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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] fen nach. Rhemetalces brach ein: dieser Deut-
schen Entschlüssung überstiege allen Ruhm.
Sintemahl es gewiß in solchen Fällen/ da man
einem Gesandten/ und seinem durch ihn vorge-
bildeten Fürsten etwas verkleinerliches zumu-
thete/ Witz und Tapfferkeit erforderte/ seinem
Fürsten nichts vergeben/ und gleichwohl den/ zu
dem man geschickt würde/ nicht beleidigen. Denn
der Vorzug ist ein Augapffel der Fürsten; wel-
chen sie mit grösserer Empfindligkeit berühren/
als ihnen sonst grossen Schaden zufügen lassen.
Daher hätte Arsaces seinen Gesandten Oroba-
zes enthaupten lassen/ weil er dem Sylla gewi-
chen/ und der Rath zu Athen den Derogoras har-
te gestrafft/ weil er den Persischen König wider
ihre alte Art verehret. Es wäre zwar eine gemei-
ne Art sich der Zusammenkünffte zu enteussern/
wo man in Gefahr stünde nicht seine gebühren-
de Ehre zu genüssen; zuweilen würde auch die
Oberstelle durch Gewalt behauptet; und wären
wohl ehe der Britannier und Gallier Gesand-
ten von ihren eingenommenen Stühlen gestos-
sen worden; aber jenes hielte schon selbst ein eige-
nes Mißtrauen/ und ein halbes Nachgeben in
sich; und diß wäre nicht nur eine Versehrung
der Höffligkeit/ sondern auch offt ein Zunder
schrecklicher Kriege. Zuweilen pfleget man
sich auch wohl dem ungewissen Looße zu unter-
werffen; nach welchem Antonius/ August/ Lepi-
dus und Pompejus nach Abredung ihres Bünd-
nüßes ihre Stellen nahmen; oder man erkieset
zum Sitz runde Taffeln/ misset gegen einander
die Tritte ab/ redet zusammen einander begeg-
gnende; sucht den andern/ wenn er zu Bette liegt/
heim; giebt stehende Verhör: daß auch der an-
dere nicht sitzen dörffe. Allein diß alles sind
Künste nichts zu vergeben/ aber auch nichts zu
gewinnen. Daher denn die Römischen Ge-
sandten in dem Etolischen Reichs-Tage viel klü-
ger thaten: daß als sie für dem Macedonischen
Gesandten nicht zur Verhör kommen konten/
sie auch denen geringern Atheniensern freywil-
[Spaltenumbruch] lig den Vorzug liessen; und dardurch den Vor-
theil der vorhergehenden Gründe zu wiederle-
gen erlangten; und doch vorschützten: daß bey
den Römern der/ welcher zuletzt ginge und re-
dete/ der Vornehmste wäre. Des Königs Per-
seus verschmitzter Diener Philip machte durch
einen annehmlichen Schertz: daß Perseus ohne
Verkleinerung zu dem Römischen Bürgermei-
ster Qvintilius als einem Aelteren über die Bach
zur Unterredung kommen konte. Eben so ver-
schmitzt machte es der Thebanische Gesandte
Jsmenias; welchem der Persische König ohne
Beugung seines Hauptes zur Erde keine Ver-
hör geben wolte; da er beym Eintritte mit Fleiß
seinen Ring fallen ließ/ und ihm also Ursache den
Ring auff zuheben machte/ gleichwohl aber den
Verhörgeber vergnügte. Ein Persischer Both-
schaffter aber/ welcher durch eine mit Fleiß ernie-
drigte Pforte zu dem Jndianischen Könige ein-
geleitet ward/ erhielt rückwerts hineingehen-
de das Ansehen seines mächtigen Herrschers.
Und des Deutschen Feldherrn Marcomirs
Bothschaffter/ als der Scythische König ihm in
dem Verhör-Saale keinen Sitz-Teppicht auf-
breiten lassen/ machte aus seinem Mantel einen
Sitz/ und aus der Noth eine Tugend.

Adgandester fuhre fort: Es wäre darbey nicht
blieben/ sondern als die Botschaffter hernach bey
dem Einzuge Alexanders abermahls mit ein-
ander zwistig wurden/ und insonderheit die
sich eindringenden Serer und Jndianer ver-
lauten liessen: Sie wolten die wenigen Deut-
schen in Stücken hauen; zohen diese augen-
blicks von Leder/ und der Gesandte Rosen-
berg sagte ihnen unter Augen: Sie wüsten
vielleicht nicht: daß der in dem Amasischen
Gebürge wachsende Stahl zwar der schönste/
und am Glantze bey nahe dem Golde und Sil-
ber gleich/ der Hercyn- und Abrobische aber
in Deutschland der schärffste wäre/ und der
Deutschen Brüste die Härtigkeit der Amboße/
ihre Streit-Hämmer aber die Eigenschafft

der
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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] fen nach. Rhemetalces brach ein: dieſer Deut-
ſchen Entſchluͤſſung uͤberſtiege allen Ruhm.
Sintemahl es gewiß in ſolchen Faͤllen/ da man
einem Geſandten/ und ſeinem durch ihn vorge-
bildeten Fuͤrſten etwas verkleinerliches zumu-
thete/ Witz und Tapfferkeit erforderte/ ſeinem
Fuͤrſten nichts vergeben/ und gleichwohl den/ zu
dem man geſchickt wuͤꝛde/ nicht beleidigen. Denn
der Vorzug iſt ein Augapffel der Fuͤrſten; wel-
chen ſie mit groͤſſerer Empfindligkeit beruͤhren/
als ihnen ſonſt groſſen Schaden zufuͤgen laſſen.
Daher haͤtte Arſaces ſeinen Geſandten Oroba-
zes enthaupten laſſen/ weil er dem Sylla gewi-
chen/ und der Rath zu Athen den Derogoras har-
te geſtrafft/ weil er den Perſiſchen Koͤnig wider
ihre alte Art verehret. Es waͤre zwar eine gemei-
ne Art ſich der Zuſammenkuͤnffte zu enteuſſern/
wo man in Gefahr ſtuͤnde nicht ſeine gebuͤhren-
de Ehre zu genuͤſſen; zuweilen wuͤrde auch die
Oberſtelle durch Gewalt behauptet; und waͤren
wohl ehe der Britannier und Gallier Geſand-
ten von ihren eingenommenen Stuͤhlen geſtoſ-
ſen worden; aber jenes hielte ſchon ſelbſt ein eige-
nes Mißtrauen/ und ein halbes Nachgeben in
ſich; und diß waͤre nicht nur eine Verſehrung
der Hoͤffligkeit/ ſondern auch offt ein Zunder
ſchrecklicher Kriege. Zuweilen pfleget man
ſich auch wohl dem ungewiſſen Looße zu unter-
werffen; nach welchem Antonius/ Auguſt/ Lepi-
dus und Pompejus nach Abredung ihres Buͤnd-
nuͤßes ihre Stellen nahmen; oder man erkieſet
zum Sitz runde Taffeln/ miſſet gegen einander
die Tritte ab/ redet zuſammen einander begeg-
gnende; ſucht den andern/ wenn er zu Bette liegt/
heim; giebt ſtehende Verhoͤr: daß auch der an-
dere nicht ſitzen doͤrffe. Allein diß alles ſind
Kuͤnſte nichts zu vergeben/ aber auch nichts zu
gewinnen. Daher denn die Roͤmiſchen Ge-
ſandten in dem Etoliſchen Reichs-Tage viel kluͤ-
ger thaten: daß als ſie fuͤr dem Macedoniſchen
Geſandten nicht zur Verhoͤr kommen konten/
ſie auch denen geringern Athenienſern freywil-
[Spaltenumbruch] lig den Vorzug lieſſen; und dardurch den Vor-
theil der vorhergehenden Gruͤnde zu wiederle-
gen erlangten; und doch vorſchuͤtzten: daß bey
den Roͤmern der/ welcher zuletzt ginge und re-
dete/ der Vornehmſte waͤre. Des Koͤnigs Per-
ſeus verſchmitzter Diener Philip machte durch
einen annehmlichen Schertz: daß Perſeus ohne
Verkleinerung zu dem Roͤmiſchen Buͤrgermei-
ſter Qvintilius als einem Aelteren uͤber die Bach
zur Unterredung kommen konte. Eben ſo ver-
ſchmitzt machte es der Thebaniſche Geſandte
Jſmenias; welchem der Perſiſche Koͤnig ohne
Beugung ſeines Hauptes zur Erde keine Ver-
hoͤr geben wolte; da er beym Eintritte mit Fleiß
ſeinen Ring fallen ließ/ und ihm alſo Urſache den
Ring auff zuheben machte/ gleichwohl aber den
Verhoͤrgeber vergnuͤgte. Ein Perſiſcher Both-
ſchaffter aber/ welcher durch eine mit Fleiß ernie-
drigte Pforte zu dem Jndianiſchen Koͤnige ein-
geleitet ward/ erhielt ruͤckwerts hineingehen-
de das Anſehen ſeines maͤchtigen Herrſchers.
Und des Deutſchen Feldherrn Marcomirs
Bothſchaffter/ als der Scythiſche Koͤnig ihm in
dem Verhoͤr-Saale keinen Sitz-Teppicht auf-
breiten laſſen/ machte aus ſeinem Mantel einen
Sitz/ und aus der Noth eine Tugend.

Adgandeſter fuhre fort: Es waͤre darbey nicht
blieben/ ſondern als die Botſchaffter hernach bey
dem Einzuge Alexanders abermahls mit ein-
ander zwiſtig wurden/ und inſonderheit die
ſich eindringenden Serer und Jndianer ver-
lauten lieſſen: Sie wolten die wenigen Deut-
ſchen in Stuͤcken hauen; zohen dieſe augen-
blicks von Leder/ und der Geſandte Roſen-
berg ſagte ihnen unter Augen: Sie wuͤſten
vielleicht nicht: daß der in dem Amaſiſchen
Gebuͤrge wachſende Stahl zwar der ſchoͤnſte/
und am Glantze bey nahe dem Golde und Sil-
ber gleich/ der Hercyn- und Abrobiſche aber
in Deutſchland der ſchaͤrffſte waͤre/ und der
Deutſchen Bruͤſte die Haͤrtigkeit der Amboße/
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der
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 763[765]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/825>, abgerufen am 22.11.2024.