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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Fünfftes Buch
[Spaltenumbruch] er über der Verfinsterung zweyer so schöner
Gestirne seinen gerechten Eyver ausläst; wo
anders nur die schwartzen zwey Sonnen der
Königin Erato nicht eyversüchtig zu werden
vermeinten. Zeno ward gezwungen über die-
sem Schertze zu lächeln/ Erato aber sich zu rö-
then; Und zwar jener zu seiner Schutzrede an-
zuführen: Er liebte die Königin Erato so sehr/
daß sie mit niemanden als ihrem eigenen hohen
Stande zu eyfern und zu besorgen Ursache hätte;
dieser habe etwan so viel Theil an meiner Seele/
als ihre andere Vollkommenheiten. Erato versetz-
te: das erstere wäre ein blosses Glücks-Geschen-
cke; alles andere aber an ihr so mittelmässig/
daß sie nicht schweren wolte: Ob die aus den
schwartzen Augen der schönen Amazone gepflo-
genen Pfeile des Fürsten Zeno Schlüsse fieder-
ten; Jhr aber würde ja niemand zutrauen/ daß
sie mit einer so unglückseligen Todten eyfern sol-
te. Ja wenn Penthasilea auch noch gegen-
wärtig den Fürsten Zeno mit ihren schönen
Augen beglückseligte/ würden ihre kleinen
Lichter so wenig mit ihren zu eyfern die un-
besonnene Vermessenheit/ als die Sternen in
der Mittel-Strasse mit dem grossen Auge des
gestirnten Ochsens sich zu vergleichen Ursache
haben. Flavius brach ein: Unsere Augen wi-
derlegen zwar der Königin von ihren eigenen
Augen gefälltes Urthel/ und wir sehen wohl/
daß sie sie auch im Ansehen der Sonne gleich
wissen will; welche/ wenn sie über unserm Wir-
bel stehet/ am kleinesten zu seyn scheinet. Alleine
ist es denn der Eiversucht Eigenschafft/ daß sie
nur mit ihres gleichen in Krieg ziehe? Weil sie
eine Schwester der Mißgunst ist/ solte ich mei-
nen/ daß sie mit dieser die geringen Gestirne
verachten/ aber die grossen Monden-Kugeln an-
bellen solte. Die Königin antwortete: Jch hal-
te diß für eine unrechte Schwester der Eyfer-
sucht/ oder vielmehr für eine Mißgeburt blinder
Begierden. Wenn ein Kampff nicht zur Toll-
kühnheit/ oder zum Gelächter werden soll/ muß
[Spaltenumbruch] er gegen seines gleichen seyn. Eine Juno und
Pallas mag wohl mit einer Venus/ aber keine
Arachne mit einer Minerve/ kein Marsyas mit
einem Apollo/ und kein Thersites mit einem A-
chilles eifern. Thußnelde brach mit einem U-
berflusse ihrer angebohrnen Anmuth ein: Jch
begehre mich zwar nicht wider diß Gesetze der
Gleichheit auffzulehnen; dennoch dörffte sie die-
ser tieffsinnigen Gesellschafft nicht verschweigen/
daß die blauen Augen ihr eine Vollmacht auff-
getragen hätten/ zu erforschen: Warum die
schwartzen ihnen allenthalben den Vorzug zu-
eigneten? Sintemahl die blauen ja mit der Far-
be des Himmels/ die schwartzen mit der Hölle
prangeten; jene vielmehr Feuer/ diese mehr
Wasser in sich hätten. Die schwartzäugichte
Erato ward durch solche Höffligkeit genöthiget/
die Seite ihrer eigenen Augen zu verlassen/ und
denen blauen Augen Thußneldens das Wort
zu reden. Daher sagte sie: Jhre angeführte Ur-
sachen sprächen den Himmelblauen Augen bil-
lich den Preiß zu. Jn ihren Augen wären
auch keine schönere Edelgesteine/ als die Saphi-
re; keine schönere Blumen als die Hyacinthen/
in der Mahlerey nichts kostbarers/ als das vom
Lasurstein kommende blaue/ an welcher Farbe/
und der ihr gantz nahe kommenden grünen die Au-
gen selbst sich allein erqvickten; Hingegen weisse
Dinge das Gesichte zerstreueten/ schwartze die
Augen-Strahlen zu sehr in die Enge drängten/
die Röthe aber die Augen entzündete und blen-
dete. Gleicher gestalt stächen die Pfauen mit
ihres Schwantzes blauen Augen der Schön-
heit aller andern Vögel die Augen aus. Das
schöne blaue wäre gleichsam der Schmeltz der
Regenbogen; ja die schwartzen Augen selbst kön-
ten in ihrem den Aug-Apffel umgebenden Re-
genbogen dieser Himmel-Farbe niemahls gantz
entbehren. Nein/ nein/ rieff die Fürstin
Jsmene. Die Königin wolte mehr ihren
deutschen Augen/ als der Würde der schwar-
tzen liebkosen/ welche schon für allen Richter-

Stülen

Fuͤnfftes Buch
[Spaltenumbruch] er uͤber der Verfinſterung zweyer ſo ſchoͤner
Geſtirne ſeinen gerechten Eyver auslaͤſt; wo
anders nur die ſchwartzen zwey Sonnen der
Koͤnigin Erato nicht eyverſuͤchtig zu werden
vermeinten. Zeno ward gezwungen uͤber die-
ſem Schertze zu laͤcheln/ Erato aber ſich zu roͤ-
then; Und zwar jener zu ſeiner Schutzrede an-
zufuͤhren: Er liebte die Koͤnigin Erato ſo ſehr/
daß ſie mit niemanden als ihrem eigenen hohen
Stande zu eyfern uñ zu beſorgen Urſache haͤtte;
dieſer habe etwan ſo viel Theil an meiner Seele/
als ihre andere Vollkom̃enheiten. Erato verſetz-
te: das erſtere waͤre ein bloſſes Gluͤcks-Geſchen-
cke; alles andere aber an ihr ſo mittelmaͤſſig/
daß ſie nicht ſchweren wolte: Ob die aus den
ſchwartzen Augen der ſchoͤnen Amazone gepflo-
genen Pfeile des Fuͤrſten Zeno Schluͤſſe fieder-
ten; Jhr aber wuͤrde ja niemand zutrauen/ daß
ſie mit einer ſo ungluͤckſeligen Todten eyfern ſol-
te. Ja wenn Penthaſilea auch noch gegen-
waͤrtig den Fuͤrſten Zeno mit ihren ſchoͤnen
Augen begluͤckſeligte/ wuͤrden ihre kleinen
Lichter ſo wenig mit ihren zu eyfern die un-
beſonnene Vermeſſenheit/ als die Sternen in
der Mittel-Straſſe mit dem groſſen Auge des
geſtirnten Ochſens ſich zu vergleichen Urſache
haben. Flavius brach ein: Unſere Augen wi-
derlegen zwar der Koͤnigin von ihren eigenen
Augen gefaͤlltes Urthel/ und wir ſehen wohl/
daß ſie ſie auch im Anſehen der Sonne gleich
wiſſen will; welche/ wenn ſie uͤber unſerm Wir-
bel ſtehet/ am kleineſten zu ſeyn ſcheinet. Alleine
iſt es denn der Eiverſucht Eigenſchafft/ daß ſie
nur mit ihres gleichen in Krieg ziehe? Weil ſie
eine Schweſter der Mißgunſt iſt/ ſolte ich mei-
nen/ daß ſie mit dieſer die geringen Geſtirne
verachten/ aber die groſſen Monden-Kugeln an-
bellen ſolte. Die Koͤnigin antwortete: Jch hal-
te diß fuͤr eine unrechte Schweſter der Eyfer-
ſucht/ oder vielmehr fuͤr eine Mißgeburt blinder
Begierden. Wenn ein Kampff nicht zur Toll-
kuͤhnheit/ oder zum Gelaͤchter werden ſoll/ muß
[Spaltenumbruch] er gegen ſeines gleichen ſeyn. Eine Juno und
Pallas mag wohl mit einer Venus/ aber keine
Arachne mit einer Minerve/ kein Marſyas mit
einem Apollo/ und kein Therſites mit einem A-
chilles eifern. Thußnelde brach mit einem U-
berfluſſe ihrer angebohrnen Anmuth ein: Jch
begehre mich zwar nicht wider diß Geſetze der
Gleichheit auffzulehnen; dennoch doͤrffte ſie die-
ſer tieffſinnigen Geſellſchafft nicht verſchweigen/
daß die blauen Augen ihr eine Vollmacht auff-
getragen haͤtten/ zu erforſchen: Warum die
ſchwartzen ihnen allenthalben den Vorzug zu-
eigneten? Sintemahl die blauen ja mit der Far-
be des Himmels/ die ſchwartzen mit der Hoͤlle
prangeten; jene vielmehr Feuer/ dieſe mehr
Waſſer in ſich haͤtten. Die ſchwartzaͤugichte
Erato ward durch ſolche Hoͤffligkeit genoͤthiget/
die Seite ihrer eigenen Augen zu verlaſſen/ und
denen blauen Augen Thußneldens das Wort
zu reden. Daher ſagte ſie: Jhre angefuͤhrte Ur-
ſachen ſpraͤchen den Himmelblauen Augen bil-
lich den Preiß zu. Jn ihren Augen waͤren
auch keine ſchoͤnere Edelgeſteine/ als die Saphi-
re; keine ſchoͤnere Blumen als die Hyacinthen/
in der Mahlerey nichts koſtbarers/ als das vom
Laſurſtein kommende blaue/ an welcher Farbe/
und der ihr gantz nahe kom̃enden gruͤnen die Au-
gen ſelbſt ſich allein erqvickten; Hingegen weiſſe
Dinge das Geſichte zerſtreueten/ ſchwartze die
Augen-Strahlen zu ſehr in die Enge draͤngten/
die Roͤthe aber die Augen entzuͤndete und blen-
dete. Gleicher geſtalt ſtaͤchen die Pfauen mit
ihres Schwantzes blauen Augen der Schoͤn-
heit aller andern Voͤgel die Augen aus. Das
ſchoͤne blaue waͤre gleichſam der Schmeltz der
Regenbogen; ja die ſchwartzen Augen ſelbſt koͤn-
ten in ihrem den Aug-Apffel umgebenden Re-
genbogen dieſer Himmel-Farbe niemahls gantz
entbehren. Nein/ nein/ rieff die Fuͤrſtin
Jſmene. Die Koͤnigin wolte mehr ihren
deutſchen Augen/ als der Wuͤrde der ſchwar-
tzen liebkoſen/ welche ſchon fuͤr allen Richter-

Stuͤlen
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[548/0604] Fuͤnfftes Buch er uͤber der Verfinſterung zweyer ſo ſchoͤner Geſtirne ſeinen gerechten Eyver auslaͤſt; wo anders nur die ſchwartzen zwey Sonnen der Koͤnigin Erato nicht eyverſuͤchtig zu werden vermeinten. Zeno ward gezwungen uͤber die- ſem Schertze zu laͤcheln/ Erato aber ſich zu roͤ- then; Und zwar jener zu ſeiner Schutzrede an- zufuͤhren: Er liebte die Koͤnigin Erato ſo ſehr/ daß ſie mit niemanden als ihrem eigenen hohen Stande zu eyfern uñ zu beſorgen Urſache haͤtte; dieſer habe etwan ſo viel Theil an meiner Seele/ als ihre andere Vollkom̃enheiten. Erato verſetz- te: das erſtere waͤre ein bloſſes Gluͤcks-Geſchen- cke; alles andere aber an ihr ſo mittelmaͤſſig/ daß ſie nicht ſchweren wolte: Ob die aus den ſchwartzen Augen der ſchoͤnen Amazone gepflo- genen Pfeile des Fuͤrſten Zeno Schluͤſſe fieder- ten; Jhr aber wuͤrde ja niemand zutrauen/ daß ſie mit einer ſo ungluͤckſeligen Todten eyfern ſol- te. Ja wenn Penthaſilea auch noch gegen- waͤrtig den Fuͤrſten Zeno mit ihren ſchoͤnen Augen begluͤckſeligte/ wuͤrden ihre kleinen Lichter ſo wenig mit ihren zu eyfern die un- beſonnene Vermeſſenheit/ als die Sternen in der Mittel-Straſſe mit dem groſſen Auge des geſtirnten Ochſens ſich zu vergleichen Urſache haben. Flavius brach ein: Unſere Augen wi- derlegen zwar der Koͤnigin von ihren eigenen Augen gefaͤlltes Urthel/ und wir ſehen wohl/ daß ſie ſie auch im Anſehen der Sonne gleich wiſſen will; welche/ wenn ſie uͤber unſerm Wir- bel ſtehet/ am kleineſten zu ſeyn ſcheinet. Alleine iſt es denn der Eiverſucht Eigenſchafft/ daß ſie nur mit ihres gleichen in Krieg ziehe? Weil ſie eine Schweſter der Mißgunſt iſt/ ſolte ich mei- nen/ daß ſie mit dieſer die geringen Geſtirne verachten/ aber die groſſen Monden-Kugeln an- bellen ſolte. Die Koͤnigin antwortete: Jch hal- te diß fuͤr eine unrechte Schweſter der Eyfer- ſucht/ oder vielmehr fuͤr eine Mißgeburt blinder Begierden. Wenn ein Kampff nicht zur Toll- kuͤhnheit/ oder zum Gelaͤchter werden ſoll/ muß er gegen ſeines gleichen ſeyn. Eine Juno und Pallas mag wohl mit einer Venus/ aber keine Arachne mit einer Minerve/ kein Marſyas mit einem Apollo/ und kein Therſites mit einem A- chilles eifern. Thußnelde brach mit einem U- berfluſſe ihrer angebohrnen Anmuth ein: Jch begehre mich zwar nicht wider diß Geſetze der Gleichheit auffzulehnen; dennoch doͤrffte ſie die- ſer tieffſinnigen Geſellſchafft nicht verſchweigen/ daß die blauen Augen ihr eine Vollmacht auff- getragen haͤtten/ zu erforſchen: Warum die ſchwartzen ihnen allenthalben den Vorzug zu- eigneten? Sintemahl die blauen ja mit der Far- be des Himmels/ die ſchwartzen mit der Hoͤlle prangeten; jene vielmehr Feuer/ dieſe mehr Waſſer in ſich haͤtten. Die ſchwartzaͤugichte Erato ward durch ſolche Hoͤffligkeit genoͤthiget/ die Seite ihrer eigenen Augen zu verlaſſen/ und denen blauen Augen Thußneldens das Wort zu reden. Daher ſagte ſie: Jhre angefuͤhrte Ur- ſachen ſpraͤchen den Himmelblauen Augen bil- lich den Preiß zu. Jn ihren Augen waͤren auch keine ſchoͤnere Edelgeſteine/ als die Saphi- re; keine ſchoͤnere Blumen als die Hyacinthen/ in der Mahlerey nichts koſtbarers/ als das vom Laſurſtein kommende blaue/ an welcher Farbe/ und der ihr gantz nahe kom̃enden gruͤnen die Au- gen ſelbſt ſich allein erqvickten; Hingegen weiſſe Dinge das Geſichte zerſtreueten/ ſchwartze die Augen-Strahlen zu ſehr in die Enge draͤngten/ die Roͤthe aber die Augen entzuͤndete und blen- dete. Gleicher geſtalt ſtaͤchen die Pfauen mit ihres Schwantzes blauen Augen der Schoͤn- heit aller andern Voͤgel die Augen aus. Das ſchoͤne blaue waͤre gleichſam der Schmeltz der Regenbogen; ja die ſchwartzen Augen ſelbſt koͤn- ten in ihrem den Aug-Apffel umgebenden Re- genbogen dieſer Himmel-Farbe niemahls gantz entbehren. Nein/ nein/ rieff die Fuͤrſtin Jſmene. Die Koͤnigin wolte mehr ihren deutſchen Augen/ als der Wuͤrde der ſchwar- tzen liebkoſen/ welche ſchon fuͤr allen Richter- Stuͤlen

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 548. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/604>, abgerufen am 22.11.2024.