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Lohenstein, Daniel Casper von: Agrippina. Breslau, 1665.

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Sosia. Sie hat zum Richter den/ der ihre Milch gesogen.
70.
Agrip. Mein Sohn hat Gift/ nicht Milch mir aus der
Brust gezogen.
Sosia. Der Mutter schadet nicht der Schlange giftig
Hauch.
Agrip. Die Rache läsch't den Durst aus eignen Adern
auch;
Die haben/ die durch mich so hoch ans Brett sind kommen/
Jhn selbst verzaubernde mit Wahnwitz eingenommen:
75.Daß meiner Pfeiler Grauß das Füßwerck müsse seyn/
Zu seinen Ehren-Säul'n: es könte nur allein'
Jn's Demant-Buch der Zeit mein Blutt sein Lob einpre-
gen:
Mein Leben sey sein Tod/ mein Untergang sein Segen.
Hat auch gleich so vielmal sein Fall-Brett uns gefehl't/
80.So wird sein Hertze doch/ daß Rach' und Eifer kwäll't/
Nicht ehe ruhig seyn/ biß Agrippinens Leiche
Erkwickenden Geruch der Mord-Begierde reiche.
Jch weiß: sein Hertze koch't schon neue Gall' und Gifft/
Nach dem ich der Gefahr des Schiffbruch's bin entschifft.
85.Solt' er/ wär' er ein Mensch/ nicht giftiger als Schlan-
gen/
Mit Glückes Wünschungen die Mutter nicht empfan-
gen?
Den Tempeln eilen zu/ weil ich der Noth entran/
Den Göttern sagen Danck und Weyrauch zünden an?
Ach aber! Nein! er spinn't uns neue Todes-Stricke!
90.Warumb blieb' Agerin so lange sonst zu rücke/
Als: Daß er uns nicht sol eröfnen die Gefahr/
Die unsrer Seele dreu't. Jtzt ist die Stunde dar
Die mein Verhängnüs hat den Sternen eingeschrieben/
Eh' als mein Lebens-Kwäll im Hertzen ist beklieben.
95.Diß ist der Tag/ auf den der Tod mich hat betag't/
Wie der Chaldeer Witz uns leider! wahrgesag't.
Wir haben selbst den Spruch willkührlich übernommen:
Er tödte/ wenn er nur kan an den Gipffel kommen
Des grossen Käyserthums. Jedoch was zittern wir
100.Für banger Todes furcht? Laß/ Agrippine/ dir
Für
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Soſia. Sie hat zum Richter den/ der ihre Milch geſogen.
70.
Agrip. Mein Sohn hat Gift/ nicht Milch mir aus der
Bruſt gezogen.
Soſia. Der Mutter ſchadet nicht der Schlange giftig
Hauch.
Agrip. Die Rache laͤſch’t den Durſt aus eignen Adern
auch;
Die haben/ die durch mich ſo hoch ans Brett ſind kommen/
Jhn ſelbſt verzaubernde mit Wahnwitz eingenommen:
75.Daß meiner Pfeiler Grauß das Fuͤßwerck muͤſſe ſeyn/
Zu ſeinen Ehren-Saͤul’n: es koͤnte nur allein’
Jn’s Demant-Buch der Zeit mein Blutt ſein Lob einpre-
gen:
Mein Leben ſey ſein Tod/ mein Untergang ſein Segen.
Hat auch gleich ſo vielmal ſein Fall-Brett uns gefehl’t/
80.So wird ſein Hertze doch/ daß Rach’ und Eifer kwaͤll’t/
Nicht ehe ruhig ſeyn/ biß Agrippinens Leiche
Erkwickenden Geruch der Mord-Begierde reiche.
Jch weiß: ſein Hertze koch’t ſchon neue Gall’ und Gifft/
Nach dem ich der Gefahr des Schiffbruch’s bin entſchifft.
85.Solt’ er/ waͤr’ er ein Menſch/ nicht giftiger als Schlan-
gen/
Mit Gluͤckes Wuͤnſchungen die Mutter nicht empfan-
gen?
Den Tempeln eilen zu/ weil ich der Noth entran/
Den Goͤttern ſagen Danck und Weyrauch zuͤnden an?
Ach aber! Nein! er ſpinn’t uns neue Todes-Stricke!
90.Warumb blieb’ Agerin ſo lange ſonſt zu ruͤcke/
Als: Daß er uns nicht ſol eroͤfnen die Gefahr/
Die unſrer Seele dreu’t. Jtzt iſt die Stunde dar
Die mein Verhaͤngnuͤs hat den Sternen eingeſchrieben/
Eh’ als mein Lebens-Kwaͤll im Hertzen iſt beklieben.
95.Diß iſt der Tag/ auf den der Tod mich hat betag’t/
Wie der Chaldeer Witz uns leider! wahrgeſag’t.
Wir haben ſelbſt den Spruch willkuͤhrlich uͤbernommen:
Er toͤdte/ wenn er nur kan an den Gipffel kommen
Des groſſen Kaͤyſerthums. Jedoch was zittern wir
100.Fuͤr banger Todes furcht? Laß/ Agrippine/ dir
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Agrippina. Breslau, 1665, S. 85.. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_agrippina_1665/103>, abgerufen am 21.11.2024.