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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Achtes Buch
[Spaltenumbruch] des ersten Bojischen Königs Siegfests Nah-
men; um den Ring inwendig ins Gold aber
folgende Worte in der Gallier Sprache ein-
gegraben: Wenn die Elbe dieses von
dem sterbenden Siegfest ihr gewiedme-
tes Opffer dem ersten Könige der
Marckmänner wieder geben wird;
beschencket ihn die Emß mit einer zwey-
fach-verlobten Braut; das Verhäng-
nüs aber mit einer glückseligen Mut-
ter/ mehr als hundert tapferer Reichs-
folger.
Jederman hörte mit grosser Ver-
wunderung Segesthens aus dem Ringe gelese-
ne Worte; Marbod selbst stellte sich als ungläu-
big an; biß er solche gleichfalls gelesen; und ward
dieser Ring allen Grossen/ ja auch der Fürstin
Erdmuth und Thußnelde gegeben diese wun-
derwürdige Wahrsagung anzuschauen; welche
die einige war/ die diese für einen künstlichen
Betrug des Marbods hiel; und als die unzehl-
bare Menge der zugelauffenen Marckmänner
hierüber jauchzete/ auch zu Freuden-Feuern
und andern Lustbezeigungen allerhand An-
stalt machten/ in grosse Schwermuth verfiel;
weil sie sich nun auffs neue eines gefährlichen
Liebes-Sturmes besorgte. Marbod und seine
grossen Gäste kamen hierauf wieder auffs
Schloß; und wor mit er dieses Ringes ebentheu-
erliche Wahrsagung so viel mehr bestärckte/ ließ
er aus seinem Schatze einen andern Ring her-
bey bringen; welchen der letzte Bojische König
ebenfalls aus einem in dem Flusse Caßurgis ge-
fangenem Fische geschnitten hatte. Derselbe
Ring hatte eben so wol König Siegfests Wa-
pen/ Nahmen und diese Worte in sich-
Als die Bojen hier festen Fuß setzten;
empfieng der Fluß dieses Geschencke;
giebt es auch nicht ehe als bey ihrer
vorstehenden Entfernung wieder.
Die
[Spaltenumbruch] Anwesenden wurden hierüber noch mehr ver-
wundernd; weil dieses letzten Ringes Wahrheit
allbereit durch die Austreibung der Bojen be-
stetigt ward. Silius fürnehmlich konte beyde
Ringe nicht genungsam betrachten; und ver-
meldete: daß er nunmehr der Lycier Gewon-
heit von den Fischen künfftige Dinge zu erfor-
schen nicht unbilligen könte; und in seiner Mey-
nung so viel mehr bestärcket würde: Es hätten
die von der Eitelkeit gereinigten Gemüther der
Menschen eine Krafft noch weit entfernete Zu-
fälle vorher zu sehen. Ja er hielte den zu Capua
etliche Monat für des Kaysers Julius Ermor-
dung gefundenen Grabestein des Capys; dar-
auff sein Tod bey Aus grabung seiner Gebeine
bestimmet war/ nicht für eine Erfindung des
Brutus oder Caßius. Hier auff ward der Tag
mit einem prächtigen Mahle und allen ersinn-
lichen Lustbezeigungen hingebracht; ja folgen-
de Nacht sahe man viel Meilen im Umkreiße
die Berge mit spielenden Lust-Flammen gekrö-
net. Der Tag war kaum angebrochen/ als die
anwesenden Reichs-Stände den König Mar-
bod durch zwölff Gesandten um Beschleuni-
gung der vom Verhängnüße gleichsam anbe-
fohlenen Heyrath anfleheten. Worauf er sich denn
zum Segesthes verfügte/ ihn des gefundenen
Ringes erinnerte/ ihm auch vorstellte: wie des-
sen Wahrsagung augenscheinlich auf seine und
seiner an der Emß gebohrnen Tochter Heyrath
zielte. Wormit auch kein Mensch an dieser Aus-
legung zweiffelte; hätte das gütige Verhäng-
nüs es so wunderlich geschickt: daß Segesthes
selbst zum ersten diesen Göttlichen Befehl zu
Gesichte bekommen/ und ihm andeuten müssen.
Beyder Hertze hätte ihnen schon bey der vorge-
strigen Verträuligkeit gesagt; und ihre Gemü-
ther durch einen geheimen Magnetzug dahin
geleitet; wohin sie das Verhängnüs nun mehr
mit dem Finger wiese. Weil nun kein kräffti-
ger Siegel ihrer Freundschafft/ als die Ver-
mählung seiner Tochter seyn könte; Gott auch

solche

Achtes Buch
[Spaltenumbruch] des erſten Bojiſchen Koͤnigs Siegfeſts Nah-
men; um den Ring inwendig ins Gold aber
folgende Worte in der Gallier Sprache ein-
gegraben: Wenn die Elbe dieſes von
dem ſterbenden Siegfeſt ihr gewiedme-
tes Opffer dem erſten Koͤnige der
Marckmaͤnner wieder geben wird;
beſchencket ihn die Emß mit einer zwey-
fach-verlobten Braut; das Verhaͤng-
nuͤs aber mit einer gluͤckſeligen Mut-
ter/ mehr als hundert tapferer Reichs-
folger.
Jederman hoͤrte mit groſſer Ver-
wunderung Segeſthens aus dem Ringe geleſe-
ne Worte; Marbod ſelbſt ſtellte ſich als unglaͤu-
big an; biß er ſolche gleichfalls geleſen; und ward
dieſer Ring allen Groſſen/ ja auch der Fuͤrſtin
Erdmuth und Thußnelde gegeben dieſe wun-
derwuͤrdige Wahrſagung anzuſchauen; welche
die einige war/ die dieſe fuͤr einen kuͤnſtlichen
Betrug des Marbods hiel; und als die unzehl-
bare Menge der zugelauffenen Marckmaͤnner
hieruͤber jauchzete/ auch zu Freuden-Feuern
und andern Luſtbezeigungen allerhand An-
ſtalt machten/ in groſſe Schwermuth verfiel;
weil ſie ſich nun auffs neue eines gefaͤhrlichen
Liebes-Sturmes beſorgte. Marbod und ſeine
groſſen Gaͤſte kamen hierauf wieder auffs
Schloß; uñ wor mit er dieſes Ringes ebentheu-
erliche Wahrſagung ſo viel mehr beſtaͤrckte/ ließ
er aus ſeinem Schatze einen andern Ring her-
bey bringen; welchen der letzte Bojiſche Koͤnig
ebenfalls aus einem in dem Fluſſe Caßurgis ge-
fangenem Fiſche geſchnitten hatte. Derſelbe
Ring hatte eben ſo wol Koͤnig Siegfeſts Wa-
pen/ Nahmen und dieſe Worte in ſich-
Als die Bojen hier feſten Fuß ſetzten;
empfieng der Fluß dieſes Geſchencke;
giebt es auch nicht ehe als bey ihrer
vorſtehenden Entfernung wieder.
Die
[Spaltenumbruch] Anweſenden wurden hieruͤber noch mehr ver-
wundernd; weil dieſes letzten Ringes Wahrheit
allbereit durch die Austreibung der Bojen be-
ſtetigt ward. Silius fuͤrnehmlich konte beyde
Ringe nicht genungſam betrachten; und ver-
meldete: daß er nunmehr der Lycier Gewon-
heit von den Fiſchen kuͤnfftige Dinge zu erfor-
ſchen nicht unbilligen koͤnte; und in ſeiner Mey-
nung ſo viel mehr beſtaͤrcket wuͤrde: Es haͤtten
die von der Eitelkeit gereinigten Gemuͤther der
Menſchen eine Krafft noch weit entfernete Zu-
faͤlle vorher zu ſehen. Ja er hielte den zu Capua
etliche Monat fuͤr des Kayſers Julius Ermor-
dung gefundenen Grabeſtein des Capys; dar-
auff ſein Tod bey Aus grabung ſeiner Gebeine
beſtimmet war/ nicht fuͤr eine Erfindung des
Brutus oder Caßius. Hier auff ward der Tag
mit einem praͤchtigen Mahle und allen erſinn-
lichen Luſtbezeigungen hingebracht; ja folgen-
de Nacht ſahe man viel Meilen im Umkreiße
die Berge mit ſpielenden Luſt-Flammen gekroͤ-
net. Der Tag war kaum angebrochen/ als die
anweſenden Reichs-Staͤnde den Koͤnig Mar-
bod durch zwoͤlff Geſandten um Beſchleuni-
gung der vom Verhaͤngnuͤße gleichſam anbe-
fohlenen Heyrath anfleheten. Woꝛauf er ſich deñ
zum Segeſthes verfuͤgte/ ihn des gefundenen
Ringes erinnerte/ ihm auch vorſtellte: wie deſ-
ſen Wahrſagung augenſcheinlich auf ſeine und
ſeiner an der Emß gebohrnen Tochter Heyrath
zielte. Wormit auch kein Menſch an dieſer Aus-
legung zweiffelte; haͤtte das guͤtige Verhaͤng-
nuͤs es ſo wunderlich geſchickt: daß Segeſthes
ſelbſt zum erſten dieſen Goͤttlichen Befehl zu
Geſichte bekommen/ und ihm andeuten muͤſſen.
Beyder Hertze haͤtte ihnen ſchon bey der vorge-
ſtrigen Vertraͤuligkeit geſagt; und ihre Gemuͤ-
ther durch einen geheimen Magnetzug dahin
geleitet; wohin ſie das Verhaͤngnuͤs nun mehr
mit dem Finger wieſe. Weil nun kein kraͤffti-
ger Siegel ihrer Freundſchafft/ als die Ver-
maͤhlung ſeiner Tochter ſeyn koͤnte; Gott auch

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[1284[1286]/1350] Achtes Buch des erſten Bojiſchen Koͤnigs Siegfeſts Nah- men; um den Ring inwendig ins Gold aber folgende Worte in der Gallier Sprache ein- gegraben: Wenn die Elbe dieſes von dem ſterbenden Siegfeſt ihr gewiedme- tes Opffer dem erſten Koͤnige der Marckmaͤnner wieder geben wird; beſchencket ihn die Emß mit einer zwey- fach-verlobten Braut; das Verhaͤng- nuͤs aber mit einer gluͤckſeligen Mut- ter/ mehr als hundert tapferer Reichs- folger. Jederman hoͤrte mit groſſer Ver- wunderung Segeſthens aus dem Ringe geleſe- ne Worte; Marbod ſelbſt ſtellte ſich als unglaͤu- big an; biß er ſolche gleichfalls geleſen; und ward dieſer Ring allen Groſſen/ ja auch der Fuͤrſtin Erdmuth und Thußnelde gegeben dieſe wun- derwuͤrdige Wahrſagung anzuſchauen; welche die einige war/ die dieſe fuͤr einen kuͤnſtlichen Betrug des Marbods hiel; und als die unzehl- bare Menge der zugelauffenen Marckmaͤnner hieruͤber jauchzete/ auch zu Freuden-Feuern und andern Luſtbezeigungen allerhand An- ſtalt machten/ in groſſe Schwermuth verfiel; weil ſie ſich nun auffs neue eines gefaͤhrlichen Liebes-Sturmes beſorgte. Marbod und ſeine groſſen Gaͤſte kamen hierauf wieder auffs Schloß; uñ wor mit er dieſes Ringes ebentheu- erliche Wahrſagung ſo viel mehr beſtaͤrckte/ ließ er aus ſeinem Schatze einen andern Ring her- bey bringen; welchen der letzte Bojiſche Koͤnig ebenfalls aus einem in dem Fluſſe Caßurgis ge- fangenem Fiſche geſchnitten hatte. Derſelbe Ring hatte eben ſo wol Koͤnig Siegfeſts Wa- pen/ Nahmen und dieſe Worte in ſich- Als die Bojen hier feſten Fuß ſetzten; empfieng der Fluß dieſes Geſchencke; giebt es auch nicht ehe als bey ihrer vorſtehenden Entfernung wieder. Die Anweſenden wurden hieruͤber noch mehr ver- wundernd; weil dieſes letzten Ringes Wahrheit allbereit durch die Austreibung der Bojen be- ſtetigt ward. Silius fuͤrnehmlich konte beyde Ringe nicht genungſam betrachten; und ver- meldete: daß er nunmehr der Lycier Gewon- heit von den Fiſchen kuͤnfftige Dinge zu erfor- ſchen nicht unbilligen koͤnte; und in ſeiner Mey- nung ſo viel mehr beſtaͤrcket wuͤrde: Es haͤtten die von der Eitelkeit gereinigten Gemuͤther der Menſchen eine Krafft noch weit entfernete Zu- faͤlle vorher zu ſehen. Ja er hielte den zu Capua etliche Monat fuͤr des Kayſers Julius Ermor- dung gefundenen Grabeſtein des Capys; dar- auff ſein Tod bey Aus grabung ſeiner Gebeine beſtimmet war/ nicht fuͤr eine Erfindung des Brutus oder Caßius. Hier auff ward der Tag mit einem praͤchtigen Mahle und allen erſinn- lichen Luſtbezeigungen hingebracht; ja folgen- de Nacht ſahe man viel Meilen im Umkreiße die Berge mit ſpielenden Luſt-Flammen gekroͤ- net. Der Tag war kaum angebrochen/ als die anweſenden Reichs-Staͤnde den Koͤnig Mar- bod durch zwoͤlff Geſandten um Beſchleuni- gung der vom Verhaͤngnuͤße gleichſam anbe- fohlenen Heyrath anfleheten. Woꝛauf er ſich deñ zum Segeſthes verfuͤgte/ ihn des gefundenen Ringes erinnerte/ ihm auch vorſtellte: wie deſ- ſen Wahrſagung augenſcheinlich auf ſeine und ſeiner an der Emß gebohrnen Tochter Heyrath zielte. Wormit auch kein Menſch an dieſer Aus- legung zweiffelte; haͤtte das guͤtige Verhaͤng- nuͤs es ſo wunderlich geſchickt: daß Segeſthes ſelbſt zum erſten dieſen Goͤttlichen Befehl zu Geſichte bekommen/ und ihm andeuten muͤſſen. Beyder Hertze haͤtte ihnen ſchon bey der vorge- ſtrigen Vertraͤuligkeit geſagt; und ihre Gemuͤ- ther durch einen geheimen Magnetzug dahin geleitet; wohin ſie das Verhaͤngnuͤs nun mehr mit dem Finger wieſe. Weil nun kein kraͤffti- ger Siegel ihrer Freundſchafft/ als die Ver- maͤhlung ſeiner Tochter ſeyn koͤnte; Gott auch ſolche

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1284[1286]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1350>, abgerufen am 23.11.2024.