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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] feurigen Weyrauch an/ die Syrer opfern ihrem
wäßrichten. Und unser Deutschland ist so we-
nig als Jtalien oder Thracien seines Schutz-
Geistes entblösset. Die Phönicier schauen
nicht nur den Berg Carmelus/ und die Emesse-
ner/ die Cappadocier und Dacier ihr Gebürge
als ein Antlitz des ewigen Schöpfers an/ und ver-
ehren ihre Geister theils mit Tempeln/ theils
mit anderer Andacht/ weil sie die Berge an sich
selbst für die herrlichsten Tempel halten; sondern
auch Rom gläubt: der uns hier im Gesichte lie-
gende Meliboch ihre absondere Geister in sich
hegen. Jch geschweige der Wälder und Thä[-]
ler/ und berühre nur die sich mehr hieher schicken-
de Brunnen und Flüsse. Gewißlich hätte das
Auge des Gemüthes in ihnen nicht absondere
Geister wahrgenommen/ würden die Egyptier
ihrem Nilus nicht so viel Säulen und Tempel
gebauet/ die Messenier ihrem Pamisus/ die
Phrygier dem Meander und Marsyas/ der
grosse Alexander dem Meere geopfert/ die Rö-
mer den Vater Tiberin nicht verehret haben.
Der Brunn Clitumnus würde von Umbriern/
ein ander von Samiern/ das Qvell Arethusens
von Griechen/ und die Unsrigen von den Bojen
und Catten nicht für heilig gehalten werden.
Und die Stadt Puteol würde ihrem grossen
Schutz-Gotte kein so prächtiges Gedächtnüß-
Mahl mit einer so herrlichen Uberschrifft gestiff-
tet haben. Jch gebe gerne nach/ daß viel durch
ihre Vergötterung allzuweit gehen/ aber das er-
zehlte Beyspiel unserer Elbe ist ein genungsames
Zeugnüß/ daß diese Geister nicht zu beleidigen
sind/ sie auch aus Göttlicher Zulassung eine ge-
wisse Beschirmungs-Macht haben müssen.
Auch ist nicht unbekandt/ wie die Stadt Apollo-
nia mit dem Schutz-Bilde des Flusses Aän-
tes/ welches ihnen die Epidaurier alleine zu
Hülffe verliehen/ die Jllyrier in die Flucht ge-
trieben habe. Die Thebaner haben wider die
Leuerenser einen herrlichen Sieg mit Hülffe ih-
res so genanten Schutz-Geistes Hercules erfoch-
[Spaltenumbruch] ten; dessen Tempel zu Thebe sich bey angehender
Schlacht eröffnet/ dessen darinn aufgehenckte
Waffen sich verlohren/ und also seine Abreise an-
gedeutet/ seinen Beystand in der Schlacht aber
das ungemeine Schrecken der Feinde bewähret
hätte. Daher auch unsere Vorfahren/ als sie
nach der den Römern bey dem Flusse Allia zu-
gefügten grossen Niederlage die Stadt Rom er-
oberten/ und die Rathsherren auf ihren Stülen
unbewegt sitzen fanden/ nicht ohne Ursache sich
entsetzten/ weil sie sie anfangs für die Römischen
Schutz-Geister ansahen. Jch geschweige/ daß die
Griechen den Schutz-Geist der Stadt Troja
durch ihre Beschwerungen auf ihre Seite ge-
bracht haben sollen. Welchen es die Römer/ wie ietzt
vom Drusus erzehlet worden/ nachthun; hingegen
aber den Nahmen und Eigenschafft ihres Schutz-
Geistes Romanessus so sorgfältig verbergen; ja
ihre geweihten Bilder/ als den Ancilischen Schild
durch Nachmachung so viel anderer verstecken.
Rhemetalces fiel ein: Aber da die Geister einem
Orte derogestalt entzogen werden können/ war-
umb hat es dem Drusus so sehr fehl geschlagen?
Der Priester antwortete: Wer kan ohne Ver-
blendung der Augen in die Sonne/ und ohne
Verdüsterung des Gemüthes in das viel hellere
Licht des Göttlichen Verhängnüsses sehen? Jch
weiß wohl/ daß derogleichen Mißrathungen
vom Aberglauben einer ungeschickten Vereh-
rung zugerechnet werden. Denn dieser bildet
ihm ein: Einem Geiste müste eine Wiedehopfe/
einem andern ein Kirbis/ insonderheit kein
frembdes oder des Geistes Wesen widriges Ge-
wächse/ ingleichen alles mit gewisser Geberdung
und in seltzamer Tracht geopfert; ja es könte
ohn ein Maulwurffs-Hertze keine gewisse An-
deutung erbeten; auch müsten die Säulen/ in
welche die Geister zum Wahrsagen gebannet
werden solten/ aus gewissem Zeuge bereitet und
unterhalten werden. Wordurch König Phi-
lipp in Macedonien die Pythia/ oder so gar des
Apollo Wahrsager-Geist gewonnen haben solle.

Aber

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] feurigen Weyrauch an/ die Syrer opfern ihrem
waͤßrichten. Und unſer Deutſchland iſt ſo we-
nig als Jtalien oder Thracien ſeines Schutz-
Geiſtes entbloͤſſet. Die Phoͤnicier ſchauen
nicht nur den Berg Carmelus/ und die Emeſſe-
ner/ die Cappadocier und Dacier ihr Gebuͤrge
als ein Antlitz des ewigẽ Schoͤpfers an/ und ver-
ehren ihre Geiſter theils mit Tempeln/ theils
mit anderer Andacht/ weil ſie die Berge an ſich
ſelbſt fuͤr die herrlichſten Tempel halten; ſondern
auch Rom glaͤubt: der uns hier im Geſichte lie-
gende Meliboch ihre abſondere Geiſter in ſich
hegen. Jch geſchweige der Waͤlder und Thaͤ[-]
ler/ und beruͤhre nur die ſich mehr hieher ſchicken-
de Brunnen und Fluͤſſe. Gewißlich haͤtte das
Auge des Gemuͤthes in ihnen nicht abſondere
Geiſter wahrgenommen/ wuͤrden die Egyptier
ihrem Nilus nicht ſo viel Saͤulen und Tempel
gebauet/ die Meſſenier ihrem Pamiſus/ die
Phrygier dem Meander und Marſyas/ der
groſſe Alexander dem Meere geopfert/ die Roͤ-
mer den Vater Tiberin nicht verehret haben.
Der Brunn Clitumnus wuͤrde von Umbriern/
ein ander von Samiern/ das Qvell Arethuſens
von Griechen/ und die Unſrigen von den Bojen
und Catten nicht fuͤr heilig gehalten werden.
Und die Stadt Puteol wuͤrde ihrem groſſen
Schutz-Gotte kein ſo praͤchtiges Gedaͤchtnuͤß-
Mahl mit einer ſo herrlichen Uberſchrifft geſtiff-
tet haben. Jch gebe gerne nach/ daß viel durch
ihre Vergoͤtterung allzuweit gehen/ aber das er-
zehlte Beyſpiel unſerer Elbe iſt ein genungſames
Zeugnuͤß/ daß dieſe Geiſter nicht zu beleidigen
ſind/ ſie auch aus Goͤttlicher Zulaſſung eine ge-
wiſſe Beſchirmungs-Macht haben muͤſſen.
Auch iſt nicht unbekandt/ wie die Stadt Apollo-
nia mit dem Schutz-Bilde des Fluſſes Aaͤn-
tes/ welches ihnen die Epidaurier alleine zu
Huͤlffe verliehen/ die Jllyrier in die Flucht ge-
trieben habe. Die Thebaner haben wider die
Leuerenſer einen herrlichen Sieg mit Huͤlffe ih-
res ſo genanten Schutz-Geiſtes Hercules erfoch-
[Spaltenumbruch] ten; deſſen Tempel zu Thebe ſich bey angehender
Schlacht eroͤffnet/ deſſen darinn aufgehenckte
Waffen ſich verlohren/ und alſo ſeine Abreiſe an-
gedeutet/ ſeinen Beyſtand in der Schlacht aber
das ungemeine Schrecken der Feinde bewaͤhret
haͤtte. Daher auch unſere Vorfahren/ als ſie
nach der den Roͤmern bey dem Fluſſe Allia zu-
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oberten/ und die Rathsherren auf ihren Stuͤlen
unbewegt ſitzen fanden/ nicht ohne Urſache ſich
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Schutz-Geiſter anſahen. Jch geſchweige/ daß die
Griechen den Schutz-Geiſt der Stadt Troja
durch ihre Beſchwerungen auf ihre Seite ge-
bracht habẽ ſollen. Welchẽ es die Roͤmer/ wie ietzt
vom Druſus erzehlet worden/ nachthun; hingegẽ
aber den Nahmẽ und Eigenſchafft ihres Schutz-
Geiſtes Romaneſſus ſo ſorgfaͤltig verbergen; ja
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durch Nachmachung ſo viel anderer verſtecken.
Rhemetalces fiel ein: Aber da die Geiſter einem
Orte derogeſtalt entzogen werden koͤnnen/ war-
umb hat es dem Druſus ſo ſehr fehl geſchlagen?
Der Prieſter antwortete: Wer kan ohne Ver-
blendung der Augen in die Sonne/ und ohne
Verduͤſterung des Gemuͤthes in das viel hellere
Licht des Goͤttlichen Verhaͤngnuͤſſes ſehen? Jch
weiß wohl/ daß derogleichen Mißrathungen
vom Aberglauben einer ungeſchickten Vereh-
rung zugerechnet werden. Denn dieſer bildet
ihm ein: Einem Geiſte muͤſte eine Wiedehopfe/
einem andern ein Kirbis/ inſonderheit kein
frembdes oder des Geiſtes Weſen widriges Ge-
waͤchſe/ ingleichen alles mit gewiſſer Geberdung
und in ſeltzamer Tracht geopfert; ja es koͤnte
ohn ein Maulwurffs-Hertze keine gewiſſe An-
deutung erbeten; auch muͤſten die Saͤulen/ in
welche die Geiſter zum Wahrſagen gebannet
werden ſolten/ aus gewiſſem Zeuge bereitet und
unterhalten werden. Wordurch Koͤnig Phi-
lipp in Macedonien die Pythia/ oder ſo gar des
Apollo Wahrſager-Geiſt gewonnen haben ſolle.

Aber
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 415. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/469>, abgerufen am 22.11.2024.