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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Siebendes Buch
[Spaltenumbruch] den Gärtnern nicht abwendig machen für ihr
sein Hertz auszuschütten. Er hatte einen Krantz
von hundertblätterichten Rosen; sein Kleid über
den gantzen Leib war nichts/ als eitel durch ein-
ander vermischte Blumen. Auf der lincken
Seite beym Hertzen war allein ein Kreiß eitel
schwartz-rother Nelcken/ auf der rechten ein
Kreiß voll Lilgen; zweiffelsfrey um mit jenen
seine hefftige/ mit diesen seine reine Liebe zu
entwerffen. An dem Arme hatte er einen Korb
voll Hyacinthen; welche er nebst etlichen durch
diese Blume getödtete Schlangen kniende für
der Jungfrau ausschüttete; und vielleicht dar-
durch auf die Uberwindung aller Verleumder
und seiner Neben-Buhler zielte; endlich fol-
gende Reymen mit vielen Seuffzern absang:

Wenn in der gantzen Welt die Liebe wäre kalt/
So würde sie in Gärten feurig bleiben;
Mit Brand und Blut auf tausend Pflantzen schreiben;
Das Wachsthum sey ihr Werck und Feuer die Gestalt.
Wie soll ich nun verliebt nicht lechsen
Bey so viel liebenden Gewächsen?
Die Erd' ist selbst verliebt in Himmel; denn sie schmückt
Mit Gold' ihr Haar/ die Bäunte mit Korallen/
Das Blum werck mit Rubin/ ihm zugefallen.
Auch liebt der Himmel sie/ der als ein Argos schickt
Aus tausend Augen A[n]muths-Strahlen/
Sie zu befruchten und zu mahlen.
Der Scharlach auf der Ros'/ und Bisam auf Jesmin/
Jst theils der Brand/ theils eine Krafft der Liebe/
Wenn nicht ihr Geist die Sonnen-Wende triebe;
So würde sie so nicht der Welt ihr Auge ziehn.
Der Eppich hält die Myrth umgeben/
Die Ulm umhalset sich mit Reben.
Die Blumen sollen meist verliebter Leichen seyn;
Worauff man theils kan lesen ihre Nahmen;
Ja ihr Geruch ist nichts als Liebes-Sa[a]men;
Wie soll ihr Balsam nicht mein Hertze nehmen ein?
Wie soll ich/ Sonn' und Ros' auff Erden
Von dir nicht reg' und lodernd werden?
Weil aber du auch selbst ein Liebes-Garten bist/
Jn welchem Brüste/ Lippen/ Stirne Wangen
Mit Schne[e]-Balln/ Anemon- und Tulpen prangen;
Den Athem Hyaciuth/ Acanth den Schwelß ansüßt/
So werden ja an dir auch hafften
Verlicbter Stengel Eigenschafften.
[Spaltenumbruch]
Sind ohne Liebligkeit die Gärte Wüsteney?
Jst sonder Hold die Schönheit wild Gewächse/
So fühl' es doch/ wenn ich so sehnlich lechse/
Und dencke: daß die Lieb' ein herrlich Pfropff-Reiß sey;
Das auch auff wilden Stämm- und Zweigen/
Granaten-Aepffel weiß zu zeigen.

Alleine diese Seuffzer verrauchten wie die
vorigen vergebens in Wind; weßwegen aus
der Reye der Schäfer der vollkommenste herfür
trat; und mit einer annehmlichen Höfligkeit sei-
nen zierlich geschnützten/ und mit allerhand Ge-
blüme umflochtenen Hirten-Stab/ ingleichen
feinen Krantz von Hyacinthen/ der seine weiß-
gerolleten Haare bedeckte/ und ein auf dem Ar-
me herbey getragenes Lamm zu den Füssen der
unbarmhertzigen Jungfrauen legte; und nach
dem sie ihm mit einem annehmlichern Blicke/
als keinem vorher/ begegnet war; seine Liebes-
Gedancken durch mehr Seuffzer/ als folgende
Zeilen vernehmen ließ:

Es soll die Liebe jung in Hürden worden seyn;
Die erste Welt rühmt nichts als Schäfferinnen.
Wenn Heucheley sucht hohen Stand und Zinnen/
Kehrt reine Liebe nur in Schäffer-Hütten ein/
Mit dieser dich nun zu bedienen/
Bin auch ich Schäfer hier erschienen.
Die Wolle meiner Heerd' ist weisser zwar als Schnee/
Doch nicht so rein/ als mein verliebtes Hertze.
Geschminckte Gunst zerschmeltzt wie Eyß im Mertze/
Vergeht wie Rauch durch Wind/ und Trüb-Sand in der
See.

Alleine meine Brunst wird glühen/
Weil meine Brust kan Athem ziehen.
Die Einfalt ist das Saltz; Auffrichtigkeit der Kern
Der Liebe/ die soll Gegen-Lieb' erwecken.
So schene nun nicht uns're Püsch' und Hecken/
Wo nichts als Unschuld wohnt/ da scheint kein Unglücks-Stern/
Wo Sumpff und Laster nicht zu spüren/
Kan dich kein Jrrwisch nicht verführen.
Du Engel kanst den Wald in Lustgefilde kehrn/
Dein fruchtbar Fuß den Sand mit Kräutern decken.
Ja welches Schaf wird deine Weide schmecken/
Wird für die Wolle Gold/ und Seiden uns gewehrn;
So daß auch Götter dieser Erden
Nach unser Trifft verlangen werden.
Die

Siebendes Buch
[Spaltenumbruch] den Gaͤrtnern nicht abwendig machen fuͤr ihr
ſein Hertz auszuſchuͤtten. Er hatte einen Krantz
von hundertblaͤtterichten Roſen; ſein Kleid uͤber
den gantzen Leib war nichts/ als eitel durch ein-
ander vermiſchte Blumen. Auf der lincken
Seite beym Hertzen war allein ein Kreiß eitel
ſchwartz-rother Nelcken/ auf der rechten ein
Kreiß voll Lilgen; zweiffelsfrey um mit jenen
ſeine hefftige/ mit dieſen ſeine reine Liebe zu
entwerffen. An dem Arme hatte er einen Korb
voll Hyacinthen; welche er nebſt etlichen durch
dieſe Blume getoͤdtete Schlangen kniende fuͤr
der Jungfrau ausſchuͤttete; und vielleicht dar-
durch auf die Uberwindung aller Verleumder
und ſeiner Neben-Buhler zielte; endlich fol-
gende Reymen mit vielen Seuffzern abſang:

Wenn in der gantzen Welt die Liebe waͤre kalt/
So wuͤrde ſie in Gaͤrten feurig bleiben;
Mit Brand und Blut auf tauſend Pflantzen ſchreiben;
Das Wachsthum ſey ihr Werck und Feuer die Geſtalt.
Wie ſoll ich nun verliebt nicht lechſen
Bey ſo viel liebenden Gewaͤchſen?
Die Erd’ iſt ſelbſt verliebt in Himmel; denn ſie ſchmuͤckt
Mit Gold’ ihr Haar/ die Baͤunte mit Korallen/
Das Blum werck mit Rubin/ ihm zugefallen.
Auch liebt der Himmel ſie/ der als ein Argos ſchickt
Aus tauſend Augen A[n]muths-Strahlen/
Sie zu befruchten und zu mahlen.
Der Scharlach auf der Roſ’/ und Biſam auf Jeſmin/
Jſt theils der Brand/ theils eine Krafft der Liebe/
Wenn nicht ihr Geiſt die Sonnen-Wende triebe;
So wuͤrde ſie ſo nicht der Welt ihr Auge ziehn.
Der Eppich haͤlt die Myrth umgeben/
Die Ulm umhalſet ſich mit Reben.
Die Blumen ſollen meiſt verliebter Leichen ſeyn;
Worauff man theils kan leſen ihre Nahmen;
Ja ihr Geruch iſt nichts als Liebes-Sa[a]men;
Wie ſoll ihr Balſam nicht mein Hertze nehmen ein?
Wie ſoll ich/ Sonn’ und Roſ’ auff Erden
Von dir nicht reg’ und lodernd werden?
Weil aber du auch ſelbſt ein Liebes-Garten biſt/
Jn welchem Bruͤſte/ Lippen/ Stirne Wangen
Mit Schne[e]-Balln/ Anemon- und Tulpen prangen;
Den Athem Hyaciuth/ Acanth den Schwelß anſuͤßt/
So werden ja an dir auch hafften
Verlicbter Stengel Eigenſchafften.
[Spaltenumbruch]
Sind ohne Liebligkeit die Gaͤrte Wuͤſteney?
Jſt ſonder Hold die Schoͤnheit wild Gewaͤchſe/
So fuͤhl’ es doch/ wenn ich ſo ſehnlich lechſe/
Und dencke: daß die Lieb’ ein herrlich Pfropff-Reiß ſey;
Das auch auff wilden Staͤmm- und Zweigen/
Granaten-Aepffel weiß zu zeigen.

Alleine dieſe Seuffzer verrauchten wie die
vorigen vergebens in Wind; weßwegen aus
der Reye der Schaͤfer der vollkommenſte herfuͤr
trat; und mit einer annehmlichen Hoͤfligkeit ſei-
nen zierlich geſchnuͤtzten/ und mit allerhand Ge-
bluͤme umflochtenen Hirten-Stab/ ingleichen
feinen Krantz von Hyacinthen/ der ſeine weiß-
gerolleten Haare bedeckte/ und ein auf dem Ar-
me herbey getragenes Lamm zu den Fuͤſſen der
unbarmhertzigen Jungfrauen legte; und nach
dem ſie ihm mit einem annehmlichern Blicke/
als keinem vorher/ begegnet war; ſeine Liebes-
Gedancken durch mehr Seuffzer/ als folgende
Zeilen vernehmen ließ:

Es ſoll die Liebe jung in Huͤrden worden ſeyn;
Die erſte Welt ruͤhmt nichts als Schaͤfferinnen.
Wenn Heucheley ſucht hohen Stand und Zinnen/
Kehrt reine Liebe nur in Schaͤffer-Huͤtten ein/
Mit dieſer dich nun zu bedienen/
Bin auch ich Schaͤfer hier erſchienen.
Die Wolle meiner Heerd’ iſt weiſſer zwar als Schnee/
Doch nicht ſo rein/ als mein verliebtes Hertze.
Geſchminckte Gunſt zerſchmeltzt wie Eyß im Mertze/
Vergeht wie Rauch durch Wind/ und Truͤb-Sand in der
See.

Alleine meine Brunſt wird gluͤhen/
Weil meine Bruſt kan Athem ziehen.
Die Einfalt iſt das Saltz; Auffrichtigkeit der Kern
Der Liebe/ die ſoll Gegen-Lieb’ erwecken.
So ſchene nun nicht unſ’re Puͤſch’ und Hecken/
Wo nichts als Unſchuld wohnt/ da ſcheint kein Ungluͤcks-Stern/
Wo Sumpff und Laſter nicht zu ſpuͤren/
Kan dich kein Jrrwiſch nicht verfuͤhren.
Du Engel kanſt den Wald in Luſtgefilde kehrn/
Dein fruchtbar Fuß den Sand mit Kraͤutern decken.
Ja welches Schaf wird deine Weide ſchmecken/
Wird fuͤr die Wolle Gold/ und Seiden uns gewehrn;
So daß auch Goͤtter dieſer Erden
Nach unſer Trifft verlangen werden.
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[1130[1132]/1194] Siebendes Buch den Gaͤrtnern nicht abwendig machen fuͤr ihr ſein Hertz auszuſchuͤtten. Er hatte einen Krantz von hundertblaͤtterichten Roſen; ſein Kleid uͤber den gantzen Leib war nichts/ als eitel durch ein- ander vermiſchte Blumen. Auf der lincken Seite beym Hertzen war allein ein Kreiß eitel ſchwartz-rother Nelcken/ auf der rechten ein Kreiß voll Lilgen; zweiffelsfrey um mit jenen ſeine hefftige/ mit dieſen ſeine reine Liebe zu entwerffen. An dem Arme hatte er einen Korb voll Hyacinthen; welche er nebſt etlichen durch dieſe Blume getoͤdtete Schlangen kniende fuͤr der Jungfrau ausſchuͤttete; und vielleicht dar- durch auf die Uberwindung aller Verleumder und ſeiner Neben-Buhler zielte; endlich fol- gende Reymen mit vielen Seuffzern abſang: Wenn in der gantzen Welt die Liebe waͤre kalt/ So wuͤrde ſie in Gaͤrten feurig bleiben; Mit Brand und Blut auf tauſend Pflantzen ſchreiben; Das Wachsthum ſey ihr Werck und Feuer die Geſtalt. Wie ſoll ich nun verliebt nicht lechſen Bey ſo viel liebenden Gewaͤchſen? Die Erd’ iſt ſelbſt verliebt in Himmel; denn ſie ſchmuͤckt Mit Gold’ ihr Haar/ die Baͤunte mit Korallen/ Das Blum werck mit Rubin/ ihm zugefallen. Auch liebt der Himmel ſie/ der als ein Argos ſchickt Aus tauſend Augen Anmuths-Strahlen/ Sie zu befruchten und zu mahlen. Der Scharlach auf der Roſ’/ und Biſam auf Jeſmin/ Jſt theils der Brand/ theils eine Krafft der Liebe/ Wenn nicht ihr Geiſt die Sonnen-Wende triebe; So wuͤrde ſie ſo nicht der Welt ihr Auge ziehn. Der Eppich haͤlt die Myrth umgeben/ Die Ulm umhalſet ſich mit Reben. Die Blumen ſollen meiſt verliebter Leichen ſeyn; Worauff man theils kan leſen ihre Nahmen; Ja ihr Geruch iſt nichts als Liebes-Saamen; Wie ſoll ihr Balſam nicht mein Hertze nehmen ein? Wie ſoll ich/ Sonn’ und Roſ’ auff Erden Von dir nicht reg’ und lodernd werden? Weil aber du auch ſelbſt ein Liebes-Garten biſt/ Jn welchem Bruͤſte/ Lippen/ Stirne Wangen Mit Schnee-Balln/ Anemon- und Tulpen prangen; Den Athem Hyaciuth/ Acanth den Schwelß anſuͤßt/ So werden ja an dir auch hafften Verlicbter Stengel Eigenſchafften. Sind ohne Liebligkeit die Gaͤrte Wuͤſteney? Jſt ſonder Hold die Schoͤnheit wild Gewaͤchſe/ So fuͤhl’ es doch/ wenn ich ſo ſehnlich lechſe/ Und dencke: daß die Lieb’ ein herrlich Pfropff-Reiß ſey; Das auch auff wilden Staͤmm- und Zweigen/ Granaten-Aepffel weiß zu zeigen. Alleine dieſe Seuffzer verrauchten wie die vorigen vergebens in Wind; weßwegen aus der Reye der Schaͤfer der vollkommenſte herfuͤr trat; und mit einer annehmlichen Hoͤfligkeit ſei- nen zierlich geſchnuͤtzten/ und mit allerhand Ge- bluͤme umflochtenen Hirten-Stab/ ingleichen feinen Krantz von Hyacinthen/ der ſeine weiß- gerolleten Haare bedeckte/ und ein auf dem Ar- me herbey getragenes Lamm zu den Fuͤſſen der unbarmhertzigen Jungfrauen legte; und nach dem ſie ihm mit einem annehmlichern Blicke/ als keinem vorher/ begegnet war; ſeine Liebes- Gedancken durch mehr Seuffzer/ als folgende Zeilen vernehmen ließ: Es ſoll die Liebe jung in Huͤrden worden ſeyn; Die erſte Welt ruͤhmt nichts als Schaͤfferinnen. Wenn Heucheley ſucht hohen Stand und Zinnen/ Kehrt reine Liebe nur in Schaͤffer-Huͤtten ein/ Mit dieſer dich nun zu bedienen/ Bin auch ich Schaͤfer hier erſchienen. Die Wolle meiner Heerd’ iſt weiſſer zwar als Schnee/ Doch nicht ſo rein/ als mein verliebtes Hertze. Geſchminckte Gunſt zerſchmeltzt wie Eyß im Mertze/ Vergeht wie Rauch durch Wind/ und Truͤb-Sand in der See. Alleine meine Brunſt wird gluͤhen/ Weil meine Bruſt kan Athem ziehen. Die Einfalt iſt das Saltz; Auffrichtigkeit der Kern Der Liebe/ die ſoll Gegen-Lieb’ erwecken. So ſchene nun nicht unſ’re Puͤſch’ und Hecken/ Wo nichts als Unſchuld wohnt/ da ſcheint kein Ungluͤcks-Stern/ Wo Sumpff und Laſter nicht zu ſpuͤren/ Kan dich kein Jrrwiſch nicht verfuͤhren. Du Engel kanſt den Wald in Luſtgefilde kehrn/ Dein fruchtbar Fuß den Sand mit Kraͤutern decken. Ja welches Schaf wird deine Weide ſchmecken/ Wird fuͤr die Wolle Gold/ und Seiden uns gewehrn; So daß auch Goͤtter dieſer Erden Nach unſer Trifft verlangen werden. Die

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1130[1132]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1194>, abgerufen am 23.11.2024.