Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Sechstes Buch [Spaltenumbruch]
derlich aber stach sie die Stadt Carthago in dieAugen; welcher Macht sie rings um sich her/ und insonderheit in dem benachbarten Sicili- en anwachsen sahen. Weil nun Andacht fast aller Kriege Firnß seyn muß/ schickten sie in dem dem Vulcanus zugeigneten Herbst-Mo- nathe einen ihrer Priester mit einer grossen Plat- te Gold/ darauff die Stadt Rom gepreget war/ auff den Berg Etna/ welcher seiner Hö- he wegen die Seule des Himmels genennet wird. So bald sie der Priester in seinen feu- rigen Kessel warff/ ward sie augenblicks ver- schlungen. Jn des Vulcanus Tempel aber liessen sie einen güldenen Amboß lieffern/ da denn die Hunde den abgeschickten Priester lieb- kosende bewillkommten/ und alle seine Fuß- stapffen leckten. Weil beydes nun für gewisse Zeichen künfftigen Glücks in Sicilien ange- nommen ward/ fertigten sie den Bürgermeister Appius ab/ der belägerten Stadt Messana zu Hülffe. Die Carthaginenser wurden nicht al- leine die Belägerung auffzuheben gezwungen/ sondern der König zu Syracuse Hiero schlug sich auch zu den Römern; weil der grosse Brunn A- rethusa/ der auff dem an Syracusa liegenden Eylande Ortygia aus einem Steinfelsen ent- springet/ eine silberne Schale auffgestossen hatte/ auff der gepreget war/ wie ein Wolff ein Pferd zerfleischte/ welches die Priester in dem darbey stehenden Tempel der Alpheischen Di- ana dahin auslegten: daß Rom die Stadt Car- thago zerstören würde/ und also den Hiero sich der Unglückseligen zu entschlagen/ und an der Römer Glücks-Bild zu lehnen verursachte. Wiewohl dieses eben so wohl für einen Betrug der Priester gehalten ward; als dieses: daß eine in Arcadien zu Olympia in Fluß Alpheus ge- worffene Schale/ wie auch die Merckmahle von denen daselbst geschlachteten Opffer-Thie- ren aus diesem Brunnen solten hervor kommen/ ja vom Delphischen Apollo selbst dem Archias gerathen worden seyn: daß er da/ wo der unter [Spaltenumbruch] dem Meere unvermischt durch dringende Alphe- us sich mit dem Brunnen Arethusa vermählte/ seine angezielte Stadt/ nehmlich Syracusen er- bauen solte. Wie nun die Carthaginenser de- rogestalt einen schweren Krieg/ dessen Grau- samkeit der Berg Etna mit Ausstossung unge- wöhnlicher Hartzt und Schwefel-Bäche/ mit Abstürtzung zerschmoltzener Stein-Klippen in das vom unterirrdischen Feuer siedende Meer/ und das gantze Eyland durch grausame Erd- beben ankündigte/ für Augen sahen/ hingegen der Deutschen Tapfferkeit nicht nur in der gan- tzen Welt beruffen war/ sondern die Semno- ner/ welche Brennus dem Könige Dionysius zugeschickt hatte/ in denen Sicilischen Kriegen/ und die Celten in den Spanischen ihre Tugend genugsam hatten sehen lassen/ beschlossen sie so viel Semnoner/ Celten oder andere Deutschen/ als ihrer möglich auffzubringen wären/ in ihre Kriegs-Dienste zu ziehen. Weil nun die zwey Könige der Alemannier Concoletan und Ane- roest ihrem zwischen dem Rhein/ Meyn und der Donau liegendes Gebiete alle denen Hel- vetiern zustehende Landschafften zwischen den Alpen und dem Gebürge Jura beygesetzt/ die Jnsubrer und Ligurier aber/ welche mit den Maßiliern der Römer Bunds-Genossen in Krieg verfallen waren/ ihnen die Städte Anti- polis und Nicea abgenommen/ und Britomarn der Catten Hertzog wegen seiner Tapfferkeit zu ihrem Könige erwehlet hatten; schickten sie an diese Könige eine Gesandtschafft; und brach- ten eine ansehnliche Hülffe von Alemännern/ Jnsubrern und Liguriern zuwege/ die sie auff dem Rhodan herab/ von dar in Sardinien/ und endlich in Sicilien nach Agrigent führten; welche Stadt nicht allein ihrer Festung halber/ sondern auch wegen allerhand natürlichen Sel- tzamkeiten berühmt ist/ insonderheit wegen des Saltzes/ das beym Feuer zerfleust/ beym Was- ser wie anders von der Flamme zerplatzet/ we- gen des Brunnen/ aus welchem alle/ insonder- heit
Sechſtes Buch [Spaltenumbruch]
derlich aber ſtach ſie die Stadt Carthago in dieAugen; welcher Macht ſie rings um ſich her/ und inſonderheit in dem benachbarten Sicili- en anwachſen ſahen. Weil nun Andacht faſt aller Kriege Firnß ſeyn muß/ ſchickten ſie in dem dem Vulcanus zugeigneten Herbſt-Mo- nathe einen ihrer Prieſteꝛ mit einer groſſen Plat- te Gold/ darauff die Stadt Rom gepreget war/ auff den Berg Etna/ welcher ſeiner Hoͤ- he wegen die Seule des Himmels genennet wird. So bald ſie der Prieſter in ſeinen feu- rigen Keſſel warff/ ward ſie augenblicks ver- ſchlungen. Jn des Vulcanus Tempel aber lieſſen ſie einen guͤldenen Amboß lieffern/ da denn die Hunde den abgeſchickten Prieſter lieb- koſende bewillkommten/ und alle ſeine Fuß- ſtapffen leckten. Weil beydes nun fuͤr gewiſſe Zeichen kuͤnfftigen Gluͤcks in Sicilien ange- nommen ward/ fertigten ſie den Buͤrgermeiſter Appius ab/ der belaͤgerten Stadt Meſſana zu Huͤlffe. Die Carthaginenſer wurden nicht al- leine die Belaͤgerung auffzuheben gezwungen/ ſondern der Koͤnig zu Syracuſe Hiero ſchlug ſich auch zu den Roͤmern; weil der groſſe Brunn A- rethuſa/ der auff dem an Syracuſa liegenden Eylande Ortygia aus einem Steinfelſen ent- ſpringet/ eine ſilberne Schale auffgeſtoſſen hatte/ auff der gepreget war/ wie ein Wolff ein Pferd zerfleiſchte/ welches die Prieſter in dem darbey ſtehenden Tempel der Alpheiſchen Di- ana dahin auslegten: daß Rom die Stadt Car- thago zerſtoͤren wuͤrde/ und alſo den Hiero ſich der Ungluͤckſeligen zu entſchlagen/ und an der Roͤmer Gluͤcks-Bild zu lehnen verurſachte. Wiewohl dieſes eben ſo wohl fuͤr einen Betrug der Prieſter gehalten ward; als dieſes: daß eine in Arcadien zu Olympia in Fluß Alpheus ge- worffene Schale/ wie auch die Merckmahle von denen daſelbſt geſchlachteten Opffer-Thie- ren aus dieſem Brunnen ſolten hervor kom̃en/ ja vom Delphiſchen Apollo ſelbſt dem Archias gerathen worden ſeyn: daß er da/ wo der unter [Spaltenumbruch] dem Meere unvermiſcht durch dringende Alphe- us ſich mit dem Brunnen Arethuſa vermaͤhlte/ ſeine angezielte Stadt/ nehmlich Syracuſen er- bauen ſolte. Wie nun die Carthaginenſer de- rogeſtalt einen ſchweren Krieg/ deſſen Grau- ſamkeit der Berg Etna mit Ausſtoſſung unge- woͤhnlicher Hartzt und Schwefel-Baͤche/ mit Abſtuͤrtzung zerſchmoltzener Stein-Klippen in das vom unterirrdiſchen Feuer ſiedende Meer/ und das gantze Eyland durch grauſame Erd- beben ankuͤndigte/ fuͤr Augen ſahen/ hingegen der Deutſchen Tapfferkeit nicht nur in der gan- tzen Welt beruffen war/ ſondern die Semno- ner/ welche Brennus dem Koͤnige Dionyſius zugeſchickt hatte/ in denen Siciliſchen Kriegen/ und die Celten in den Spaniſchen ihre Tugend genugſam hatten ſehen laſſen/ beſchloſſen ſie ſo viel Semnoner/ Celten oder andere Deutſchen/ als ihrer moͤglich auffzubringen waͤren/ in ihre Kriegs-Dienſte zu ziehen. Weil nun die zwey Koͤnige der Alemannier Concoletan und Ane- roeſt ihrem zwiſchen dem Rhein/ Meyn und der Donau liegendes Gebiete alle denen Hel- vetiern zuſtehende Landſchafften zwiſchen den Alpen und dem Gebuͤrge Jura beygeſetzt/ die Jnſubrer und Ligurier aber/ welche mit den Maßiliern der Roͤmer Bunds-Genoſſen in Krieg verfallen waren/ ihnen die Staͤdte Anti- polis und Nicea abgenommen/ und Britomarn der Catten Hertzog wegen ſeiner Tapfferkeit zu ihrem Koͤnige erwehlet hatten; ſchickten ſie an dieſe Koͤnige eine Geſandtſchafft; und brach- ten eine anſehnliche Huͤlffe von Alemaͤnnern/ Jnſubrern und Liguriern zuwege/ die ſie auff dem Rhodan herab/ von dar in Sardinien/ und endlich in Sicilien nach Agrigent fuͤhrten; welche Stadt nicht allein ihrer Feſtung halber/ ſondern auch wegen allerhand natuͤrlichen Sel- tzamkeiten beruͤhmt iſt/ inſonderheit wegen des Saltzes/ das beym Feuer zerfleuſt/ beym Waſ- ſer wie anders von der Flamme zerplatzet/ we- gen des Brunnen/ aus welchem alle/ inſonder- heit
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Sechſtes Buch
derlich aber ſtach ſie die Stadt Carthago in die
Augen; welcher Macht ſie rings um ſich her/
und inſonderheit in dem benachbarten Sicili-
en anwachſen ſahen. Weil nun Andacht faſt
aller Kriege Firnß ſeyn muß/ ſchickten ſie in
dem dem Vulcanus zugeigneten Herbſt-Mo-
nathe einen ihrer Prieſteꝛ mit einer groſſen Plat-
te Gold/ darauff die Stadt Rom gepreget
war/ auff den Berg Etna/ welcher ſeiner Hoͤ-
he wegen die Seule des Himmels genennet
wird. So bald ſie der Prieſter in ſeinen feu-
rigen Keſſel warff/ ward ſie augenblicks ver-
ſchlungen. Jn des Vulcanus Tempel aber
lieſſen ſie einen guͤldenen Amboß lieffern/ da
denn die Hunde den abgeſchickten Prieſter lieb-
koſende bewillkommten/ und alle ſeine Fuß-
ſtapffen leckten. Weil beydes nun fuͤr gewiſſe
Zeichen kuͤnfftigen Gluͤcks in Sicilien ange-
nommen ward/ fertigten ſie den Buͤrgermeiſter
Appius ab/ der belaͤgerten Stadt Meſſana zu
Huͤlffe. Die Carthaginenſer wurden nicht al-
leine die Belaͤgerung auffzuheben gezwungen/
ſondern der Koͤnig zu Syracuſe Hiero ſchlug ſich
auch zu den Roͤmern; weil der groſſe Brunn A-
rethuſa/ der auff dem an Syracuſa liegenden
Eylande Ortygia aus einem Steinfelſen ent-
ſpringet/ eine ſilberne Schale auffgeſtoſſen
hatte/ auff der gepreget war/ wie ein Wolff ein
Pferd zerfleiſchte/ welches die Prieſter in dem
darbey ſtehenden Tempel der Alpheiſchen Di-
ana dahin auslegten: daß Rom die Stadt Car-
thago zerſtoͤren wuͤrde/ und alſo den Hiero ſich
der Ungluͤckſeligen zu entſchlagen/ und an der
Roͤmer Gluͤcks-Bild zu lehnen verurſachte.
Wiewohl dieſes eben ſo wohl fuͤr einen Betrug
der Prieſter gehalten ward; als dieſes: daß eine
in Arcadien zu Olympia in Fluß Alpheus ge-
worffene Schale/ wie auch die Merckmahle
von denen daſelbſt geſchlachteten Opffer-Thie-
ren aus dieſem Brunnen ſolten hervor kom̃en/
ja vom Delphiſchen Apollo ſelbſt dem Archias
gerathen worden ſeyn: daß er da/ wo der unter
dem Meere unvermiſcht durch dringende Alphe-
us ſich mit dem Brunnen Arethuſa vermaͤhlte/
ſeine angezielte Stadt/ nehmlich Syracuſen er-
bauen ſolte. Wie nun die Carthaginenſer de-
rogeſtalt einen ſchweren Krieg/ deſſen Grau-
ſamkeit der Berg Etna mit Ausſtoſſung unge-
woͤhnlicher Hartzt und Schwefel-Baͤche/ mit
Abſtuͤrtzung zerſchmoltzener Stein-Klippen in
das vom unterirrdiſchen Feuer ſiedende Meer/
und das gantze Eyland durch grauſame Erd-
beben ankuͤndigte/ fuͤr Augen ſahen/ hingegen
der Deutſchen Tapfferkeit nicht nur in der gan-
tzen Welt beruffen war/ ſondern die Semno-
ner/ welche Brennus dem Koͤnige Dionyſius
zugeſchickt hatte/ in denen Siciliſchen Kriegen/
und die Celten in den Spaniſchen ihre Tugend
genugſam hatten ſehen laſſen/ beſchloſſen ſie ſo
viel Semnoner/ Celten oder andere Deutſchen/
als ihrer moͤglich auffzubringen waͤren/ in ihre
Kriegs-Dienſte zu ziehen. Weil nun die zwey
Koͤnige der Alemannier Concoletan und Ane-
roeſt ihrem zwiſchen dem Rhein/ Meyn und
der Donau liegendes Gebiete alle denen Hel-
vetiern zuſtehende Landſchafften zwiſchen den
Alpen und dem Gebuͤrge Jura beygeſetzt/ die
Jnſubrer und Ligurier aber/ welche mit den
Maßiliern der Roͤmer Bunds-Genoſſen in
Krieg verfallen waren/ ihnen die Staͤdte Anti-
polis und Nicea abgenommen/ und Britomarn
der Catten Hertzog wegen ſeiner Tapfferkeit
zu ihrem Koͤnige erwehlet hatten; ſchickten ſie
an dieſe Koͤnige eine Geſandtſchafft; und brach-
ten eine anſehnliche Huͤlffe von Alemaͤnnern/
Jnſubrern und Liguriern zuwege/ die ſie auff
dem Rhodan herab/ von dar in Sardinien/
und endlich in Sicilien nach Agrigent fuͤhrten;
welche Stadt nicht allein ihrer Feſtung halber/
ſondern auch wegen allerhand natuͤrlichen Sel-
tzamkeiten beruͤhmt iſt/ inſonderheit wegen des
Saltzes/ das beym Feuer zerfleuſt/ beym Waſ-
ſer wie anders von der Flamme zerplatzet/ we-
gen des Brunnen/ aus welchem alle/ inſonder-
heit
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 788[792]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/852>, abgerufen am 01.07.2024. |