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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] dreymal-grossen Hermes/ den Gebrauch allei-
ne den Königen zugeeignet/ die Art der Zuberei-
tung hinter die Gedichte vom Osiris/ Horus/
Typhon und der Jsis versteckt hätten. Uber-
diß gestünden auch die Verneiner dieser Kunst/
daß keine natürliche Ursache verhanden wäre/
daraus man nothschlüßlich die Unmögligkeit/
aus geringerm Ertzte Gold zu machen/ erzwin-
gen könte. Am wenigsten aber thäte diese Wis-
senschafft der Natur und ihrem Ansehn einigen
Abbruch. Denn wie die Kunst der Natur in
vielen Sachen zu hülffe käme/ durch Propffun-
gen die Baum-Früchte verbesserte/ durch Ver-
setzung des Zwiebelwercks das Geblüme voll
und schöner/ durch gewisse Gläser Melonen/
und andere Gewächse für der Zeit reif machte;
also vertrete in vielen andern Fällen unser irr-
disches Feuer die Stelle der Sonnenwärmbde/
ja die Künstler kämen mit jenem/ welches sie
nach Nothdurfft der Sachen erhöhen oder min-
dern könten/ in Schmeltz- und Ausziehung des
Ertzts und der Kräuter weiter/ als es die Sonne
damit zubringen wüste. Unlaugbar wäre es/
daß Qvecksilber und Alaun das Gold gar ge-
schwinde von geringerm Zusatze reinigen/ das
irrdische Feuer das Gold reiffer und vollkom-
mener machen/ und derogestalt es der Sonne
zuvor thun könte. Die Mögligkeit geringer
Ertzt in Gold zu verwandeln wäre denen
Grund-Gesetzen der Naturkündiger auch ge-
mäß/ nach dem Anaxagoras und Democritus
schon für längst ausgeführet hätten: Es wären
in der Welt alle Dinge so vermischt/ daß nichts
wäre/ was man nicht in iedem andern antrefse.
Jnsonderheit wären die Metalle in ihrem selbst-
ständigen Wesen nicht von einander unterschie-
den. Saltz/ Schwefel und Qvecksilber sey al-
ler ihr Talg/ die Vermischung unterscheidete sie
allein/ und daß ein oder das andere von diesen
Dingen in einem mehr/ als in dem andern/ reif
worden sey. Dahero wäre dieses keine gantz
wesentliche Verwandelung zweyer in dem
[Spaltenumbruch] Selbststande gantz unterschiedene Dinge/ son-
dern nur eine Auskoch- oder Ausbrütung des
Unvollkommenen. Wie denn in Pannonien
durch Güte desselben Erdreichs das gesäete Ro-
cken-Korn im dritten Jahre zu Weitzen würde.
Oder/ da auch das Wesen selbst verwandelt wür-
de/ wäre solche der Natur nicht unbekand. Der
Augenschein würde ieden überzeugen/ daß in
Pannonien/ unferne von dem Flusse Granua/
in einem Wasser das darein geworffene Eisen
zu vollkommenem Kupfer werde. An einem
andern Orte werde das Holtz zum Steine. Wie
auch die irrdischen Dinge theils durch einen na-
türlichen/ theils durch einen gewaltsamen Tod
vergingen/ nicht anders wäre es mit ihrer Zeu-
gung beschaffen/ und gebe die Kunst mehrmals
eine Schöpfferin ab/ wenn sie an statt des Brü-
tens/ durch gewisse Wärmbde aus den Eyern
Geflügel brächte/ und aus todten Dingen
Mäuse/ Kefer/ Frösche/ Schlangen und andere
lebhafte Thiere machte/ welche ihrer fühlenden
Seele halber edler/ als das Gold/ wären. Daß
diese Wissenschafft aber so seltzam wäre/ könte
ihrem warhaften Wesen nichts benehmen.
Weil die Menschen alle Dinge nicht nach ihrer
eigentlichen Köstligkeit/ sondern nach dem ein
oder anders ungemein wäre/ schätzten/ hätte die
gütige Natur selbst Belieben getragen/ ihre
Köstligkeiten sparsamer wachsen zu lassen. Die
Edelgesteine finde man nur in wenigen Län-
dern; der Ambra würde mit kleinen Körnern
aus dem Meere/ und die Perlen aus wenigen
Flüssen zusammen geklaubt. Es wüchse tau-
send mal mehr Unkraut/ als Jasmin und Rha-
barber. Warum solten denn die warhafften
Weisen mit dieser Wissenschafft so verschwende-
risch umgehen? Wenn sie dieses Geheimnüß
dem alberen Pöfel so gemein machten/ würden
sie nicht allein wider den der Natur geleisteten
Eyd/ der den Affen perlene Halsbänder umzu-
machen verbiete/ sondern auch wider den Zweck
dieser himmlischen Wissenschafft/ welche keine

Magd
Erster Theil. Z

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] dreymal-groſſen Hermes/ den Gebrauch allei-
ne den Koͤnigen zugeeignet/ die Art der Zuberei-
tung hinter die Gedichte vom Oſiris/ Horus/
Typhon und der Jſis verſteckt haͤtten. Uber-
diß geſtuͤnden auch die Verneiner dieſer Kunſt/
daß keine natuͤrliche Urſache verhanden waͤre/
daraus man nothſchluͤßlich die Unmoͤgligkeit/
aus geringerm Ertzte Gold zu machen/ erzwin-
gen koͤnte. Am wenigſten aber thaͤte dieſe Wiſ-
ſenſchafft der Natur und ihrem Anſehn einigen
Abbruch. Denn wie die Kunſt der Natur in
vielen Sachen zu huͤlffe kaͤme/ durch Propffun-
gen die Baum-Fruͤchte verbeſſerte/ durch Ver-
ſetzung des Zwiebelwercks das Gebluͤme voll
und ſchoͤner/ durch gewiſſe Glaͤſer Melonen/
und andere Gewaͤchſe fuͤr der Zeit reif machte;
alſo vertrete in vielen andern Faͤllen unſer irr-
diſches Feuer die Stelle der Sonnenwaͤrmbde/
ja die Kuͤnſtler kaͤmen mit jenem/ welches ſie
nach Nothdurfft der Sachen erhoͤhen oder min-
dern koͤnten/ in Schmeltz- und Ausziehung des
Ertzts und der Kraͤuter weiter/ als es die Sonne
damit zubringen wuͤſte. Unlaugbar waͤre es/
daß Qveckſilber und Alaun das Gold gar ge-
ſchwinde von geringerm Zuſatze reinigen/ das
irrdiſche Feuer das Gold reiffer und vollkom-
mener machen/ und derogeſtalt es der Sonne
zuvor thun koͤnte. Die Moͤgligkeit geringer
Ertzt in Gold zu verwandeln waͤre denen
Grund-Geſetzen der Naturkuͤndiger auch ge-
maͤß/ nach dem Anaxagoras und Democritus
ſchon fuͤr laͤngſt ausgefuͤhret haͤtten: Es waͤren
in der Welt alle Dinge ſo vermiſcht/ daß nichts
waͤre/ was man nicht in iedem andern antrefſe.
Jnſonderheit waͤren die Metalle in ihrem ſelbſt-
ſtaͤndigen Weſen nicht von einander unterſchie-
den. Saltz/ Schwefel und Qveckſilber ſey al-
ler ihr Talg/ die Vermiſchung unterſcheidete ſie
allein/ und daß ein oder das andere von dieſen
Dingen in einem mehr/ als in dem andern/ reif
worden ſey. Dahero waͤre dieſes keine gantz
weſentliche Verwandelung zweyer in dem
[Spaltenumbruch] Selbſtſtande gantz unterſchiedene Dinge/ ſon-
dern nur eine Auskoch- oder Ausbruͤtung des
Unvollkommenen. Wie denn in Pannonien
durch Guͤte deſſelben Erdreichs das geſaͤete Ro-
cken-Korn im dritten Jahre zu Weitzen wuͤrde.
Oder/ da auch das Weſen ſelbſt verwandelt wuͤr-
de/ waͤre ſolche der Natur nicht unbekand. Der
Augenſchein wuͤrde ieden uͤberzeugen/ daß in
Pannonien/ unferne von dem Fluſſe Granua/
in einem Waſſer das darein geworffene Eiſen
zu vollkommenem Kupfer werde. An einem
andern Orte werde das Holtz zum Steine. Wie
auch die irrdiſchen Dinge theils durch einen na-
tuͤrlichen/ theils durch einen gewaltſamen Tod
vergingen/ nicht anders waͤre es mit ihrer Zeu-
gung beſchaffen/ und gebe die Kunſt mehrmals
eine Schoͤpfferin ab/ wenn ſie an ſtatt des Bruͤ-
tens/ durch gewiſſe Waͤrmbde aus den Eyern
Gefluͤgel braͤchte/ und aus todten Dingen
Maͤuſe/ Kefer/ Froͤſche/ Schlangen und andere
lebhafte Thiere machte/ welche ihrer fuͤhlenden
Seele halber edler/ als das Gold/ waͤren. Daß
dieſe Wiſſenſchafft aber ſo ſeltzam waͤre/ koͤnte
ihrem warhaften Weſen nichts benehmen.
Weil die Menſchen alle Dinge nicht nach ihrer
eigentlichen Koͤſtligkeit/ ſondern nach dem ein
oder anders ungemein waͤre/ ſchaͤtzten/ haͤtte die
guͤtige Natur ſelbſt Belieben getragen/ ihre
Koͤſtligkeiten ſparſamer wachſen zu laſſen. Die
Edelgeſteine finde man nur in wenigen Laͤn-
dern; der Ambra wuͤrde mit kleinen Koͤrnern
aus dem Meere/ und die Perlen aus wenigen
Fluͤſſen zuſammen geklaubt. Es wuͤchſe tau-
ſend mal mehr Unkraut/ als Jaſmin und Rha-
barber. Warum ſolten denn die warhafften
Weiſen mit dieſer Wiſſenſchafft ſo verſchwende-
riſch umgehen? Wenn ſie dieſes Geheimnuͤß
dem alberen Poͤfel ſo gemein machten/ wuͤrden
ſie nicht allein wider den der Natur geleiſteten
Eyd/ der den Affen perlene Halsbaͤnder umzu-
machen verbiete/ ſondern auch wider den Zweck
dieſer himmliſchen Wiſſenſchafft/ welche keine

Magd
Erſter Theil. Z
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/227>, abgerufen am 25.11.2024.