Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Drusus unzweiffelbar ertreten/ oder gefangen
worden. Aber in dem Erato sich so sehr bemü-
hete den Drusus aus dem Gedränge zu brin-
gen/ fiel sie mit ihrem Pferde in einen Sumpf/
ward also von den Catten nebst mir/ die ich mei-
ne Königin nicht in dem Stiche lassen wolte/
gefangen. Drusus entkam auf das Gebür ge;
ob Artafer nes sich mit ihm geflüchtet/ oder todt
blieben/ stehe ich noch zwischen Furcht und
Hoffnung. Wir aber sind von dem Hertzoge
der Catten als Gefangene in das deutsche Läger/
und endlich hieher unter die Schutz-Flügel so
einer tugendhafften Fürstin gebracht worden.

Hiemit beschloß Salonine ihre Erzehlung/
die holdselige Thusnelde aber umarmte sie mit
beweglicher Versicherung/ sie hätte mit nichts
so sehr/ als durch den Fürtrag so wunderwürdi-
gen Begebenheiten verbunden werden können.
Gegen der Erato aber betheuerte sie: Es wäre
ihr hertzlicher Wuntsch/ daß sie in Deutschland
der Angelstern ihrer Vergnügung wieder er-
blicken möchte/ der ihr auf dem schwartzen Mee-
re aus dem Gesichte kommen wäre. Sie mü-
ste aus denen von ihr erzehlten Tugenden meh-
rentheils Wunderwercke machen; aber dieser
finde sie keinen genungsam würdigen Nahmen/
daß sie Kron und Zepter verschmehet um ihrer
Treue keinen Abbruch zu thun; daß sie den so
beständig geliebet/ von dem sie zweiffeln könte:
Ob sein Stand ihres Geschlechtes fähig wäre.
Denn die Warheit zu sagen/ wie hoch ich die
Tugend schätze/ wiewol ich weiß/ daß ihre Voll-
kommenheit in ihrem eigenen Wesen bestehe/
und sie so wenig einen Beysatz/ als ein vollkom-
mener Edelstein eine Folge dürffe; so traute ich
mir doch nicht zu mein Gemüthe zu überwin-
den/ daß selbtes sich einem gantz und gar eignen
solte/ der nicht Edelgebohren wäre; wenn auch
schon der Neid selbst an ihm keinen Tadel zu fin-
den wüste. Ja wenn ich auch schon aus Jrr-
thum mich so ferne übereilet hätte/ würde ich
trachten meinen Fuß aus diesem Garne unver-
[Spaltenumbruch] merckt zurücke zu ziehen. Denn meinem Ve-
düncken nach erfordert so wol Liebe als Freund-
schafft eine Gleichheit; und wie hohe Ankunfft
den Niedrigen einen Zunder der Liebe abgiebt;
also hindert ein niedriger Uhrsprung bey den
Edlen/ daß eine entglimmende Gewogenheir
zu keiner Liebe werde. Zwar ist mir nicht unbe-
kandt/ daß auch bey uns deutschen Königinnen
ihre Lieb haber von der Pflugschaar genommen;
daß die Scythischen und Serischen Könige ih-
re Gemahlinnen insgemein auch aus dem nie-
drigsten Pöfel erkiesen; aber ich weiß nicht/ ob
ihre Wahl mehr für tugendhafft zu achten/ als
des Paris Beginnen für leichtsinnig zu schelten
sey; da er nach erfahrnem Fürsten-Stande sei-
ne Hirten-Buhlschafft Oenone verschmähete.
Denn wie die Rosen niemahls ohne Purper
blühen/ die Granat-Aepfel nie ohne Kronen
wachsen; also soll eine Fürstin auch nie nichts
anders lieben/ als was Purper und Kronen in
sich hat. Die Königin Erato begegnete ihr:
Jch habe mich der Rechtfertigung einer so nie-
drigen Liebe nicht anzumassen/ weil ich an nichts
weniger/ als an des Fürsten Zeno hoher An-
kunfft zweifele. Aber mich dünckt/ daß die so
holdselige Thusnelde ein allzu strenger Richter
über die Liebe sey; wenn sie die Tugend eines
niedrigern nicht für Liebens-würdig/ oder/
wahrhaffter zu sagen/ nicht für edel hält; Da
doch diese der Brunn alles Adels ist. Jch lobe
den Wahnwitz nicht/ daß eine Käyserin sich in
einen Fechter/ eine Königin in einen Mohren/
eine Fürstin sich in einen Zwerg verliebt. Jch
widerspreche nicht/ daß wie auff den höchsten
Gebürgen die reineste Lufft/ also in hohen
Stämmen insgemein fürtreflichere Gemüths-
Gaben anzutreffen/ und daß die mit Fürstli-
chem Geblüte vermählte Tugend einen zwey-
fachen Glantz habe/ und also der niedrigern für-
zuziehen sey; Aber ich kan auch nicht enthengen/
daß eine Fürstin einen zu lieben Abscheu tragen
solle/ der durch seine Tugend sein Geschlechte

adelt/
Erster Theil. S s

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Druſus unzweiffelbar ertreten/ oder gefangen
worden. Aber in dem Erato ſich ſo ſehr bemuͤ-
hete den Druſus aus dem Gedraͤnge zu brin-
gen/ fiel ſie mit ihrem Pferde in einen Sumpf/
ward alſo von den Catten nebſt mir/ die ich mei-
ne Koͤnigin nicht in dem Stiche laſſen wolte/
gefangen. Druſus entkam auf das Gebuͤr ge;
ob Artafer nes ſich mit ihm gefluͤchtet/ oder todt
blieben/ ſtehe ich noch zwiſchen Furcht und
Hoffnung. Wir aber ſind von dem Hertzoge
der Catten als Gefangene in das deutſche Laͤger/
und endlich hieher unter die Schutz-Fluͤgel ſo
einer tugendhafften Fuͤrſtin gebracht worden.

Hiemit beſchloß Salonine ihre Erzehlung/
die holdſelige Thuſnelde aber umarmte ſie mit
beweglicher Verſicherung/ ſie haͤtte mit nichts
ſo ſehr/ als durch den Fuͤrtrag ſo wunderwuͤrdi-
gen Begebenheiten verbunden werden koͤnnen.
Gegen der Erato aber betheuerte ſie: Es waͤre
ihr hertzlicher Wuntſch/ daß ſie in Deutſchland
der Angelſtern ihrer Vergnuͤgung wieder er-
blicken moͤchte/ der ihr auf dem ſchwartzen Mee-
re aus dem Geſichte kommen waͤre. Sie muͤ-
ſte aus denen von ihr erzehlten Tugenden meh-
rentheils Wunderwercke machen; aber dieſer
finde ſie keinen genungſam wuͤrdigen Nahmen/
daß ſie Kron und Zepter verſchmehet um ihrer
Treue keinen Abbruch zu thun; daß ſie den ſo
beſtaͤndig geliebet/ von dem ſie zweiffeln koͤnte:
Ob ſein Stand ihres Geſchlechtes faͤhig waͤre.
Denn die Warheit zu ſagen/ wie hoch ich die
Tugend ſchaͤtze/ wiewol ich weiß/ daß ihre Voll-
kommenheit in ihrem eigenen Weſen beſtehe/
und ſie ſo wenig einen Beyſatz/ als ein vollkom-
mener Edelſtein eine Folge duͤrffe; ſo traute ich
mir doch nicht zu mein Gemuͤthe zu uͤberwin-
den/ daß ſelbtes ſich einem gantz und gar eignen
ſolte/ der nicht Edelgebohren waͤre; wenn auch
ſchon der Neid ſelbſt an ihm keinen Tadel zu fin-
den wuͤſte. Ja wenn ich auch ſchon aus Jrr-
thum mich ſo ferne uͤbereilet haͤtte/ wuͤrde ich
trachten meinen Fuß aus dieſem Garne unver-
[Spaltenumbruch] merckt zuruͤcke zu ziehen. Denn meinem Ve-
duͤncken nach erfordert ſo wol Liebe als Freund-
ſchafft eine Gleichheit; und wie hohe Ankunfft
den Niedrigen einen Zunder der Liebe abgiebt;
alſo hindert ein niedriger Uhrſprung bey den
Edlen/ daß eine entglimmende Gewogenheir
zu keiner Liebe werde. Zwar iſt mir nicht unbe-
kandt/ daß auch bey uns deutſchen Koͤniginnen
ihre Lieb haber von der Pflugſchaar genommen;
daß die Scythiſchen und Seriſchen Koͤnige ih-
re Gemahlinnen insgemein auch aus dem nie-
drigſten Poͤfel erkieſen; aber ich weiß nicht/ ob
ihre Wahl mehr fuͤr tugendhafft zu achten/ als
des Paris Beginnen fuͤr leichtſinnig zu ſchelten
ſey; da er nach erfahrnem Fuͤrſten-Stande ſei-
ne Hirten-Buhlſchafft Oenone verſchmaͤhete.
Denn wie die Roſen niemahls ohne Purper
bluͤhen/ die Granat-Aepfel nie ohne Kronen
wachſen; alſo ſoll eine Fuͤrſtin auch nie nichts
anders lieben/ als was Purper und Kronen in
ſich hat. Die Koͤnigin Erato begegnete ihr:
Jch habe mich der Rechtfertigung einer ſo nie-
drigen Liebe nicht anzumaſſen/ weil ich an nichts
weniger/ als an des Fuͤrſten Zeno hoher An-
kunfft zweifele. Aber mich duͤnckt/ daß die ſo
holdſelige Thuſnelde ein allzu ſtrenger Richter
uͤber die Liebe ſey; wenn ſie die Tugend eines
niedrigern nicht fuͤr Liebens-wuͤrdig/ oder/
wahrhaffter zu ſagen/ nicht fuͤr edel haͤlt; Da
doch dieſe der Brunn alles Adels iſt. Jch lobe
den Wahnwitz nicht/ daß eine Kaͤyſerin ſich in
einen Fechter/ eine Koͤnigin in einen Mohren/
eine Fuͤrſtin ſich in einen Zwerg verliebt. Jch
widerſpreche nicht/ daß wie auff den hoͤchſten
Gebuͤrgen die reineſte Lufft/ alſo in hohen
Staͤmmen insgemein fuͤrtreflichere Gemuͤths-
Gaben anzutreffen/ und daß die mit Fuͤrſtli-
chem Gebluͤte vermaͤhlte Tugend einen zwey-
fachen Glantz habe/ und alſo der niedrigern fuͤr-
zuziehen ſey; Aber ich kan auch nicht enthengen/
daß eine Fuͤrſtin einen zu lieben Abſcheu tragen
ſolle/ der durch ſeine Tugend ſein Geſchlechte

adelt/
Erſter Theil. S s
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0373" n="321"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Arminius und Thußnelda.</hi></fw><lb/><cb/>
Dru&#x017F;us unzweiffelbar ertreten/ oder gefangen<lb/>
worden. Aber in dem Erato &#x017F;ich &#x017F;o &#x017F;ehr bemu&#x0364;-<lb/>
hete den Dru&#x017F;us aus dem Gedra&#x0364;nge zu brin-<lb/>
gen/ fiel &#x017F;ie mit ihrem Pferde in einen Sumpf/<lb/>
ward al&#x017F;o von den Catten neb&#x017F;t mir/ die ich mei-<lb/>
ne Ko&#x0364;nigin nicht in dem Stiche la&#x017F;&#x017F;en wolte/<lb/>
gefangen. Dru&#x017F;us entkam auf das Gebu&#x0364;r ge;<lb/>
ob Artafer nes &#x017F;ich mit ihm geflu&#x0364;chtet/ oder todt<lb/>
blieben/ &#x017F;tehe ich noch zwi&#x017F;chen Furcht und<lb/>
Hoffnung. Wir aber &#x017F;ind von dem Hertzoge<lb/>
der Catten als Gefangene in das deut&#x017F;che La&#x0364;ger/<lb/>
und endlich hieher unter die Schutz-Flu&#x0364;gel &#x017F;o<lb/>
einer tugendhafften Fu&#x0364;r&#x017F;tin gebracht worden.</p><lb/>
          <p>Hiemit be&#x017F;chloß Salonine ihre Erzehlung/<lb/>
die hold&#x017F;elige Thu&#x017F;nelde aber umarmte &#x017F;ie mit<lb/>
beweglicher Ver&#x017F;icherung/ &#x017F;ie ha&#x0364;tte mit nichts<lb/>
&#x017F;o &#x017F;ehr/ als durch den Fu&#x0364;rtrag &#x017F;o wunderwu&#x0364;rdi-<lb/>
gen Begebenheiten verbunden werden ko&#x0364;nnen.<lb/>
Gegen der Erato aber betheuerte &#x017F;ie: Es wa&#x0364;re<lb/>
ihr hertzlicher Wunt&#x017F;ch/ daß &#x017F;ie in Deut&#x017F;chland<lb/>
der Angel&#x017F;tern ihrer Vergnu&#x0364;gung wieder er-<lb/>
blicken mo&#x0364;chte/ der ihr auf dem &#x017F;chwartzen Mee-<lb/>
re aus dem Ge&#x017F;ichte kommen wa&#x0364;re. Sie mu&#x0364;-<lb/>
&#x017F;te aus denen von ihr erzehlten Tugenden meh-<lb/>
rentheils Wunderwercke machen; aber die&#x017F;er<lb/>
finde &#x017F;ie keinen genung&#x017F;am wu&#x0364;rdigen Nahmen/<lb/>
daß &#x017F;ie Kron und Zepter ver&#x017F;chmehet um ihrer<lb/>
Treue keinen Abbruch zu thun; daß &#x017F;ie den &#x017F;o<lb/>
be&#x017F;ta&#x0364;ndig geliebet/ von dem &#x017F;ie zweiffeln ko&#x0364;nte:<lb/>
Ob &#x017F;ein Stand ihres Ge&#x017F;chlechtes fa&#x0364;hig wa&#x0364;re.<lb/>
Denn die Warheit zu &#x017F;agen/ wie hoch ich die<lb/>
Tugend &#x017F;cha&#x0364;tze/ wiewol ich weiß/ daß ihre Voll-<lb/>
kommenheit in ihrem eigenen We&#x017F;en be&#x017F;tehe/<lb/>
und &#x017F;ie &#x017F;o wenig einen Bey&#x017F;atz/ als ein vollkom-<lb/>
mener Edel&#x017F;tein eine Folge du&#x0364;rffe; &#x017F;o traute ich<lb/>
mir doch nicht zu mein Gemu&#x0364;the zu u&#x0364;berwin-<lb/>
den/ daß &#x017F;elbtes &#x017F;ich einem gantz und gar eignen<lb/>
&#x017F;olte/ der nicht Edelgebohren wa&#x0364;re; wenn auch<lb/>
&#x017F;chon der Neid &#x017F;elb&#x017F;t an ihm keinen Tadel zu fin-<lb/>
den wu&#x0364;&#x017F;te. Ja wenn ich auch &#x017F;chon aus Jrr-<lb/>
thum mich &#x017F;o ferne u&#x0364;bereilet ha&#x0364;tte/ wu&#x0364;rde ich<lb/>
trachten meinen Fuß aus die&#x017F;em Garne unver-<lb/><cb/>
merckt zuru&#x0364;cke zu ziehen. Denn meinem Ve-<lb/>
du&#x0364;ncken nach erfordert &#x017F;o wol Liebe als Freund-<lb/>
&#x017F;chafft eine Gleichheit; und wie hohe Ankunfft<lb/>
den Niedrigen einen Zunder der Liebe abgiebt;<lb/>
al&#x017F;o hindert ein niedriger Uhr&#x017F;prung bey den<lb/>
Edlen/ daß eine entglimmende Gewogenheir<lb/>
zu keiner Liebe werde. Zwar i&#x017F;t mir nicht unbe-<lb/>
kandt/ daß auch bey uns deut&#x017F;chen Ko&#x0364;niginnen<lb/>
ihre Lieb haber von der Pflug&#x017F;chaar genommen;<lb/>
daß die Scythi&#x017F;chen und Seri&#x017F;chen Ko&#x0364;nige ih-<lb/>
re Gemahlinnen insgemein auch aus dem nie-<lb/>
drig&#x017F;ten Po&#x0364;fel erkie&#x017F;en; aber ich weiß nicht/ ob<lb/>
ihre Wahl mehr fu&#x0364;r tugendhafft zu achten/ als<lb/>
des Paris Beginnen fu&#x0364;r leicht&#x017F;innig zu &#x017F;chelten<lb/>
&#x017F;ey; da er nach erfahrnem Fu&#x0364;r&#x017F;ten-Stande &#x017F;ei-<lb/>
ne Hirten-Buhl&#x017F;chafft Oenone ver&#x017F;chma&#x0364;hete.<lb/>
Denn wie die Ro&#x017F;en niemahls ohne Purper<lb/>
blu&#x0364;hen/ die Granat-Aepfel nie ohne Kronen<lb/>
wach&#x017F;en; al&#x017F;o &#x017F;oll eine Fu&#x0364;r&#x017F;tin auch nie nichts<lb/>
anders lieben/ als was Purper und Kronen in<lb/>
&#x017F;ich hat. Die Ko&#x0364;nigin Erato begegnete ihr:<lb/>
Jch habe mich der Rechtfertigung einer &#x017F;o nie-<lb/>
drigen Liebe nicht anzuma&#x017F;&#x017F;en/ weil ich an nichts<lb/>
weniger/ als an des Fu&#x0364;r&#x017F;ten Zeno hoher An-<lb/>
kunfft zweifele. Aber mich du&#x0364;nckt/ daß die &#x017F;o<lb/>
hold&#x017F;elige Thu&#x017F;nelde ein allzu &#x017F;trenger Richter<lb/>
u&#x0364;ber die Liebe &#x017F;ey; wenn &#x017F;ie die Tugend eines<lb/>
niedrigern nicht fu&#x0364;r Liebens-wu&#x0364;rdig/ oder/<lb/>
wahrhaffter zu &#x017F;agen/ nicht fu&#x0364;r edel ha&#x0364;lt; Da<lb/>
doch die&#x017F;e der Brunn alles Adels i&#x017F;t. Jch lobe<lb/>
den Wahnwitz nicht/ daß eine Ka&#x0364;y&#x017F;erin &#x017F;ich in<lb/>
einen Fechter/ eine Ko&#x0364;nigin in einen Mohren/<lb/>
eine Fu&#x0364;r&#x017F;tin &#x017F;ich in einen Zwerg verliebt. Jch<lb/>
wider&#x017F;preche nicht/ daß wie auff den ho&#x0364;ch&#x017F;ten<lb/>
Gebu&#x0364;rgen die reine&#x017F;te Lufft/ al&#x017F;o in hohen<lb/>
Sta&#x0364;mmen insgemein fu&#x0364;rtreflichere Gemu&#x0364;ths-<lb/>
Gaben anzutreffen/ und daß die mit Fu&#x0364;r&#x017F;tli-<lb/>
chem Geblu&#x0364;te verma&#x0364;hlte Tugend einen zwey-<lb/>
fachen Glantz habe/ und al&#x017F;o der niedrigern fu&#x0364;r-<lb/>
zuziehen &#x017F;ey; Aber ich kan auch nicht enthengen/<lb/>
daß eine Fu&#x0364;r&#x017F;tin einen zu lieben Ab&#x017F;cheu tragen<lb/>
&#x017F;olle/ der durch &#x017F;eine Tugend &#x017F;ein Ge&#x017F;chlechte<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Er&#x017F;ter Theil. S s</fw><fw place="bottom" type="catch">adelt/</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[321/0373] Arminius und Thußnelda. Druſus unzweiffelbar ertreten/ oder gefangen worden. Aber in dem Erato ſich ſo ſehr bemuͤ- hete den Druſus aus dem Gedraͤnge zu brin- gen/ fiel ſie mit ihrem Pferde in einen Sumpf/ ward alſo von den Catten nebſt mir/ die ich mei- ne Koͤnigin nicht in dem Stiche laſſen wolte/ gefangen. Druſus entkam auf das Gebuͤr ge; ob Artafer nes ſich mit ihm gefluͤchtet/ oder todt blieben/ ſtehe ich noch zwiſchen Furcht und Hoffnung. Wir aber ſind von dem Hertzoge der Catten als Gefangene in das deutſche Laͤger/ und endlich hieher unter die Schutz-Fluͤgel ſo einer tugendhafften Fuͤrſtin gebracht worden. Hiemit beſchloß Salonine ihre Erzehlung/ die holdſelige Thuſnelde aber umarmte ſie mit beweglicher Verſicherung/ ſie haͤtte mit nichts ſo ſehr/ als durch den Fuͤrtrag ſo wunderwuͤrdi- gen Begebenheiten verbunden werden koͤnnen. Gegen der Erato aber betheuerte ſie: Es waͤre ihr hertzlicher Wuntſch/ daß ſie in Deutſchland der Angelſtern ihrer Vergnuͤgung wieder er- blicken moͤchte/ der ihr auf dem ſchwartzen Mee- re aus dem Geſichte kommen waͤre. Sie muͤ- ſte aus denen von ihr erzehlten Tugenden meh- rentheils Wunderwercke machen; aber dieſer finde ſie keinen genungſam wuͤrdigen Nahmen/ daß ſie Kron und Zepter verſchmehet um ihrer Treue keinen Abbruch zu thun; daß ſie den ſo beſtaͤndig geliebet/ von dem ſie zweiffeln koͤnte: Ob ſein Stand ihres Geſchlechtes faͤhig waͤre. Denn die Warheit zu ſagen/ wie hoch ich die Tugend ſchaͤtze/ wiewol ich weiß/ daß ihre Voll- kommenheit in ihrem eigenen Weſen beſtehe/ und ſie ſo wenig einen Beyſatz/ als ein vollkom- mener Edelſtein eine Folge duͤrffe; ſo traute ich mir doch nicht zu mein Gemuͤthe zu uͤberwin- den/ daß ſelbtes ſich einem gantz und gar eignen ſolte/ der nicht Edelgebohren waͤre; wenn auch ſchon der Neid ſelbſt an ihm keinen Tadel zu fin- den wuͤſte. Ja wenn ich auch ſchon aus Jrr- thum mich ſo ferne uͤbereilet haͤtte/ wuͤrde ich trachten meinen Fuß aus dieſem Garne unver- merckt zuruͤcke zu ziehen. Denn meinem Ve- duͤncken nach erfordert ſo wol Liebe als Freund- ſchafft eine Gleichheit; und wie hohe Ankunfft den Niedrigen einen Zunder der Liebe abgiebt; alſo hindert ein niedriger Uhrſprung bey den Edlen/ daß eine entglimmende Gewogenheir zu keiner Liebe werde. Zwar iſt mir nicht unbe- kandt/ daß auch bey uns deutſchen Koͤniginnen ihre Lieb haber von der Pflugſchaar genommen; daß die Scythiſchen und Seriſchen Koͤnige ih- re Gemahlinnen insgemein auch aus dem nie- drigſten Poͤfel erkieſen; aber ich weiß nicht/ ob ihre Wahl mehr fuͤr tugendhafft zu achten/ als des Paris Beginnen fuͤr leichtſinnig zu ſchelten ſey; da er nach erfahrnem Fuͤrſten-Stande ſei- ne Hirten-Buhlſchafft Oenone verſchmaͤhete. Denn wie die Roſen niemahls ohne Purper bluͤhen/ die Granat-Aepfel nie ohne Kronen wachſen; alſo ſoll eine Fuͤrſtin auch nie nichts anders lieben/ als was Purper und Kronen in ſich hat. Die Koͤnigin Erato begegnete ihr: Jch habe mich der Rechtfertigung einer ſo nie- drigen Liebe nicht anzumaſſen/ weil ich an nichts weniger/ als an des Fuͤrſten Zeno hoher An- kunfft zweifele. Aber mich duͤnckt/ daß die ſo holdſelige Thuſnelde ein allzu ſtrenger Richter uͤber die Liebe ſey; wenn ſie die Tugend eines niedrigern nicht fuͤr Liebens-wuͤrdig/ oder/ wahrhaffter zu ſagen/ nicht fuͤr edel haͤlt; Da doch dieſe der Brunn alles Adels iſt. Jch lobe den Wahnwitz nicht/ daß eine Kaͤyſerin ſich in einen Fechter/ eine Koͤnigin in einen Mohren/ eine Fuͤrſtin ſich in einen Zwerg verliebt. Jch widerſpreche nicht/ daß wie auff den hoͤchſten Gebuͤrgen die reineſte Lufft/ alſo in hohen Staͤmmen insgemein fuͤrtreflichere Gemuͤths- Gaben anzutreffen/ und daß die mit Fuͤrſtli- chem Gebluͤte vermaͤhlte Tugend einen zwey- fachen Glantz habe/ und alſo der niedrigern fuͤr- zuziehen ſey; Aber ich kan auch nicht enthengen/ daß eine Fuͤrſtin einen zu lieben Abſcheu tragen ſolle/ der durch ſeine Tugend ſein Geſchlechte adelt/ Erſter Theil. S s

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/373
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/373>, abgerufen am 22.11.2024.