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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Achtes Buch
[Spaltenumbruch] versetzt worden wäre; in dem ihn theils die Heff-
tigkeit seiner Liebe/ theils sein über so strenger
Verfahrung ängstiges Gewissen beunruhig-
te. Als sie aber schon über die Cattische Grän-
tze in einen Wald kamen/ hörten sie ein erbärm-
liches Geschrey und ein Geräusche von Pfer-
den sich ihnen ie mehr und mehr nähern; weß-
wegen sie sich ein wenig aus dem Wege in ein
Gepüsche setzten. Nach dem sie aber wahr-
nahmen: daß von neun Reutern ein Frauen-
Zimmer von schöner Gestalt und nicht gerin-
gem Ansehen/ wiewol mit zerstreuten Haaren
und zerrissenen Kleidern gewaltsam fortge-
schleppet ward; war Thußnelde die erste/ die
diesen Räubern die unanständige Beute abzu-
nehmen erinnerte; wormit sie und Hertzog
Herrmann nebst denen drey Rittern solche also
fort ansprengten; und ehe sie ihrer recht gewahr
wurden/ fünff Räuber entweder tödteten oder
aus dem Sattel hoben; die vier übrigen aber
auf die Flucht und ihre Beute zu verlassen nö-
thigten. Diß Frauen-Zimmer/ welches sie für
ihr vom Himmel zugeschickte Schutz-Geister
hielt/ wuste nicht Worte genung zu finden für
ihre Erlösung zu dancken; berichtete hiernebst
mit zitternden und erblaßten Lippen: Sie wäre
Rhamis des Cattischen Hertzogs Ukrumer
Tochter/ und eine Braut des Dulgibinischen
Fürsten Segimers/ des Segesthes Brudern.
Diesem zugeführet zu werden wäre sie auf dem
Wege begrieffen gewest; aber von einem
Schwarm mehr als fünffhundert meist Rö-
misch gekleideter Kriegs-Leute überfallen; und
an diesen Ort geschlept worden/ unwissende wie
das Gefechte mit ihren viel schwächern Beglei-
tern abgelauffen seyn würde. Hertzog Herr-
mann und Thußnelde bezeugten gegen dieser
Fürstin ein absonderes Mitleiden; und ver-
sprachen sie in ihrer Gesellschafft ihrem Herrn
Vater in der Stadt Bicurg/ dahin sie ohne diß
der Weg trüge/ zuzubringen. Hertzog Herr-
mann aber bedreute mit gezücktem Degen zwey
[Spaltenumbruch] der noch lebenden Räuber zu entdecken/ wer sie
wären; und auff wessen Befehl sie diesen Raub
begangen hätten? Der eine war so verstockt: daß
er ihm lieber das Schwerdt in Därmen um-
wenden ließ; als ihm einiges Wort abzubrin-
gen war; der andere aber sagte umständlich
heraus: daß Quintilius Varus/ der sich in diese
Fürstin verliebt hätte; als er in seinem Durch-
zuge vom Fürsten Ukrumer aufs herrlichste wä-
re bewirthet worden/ von ihrer Abholung
Kundschafft erlanget/ und sechshundert Reisi-
gen ihr auffzulauern/ und sie ihm zu entführen
befehlicht hätte. Hertzog Herrmann bieß über
dieses Römers Frevel-That die Zähne zusam-
men; und schwur/ die Deutschen entweder die-
ses Jochs zu entbürden/ oder das Leben nicht zu
haben; zwang auch diesen Räuber ihm zu fol-
gen. Sie ritten etwan eine halbe Meile fort/
und kamen auff ein blanck es Feld; wurden aber
alsofort dreyer Hauffen gegen sie ankommen-
den Kriegs-Volcks gewahr; für welchem sie
sich zwar wieder in den Wald zu verstecken ver-
meinten; weil aber ihre Pferde von der starcken
Reise abgemattet waren/ wurden sie bey Zeite
eingeholet und umringt. Gleichwol aber zo-
hen jene wenige von Leder; und ermahnte sie
Hertzog Herrmann mit dem Degen ihnen ei-
nen Weg und Ausflucht zu eröffnen. Es gab
aber ein Ritter/ der den Vordrab führte/ und
die Fürstin Rhamis erkennte/ ihnen ein Zeichen
des Friedens; weil sie keine Feinde wären. Hier-
auff näherte sich auff dieses Ritters Nachricht
alsofort der Führer des erstern Hauffen; sprang
vom Pferde um die Fürstin Rhamis zu empfan-
gen; welcher denn hiermit für den Hertzog Se-
gimer/ der seiner Braut entgegen kam/ erken-
net ward. Als dieser mit der Fürstin Rhamis
sich unterhielt/ kam der andere und dritte Hauf-
fen auch darzu; dessen Führer denn alsofort
Hertzog Herrmann und Thußnelde für Sege-
sthen erkennte; welcher mit tausend Caßuari-
ern gegen dem Meyne gieng/ um das von dem

Tiberius

Achtes Buch
[Spaltenumbruch] verſetzt worden waͤre; in dem ihn theils die Heff-
tigkeit ſeiner Liebe/ theils ſein uͤber ſo ſtrenger
Verfahrung aͤngſtiges Gewiſſen beunruhig-
te. Als ſie aber ſchon uͤber die Cattiſche Graͤn-
tze in einen Wald kamen/ hoͤrten ſie ein erbaͤrm-
liches Geſchrey und ein Geraͤuſche von Pfer-
den ſich ihnen ie mehr und mehr naͤhern; weß-
wegen ſie ſich ein wenig aus dem Wege in ein
Gepuͤſche ſetzten. Nach dem ſie aber wahr-
nahmen: daß von neun Reutern ein Frauen-
Zimmer von ſchoͤner Geſtalt und nicht gerin-
gem Anſehen/ wiewol mit zerſtreuten Haaren
und zerriſſenen Kleidern gewaltſam fortge-
ſchleppet ward; war Thußnelde die erſte/ die
dieſen Raͤubern die unanſtaͤndige Beute abzu-
nehmen erinnerte; wormit ſie und Hertzog
Herrmann nebſt denen drey Rittern ſolche alſo
fort anſprengten; und ehe ſie ihrer recht gewahr
wurden/ fuͤnff Raͤuber entweder toͤdteten oder
aus dem Sattel hoben; die vier uͤbrigen aber
auf die Flucht und ihre Beute zu verlaſſen noͤ-
thigten. Diß Frauen-Zimmer/ welches ſie fuͤr
ihr vom Himmel zugeſchickte Schutz-Geiſter
hielt/ wuſte nicht Worte genung zu finden fuͤr
ihre Erloͤſung zu dancken; berichtete hiernebſt
mit zitternden und erblaßten Lippen: Sie waͤre
Rhamis des Cattiſchen Hertzogs Ukrumer
Tochter/ und eine Braut des Dulgibiniſchen
Fuͤrſten Segimers/ des Segeſthes Brudern.
Dieſem zugefuͤhret zu werden waͤre ſie auf dem
Wege begrieffen geweſt; aber von einem
Schwarm mehr als fuͤnffhundert meiſt Roͤ-
miſch gekleideter Kriegs-Leute uͤberfallen; und
an dieſen Ort geſchlept worden/ unwiſſende wie
das Gefechte mit ihren viel ſchwaͤchern Beglei-
tern abgelauffen ſeyn wuͤrde. Hertzog Herr-
mann und Thußnelde bezeugten gegen dieſer
Fuͤrſtin ein abſonderes Mitleiden; und ver-
ſprachen ſie in ihrer Geſellſchafft ihrem Herꝛn
Vater in der Stadt Bicurg/ dahin ſie ohne diß
der Weg truͤge/ zuzubringen. Hertzog Herr-
mann aber bedreute mit gezuͤcktem Degen zwey
[Spaltenumbruch] der noch lebenden Raͤuber zu entdecken/ wer ſie
waͤren; und auff weſſen Befehl ſie dieſen Raub
begangen haͤtten? Der eine war ſo verſtockt: daß
er ihm lieber das Schwerdt in Daͤrmen um-
wenden ließ; als ihm einiges Wort abzubrin-
gen war; der andere aber ſagte umſtaͤndlich
heraus: daß Quintilius Varus/ der ſich in dieſe
Fuͤrſtin verliebt haͤtte; als er in ſeinem Durch-
zuge vom Fuͤrſten Ukrumer aufs herrlichſte waͤ-
re bewirthet worden/ von ihrer Abholung
Kundſchafft erlanget/ und ſechshundert Reiſi-
gen ihr auffzulauern/ und ſie ihm zu entfuͤhren
befehlicht haͤtte. Hertzog Herrmann bieß uͤber
dieſes Roͤmers Frevel-That die Zaͤhne zuſam-
men; und ſchwur/ die Deutſchen entweder die-
ſes Jochs zu entbuͤrden/ oder das Leben nicht zu
haben; zwang auch dieſen Raͤuber ihm zu fol-
gen. Sie ritten etwan eine halbe Meile fort/
und kamen auff ein blanck es Feld; wurden aber
alſofort dreyer Hauffen gegen ſie ankommen-
den Kriegs-Volcks gewahr; fuͤr welchem ſie
ſich zwar wieder in den Wald zu verſtecken ver-
meinten; weil aber ihre Pferde von der ſtarcken
Reiſe abgemattet waren/ wurden ſie bey Zeite
eingeholet und umringt. Gleichwol aber zo-
hen jene wenige von Leder; und ermahnte ſie
Hertzog Herrmann mit dem Degen ihnen ei-
nen Weg und Ausflucht zu eroͤffnen. Es gab
aber ein Ritter/ der den Vordrab fuͤhrte/ und
die Fuͤrſtin Rhamis erkennte/ ihnen ein Zeichen
des Friedens; weil ſie keine Feinde waͤren. Hier-
auff naͤherte ſich auff dieſes Ritters Nachricht
alſofort der Fuͤhrer des erſtern Hauffen; ſprang
vom Pferde um die Fuͤrſtin Rhamis zu empfan-
gen; welcher denn hiermit fuͤr den Hertzog Se-
gimer/ der ſeiner Braut entgegen kam/ erken-
net ward. Als dieſer mit der Fuͤrſtin Rhamis
ſich unterhielt/ kam der andere und dritte Hauf-
fen auch darzu; deſſen Fuͤhrer denn alſofort
Hertzog Herrmann und Thußnelde fuͤr Sege-
ſthen erkennte; welcher mit tauſend Caßuari-
ern gegen dem Meyne gieng/ um das von dem

Tiberius
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[1294[1296]/1360] Achtes Buch verſetzt worden waͤre; in dem ihn theils die Heff- tigkeit ſeiner Liebe/ theils ſein uͤber ſo ſtrenger Verfahrung aͤngſtiges Gewiſſen beunruhig- te. Als ſie aber ſchon uͤber die Cattiſche Graͤn- tze in einen Wald kamen/ hoͤrten ſie ein erbaͤrm- liches Geſchrey und ein Geraͤuſche von Pfer- den ſich ihnen ie mehr und mehr naͤhern; weß- wegen ſie ſich ein wenig aus dem Wege in ein Gepuͤſche ſetzten. Nach dem ſie aber wahr- nahmen: daß von neun Reutern ein Frauen- Zimmer von ſchoͤner Geſtalt und nicht gerin- gem Anſehen/ wiewol mit zerſtreuten Haaren und zerriſſenen Kleidern gewaltſam fortge- ſchleppet ward; war Thußnelde die erſte/ die dieſen Raͤubern die unanſtaͤndige Beute abzu- nehmen erinnerte; wormit ſie und Hertzog Herrmann nebſt denen drey Rittern ſolche alſo fort anſprengten; und ehe ſie ihrer recht gewahr wurden/ fuͤnff Raͤuber entweder toͤdteten oder aus dem Sattel hoben; die vier uͤbrigen aber auf die Flucht und ihre Beute zu verlaſſen noͤ- thigten. Diß Frauen-Zimmer/ welches ſie fuͤr ihr vom Himmel zugeſchickte Schutz-Geiſter hielt/ wuſte nicht Worte genung zu finden fuͤr ihre Erloͤſung zu dancken; berichtete hiernebſt mit zitternden und erblaßten Lippen: Sie waͤre Rhamis des Cattiſchen Hertzogs Ukrumer Tochter/ und eine Braut des Dulgibiniſchen Fuͤrſten Segimers/ des Segeſthes Brudern. Dieſem zugefuͤhret zu werden waͤre ſie auf dem Wege begrieffen geweſt; aber von einem Schwarm mehr als fuͤnffhundert meiſt Roͤ- miſch gekleideter Kriegs-Leute uͤberfallen; und an dieſen Ort geſchlept worden/ unwiſſende wie das Gefechte mit ihren viel ſchwaͤchern Beglei- tern abgelauffen ſeyn wuͤrde. Hertzog Herr- mann und Thußnelde bezeugten gegen dieſer Fuͤrſtin ein abſonderes Mitleiden; und ver- ſprachen ſie in ihrer Geſellſchafft ihrem Herꝛn Vater in der Stadt Bicurg/ dahin ſie ohne diß der Weg truͤge/ zuzubringen. Hertzog Herr- mann aber bedreute mit gezuͤcktem Degen zwey der noch lebenden Raͤuber zu entdecken/ wer ſie waͤren; und auff weſſen Befehl ſie dieſen Raub begangen haͤtten? Der eine war ſo verſtockt: daß er ihm lieber das Schwerdt in Daͤrmen um- wenden ließ; als ihm einiges Wort abzubrin- gen war; der andere aber ſagte umſtaͤndlich heraus: daß Quintilius Varus/ der ſich in dieſe Fuͤrſtin verliebt haͤtte; als er in ſeinem Durch- zuge vom Fuͤrſten Ukrumer aufs herrlichſte waͤ- re bewirthet worden/ von ihrer Abholung Kundſchafft erlanget/ und ſechshundert Reiſi- gen ihr auffzulauern/ und ſie ihm zu entfuͤhren befehlicht haͤtte. Hertzog Herrmann bieß uͤber dieſes Roͤmers Frevel-That die Zaͤhne zuſam- men; und ſchwur/ die Deutſchen entweder die- ſes Jochs zu entbuͤrden/ oder das Leben nicht zu haben; zwang auch dieſen Raͤuber ihm zu fol- gen. Sie ritten etwan eine halbe Meile fort/ und kamen auff ein blanck es Feld; wurden aber alſofort dreyer Hauffen gegen ſie ankommen- den Kriegs-Volcks gewahr; fuͤr welchem ſie ſich zwar wieder in den Wald zu verſtecken ver- meinten; weil aber ihre Pferde von der ſtarcken Reiſe abgemattet waren/ wurden ſie bey Zeite eingeholet und umringt. Gleichwol aber zo- hen jene wenige von Leder; und ermahnte ſie Hertzog Herrmann mit dem Degen ihnen ei- nen Weg und Ausflucht zu eroͤffnen. Es gab aber ein Ritter/ der den Vordrab fuͤhrte/ und die Fuͤrſtin Rhamis erkennte/ ihnen ein Zeichen des Friedens; weil ſie keine Feinde waͤren. Hier- auff naͤherte ſich auff dieſes Ritters Nachricht alſofort der Fuͤhrer des erſtern Hauffen; ſprang vom Pferde um die Fuͤrſtin Rhamis zu empfan- gen; welcher denn hiermit fuͤr den Hertzog Se- gimer/ der ſeiner Braut entgegen kam/ erken- net ward. Als dieſer mit der Fuͤrſtin Rhamis ſich unterhielt/ kam der andere und dritte Hauf- fen auch darzu; deſſen Fuͤhrer denn alſofort Hertzog Herrmann und Thußnelde fuͤr Sege- ſthen erkennte; welcher mit tauſend Caßuari- ern gegen dem Meyne gieng/ um das von dem Tiberius

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1294[1296]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1360>, abgerufen am 23.11.2024.