Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
seines Eigenruhms sich zwar auser Neid/ nichtaber ausser Ehre setzen. Hingegen ist nichts verächtlicher/ als wenn ein Diener sich eines ihm etwan gelückten Streiches zur Eitelkeit miß- braucht/ und seinem Ehrgeitze selbst einen Lor- ber-Krantz auffsetzt/ aus Unwissenheit/ daß der/ welcher sich seines rühmlichen Verhaltens am wenigsten mercken läst/ seinen Ruhm vergrösse- re; gleich als wenn der dieses deßhalben selbst verdrückte/ weil er ihm noch weit ein mehrers auszurichten getraute. Ein kluger Diener hat hierinnen zu seinem Leit-Sterne und Vor- bilde das Auge; welches zwar alles ausser ihm/ sich aber selbst nicht sehen kan; und des Spie- gels/ der in ihm alles/ sich aber selbst nicht ab- bildet. Aus dieser Ursache ziehe ich unser deutschen Ritters-Leute Absehen allen andern für. Denn ihre erste Pflicht bestehet in dem/ daß sie das Vaterland beschirmen/ für ihren Fürsten ihr Blut verspritzen/ alle ihre Thaten aber/ ja auch alle Glücksfälle ihm zueignen. Al- so kämpffen die Fürsten für den Sieg/ die Rit- terschafft aber für den Fürsten. Diese sind in ihrem Reiche/ was die erste Bewegung unter dem Gestirne/ und das Gewichte in den Uh- ren. Die Räder/ in denen das gantze Kunst- werck stecket/ sind die Diener/ welche insgeheim und im verbor genen die Zeit und die Geschäf- te abmessen sollen. Ja wenn auch ein nachläs- siger Fürst sich aller Herrschafft entschlägt/ und nichts minder die Erfindung und Anstalt als die Ausübung eines Wercks von einem Diener herrühret/ so soll er doch seinen Fürsten für den Weiser in der Reichs-Uhr achten/ welcher öffentlich als die Richtschnur der Menschen die Stunden anzeiget; ungeachtet er in sich selbst keine Bewegung hat/ oder bey der Sache et- was thut. Denn Diener sind nur Gefär- then der Arbeit/ nicht der Gewalt und Ehre; blosse und meist entbehrliche Werckzeuge/ nicht Urheber; Schatten/ keine Sonnen/ welche al- sofort verschwinden/ wenn sie sich unvorsichtig [Spaltenumbruch] ans Licht machen. Die hellesten Sterne und der Monde das grosse Nacht-Licht büsset seinen Glantz ein/ wenn sie sich an ihrer Finsterniß nicht vergnügen/ sondern der Sonne zu nahe kommen/ und sich mit ihren Strahlen bekleiden wollen. König Hippon in Britannien ließ sei- nes hochverdienten Krigesobersten Aletodobals ruhmräthige Ehren-Seule abbrechen und zer- schmeltzen/ die er aus seiner Feinde Ertzt hatte giessen lassen; und als er ihm gleich die Erobe- rung Caledoniens anzuvertrauen ihn aus Noth nicht übergehen konte/ gewährte er ihn doch aus Gramschafft seiner Bitte nicht/ daß er dem Könige den Steigbügel hätte küssen mögen. Noch in tiefere Ungnade verfiel Cornelius Gallus beym Augustus/ weil er ihm in Egy- pten viel Ehren-Seulen auffstellte/ seine Ge- schichte in die Spitz-Seulen grub; ja die Unge- dult zwang ihn ihm selbst vom Leben zu helf- fen. Hierentgegen starb Agrippa in unver- sehrter Gnade/ der zwar der Urheber und Werckzeug aller grossen Siege und herrlichen Gebäue war/ hierbey aber sein gantz vergaß/ dem gemeinen Wesen den Vortheil/ dem Käy- ser die Ehre zuschrieb; offt auch gar/ um das Glücke zu mäßigen und seinem Fürsten nicht zu sehr in die Augen zu leuchten sich seines Vortheils nicht bediente; Also den Cneus Pompejus zwar zur See schlug/ ihn aber gar nicht verfolgte. Den gewissesten Verderb a- ber zeucht nach sich/ wenn man die Liebe des Volcks/ und den Zuruff des Pöfels gegen sich erwecket. Daher soll ein Feld-Oberster nach erhaltenem Siege lieber des Nachts und einsam nach Hofe kommen/ um die Ehrerbietung der Bür- ger zu verhüten/ nach geendigtem Kriege sich des Hofes entschlagen/ und sich zur Ruhe begeben/ wormit er mit seinem Glantze andere müßige nicht verblende/ hingegen aller ihrer Miß gunst gegen sich errege. Ja wenn ein Fürst auch selbst einen Diener allzu hoch ans Licht stellen will/ hat er so viel mehr Ursache sich selbst zu ver- düstern K k k k 3
Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
ſeines Eigenruhms ſich zwar auſer Neid/ nichtaber auſſer Ehre ſetzen. Hingegen iſt nichts veraͤchtlicher/ als wenn ein Diener ſich eines ihm etwan geluͤckten Streiches zur Eitelkeit miß- braucht/ und ſeinem Ehrgeitze ſelbſt einen Lor- ber-Krantz auffſetzt/ aus Unwiſſenheit/ daß der/ welcher ſich ſeines ruͤhmlichen Verhaltens am wenigſten mercken laͤſt/ ſeinen Ruhm vergroͤſſe- re; gleich als wenn der dieſes deßhalben ſelbſt verdruͤckte/ weil er ihm noch weit ein mehrers auszurichten getraute. Ein kluger Diener hat hierinnen zu ſeinem Leit-Sterne und Vor- bilde das Auge; welches zwar alles auſſer ihm/ ſich aber ſelbſt nicht ſehen kan; und des Spie- gels/ der in ihm alles/ ſich aber ſelbſt nicht ab- bildet. Aus dieſer Urſache ziehe ich unſer deutſchen Ritters-Leute Abſehen allen andern fuͤr. Denn ihre erſte Pflicht beſtehet in dem/ daß ſie das Vaterland beſchirmen/ fuͤr ihren Fuͤrſten ihr Blut verſpritzen/ alle ihre Thaten aber/ ja auch alle Gluͤcksfaͤlle ihm zueignen. Al- ſo kaͤmpffen die Fuͤrſten fuͤr den Sieg/ die Rit- terſchafft aber fuͤr den Fuͤrſten. Dieſe ſind in ihrem Reiche/ was die erſte Bewegung unter dem Geſtirne/ und das Gewichte in den Uh- ren. Die Raͤder/ in denen das gantze Kunſt- werck ſtecket/ ſind die Diener/ welche insgeheim und im verbor genen die Zeit und die Geſchaͤf- te abmeſſen ſollen. Ja wenn auch ein nachlaͤſ- ſiger Fuͤrſt ſich aller Herrſchafft entſchlaͤgt/ und nichts minder die Erfindung und Anſtalt als die Ausuͤbung eines Wercks von einem Diener herruͤhret/ ſo ſoll er doch ſeinen Fuͤrſten fuͤr den Weiſer in der Reichs-Uhr achten/ welcher oͤffentlich als die Richtſchnur der Menſchen die Stunden anzeiget; ungeachtet er in ſich ſelbſt keine Bewegung hat/ oder bey der Sache et- was thut. Denn Diener ſind nur Gefaͤr- then der Arbeit/ nicht der Gewalt und Ehre; bloſſe und meiſt entbehrliche Werckzeuge/ nicht Urheber; Schatten/ keine Sonnen/ welche al- ſofort verſchwinden/ wenn ſie ſich unvorſichtig [Spaltenumbruch] ans Licht machen. Die helleſten Sterne und der Monde das groſſe Nacht-Licht buͤſſet ſeinen Glantz ein/ wenn ſie ſich an ihrer Finſterniß nicht vergnuͤgen/ ſondern der Sonne zu nahe kommen/ und ſich mit ihren Strahlen bekleiden wollen. Koͤnig Hippon in Britannien ließ ſei- nes hochverdienten Krigesoberſten Aletodobals ruhmraͤthige Ehren-Seule abbrechen und zer- ſchmeltzen/ die er aus ſeiner Feinde Ertzt hatte gieſſen laſſen; und als er ihm gleich die Erobe- rung Caledoniens anzuvertrauen ihn aus Noth nicht uͤbergehen konte/ gewaͤhrte er ihn doch aus Gramſchafft ſeiner Bitte nicht/ daß er dem Koͤnige den Steigbuͤgel haͤtte kuͤſſen moͤgen. Noch in tiefere Ungnade verfiel Cornelius Gallus beym Auguſtus/ weil er ihm in Egy- pten viel Ehren-Seulen auffſtellte/ ſeine Ge- ſchichte in die Spitz-Seulen grub; ja die Unge- dult zwang ihn ihm ſelbſt vom Leben zu helf- fen. Hierentgegen ſtarb Agrippa in unver- ſehrter Gnade/ der zwar der Urheber und Werckzeug aller groſſen Siege und herrlichen Gebaͤue war/ hierbey aber ſein gantz vergaß/ dem gemeinen Weſen den Vortheil/ dem Kaͤy- ſer die Ehre zuſchrieb; offt auch gar/ um das Gluͤcke zu maͤßigen und ſeinem Fuͤrſten nicht zu ſehr in die Augen zu leuchten ſich ſeines Vortheils nicht bediente; Alſo den Cneus Pompejus zwar zur See ſchlug/ ihn aber gar nicht verfolgte. Den gewiſſeſten Verderb a- ber zeucht nach ſich/ wenn man die Liebe des Volcks/ und den Zuruff des Poͤfels gegen ſich erwecket. Daher ſoll ein Feld-Oberſter nach erhaltenem Siege lieber des Nachts und einſam nach Hofe kom̃en/ um die Ehrerbietung deꝛ Buͤr- ger zu verhuͤten/ nach geendigtem Kriege ſich des Hofes entſchlagen/ und ſich zur Ruhe begeben/ wormit er mit ſeinem Glantze andere muͤßige nicht verblende/ hingegen aller ihrer Miß gunſt gegen ſich errege. Ja wenn ein Fuͤrſt auch ſelbſt einen Diener allzu hoch ans Licht ſtellen will/ hat er ſo viel mehr Urſache ſich ſelbſt zu ver- duͤſtern K k k k 3
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Arminius und Thußnelda.
ſeines Eigenruhms ſich zwar auſer Neid/ nicht
aber auſſer Ehre ſetzen. Hingegen iſt nichts
veraͤchtlicher/ als wenn ein Diener ſich eines ihm
etwan geluͤckten Streiches zur Eitelkeit miß-
braucht/ und ſeinem Ehrgeitze ſelbſt einen Lor-
ber-Krantz auffſetzt/ aus Unwiſſenheit/ daß der/
welcher ſich ſeines ruͤhmlichen Verhaltens am
wenigſten mercken laͤſt/ ſeinen Ruhm vergroͤſſe-
re; gleich als wenn der dieſes deßhalben ſelbſt
verdruͤckte/ weil er ihm noch weit ein mehrers
auszurichten getraute. Ein kluger Diener
hat hierinnen zu ſeinem Leit-Sterne und Vor-
bilde das Auge; welches zwar alles auſſer ihm/
ſich aber ſelbſt nicht ſehen kan; und des Spie-
gels/ der in ihm alles/ ſich aber ſelbſt nicht ab-
bildet. Aus dieſer Urſache ziehe ich unſer
deutſchen Ritters-Leute Abſehen allen andern
fuͤr. Denn ihre erſte Pflicht beſtehet in dem/
daß ſie das Vaterland beſchirmen/ fuͤr ihren
Fuͤrſten ihr Blut verſpritzen/ alle ihre Thaten
aber/ ja auch alle Gluͤcksfaͤlle ihm zueignen. Al-
ſo kaͤmpffen die Fuͤrſten fuͤr den Sieg/ die Rit-
terſchafft aber fuͤr den Fuͤrſten. Dieſe ſind in
ihrem Reiche/ was die erſte Bewegung unter
dem Geſtirne/ und das Gewichte in den Uh-
ren. Die Raͤder/ in denen das gantze Kunſt-
werck ſtecket/ ſind die Diener/ welche insgeheim
und im verbor genen die Zeit und die Geſchaͤf-
te abmeſſen ſollen. Ja wenn auch ein nachlaͤſ-
ſiger Fuͤrſt ſich aller Herrſchafft entſchlaͤgt/ und
nichts minder die Erfindung und Anſtalt als
die Ausuͤbung eines Wercks von einem Diener
herruͤhret/ ſo ſoll er doch ſeinen Fuͤrſten fuͤr
den Weiſer in der Reichs-Uhr achten/ welcher
oͤffentlich als die Richtſchnur der Menſchen die
Stunden anzeiget; ungeachtet er in ſich ſelbſt
keine Bewegung hat/ oder bey der Sache et-
was thut. Denn Diener ſind nur Gefaͤr-
then der Arbeit/ nicht der Gewalt und Ehre;
bloſſe und meiſt entbehrliche Werckzeuge/ nicht
Urheber; Schatten/ keine Sonnen/ welche al-
ſofort verſchwinden/ wenn ſie ſich unvorſichtig
ans Licht machen. Die helleſten Sterne und
der Monde das groſſe Nacht-Licht buͤſſet ſeinen
Glantz ein/ wenn ſie ſich an ihrer Finſterniß
nicht vergnuͤgen/ ſondern der Sonne zu nahe
kommen/ und ſich mit ihren Strahlen bekleiden
wollen. Koͤnig Hippon in Britannien ließ ſei-
nes hochverdienten Krigesoberſten Aletodobals
ruhmraͤthige Ehren-Seule abbrechen und zer-
ſchmeltzen/ die er aus ſeiner Feinde Ertzt hatte
gieſſen laſſen; und als er ihm gleich die Erobe-
rung Caledoniens anzuvertrauen ihn aus
Noth nicht uͤbergehen konte/ gewaͤhrte er ihn
doch aus Gramſchafft ſeiner Bitte nicht/ daß er
dem Koͤnige den Steigbuͤgel haͤtte kuͤſſen moͤgen.
Noch in tiefere Ungnade verfiel Cornelius
Gallus beym Auguſtus/ weil er ihm in Egy-
pten viel Ehren-Seulen auffſtellte/ ſeine Ge-
ſchichte in die Spitz-Seulen grub; ja die Unge-
dult zwang ihn ihm ſelbſt vom Leben zu helf-
fen. Hierentgegen ſtarb Agrippa in unver-
ſehrter Gnade/ der zwar der Urheber und
Werckzeug aller groſſen Siege und herrlichen
Gebaͤue war/ hierbey aber ſein gantz vergaß/
dem gemeinen Weſen den Vortheil/ dem Kaͤy-
ſer die Ehre zuſchrieb; offt auch gar/ um das
Gluͤcke zu maͤßigen und ſeinem Fuͤrſten nicht
zu ſehr in die Augen zu leuchten ſich ſeines
Vortheils nicht bediente; Alſo den Cneus
Pompejus zwar zur See ſchlug/ ihn aber gar
nicht verfolgte. Den gewiſſeſten Verderb a-
ber zeucht nach ſich/ wenn man die Liebe des
Volcks/ und den Zuruff des Poͤfels gegen ſich
erwecket. Daher ſoll ein Feld-Oberſter nach
erhaltenem Siege lieber des Nachts und einſam
nach Hofe kom̃en/ um die Ehrerbietung deꝛ Buͤr-
ger zu verhuͤten/ nach geendigtem Kriege ſich des
Hofes entſchlagen/ und ſich zur Ruhe begeben/
wormit er mit ſeinem Glantze andere muͤßige
nicht verblende/ hingegen aller ihrer Miß gunſt
gegen ſich errege. Ja wenn ein Fuͤrſt auch
ſelbſt einen Diener allzu hoch ans Licht ſtellen
will/ hat er ſo viel mehr Urſache ſich ſelbſt zu ver-
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 629. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/685>, abgerufen am 29.06.2024. |