Logau, Friedrich von: Deutscher Sinn-Getichte Drey Tausend. Breslau. 1654.Andres Tausend 1. Von einer krancken Alten. EJn altes Mütterlein/ die hatt ein hitzig Fieber/ Der Tod der war jhr lieb/ das Leben war jhr lieber: Sie fuhr im Geiste fort/ im Leibe blieb sie hier/ Sie aß noch gerne gut/ tranck lieber Wein als Bier. 2. Glücke vnd Neid. Die das Glücke stürtzen wil/ hat es gerne vor erhoben: Den der Neider schwärtzen wil/ pflegt er gerne vor zu loben. 3. Von einer Hure. Eine Jungfraw ward zur Hur; ey was mehr? Der gröste Hohn Jst/ sie soll nun Busse thun: Dann sie läst doch nicht davon. 4. Uber das Feber einer Fürstlichen Person. Unsre Fürstin lieget kranck; Venus hat jhr diß bestellt/ Die/ so lange jene blaß/ sich für schön nun wieder hält. 5. An dieselbte Fürstliche Person. Fürstin/ Euer reines schön/ hat ein Fieber jetzt verhöhnet: Aber schönes ruhet nur/ daß es nachmals schöner schönet. 6. An die Bräute. ES ist ein Wunder-Ding/ jhr Bräut/ um eine Nacht/ Die was da war/ zu nicht; vnd das was nicht war macht; Macht daß die Tochter erst der Mutter gleiche sey/ Macht vngleich sie jhr selbst/ vnd macht auß zweyen drey. 7. Wasser vnd Wein. ES kan/ wer Wasser trinckt kein gut Getichte schreiben: Wer Wein trinckt kriegt die Gicht vnd muß erschrecklich schreyen; Es
Andres Tauſend 1. Von einer krancken Alten. EJn altes Muͤtterlein/ die hatt ein hitzig Fieber/ Der Tod der war jhr lieb/ das Leben war jhr lieber: Sie fuhr im Geiſte fort/ im Leibe blieb ſie hier/ Sie aß noch gerne gut/ tranck lieber Wein als Bier. 2. Gluͤcke vnd Neid. Die das Gluͤcke ſtuͤrtzen wil/ hat es gerne vor erhoben: Den der Neider ſchwaͤrtzen wil/ pflegt er gerne vor zu loben. 3. Von einer Hure. Eine Jungfraw ward zur Hur; ey was mehr? Der groͤſte Hohn Jſt/ ſie ſoll nun Buſſe thun: Dann ſie laͤſt doch nicht davon. 4. Uber das Feber einer Fuͤrſtlichen Perſon. Unſre Fuͤrſtin lieget kranck; Venus hat jhr diß beſtellt/ Die/ ſo lange jene blaß/ ſich fuͤr ſchoͤn nun wieder haͤlt. 5. An dieſelbte Fuͤrſtliche Perſon. Fuͤrſtin/ Euer reines ſchoͤn/ hat ein Fieber jetzt verhoͤhnet: Aber ſchoͤnes ruhet nur/ daß es nachmals ſchoͤner ſchoͤnet. 6. An die Braͤute. ES iſt ein Wunder-Ding/ jhr Braͤut/ um eine Nacht/ Die was da war/ zu nicht; vnd das was nicht war macht; Macht daß die Tochter erſt der Mutter gleiche ſey/ Macht vngleich ſie jhr ſelbſt/ vnd macht auß zweyen drey. 7. Waſſer vnd Wein. ES kan/ wer Waſſer trinckt kein gut Getichte ſchreiben: Wer Wein trinckt kriegt die Gicht vnd muß erſchrecklich ſchreyen; Es
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Andres Tauſend
1.
Von einer krancken Alten.
EJn altes Muͤtterlein/ die hatt ein hitzig Fieber/
Der Tod der war jhr lieb/ das Leben war jhr lieber:
Sie fuhr im Geiſte fort/ im Leibe blieb ſie hier/
Sie aß noch gerne gut/ tranck lieber Wein als Bier.
2.
Gluͤcke vnd Neid.
Die das Gluͤcke ſtuͤrtzen wil/ hat es gerne vor erhoben:
Den der Neider ſchwaͤrtzen wil/ pflegt er gerne vor zu loben.
3.
Von einer Hure.
Eine Jungfraw ward zur Hur; ey was mehr? Der groͤſte Hohn
Jſt/ ſie ſoll nun Buſſe thun: Dann ſie laͤſt doch nicht davon.
4.
Uber das Feber einer Fuͤrſtlichen Perſon.
Unſre Fuͤrſtin lieget kranck; Venus hat jhr diß beſtellt/
Die/ ſo lange jene blaß/ ſich fuͤr ſchoͤn nun wieder haͤlt.
5.
An dieſelbte Fuͤrſtliche Perſon.
Fuͤrſtin/ Euer reines ſchoͤn/ hat ein Fieber jetzt verhoͤhnet:
Aber ſchoͤnes ruhet nur/ daß es nachmals ſchoͤner ſchoͤnet.
6.
An die Braͤute.
ES iſt ein Wunder-Ding/ jhr Braͤut/ um eine Nacht/
Die was da war/ zu nicht; vnd das was nicht war macht;
Macht daß die Tochter erſt der Mutter gleiche ſey/
Macht vngleich ſie jhr ſelbſt/ vnd macht auß zweyen drey.
7.
Waſſer vnd Wein.
ES kan/ wer Waſſer trinckt kein gut Getichte ſchreiben:
Wer Wein trinckt kriegt die Gicht vnd muß erſchrecklich
ſchreyen;
Es
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Zitationshilfe: | Logau, Friedrich von: Deutscher Sinn-Getichte Drey Tausend. Breslau. 1654, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/logau_sinngetichte_1654/394>, abgerufen am 26.06.2024. |