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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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[Spaltenumbruch] Speise-Saal kamen/ und sich durch die Men-
ge der Aufwartenden durch drangen/ zugleich
aber einer ihnen folgenden Amazonischen Hel-
din Raum machten; welche mit einem durch
Freundligkeit vermischten Ernste Thußnelden
derogestalt anredete: Antiope der unüber-
windlichen Amazonen Königin wäre durch das
vom Hertzog Herrmann die Welt durch flügen-
de Geschrey wie Alcibiades in die Odatis/ (ob
dieser gleich seine Buhlschafft nur im Traume/
jener gar nicht gesehen/) verliebet worden.
Dieses unruhige Feuer hätte sie mit unauslesch-
licher Begierde entzündet/ diesen deutschen Her-
cules/ als ihre Uhr-Ahn-Frau die Fürstin Tha-
lestris den grossen Alexander zu umbarmen.
Zu dem Ende wäre sie mit dreyhundert Hel-
dinnen einen viel weitern Weg in der Nähe an-
kommen. Sie hätte an der Gewehrung we-
niger/ als an dem morgenden Aufgange der
Sonne gezweifelt; weil sie wüste: daß die
Deutschen ihres Geblütes wären/ und so wohl
als die Sarmaten iederzeit so sehnlich nach der
Amazonen Heyrath geseufzet hätten. Gleich-
wohl hätte sie seine anderwertige Vermählung
mit der heftigsten Gemüths-Regung vernom-
men. Nachdem aber die Sonne das Licht allen
andern Gestirnen ausleschte; und sie sich erin-
nerte: daß der streitbare Theseus wegen seiner
liebern Aegle Ariadnen/ wegen Antiopens
(welcher sie nichts minder an Geblüte/ als im
Nahmen gleich wäre/) des Ajax Mutter Peri-
böa/ und andere Buhlschafften verstossen hätte;
hoffte sie: es würde Thußnelde nunmehr ihr
eigenbeweglich so wohl Bette als Würde ein-
räumen; wo sie sich nicht vom Hertzog Herr-
mann verschmähet/ oder von Antiopen durchs
Recht der Waffen verdrungen wissen wolte.
Als diese Amazonin nun von Thußnelden kein
Wort/ sondern von dem sämmtlichen Frauen zim-
mer nur ein höfliches Lachen zur Antwort er-
hielt; schoß sie einen Pfeil durch einen Ring in
die Decke/ und warff einen Püschel-voll brau-
[Spaltenumbruch] ner Feilgen auf die Taffel; welch letzteres da-
hin ausgelegt ward: daß Antiope so wohl von
Eiversucht gegen Thußnelden/ als von Liebe
gegen den Feldherren brennete; das erstere
aber: daß sie mit ihren Waffen ein Loch durch
Thußneldens Heyrath zu machen gedächte.

Dieses Fede-Weib war kaum aus dem Ge-
mache; als zwölff umbs Haupt mit seidenen
Binden geputzte/ am Leibe mit Zinober gemahl-
te Mohren-Knaben mit so viel von wohlrüchen-
dem Zunder unterhaltenen Ampeln erschienen.
Diesen folgte eine Mohrin/ welche an der Unter-
Lippe einen messenen Ring hengen/ in der rech-
ten Hand einen güldenen Apfel/ in der lincken
eine rauche Kästen-Nuß hatte. Uber den
Rücken hieng ihr ein Bogen vier Ellenbogen
lang/ an der Seite ein Köcher mit vergüldeten
Pfeilen. Diese redete/ nachdem alle durch ihr
Stillschweigen ihren Vortrag zu vernehmen
bezeigten/ sie derogestalt an: Die Mohren-
Königin Candace hätte nach dem Beyspiele ih-
rer Vorfahren in der Welt den vollkommen-
sten Fürsten aufzusuchen ihr fürgesetzt/ welcher
würdig wäre nichts minder dem Mohrenlande
eine künftige Beherrscherin/ als einer so vollkom-
menen Heldin in der Liebe Vergnügung zu ge-
ben; weil ihre Landes-Gesetze dem männlichen
Geschlechte den Königlichen Stul/ den Köni-
ginnen eine beständige Eh verschrenckten. Der
weltkündige Ruhm des Fürstens Herrmann
hätte sie desthalben wie ein Magnet in Deutsch-
land gezogen; mit dem Vorsatze nichts minder
von ihm das Glücke zu genüssen: daß ein so
vollkommener Held sie schwängern/ als mit
Kriegshülffe ihr unter die Armen greiffen würde.
Sintemal sie entweder zu ster ben/ oder ihrer
Mutter vom Petronius erlittene Niederlage
gegen die Römer zu rächen ein Gelübde gethan
hätte. Sie vernehme aber bestürtzt die Rau-
igkeit der deutschen Sitten; welche die Män-
ner zu Knechten eines einigen Weibes machten;
ja das andere mal zu heyrathen verschrenckten.

Wor-

Neuntes Buch
[Spaltenumbruch] Speiſe-Saal kamen/ und ſich durch die Men-
ge der Aufwartenden durch drangen/ zugleich
aber einer ihnen folgenden Amazoniſchen Hel-
din Raum machten; welche mit einem durch
Freundligkeit vermiſchten Ernſte Thußnelden
derogeſtalt anredete: Antiope der unuͤber-
windlichen Amazonen Koͤnigin waͤre durch das
vom Hertzog Herrmann die Welt durch fluͤgen-
de Geſchrey wie Alcibiades in die Odatis/ (ob
dieſer gleich ſeine Buhlſchafft nur im Traume/
jener gar nicht geſehen/) verliebet worden.
Dieſes unruhige Feuer haͤtte ſie mit unausleſch-
licher Begierde entzuͤndet/ dieſen deutſchen Her-
cules/ als ihre Uhr-Ahn-Frau die Fuͤrſtin Tha-
leſtris den groſſen Alexander zu umbarmen.
Zu dem Ende waͤre ſie mit dreyhundert Hel-
dinnen einen viel weitern Weg in der Naͤhe an-
kommen. Sie haͤtte an der Gewehrung we-
niger/ als an dem morgenden Aufgange der
Sonne gezweifelt; weil ſie wuͤſte: daß die
Deutſchen ihres Gebluͤtes waͤren/ und ſo wohl
als die Sarmaten iederzeit ſo ſehnlich nach der
Amazonen Heyrath geſeufzet haͤtten. Gleich-
wohl haͤtte ſie ſeine anderwertige Vermaͤhlung
mit der heftigſten Gemuͤths-Regung vernom-
men. Nachdem aber die Sonne das Licht allen
andern Geſtirnen ausleſchte; und ſie ſich erin-
nerte: daß der ſtreitbare Theſeus wegen ſeiner
liebern Aegle Ariadnen/ wegen Antiopens
(welcher ſie nichts minder an Gebluͤte/ als im
Nahmen gleich waͤre/) des Ajax Mutter Peri-
boͤa/ und andere Buhlſchafften verſtoſſen haͤtte;
hoffte ſie: es wuͤrde Thußnelde nunmehr ihr
eigenbeweglich ſo wohl Bette als Wuͤrde ein-
raͤumen; wo ſie ſich nicht vom Hertzog Herr-
mann verſchmaͤhet/ oder von Antiopen durchs
Recht der Waffen verdrungen wiſſen wolte.
Als dieſe Amazonin nun von Thußnelden kein
Wort/ ſondern von dem ſaͤm̃tlichen Frauen zim-
mer nur ein hoͤfliches Lachen zur Antwort er-
hielt; ſchoß ſie einen Pfeil durch einen Ring in
die Decke/ und warff einen Puͤſchel-voll brau-
[Spaltenumbruch] ner Feilgen auf die Taffel; welch letzteres da-
hin ausgelegt ward: daß Antiope ſo wohl von
Eiverſucht gegen Thußnelden/ als von Liebe
gegen den Feldherren brennete; das erſtere
aber: daß ſie mit ihren Waffen ein Loch durch
Thußneldens Heyrath zu machen gedaͤchte.

Dieſes Fede-Weib war kaum aus dem Ge-
mache; als zwoͤlff umbs Haupt mit ſeidenen
Binden geputzte/ am Leibe mit Zinober gemahl-
te Mohren-Knaben mit ſo viel von wohlruͤchen-
dem Zunder unterhaltenen Ampeln erſchienen.
Dieſen folgte eine Mohrin/ welche an der Unteꝛ-
Lippe einen meſſenen Ring hengen/ in der rech-
ten Hand einen guͤldenen Apfel/ in der lincken
eine rauche Kaͤſten-Nuß hatte. Uber den
Ruͤcken hieng ihr ein Bogen vier Ellenbogen
lang/ an der Seite ein Koͤcher mit verguͤldeten
Pfeilen. Dieſe redete/ nachdem alle durch ihr
Stillſchweigen ihren Vortrag zu vernehmen
bezeigten/ ſie derogeſtalt an: Die Mohren-
Koͤnigin Candace haͤtte nach dem Beyſpiele ih-
rer Vorfahren in der Welt den vollkommen-
ſten Fuͤrſten aufzuſuchen ihr fuͤrgeſetzt/ welcher
wuͤrdig waͤre nichts minder dem Mohrenlande
eine kuͤnftige Beherꝛſcherin/ als einer ſo vollkom-
menen Heldin in der Liebe Vergnuͤgung zu ge-
ben; weil ihre Landes-Geſetze dem maͤnnlichen
Geſchlechte den Koͤniglichen Stul/ den Koͤni-
ginnen eine beſtaͤndige Eh verſchrenckten. Der
weltkuͤndige Ruhm des Fuͤrſtens Herrmann
haͤtte ſie deſthalben wie ein Magnet in Deutſch-
land gezogen; mit dem Vorſatze nichts minder
von ihm das Gluͤcke zu genuͤſſen: daß ein ſo
vollkommener Held ſie ſchwaͤngern/ als mit
Kriegshuͤlffe ihr unter die Armẽ greiffen wuͤꝛde.
Sintemal ſie entweder zu ſter ben/ oder ihrer
Mutter vom Petronius erlittene Niederlage
gegen die Roͤmer zu raͤchen ein Geluͤbde gethan
haͤtte. Sie vernehme aber beſtuͤrtzt die Rau-
igkeit der deutſchen Sitten; welche die Maͤn-
ner zu Knechten eines einigen Weibes machten;
ja das andere mal zu heyrathen verſchrenckten.

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1402[1404]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1470>, abgerufen am 23.11.2024.