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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] grosse Schleudern/ und darunter eine/ welche
Steine von drey hundert Pfunden und funf-
zehn-elligte Pfeile warff. Das darauf befind-
liche Heiligthum der Venus war mit Agath ge-
pflastert/ die Thüren von Helffenbein/ und alles
voller Bilder und Säulen. Der andern Zim-
mer Pflaster waren kleine vielfärbichte Kiesel-
steine/ welche die gantze Geschichte von Troja
abbildeten. Dionysius flohe aus Sicilien auf
einem Schiffe/ darauf sechs tausend Menschen
Raum hatten. Lucullus bauete ein so grosses/
darauf man jagen konte/ und Käyser Julius
eroberte in der Pharsalischen Schlacht eines/
darauf ein gantzer Wald fruchtbarer Bäume
stand. Nichts minder ist die Grösse der Schif-
fe ausser Augen zu setzen/ darauf Käyser August
den nach Puteoli versetzten Spitz-Pfeiler des
Königs Mesphees und einen andern wohl hun-
dert Ellen langen des Königs Senneserteus o-
der vielmehr des Psammirtaus nach Rom ge-
bracht und auf den grösten Platz gesetzt hat.
Nichts weniger hat es denen Alten an geschwin-
den Schiffen nicht gefehlet; und ist insonderheit
des Annibals von Rhodis und ein ander Car-
thaginensisches berühmt/ welches vielmahl der
Römer gantze Schiffs-Flotte ausgefodert/ und
durch seine Flüchtigkeit geäffet hat. Rheme-
talces fing an: Jch bin ebenfalls der Meinung/
daß hieran das Hindernüß der so fernen Schif-
farth nicht liege; Ob ich wohl weiß/ daß der
Deutschen und Gallier Schiffe aus eitel eich-
nem Holtze/ und zwar mit Fleiß wider Sturm
und Wellen sehr starck gebauet/ die Ancker an
eiserne Ketten gehenckt/ die Segel aus zusam-
men geneheten Häuten wilder Thiere gemacht
sind. Alleine weil ich aus Malovends Reden
so viel abnehme/ daß sie nebst dem Gestirne noch
andere Richtschnuren ihrer Schiffarth haben/
mögen sie es solchen Vortheils halber vielleicht
andern Völckern zuvor thun. Massen man
denn insgemein glaubt: daß die Carthaginen-
ser dergleichen Kunst gehabt/ und die Serer
[Spaltenumbruch] solche noch haben. Es ist wahr/ sagte Zeno:
Denn die Serer wissen durch die Wendung
eines gewissen Steines auch in dem untersten
Schiffe und bey stockfinsterer Nacht ihre Farth/
wohin sie gehe/ zu erkiesen. Aber mögen wir
das Geheimnüß der Deutschen nicht wissen?
Malovend versetzte: Jch bin wohl weder unter
den Fischen noch dem Meerschweine gebohren/
und also auch von Natur kein geschickter Schiff-
mann; iedoch meine ich ihnen etwas zu eröffnen/
welches zweiffelsfrey auch vielen derer verbor-
gen ist/ die gleich ihnen in einen Edelstein ein
Schiff mit einem verdreheten Vordertheile und
ausgespannten Segeln schneiden lassen/ wenn
die Sonne im Löwen/ Mars und Saturn a-
ber gegen Mittag stehet/ und solchen als einen
Glücksstein an dem Finger tragen. Unsere
Friesen/ sagte er/ schmieden mit ihrem gerade
gegen den Mittag gekehrten Antlitze eine stäh-
lerne Nadel/ und ziehen den glüenden Drat
auf dem Ambosse unter den Hämmern recht ge-
gen sich und Mitternacht. Dieselbe Spitze
hat hernach diese geheime Krafft/ daß/ wenn
man die Nadel in der Mitte feste/ iedoch zum
umwenden geschickt macht/ sie sich allezeit gegen
Mitternacht wendet/ und also ein richtiger
Wegweiser der Schiffer ist. Rhemetalces und
Zeno wunderten sich über diesem Geheimnüsse
nicht wenig/ und fragte dieser: Ob die Krafft
dieser Nadel aus natürlichen Ursachen oder
aus Zauberey herrührte. Malovend antwortete:
Er hätte das letztere gute Zeit geglaubt/ weil die
Friesischen Schmiede ihn versicherthätten/ daß
wenn sie die Nadeln ohne Vorsatz der Spitze
einem solchen Zug einzuverleiben schmiedeten/ sie
auch solcher Krafft nicht fähig würden; Gleich als
wenn die menschliche Einbildung eine Botmäs-
sigkeit über die Gestirne hätte/ daß sie dem Ertzte
gewisse Würckungen einflössen müsten. Nach
dem er aber hätte wahr genommen/ daß alles
ausgekochte Eisen/ ohne Absehn des Schmeltzers/
zweyerley Stücke in sich habe/ derer etliche dem

Nord
R 2

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] groſſe Schleudern/ und darunter eine/ welche
Steine von drey hundert Pfunden und funf-
zehn-elligte Pfeile warff. Das darauf befind-
liche Heiligthum der Venus war mit Agath ge-
pflaſtert/ die Thuͤren von Helffenbein/ und alles
voller Bilder und Saͤulen. Der andern Zim-
mer Pflaſter waren kleine vielfaͤrbichte Kieſel-
ſteine/ welche die gantze Geſchichte von Troja
abbildeten. Dionyſius flohe aus Sicilien auf
einem Schiffe/ darauf ſechs tauſend Menſchen
Raum hatten. Lucullus bauete ein ſo groſſes/
darauf man jagen konte/ und Kaͤyſer Julius
eroberte in der Pharſaliſchen Schlacht eines/
darauf ein gantzer Wald fruchtbarer Baͤume
ſtand. Nichts minder iſt die Groͤſſe der Schif-
fe auſſer Augen zu ſetzen/ darauf Kaͤyſer Auguſt
den nach Puteoli verſetzten Spitz-Pfeiler des
Koͤnigs Meſphees und einen andern wohl hun-
dert Ellen langen des Koͤnigs Senneſerteus o-
der vielmehr des Pſammirtaus nach Rom ge-
bracht und auf den groͤſten Platz geſetzt hat.
Nichts weniger hat es denen Alten an geſchwin-
den Schiffen nicht gefehlet; und iſt inſonderheit
des Annibals von Rhodis und ein ander Car-
thaginenſiſches beruͤhmt/ welches vielmahl der
Roͤmer gantze Schiffs-Flotte ausgefodert/ und
durch ſeine Fluͤchtigkeit geaͤffet hat. Rheme-
talces fing an: Jch bin ebenfalls der Meinung/
daß hieran das Hindernuͤß der ſo fernen Schif-
farth nicht liege; Ob ich wohl weiß/ daß der
Deutſchen und Gallier Schiffe aus eitel eich-
nem Holtze/ und zwar mit Fleiß wider Sturm
und Wellen ſehr ſtarck gebauet/ die Ancker an
eiſerne Ketten gehenckt/ die Segel aus zuſam-
men geneheten Haͤuten wilder Thiere gemacht
ſind. Alleine weil ich aus Malovends Reden
ſo viel abnehme/ daß ſie nebſt dem Geſtirne noch
andere Richtſchnuren ihrer Schiffarth haben/
moͤgen ſie es ſolchen Vortheils halber vielleicht
andern Voͤlckern zuvor thun. Maſſen man
denn insgemein glaubt: daß die Carthaginen-
ſer dergleichen Kunſt gehabt/ und die Serer
[Spaltenumbruch] ſolche noch haben. Es iſt wahr/ ſagte Zeno:
Denn die Serer wiſſen durch die Wendung
eines gewiſſen Steines auch in dem unterſten
Schiffe und bey ſtockfinſterer Nacht ihre Farth/
wohin ſie gehe/ zu erkieſen. Aber moͤgen wir
das Geheimnuͤß der Deutſchen nicht wiſſen?
Malovend verſetzte: Jch bin wohl weder unter
den Fiſchen noch dem Meerſchweine gebohren/
und alſo auch von Natur kein geſchickter Schiff-
mañ; iedoch meine ich ihnen etwas zu eroͤffnen/
welches zweiffelsfrey auch vielen derer verbor-
gen iſt/ die gleich ihnen in einen Edelſtein ein
Schiff mit einem verdreheten Vordertheile und
ausgeſpannten Segeln ſchneiden laſſen/ wenn
die Sonne im Loͤwen/ Mars und Saturn a-
ber gegen Mittag ſtehet/ und ſolchen als einen
Gluͤcksſtein an dem Finger tragen. Unſere
Frieſen/ ſagte er/ ſchmieden mit ihrem gerade
gegen den Mittag gekehrten Antlitze eine ſtaͤh-
lerne Nadel/ und ziehen den gluͤenden Drat
auf dem Amboſſe unter den Haͤmmern recht ge-
gen ſich und Mitternacht. Dieſelbe Spitze
hat hernach dieſe geheime Krafft/ daß/ wenn
man die Nadel in der Mitte feſte/ iedoch zum
umwenden geſchickt macht/ ſie ſich allezeit gegen
Mitternacht wendet/ und alſo ein richtiger
Wegweiſer der Schiffer iſt. Rhemetalces und
Zeno wunderten ſich uͤber dieſem Geheimnuͤſſe
nicht wenig/ und fragte dieſer: Ob die Krafft
dieſer Nadel aus natuͤrlichen Urſachen oder
aus Zauberey herruͤhrte. Malovend antwortete:
Er haͤtte das letztere gute Zeit geglaubt/ weil die
Frieſiſchen Schmiede ihn verſicherthaͤtten/ daß
wenn ſie die Nadeln ohne Vorſatz der Spitze
einem ſolchen Zug einzuveꝛleiben ſchmiedeten/ ſie
auch ſolcheꝛ Krafft nicht faͤhig wuͤrden; Gleich als
wenn die menſchliche Einbildung eine Botmaͤſ-
ſigkeit uͤber die Geſtirne haͤtte/ daß ſie dem Ertzte
gewiſſe Wuͤrckungen einfloͤſſen muͤſten. Nach
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/181>, abgerufen am 24.11.2024.