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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] sucht aufopffert. Diesemnach ward Fürst Herr-
mann zu einem obersten Hauptmanne der Kay-
serlichen Leibwache erkieset/ und solche höchste
vor bey einem bestandene Würde diesem Hel-
den zu Liebe nunmehr zertheilet. Hingegen
aber/ weil Agrippa seine verwegene That da-
mit entschuldigte: daß Kayser Julius auch
Rathsherren öffentlich hätte Fechter/ und Köni-
gliche Kinder Täntzer abgeben lassen; ward
durch ein Gesetze allen Rathsherren das öffent-
liche Fechten verboten.

Höret aber/ wie der Puls des Glückes so
wunderlich schlägt; und wie seine beste Bewe-
gung mehrmahls ein Vorbote der gefährlichsten
Kranckheit/ also sich in selbtes zu richten so viel
schwerer ist; weil es die Unbeständigkeit eines
Weibes und die Leichtsinnigkeit der Jugend an
sich hat. Die vom Tiberius verlassene Julia
meinte hierdurch nunmehr die Freyheit erlangt
zu haben ihre Laster auf öffentliche Schaubühne
zu bringen; und aus ihren Heßligkeiten noch
Ruhm und Ehre zu suchen. Gleich als wenn
die Gemüths-Flecken hohe Standes-Personen
eben so/ wie die Nacht die Sternen lichter
machte; Da doch in Sammet ein Schandfleck
viel heßlicher stehet/ als in einem halb-wöllenem
Schäfer-Rocke. Sie erkühnte sich auf öffent-
lichen Plätzen mit verächtlicher Gesellschafft
verschwenderische Gast-Mahle/ und üppige
Nacht-Täntze zu hegen; ja die schandbarsten
Gesellschafften der Stadt Rom an sich zu zie-
hen. Wiewol nun die Wollust ins gemein dero-
gestalt gearthet ist: daß sie wie eine Fliege in ei-
nerley Garten so begierig auff stinckende Blu-
men und Unflat/ als die Biene auff wolrüchen-
den Klee fällt/ so gelüstet sie doch auch nicht selten
nach Art der Spinnen aus den edelsten Ge-
wächsen Gifft zu saugen. Nach dieser Art warff
Julia ein Auge auf des berühmten Marcus
Antonius/ und der grimmigen Fulvia Sohn
Julius/ welcher vom August nach seines Va-
ters Tode seiner Eltern gröstes Vermögen er-
halten/ auch durch einen an des Kaysers Ge-
[Spaltenumbruch] burts-Tage gehaltenen prächtigen Pferde-
Streit/ durch Anstellung einer seltzamen Jagt/
und ein dem gantzen Rathe ausgerichtet köst-
liches Gast-Mahl seine Gewogenheit befestigt/
ja endlich gar die Bürgermeister-Würde er-
langt hatte. Diesen zu gewinnen brauchte sie
ihre zauberische Kuplerin Phebe eine Freyge-
lassene; die anfangs mit vielen Thränen das E-
lend der schönen Julia bejammerte/ und des
Kaysers gegen seine Tochter verübte Unbarm-
hertzigkeit verdammte: daß er sie nach dem sauerse-
henden Agrippa dem gramhafften Tiberius
verheyrathet/ und hierdurch ihr nicht nur alle
Lust/ sondern auch die Hoffnung des ihr beym
Mangel der Söhne nach des Vaters Tode von
Rechtswegen zuständigen Kayserthums entzo-
gen hätte. Wie sie nun den Julius Antonius
für diesen Beschwerden die Ohren nicht ver-
stopffen sah; fiel sie auff die Grausamkeit und
das Unrecht; welches August an dem grossen
Antonius verübt hätte; durch dessen Beystand
er doch wieder den Brutus und Caßius obge-
siegt hätte. Er solte die ihm angestammte Groß-
müthigkeit seines Vaters/ den Löwen-Muth
seiner Mutter der streitbaren Fulvia durch kei-
ne Furcht in seinem Gemüthe erstecken lassen;
sondern durch eine hertzhaffte Entschlüssung
das hohe Geschlechte der Antonier auf die für-
längst verdiente Staffel der Oberherrschafft ver-
setzen/ durch den Genüß der vollkommensten Ju-
lia sich beglückseligen; und bey dieser guten Ge-
legenheit/ da ihm des Kaysers Tochter
beyde Armen reichte/ da Marcellus/ Agrippa
und Mecenas todt/ der junge Agrippa wahn-
sinnig/ Cajus und Lucius zwey rohe Buben/ und
Tiberius dem gantzen menschlichen Geschlechte
verhast wäre/ seine Scheitel auf einmahl mit
Rosen und Lorbern kräntzen. Herrschafft und
Schönheit hat in sich einen so kräftigen Schwe-
fel/ welcher in dem Feuer der Ehrsucht und Liebe
stählerne Hertzen zerschmeltzet/ die klügsten Köpfe
einnimmet und verwirret. Also ward Julius An-
tonius durch die schmeichlerische Phebe gefangen/

durch
Erster Theil. Q q q q q q q

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] ſucht aufopffert. Dieſemnach ward Fuͤrſt Herr-
mann zu einem oberſten Hauptmanne der Kay-
ſerlichen Leibwache erkieſet/ und ſolche hoͤchſte
vor bey einem beſtandene Wuͤrde dieſem Hel-
den zu Liebe nunmehr zertheilet. Hingegen
aber/ weil Agrippa ſeine verwegene That da-
mit entſchuldigte: daß Kayſer Julius auch
Rathsherren oͤffentlich haͤtte Fechter/ und Koͤni-
gliche Kinder Taͤntzer abgeben laſſen; ward
durch ein Geſetze allen Rathsherren das oͤffent-
liche Fechten verboten.

Hoͤret aber/ wie der Puls des Gluͤckes ſo
wunderlich ſchlaͤgt; und wie ſeine beſte Bewe-
gung mehrmahls ein Vorbote der gefaͤhꝛlichſten
Kranckheit/ alſo ſich in ſelbtes zu richten ſo viel
ſchwerer iſt; weil es die Unbeſtaͤndigkeit eines
Weibes und die Leichtſinnigkeit der Jugend an
ſich hat. Die vom Tiberius verlaſſene Julia
meinte hierdurch nunmehr die Freyheit erlangt
zu haben ihre Laſter auf oͤffentliche Schaubuͤhne
zu bringen; und aus ihren Heßligkeiten noch
Ruhm und Ehre zu ſuchen. Gleich als wenn
die Gemuͤths-Flecken hohe Standes-Peꝛſonen
eben ſo/ wie die Nacht die Sternen lichter
machte; Da doch in Sammet ein Schandfleck
viel heßlicher ſtehet/ als in einem halb-woͤllenem
Schaͤfer-Rocke. Sie erkuͤhnte ſich auf oͤffent-
lichen Plaͤtzen mit veraͤchtlicher Geſellſchafft
verſchwenderiſche Gaſt-Mahle/ und uͤppige
Nacht-Taͤntze zu hegen; ja die ſchandbarſten
Geſellſchafften der Stadt Rom an ſich zu zie-
hen. Wiewol nun die Wolluſt ins gemein dero-
geſtalt gearthet iſt: daß ſie wie eine Fliege in ei-
nerley Garten ſo begierig auff ſtinckende Blu-
men und Unflat/ als die Biene auff wolruͤchen-
den Klee faͤllt/ ſo geluͤſtet ſie doch auch nicht ſelten
nach Art der Spinnen aus den edelſten Ge-
waͤchſen Gifft zu ſaugen. Nach dieſer Art warff
Julia ein Auge auf des beruͤhmten Marcus
Antonius/ und der grimmigen Fulvia Sohn
Julius/ welcher vom Auguſt nach ſeines Va-
ters Tode ſeiner Eltern groͤſtes Vermoͤgen er-
halten/ auch durch einen an des Kayſers Ge-
[Spaltenumbruch] burts-Tage gehaltenen praͤchtigen Pferde-
Streit/ durch Anſtellung einer ſeltzamen Jagt/
und ein dem gantzen Rathe ausgerichtet koͤſt-
liches Gaſt-Mahl ſeine Gewogenheit befeſtigt/
ja endlich gar die Buͤrgermeiſter-Wuͤrde er-
langt hatte. Dieſen zu gewinnen brauchte ſie
ihre zauberiſche Kuplerin Phebe eine Freyge-
laſſene; die anfangs mit vielen Thraͤnen das E-
lend der ſchoͤnen Julia bejammerte/ und des
Kayſers gegen ſeine Tochter veruͤbte Unbarm-
hertzigkeit verdam̃te: daß er ſie nach dem ſauerſe-
henden Agrippa dem gramhafften Tiberius
verheyrathet/ und hierdurch ihr nicht nur alle
Luſt/ ſondern auch die Hoffnung des ihr beym
Mangel der Soͤhne nach des Vaters Tode von
Rechtswegen zuſtaͤndigen Kayſerthums entzo-
gen haͤtte. Wie ſie nun den Julius Antonius
fuͤr dieſen Beſchwerden die Ohren nicht ver-
ſtopffen ſah; fiel ſie auff die Grauſamkeit und
das Unrecht; welches Auguſt an dem groſſen
Antonius veruͤbt haͤtte; durch deſſen Beyſtand
er doch wieder den Brutus und Caßius obge-
ſiegt haͤtte. Er ſolte die ihm angeſtammte Groß-
muͤthigkeit ſeines Vaters/ den Loͤwen-Muth
ſeiner Mutter der ſtreitbaren Fulvia durch kei-
ne Furcht in ſeinem Gemuͤthe erſtecken laſſen;
ſondern durch eine hertzhaffte Entſchluͤſſung
das hohe Geſchlechte der Antonier auf die fuͤr-
laͤngſt veꝛdiente Staffel der Oberherꝛſchafft ver-
ſetzen/ durch den Genuͤß der vollkom̃enſten Ju-
lia ſich begluͤckſeligen; und bey dieſer guten Ge-
legenheit/ da ihm des Kayſers Tochter
beyde Armen reichte/ da Marcellus/ Agrippa
und Mecenas todt/ der junge Agrippa wahn-
ſiñig/ Cajus und Lucius zwey rohe Buben/ und
Tiberius dem gantzen menſchlichen Geſchlechte
verhaſt waͤre/ ſeine Scheitel auf einmahl mit
Roſen und Lorbern kraͤntzen. Herrſchafft und
Schoͤnheit hat in ſich einen ſo kꝛaͤftigen Schwe-
fel/ welcher in dem Feuer der Ehrſucht und Liebe
ſtaͤhlerne Hertzen zerſchmeltzet/ die kluͤgſtẽ Koͤpfe
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tonius duꝛch die ſchmeichleriſche Phebe gefangẽ/

durch
Erſter Theil. Q q q q q q q
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1225[1227]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1291>, abgerufen am 23.11.2024.