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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Siebendes Buch
[Spaltenumbruch] Sohnes Jngviomers dem Fürsten Löwen-
muth. Seinen letzten Athem wendete er noch
zu einer beweglichen Ermahnung gegen seine
umstehende Räthe an: daß sie die Beruhigung
Deutschlandes dem Glantze seines eigenen
Hauses/ und allen andern Staats-Gesetzen für-
ziehen solten. Denn der Friede wäre der einige
Balsam/ durch welchen ein verwundetes Reich
wieder geheilet; das Horn des Uberflußes/ aus
welchem die erschöpfften Länder wieder erfüllet;
ein Labsal/ mit welchem ohnmächtige Völcker
wieder erquicket; ein Oel-Baum/ von welchem
Väter des Vaterlandes alleine bekräntzet wer-
den könten. Wie hertzhafft und sorgfältig nun
dieser Fürst dem Reiche fürstand; so war doch
das blinde Glücke in seinem wiedrigen Rennen
durch keine Tugend nicht auffzuhalten. Gleich-
wol aber brachte es seine Vorsicht so weit: daß
weil die Catten die Alemännische Fürstin Vo-
cione und die übrigen Bundgenossen den durch
den König der Cimbern Frotho für geschlagenen
Frieden gäntzlich ausschlugen/ dieser tapffere
Fürst wegen verschmäheter Vermittelung/ oder
weil der Catten und Svionen durch so viel Sie-
ge täglich anwachsende Gewalt ihm verdäch-
tig ward/ sich den Cheruskern zu helffen rüstete.
Aber so bald Stordeston von dieser nach denck-
lichen Krieges-Rüstung Wind bekam/ rückte er
und die Fürstin Vocione dem Cimbrischen Kö-
nige Frotho auff einer/ und Gunholm mit ei-
nem absonderlichen Krieges Heere der Svio-
ner auf der andern Seite über den Hals; brach-
ten es auch durch zwey zu Lande/ und eine zur
See gewonnene Schlacht dahin: daß er noch
selbiges Jahr einen nachtheiligen Frieden
schlüssen/ und dem Cheruskischen Bündnüße
abschweren muste. Als derogestalt der gröste
Krieges-Schwall sich zwischen die Ost- und
West See gezogen hatte/ kriegte Fürst Löwen-
muth zwar Lufft/ etliche von den Svionen und
Catten in dem Quadischen Gebiete besetzte Plä-
tze wieder zu erobern; aber Arabar hetzte denen
[Spaltenumbruch] Cheruskern alsbald einen neuen Feind/ nemlich
die Könige der Pannonier und Japyden auff
den Hals; welche durch ihren schleunigen Ein-
fall den Lauff ihres vorigen Sieges hemmeten.
Uber diß kriegte Vocione eine ansehnliche
Hülffe von denen Rhetiern und Vindelichern.
Weil aber die Cherusker nach Cäsars Tode mit
dem Octavius sich verbunden/ und ihm bey dem
bürgerlichen Kriege wieder den Antonius und
Sextus Pompejus mit ansehnlicher Reuterey
aus geholffen hatten; dieser auch nach überwun-
denem Lepidus/ und als Antonius in den Mor-
genländern beschäfftiget war/ zu Rom den Mei-
ster spielte; schickte Octavius Cäsar/ oder der
hernach genennte August den Cheruskern zu
Liebe den Tiberius wieder die Rhetier und Vin-
delicher. Ob dieser nun zwar theils wegen des
tieffen Schnees/ theils wegen dieser Völcker
ja auch ihrer behertzten Weiber/ die nach ver-
schossenen Pfeilen so gar ihre zerfleischten Kin-
der dem Feinde ins Antlitz schlugen/ mit dem
Degen wenig ausrichtete; machte er doch den
Cheruskern Lufft; weil die Rhetier und Vinde-
licher von den Catten und Alemännern ihre
Hülffs-Völcker abzufordern genöthiget wur-
den. Wieder die Japydes/ ein aus Deutschland
gleichfalls entsprossenes zwischen dem Duri-
schen und Clavischen Gebürge gelegenes Volck
aber rückte Augustus selbst mit fünff Legionen.
Die Fläche und die an der Sau gelegene Stadt
Segestica verliessen die Japydes gutwillig; im
Gebürge aber hatten sie sich derogestalt ver hau-
en: daß in selbtes einzubrechen kein ander Weg/
als ein zwischen zweyen steilen Bergen abschüs-
sender Strom zu finden war. Weil es aber dem
Römischen Krieges-Volcke unmöglich schien
dem rauschenden Wasser entgegen biß an die
Achseln zu waten/ und über die Klippen zu klet-
tern/ von welchen dieser Fluß vielfältig abstürtz-
te/ wie nichts minder sich für den Pfeilen derer
auf den Bergen wachsamen Feinde sich zu be-
schirmen; stutzten sie so lange/ biß August selbst

einem

Siebendes Buch
[Spaltenumbruch] Sohnes Jngviomers dem Fuͤrſten Loͤwen-
muth. Seinen letzten Athem wendete er noch
zu einer beweglichen Ermahnung gegen ſeine
umſtehende Raͤthe an: daß ſie die Beruhigung
Deutſchlandes dem Glantze ſeines eigenen
Hauſes/ und allen andern Staats-Geſetzen fuͤr-
ziehen ſolten. Denn der Friede waͤre der einige
Balſam/ durch welchen ein verwundetes Reich
wieder geheilet; das Horn des Uberflußes/ aus
welchem die erſchoͤpfften Laͤnder wieder erfuͤllet;
ein Labſal/ mit welchem ohnmaͤchtige Voͤlcker
wieder erquicket; ein Oel-Baum/ von welchem
Vaͤter des Vaterlandes alleine bekraͤntzet wer-
den koͤnten. Wie hertzhafft und ſorgfaͤltig nun
dieſer Fuͤrſt dem Reiche fuͤrſtand; ſo war doch
das blinde Gluͤcke in ſeinem wiedrigen Rennen
durch keine Tugend nicht auffzuhalten. Gleich-
wol aber brachte es ſeine Vorſicht ſo weit: daß
weil die Catten die Alemaͤnniſche Fuͤrſtin Vo-
cione und die uͤbrigen Bundgenoſſen den durch
den Koͤnig der Cimbern Frotho fuͤr geſchlagenen
Frieden gaͤntzlich ausſchlugen/ dieſer tapffere
Fuͤrſt wegen verſchmaͤheter Vermittelung/ oder
weil der Catten und Svionen durch ſo viel Sie-
ge taͤglich anwachſende Gewalt ihm verdaͤch-
tig ward/ ſich den Cheruskern zu helffen ruͤſtete.
Aber ſo bald Stordeſton von dieſer nach denck-
lichen Krieges-Ruͤſtung Wind bekam/ ruͤckte er
und die Fuͤrſtin Vocione dem Cimbriſchen Koͤ-
nige Frotho auff einer/ und Gunholm mit ei-
nem abſonderlichen Krieges Heere der Svio-
ner auf der andern Seite uͤber den Hals; brach-
ten es auch durch zwey zu Lande/ und eine zur
See gewonnene Schlacht dahin: daß er noch
ſelbiges Jahr einen nachtheiligen Frieden
ſchluͤſſen/ und dem Cheruskiſchen Buͤndnuͤße
abſchweren muſte. Als derogeſtalt der groͤſte
Krieges-Schwall ſich zwiſchen die Oſt- und
Weſt See gezogen hatte/ kriegte Fuͤrſt Loͤwen-
muth zwar Lufft/ etliche von den Svionen und
Catten in dem Quadiſchen Gebiete beſetzte Plaͤ-
tze wieder zu erobern; aber Arabar hetzte denen
[Spaltenumbruch] Cheruskern alsbald einen neuen Feind/ nemlich
die Koͤnige der Pannonier und Japyden auff
den Hals; welche durch ihren ſchleunigen Ein-
fall den Lauff ihres vorigen Sieges hemmeten.
Uber diß kriegte Vocione eine anſehnliche
Huͤlffe von denen Rhetiern und Vindelichern.
Weil aber die Cherusker nach Caͤſars Tode mit
dem Octavius ſich verbunden/ und ihm bey dem
buͤrgerlichen Kriege wieder den Antonius und
Sextus Pompejus mit anſehnlicher Reuterey
aus geholffen hatten; dieſer auch nach uͤberwun-
denem Lepidus/ und als Antonius in den Mor-
genlaͤndern beſchaͤfftiget war/ zu Rom den Mei-
ſter ſpielte; ſchickte Octavius Caͤſar/ oder der
hernach genennte Auguſt den Cheruskern zu
Liebe den Tiberius wieder die Rhetier und Vin-
delicher. Ob dieſer nun zwar theils wegen des
tieffen Schnees/ theils wegen dieſer Voͤlcker
ja auch ihrer behertzten Weiber/ die nach ver-
ſchoſſenen Pfeilen ſo gar ihre zerfleiſchten Kin-
der dem Feinde ins Antlitz ſchlugen/ mit dem
Degen wenig ausrichtete; machte er doch den
Cheruskern Lufft; weil die Rhetier und Vinde-
licher von den Catten und Alemaͤnnern ihre
Huͤlffs-Voͤlcker abzufordern genoͤthiget wur-
den. Wieder die Japydes/ ein aus Deutſchland
gleichfalls entſproſſenes zwiſchen dem Duri-
ſchen und Claviſchen Gebuͤrge gelegenes Volck
aber ruͤckte Auguſtus ſelbſt mit fuͤnff Legionen.
Die Flaͤche und die an der Sau gelegene Stadt
Segeſtica verlieſſen die Japydes gutwillig; im
Gebuͤrge aber hatten ſie ſich derogeſtalt ver hau-
en: daß in ſelbtes einzubrechen kein ander Weg/
als ein zwiſchen zweyen ſteilen Bergen abſchuͤſ-
ſender Strom zu finden war. Weil es aber dem
Roͤmiſchen Krieges-Volcke unmoͤglich ſchien
dem rauſchenden Waſſer entgegen biß an die
Achſeln zu waten/ und uͤber die Klippen zu klet-
tern/ von welchen dieſer Fluß vielfaͤltig abſtuͤrtz-
te/ wie nichts minder ſich fuͤr den Pfeilen derer
auf den Bergen wachſamen Feinde ſich zu be-
ſchirmen; ſtutzten ſie ſo lange/ biß Auguſt ſelbſt

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1042[1044]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1106>, abgerufen am 23.11.2024.