Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Achtes Buch [Spaltenumbruch]
Es hatte der Feldherr aber sich noch nicht Unter diesen Wahrsagungen und Glücks- thät
Achtes Buch [Spaltenumbruch]
Es hatte der Feldherr aber ſich noch nicht Unter dieſen Wahrſagungen und Gluͤcks- thaͤt
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f1240" n="174[1176]"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Achtes Buch</hi> </fw><lb/> <cb/> <p>Es hatte der Feldherr aber ſich noch nicht<lb/> gar angelegt; Als Fuͤrſt Adgandeſter ins Zim-<lb/> mer trat/ und ihm anmeldete: daß der Oberſte<lb/> Gaͤrtner auffs emſigſte anhielt: es moͤchte doch<lb/> der Hertzog wegen einer anſchauens-wuͤrdigen<lb/> Seltzamkeit ſich mit allen Groſſen ſonder eini-<lb/> ge Zeitverlierung in Garten verfuͤgen. Wie-<lb/> wol nun der eingelaſſene Gaͤrtner die Sache<lb/> nicht deutlich entdecken wolte; weil aber ſeine<lb/> Gebehrden genungſam zu verſtehen gaben: daß<lb/> es was ſonderliches/ und nichts unangenehmes<lb/> waͤre; erklaͤrte ſich der Feldherr: daß er ihm auf<lb/> dem Fuſſe folgen wolte; ließ auch in Eyl die an-<lb/> dern Fuͤrſten in Garten erſuchen/ er aber for-<lb/> derte ſelbſt ſeine andere Secle Thußnelden ab.<lb/> Der Gaͤrtner leitete die hohen Haͤupter/ und<lb/> den ſich eindringenden Hof zu einer groſſen A-<lb/> loe-Staude; welche die Koͤnigin in Hibernien<lb/> dem Feldherrn uͤberſchickt/ ſie aber aus den<lb/> Gluͤcks-Jnſeln bekommen hatte. Dieſe ſel-<lb/> tzame und ſchwangere Staude traffen ſie als ei-<lb/> ne aͤngſtige Gebaͤhrerin an; Denn ſie trieb ei-<lb/> nen dicken Stengel mit ſolcher Gewalt empor:<lb/> daß die Augen ſichtbar ſein Wachsthum wahr-<lb/> nehmen konten. Jn zweyen Stunden waꝛ er<lb/> wol drey Ellen-Bogen hoch worden; und es<lb/> ſchoſſen zugleich eine ziemliche Anzahl wolruͤ-<lb/> chender Blumen herfuͤr; alſo: daß alle Anſchau-<lb/> er nichts minder hieruͤber Ergoͤtzligkeit ſchoͤpff-<lb/> ten/ als ſich verwunderten; ja ſie haͤtten dieſer<lb/> gebaͤhrenden Staude noch laͤnger zugeſehen;<lb/> weñ nicht die Verliebten ihr innerlicher Mag-<lb/> net anders wohin gezogen; die Prieſter auch<lb/> ſelbſt: daß es Zeit waͤre/ erinnert haͤtten. Jn-<lb/> zwiſchen legte iederman die Geburt dieſes edlen<lb/> Gewaͤchſes fuͤr ein herrliches Gluͤcks-Zeichen<lb/> der zwey Verlobten aus/ und wuͤnſchte: daß ſie<lb/> noch in ihrem Leben ſo viel edle Nachkommen<lb/> zehlen moͤchten; Als ſie an der Aloe Blumen ſaͤ-<lb/> hen.</p><lb/> <p>Unter dieſen Wahrſagungen und Gluͤcks-<lb/> Wuͤnſchen ſchickten ſich alle zu der Farth in den<lb/><cb/> Deutſchburgiſchen Heyn. Saͤmtliche bey dem<lb/> Einzuge ſich gewieſene Scharen hatten auff<lb/> beyden Seiten der dahin gehenden Straſſe ſich<lb/> in Ordnung geſtellt. Zum erſten giengen die<lb/> Barden; welche mit ihrem Luſtgethoͤne und<lb/> Lobgeſaͤngen die Lufft erfuͤlleten. Dieſem folgte<lb/> ein mit gruͤnen Zweigen ſo zierlich geflochtener<lb/> Wagen: daß die darinnen zum Opfer verwahr-<lb/> te Tauben und Sperlinge gleich wie in einem<lb/> Gebauer beſtrickt waren; dieſem eine Menge<lb/> Opffer-Knechte/ welche in eine auf einer<lb/> Schleiffe gefuͤhrten Kohlen-Glut Wacholder-<lb/> Beeren haͤuffig auffſtreuten. Hierauf kamen<lb/> abermahl fuͤnffhundert außerleſene Jungfrau-<lb/> en; die mit ausgeſtreuten Blumen gleicher Ge-<lb/> ſtalt den Weg baͤhneten; und nach ihnen die<lb/> Fuͤrſtliche Braut auff ihrer guͤldenen Muſchel;<lb/> welche dißmahl vier geweibete ſchneeweiſſe<lb/> Pferde zohen; von denen vorhin ſonſt noch<lb/> nichts gezogen worden. Die ſchoͤnſte Thuß-<lb/> nelde war dißmahl aller Waffen beraubet; trug<lb/> auf dem Haupte einen mit Perlen umflochte-<lb/> nen Roſen-Krantz. Jhr gantzes Kleid war aus<lb/> weiſſer Seide/ und mit ihrem gantzen Leibe kein<lb/> Schmuck anderer Farbe zu finden; entweder<lb/> die Reinigkeit ihrer Jungferſchafft abzubilden;<lb/> oder durch den Schnee ihrer weiſſen Haut auch<lb/> die zarteſte Seide zu beſchaͤmen. Hierauf lieſ-<lb/> ſen ſich abermahls eine Menge Barden nichts<lb/> minder annehmlich hoͤren/ alsſehen; Die Opf-<lb/> fer-Knechte fuͤhrten ein ſchneeweißes Pferd/<lb/> das gleichfalls weder Zaum noch Sattel gefuͤhlt<lb/> hatte/ bey den Meenen. Wiewol diß nun die<lb/> gantze Nacht unauffhoͤrlich geſprungen hatte;<lb/> alſo: daß es vom Schweiße gleichſam troff; ſo<lb/> ließ es ſich doch nunmehr zu ſeiner Abſchlach-<lb/> tung wie ein gedultiges Lamm leiten; und<lb/> welches noch mehr die Auslegung kuͤnfftigen<lb/> Gluͤckes beglaubigte/ ſchritt diß gewiedmete<lb/> Pferd iedesmahls mit dem rechten Schenckel<lb/> uͤber die an dreyen Orten nach Gewonheit<lb/> quer uͤber den Weg gelegte Lantzen. Hingegen<lb/> <fw place="bottom" type="catch">thaͤt</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [174[1176]/1240]
Achtes Buch
Es hatte der Feldherr aber ſich noch nicht
gar angelegt; Als Fuͤrſt Adgandeſter ins Zim-
mer trat/ und ihm anmeldete: daß der Oberſte
Gaͤrtner auffs emſigſte anhielt: es moͤchte doch
der Hertzog wegen einer anſchauens-wuͤrdigen
Seltzamkeit ſich mit allen Groſſen ſonder eini-
ge Zeitverlierung in Garten verfuͤgen. Wie-
wol nun der eingelaſſene Gaͤrtner die Sache
nicht deutlich entdecken wolte; weil aber ſeine
Gebehrden genungſam zu verſtehen gaben: daß
es was ſonderliches/ und nichts unangenehmes
waͤre; erklaͤrte ſich der Feldherr: daß er ihm auf
dem Fuſſe folgen wolte; ließ auch in Eyl die an-
dern Fuͤrſten in Garten erſuchen/ er aber for-
derte ſelbſt ſeine andere Secle Thußnelden ab.
Der Gaͤrtner leitete die hohen Haͤupter/ und
den ſich eindringenden Hof zu einer groſſen A-
loe-Staude; welche die Koͤnigin in Hibernien
dem Feldherrn uͤberſchickt/ ſie aber aus den
Gluͤcks-Jnſeln bekommen hatte. Dieſe ſel-
tzame und ſchwangere Staude traffen ſie als ei-
ne aͤngſtige Gebaͤhrerin an; Denn ſie trieb ei-
nen dicken Stengel mit ſolcher Gewalt empor:
daß die Augen ſichtbar ſein Wachsthum wahr-
nehmen konten. Jn zweyen Stunden waꝛ er
wol drey Ellen-Bogen hoch worden; und es
ſchoſſen zugleich eine ziemliche Anzahl wolruͤ-
chender Blumen herfuͤr; alſo: daß alle Anſchau-
er nichts minder hieruͤber Ergoͤtzligkeit ſchoͤpff-
ten/ als ſich verwunderten; ja ſie haͤtten dieſer
gebaͤhrenden Staude noch laͤnger zugeſehen;
weñ nicht die Verliebten ihr innerlicher Mag-
net anders wohin gezogen; die Prieſter auch
ſelbſt: daß es Zeit waͤre/ erinnert haͤtten. Jn-
zwiſchen legte iederman die Geburt dieſes edlen
Gewaͤchſes fuͤr ein herrliches Gluͤcks-Zeichen
der zwey Verlobten aus/ und wuͤnſchte: daß ſie
noch in ihrem Leben ſo viel edle Nachkommen
zehlen moͤchten; Als ſie an der Aloe Blumen ſaͤ-
hen.
Unter dieſen Wahrſagungen und Gluͤcks-
Wuͤnſchen ſchickten ſich alle zu der Farth in den
Deutſchburgiſchen Heyn. Saͤmtliche bey dem
Einzuge ſich gewieſene Scharen hatten auff
beyden Seiten der dahin gehenden Straſſe ſich
in Ordnung geſtellt. Zum erſten giengen die
Barden; welche mit ihrem Luſtgethoͤne und
Lobgeſaͤngen die Lufft erfuͤlleten. Dieſem folgte
ein mit gruͤnen Zweigen ſo zierlich geflochtener
Wagen: daß die darinnen zum Opfer verwahr-
te Tauben und Sperlinge gleich wie in einem
Gebauer beſtrickt waren; dieſem eine Menge
Opffer-Knechte/ welche in eine auf einer
Schleiffe gefuͤhrten Kohlen-Glut Wacholder-
Beeren haͤuffig auffſtreuten. Hierauf kamen
abermahl fuͤnffhundert außerleſene Jungfrau-
en; die mit ausgeſtreuten Blumen gleicher Ge-
ſtalt den Weg baͤhneten; und nach ihnen die
Fuͤrſtliche Braut auff ihrer guͤldenen Muſchel;
welche dißmahl vier geweibete ſchneeweiſſe
Pferde zohen; von denen vorhin ſonſt noch
nichts gezogen worden. Die ſchoͤnſte Thuß-
nelde war dißmahl aller Waffen beraubet; trug
auf dem Haupte einen mit Perlen umflochte-
nen Roſen-Krantz. Jhr gantzes Kleid war aus
weiſſer Seide/ und mit ihrem gantzen Leibe kein
Schmuck anderer Farbe zu finden; entweder
die Reinigkeit ihrer Jungferſchafft abzubilden;
oder durch den Schnee ihrer weiſſen Haut auch
die zarteſte Seide zu beſchaͤmen. Hierauf lieſ-
ſen ſich abermahls eine Menge Barden nichts
minder annehmlich hoͤren/ alsſehen; Die Opf-
fer-Knechte fuͤhrten ein ſchneeweißes Pferd/
das gleichfalls weder Zaum noch Sattel gefuͤhlt
hatte/ bey den Meenen. Wiewol diß nun die
gantze Nacht unauffhoͤrlich geſprungen hatte;
alſo: daß es vom Schweiße gleichſam troff; ſo
ließ es ſich doch nunmehr zu ſeiner Abſchlach-
tung wie ein gedultiges Lamm leiten; und
welches noch mehr die Auslegung kuͤnfftigen
Gluͤckes beglaubigte/ ſchritt diß gewiedmete
Pferd iedesmahls mit dem rechten Schenckel
uͤber die an dreyen Orten nach Gewonheit
quer uͤber den Weg gelegte Lantzen. Hingegen
thaͤt
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