhe nicht abkommen konte/ gab Berengario, Her-
zogen im Friaul Befehl sich diesem auffgeworffenen Käyser zu wie-
dersetzen. Berengarius, dessen Nahme nachhero in der Jtaliäni-
schen Historie sehr berühmt worden/ war damahls ein gar junger
Herr/ welcher seinen Vater Eberhardten/ Käysers Carls des di-
cken unächten Sohn/ im Hertzogthum gefolget war; Sein Geist
war hoch und der Verstand durchdringend/ die gantze Gemüths-
und Lebens-Art aber sehr unbeständig. Er hatte das Glück Gui-
donem
bald zur raison zu bringen/ nahm ihm das schönste Theil
seiner Länder/ und würde es mit ihm gar aus gemacht haben/

wenn

Roͤmiſches
zu ſich zu ziehen. Nun ſchickte ſich hierzu niemand beſſer/ als der
Platina in
Vit. p.
112.
obenbeſchriebene Cardinal Marinus, der ihnen gaͤntzlich ergeben
war; Dahero ſpahrten ſie keine Muͤhe/ und Marin brauchte auch
alle ſeine Kuͤnſte/ daß er zum Pabſt erwehlet und in den Wey-
nachts-Feyertagen gekroͤhnet ward/ wobey er den Nahmen Mar-
tinus II
annahm. Dieſer abſolvirte alle diejenigen/ ſo ſein
Vorfahrer in Bann gethan hatte/ in ſonderheit den Marckgrafen
Adelbert und Formoſum, den er auch ſeines Eyds erließ und in ſei-
ne ehemahligen Aembter ſetzte. Der junge Koͤnig Ludwig in
Neuſtrien nahm um dieſe Zeit in ſeiner Bluͤthe ein betruͤbtes En-
Regino ad
h. a.
de. Er ſatzte aus geiler Hitze einen Maͤgdgen zu Pferde nach/
und weil das Pferd zu einer niedrigen Thuͤre hinein rennte/ muſte
er von den harten Stoß und ſchwehren Fall ſein hitziges Blut ver-
gieſſen/ deſſen Antheil der juͤngere Bruder Carlomann/ jedoch
A. 883.unter des Kaͤyſers Vormundſchafft/ erbte. Die Reihe traff auch
den Hertzog Lambert von Spoleto, deſſen Ambt ſeinem Sohn
Guidoni heimfiel/ der zugleich die Freundſchafft zu der Tuſcu-
lani
ſchen Partey erbte. Guido war ein tapfferer/ aber aͤuſſerſt
auffgeblaſener und ehrgeitziger Heer/ darneben von uͤberaus
leichtglaͤubigen Gemuͤth: Weil er nun den neuen Pabſt auff
ſeiner Seite hatte/ unterſtund er ſich den Kaͤyſerlichen Titul an-
zunehmen/ trat auch ſo gar mit denen Saracenen, ſo damahls in
Neapolitaniſchen feſten Fuß geſetzet hatten/ in ein Buͤndniß
Kaͤyſer Carl der dicke/ welcher ſelbſt wegen der in Baͤyern ent-
ſtandenen Unruhe nicht abkommen konte/ gab Berengario, Her-
zogen im Friaul Befehl ſich dieſem auffgeworffenen Kaͤyſer zu wie-
derſetzen. Berengarius, deſſen Nahme nachhero in der Jtaliaͤni-
ſchen Hiſtorie ſehr beruͤhmt worden/ war damahls ein gar junger
Herr/ welcher ſeinen Vater Eberhardten/ Kaͤyſers Carls des di-
cken unaͤchten Sohn/ im Hertzogthum gefolget war; Sein Geiſt
war hoch und der Verſtand durchdringend/ die gantze Gemuͤths-
und Lebens-Art aber ſehr unbeſtaͤndig. Er hatte das Gluͤck Gui-
donem
bald zur raiſon zu bringen/ nahm ihm das ſchoͤnſte Theil
ſeiner Laͤnder/ und wuͤrde es mit ihm gar aus gemacht haben/

wenn
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0024" n="14"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Ro&#x0364;mi&#x017F;ches</hi></fw><lb/>
zu &#x017F;ich zu ziehen. Nun &#x017F;chickte &#x017F;ich hierzu niemand be&#x017F;&#x017F;er/ als der<lb/><note place="left"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">P</hi>latina in<lb/>
Vit. p.</hi> 112.</note>obenbe&#x017F;chriebene Cardinal <hi rendition="#aq">Marinus,</hi> der ihnen ga&#x0364;ntzlich ergeben<lb/>
war; Dahero &#x017F;pahrten &#x017F;ie keine Mu&#x0364;he/ und Marin brauchte auch<lb/>
alle &#x017F;eine Ku&#x0364;n&#x017F;te/ daß er zum Pab&#x017F;t erwehlet und in den Wey-<lb/>
nachts-Feyertagen gekro&#x0364;hnet ward/ wobey er den Nahmen <hi rendition="#aq">Mar-<lb/>
tinus II</hi> annahm. Die&#x017F;er <hi rendition="#aq">ab&#x017F;olvir</hi>te alle diejenigen/ &#x017F;o &#x017F;ein<lb/>
Vorfahrer in Bann gethan hatte/ in &#x017F;onderheit den Marckgrafen<lb/>
Adelbert und <hi rendition="#aq">Formo&#x017F;um,</hi> den er auch &#x017F;eines Eyds erließ und in &#x017F;ei-<lb/>
ne ehemahligen Aembter &#x017F;etzte. Der junge Ko&#x0364;nig Ludwig in<lb/>
Neu&#x017F;trien nahm um die&#x017F;e Zeit in &#x017F;einer Blu&#x0364;the ein betru&#x0364;btes En-<lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">Regino ad<lb/>
h. a.</hi></note>de. Er &#x017F;atzte aus geiler Hitze einen Ma&#x0364;gdgen zu Pferde nach/<lb/>
und weil das Pferd zu einer niedrigen Thu&#x0364;re hinein rennte/ mu&#x017F;te<lb/>
er von den harten Stoß und &#x017F;chwehren Fall &#x017F;ein hitziges Blut ver-<lb/>
gie&#x017F;&#x017F;en/ de&#x017F;&#x017F;en Antheil der ju&#x0364;ngere Bruder Carlomann/ jedoch<lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">A.</hi> 883.</note>unter des Ka&#x0364;y&#x017F;ers Vormund&#x017F;chafft/ erbte. Die Reihe traff auch<lb/>
den Hertzog Lambert von <hi rendition="#aq">Spoleto,</hi> de&#x017F;&#x017F;en Ambt &#x017F;einem Sohn<lb/><hi rendition="#aq">Guidoni</hi> heimfiel/ der zugleich die Freund&#x017F;chafft zu der <hi rendition="#aq">Tu&#x017F;cu-<lb/>
lani</hi>&#x017F;chen Partey erbte. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Guido</hi></hi> war ein tapfferer/ aber a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er&#x017F;t<lb/>
auffgebla&#x017F;ener und ehrgeitziger Heer/ darneben von u&#x0364;beraus<lb/>
leichtgla&#x0364;ubigen Gemu&#x0364;th: Weil er nun den neuen Pab&#x017F;t auff<lb/>
&#x017F;einer Seite hatte/ unter&#x017F;tund er &#x017F;ich den Ka&#x0364;y&#x017F;erlichen Titul an-<lb/>
zunehmen/ trat auch &#x017F;o gar mit denen <hi rendition="#aq">Saracenen,</hi> &#x017F;o damahls in<lb/><hi rendition="#aq">Neapolitani</hi>&#x017F;chen fe&#x017F;ten Fuß ge&#x017F;etzet hatten/ in ein Bu&#x0364;ndniß<lb/>
Ka&#x0364;y&#x017F;er Carl der dicke/ welcher &#x017F;elb&#x017F;t wegen der in Ba&#x0364;yern ent-<lb/>
&#x017F;tandenen Unruhe nicht abkommen konte/ gab <hi rendition="#aq">Berengario,</hi> Her-<lb/>
zogen im <hi rendition="#aq">Friaul</hi> Befehl &#x017F;ich die&#x017F;em auffgeworffenen Ka&#x0364;y&#x017F;er zu wie-<lb/>
der&#x017F;etzen. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Berengarius</hi>,</hi> de&#x017F;&#x017F;en Nahme nachhero in der Jtalia&#x0364;ni-<lb/>
&#x017F;chen Hi&#x017F;torie &#x017F;ehr beru&#x0364;hmt worden/ war damahls ein gar junger<lb/>
Herr/ welcher &#x017F;einen Vater Eberhardten/ Ka&#x0364;y&#x017F;ers Carls des di-<lb/>
cken una&#x0364;chten Sohn/ im Hertzogthum gefolget war; Sein Gei&#x017F;t<lb/>
war hoch und der Ver&#x017F;tand durchdringend/ die gantze Gemu&#x0364;ths-<lb/>
und Lebens-Art aber &#x017F;ehr unbe&#x017F;ta&#x0364;ndig. Er hatte das Glu&#x0364;ck <hi rendition="#aq">Gui-<lb/>
donem</hi> bald zur <hi rendition="#aq">rai&#x017F;on</hi> zu bringen/ nahm ihm das &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;te Theil<lb/>
&#x017F;einer La&#x0364;nder/ und wu&#x0364;rde es mit ihm gar aus gemacht haben/<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wenn</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[14/0024] Roͤmiſches zu ſich zu ziehen. Nun ſchickte ſich hierzu niemand beſſer/ als der obenbeſchriebene Cardinal Marinus, der ihnen gaͤntzlich ergeben war; Dahero ſpahrten ſie keine Muͤhe/ und Marin brauchte auch alle ſeine Kuͤnſte/ daß er zum Pabſt erwehlet und in den Wey- nachts-Feyertagen gekroͤhnet ward/ wobey er den Nahmen Mar- tinus II annahm. Dieſer abſolvirte alle diejenigen/ ſo ſein Vorfahrer in Bann gethan hatte/ in ſonderheit den Marckgrafen Adelbert und Formoſum, den er auch ſeines Eyds erließ und in ſei- ne ehemahligen Aembter ſetzte. Der junge Koͤnig Ludwig in Neuſtrien nahm um dieſe Zeit in ſeiner Bluͤthe ein betruͤbtes En- de. Er ſatzte aus geiler Hitze einen Maͤgdgen zu Pferde nach/ und weil das Pferd zu einer niedrigen Thuͤre hinein rennte/ muſte er von den harten Stoß und ſchwehren Fall ſein hitziges Blut ver- gieſſen/ deſſen Antheil der juͤngere Bruder Carlomann/ jedoch unter des Kaͤyſers Vormundſchafft/ erbte. Die Reihe traff auch den Hertzog Lambert von Spoleto, deſſen Ambt ſeinem Sohn Guidoni heimfiel/ der zugleich die Freundſchafft zu der Tuſcu- laniſchen Partey erbte. Guido war ein tapfferer/ aber aͤuſſerſt auffgeblaſener und ehrgeitziger Heer/ darneben von uͤberaus leichtglaͤubigen Gemuͤth: Weil er nun den neuen Pabſt auff ſeiner Seite hatte/ unterſtund er ſich den Kaͤyſerlichen Titul an- zunehmen/ trat auch ſo gar mit denen Saracenen, ſo damahls in Neapolitaniſchen feſten Fuß geſetzet hatten/ in ein Buͤndniß Kaͤyſer Carl der dicke/ welcher ſelbſt wegen der in Baͤyern ent- ſtandenen Unruhe nicht abkommen konte/ gab Berengario, Her- zogen im Friaul Befehl ſich dieſem auffgeworffenen Kaͤyſer zu wie- derſetzen. Berengarius, deſſen Nahme nachhero in der Jtaliaͤni- ſchen Hiſtorie ſehr beruͤhmt worden/ war damahls ein gar junger Herr/ welcher ſeinen Vater Eberhardten/ Kaͤyſers Carls des di- cken unaͤchten Sohn/ im Hertzogthum gefolget war; Sein Geiſt war hoch und der Verſtand durchdringend/ die gantze Gemuͤths- und Lebens-Art aber ſehr unbeſtaͤndig. Er hatte das Gluͤck Gui- donem bald zur raiſon zu bringen/ nahm ihm das ſchoͤnſte Theil ſeiner Laͤnder/ und wuͤrde es mit ihm gar aus gemacht haben/ wenn Platina in Vit. p. 112. Regino ad h. a. A. 883.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/loescher_historie_1705
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/loescher_historie_1705/24
Zitationshilfe: Löscher, Valentin Ernst: Historie Des Römischen Huren-Regiments Der Theodoræ und Maroziæ. Leipzig, 1705, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/loescher_historie_1705/24>, abgerufen am 21.11.2024.