Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
go. Die Königin Erato fuhr hierüber heraus:was höre ich? Jst Deutschland das rechte Va- terland des edlen Agtsteines? und wird der häuffig im Meerstrande gefunden; welcher in Morgenland den Edelgesteinen vorgezogen wird/ zu Rom und in Asien nicht nur ein herrli- cher Schmuck/ sondern auch eine köstliche Artz- ney für das Anlauffen der Mandeln und ande- re Flüsse; ja weil er Stroh an sich zeucht/ eben so wohl/ als der Magnet ein Wunder der Na- tur ist? Die Nassauin antwortete: der reine und wohlrüchende Agstein würde nirgends als bey den Gothonen und Estiern an der Ost-See um die Weichsel und den Fluß Rodan gefunden; welchen letztern die Griechen aus Jrrthum oder vielleicht deßhalben Eridan hiessen; weil ihren Getichten nach die für den vom Himmel gestürtz- ten Thränen der Sonnen-Töchter in Agstein solten verwandelt werden. Salonine fing an: Es ist diß Getichte nicht so ungeschickt. Sinte- mal es zweifelsfrey den Ursprung und die Köst- ligkeit des Agsteins auszudrücken erfunden/ und er hierdurch bey weitem dem Weyrauche/ wel- cher aus des in eine Staude verwandelten Jünglings Libanus Thränen entsprossen seyn soll/ fürgezogen worden. Erato versetzte: Es ist freylich diß Getichte geschickter/ als des Sopho- cles und Demonstratus thörichte Meynungen; in dem jener den Agstein für der Jndianischen Hennen Zähren hält/ dieser aber gläubt; daß er aus dem Harne der Luchse entspringe. Sonst aber ist der Agstein in meinen Augen so schön: daß die ihn gebährenden Bäume von den Deut- schen mit Rechte den Arabischen Weyrauch- und Myrrhen-Bäumen/ und denen Syrischen Bal- sam-Stauden entgegen gesetzet werden können. Daher in Asien ein Stücke Agstein/ darinnen eine Heydechse von der Natur begraben worden war/ für etliche Talent/ und zu Rom ein kleiner Agsteinerner Cupido theuerer/ als schwerlich ein lebender Mensch wäre zu verkauffen gewest/ mei- nem Bedüncken nach nicht zu theuer verkaufft [Spaltenumbruch] worden. Wie nun die Gräffin von Nassau lä- chelte/ fragte die Königin Erato: Ob sie die Liebe aus Agstein wol oder übel gebildet zu seyn glaub- te? Jhrer Einbildung nach hätten beyde mit ein- ander eine vielfache Aehnligkeit; indem beyde zum brennen geschickt wären/ und einen Ma- gnetischen Zug an sich hätten. Die Gräfin ent- schuldigte sich: daß sie daran nicht gedacht/ son- dern nur theils sich über der übermäßigen Kost- barkeit des Agsteins verwundert hätte/ welcher bey den Gothonen so gemein wäre: daß sie ihn zum Räuchern und zu den Opffern an statt des Weyrauchs/ ja zur Kitte brauchten/ auch der E- stier Hertzog der Fürstin Thußnelde unlängst ein Stücke dreyzehn Pfund schwer geschenckt hätte; theils aus der Königin Rede eine Billi- gung des gemeinen Jrrthums zu spüren gewest wäre/ samb der Agstein eben diß an gewissen Bäu- men/ was das Hartzt an den Kiefern und Tan- nen/ und das Gummi an den Kirschbäumen wä- re. Verhält sichs denn nicht also? versetzte die Königin: daß der fette von gewissen Bäumen ins Meer trieffende Schweiß von dem Meer- saltze durchbeitzet und gereinigt/ von den Son- nen-Stralen aber gleichsam zu einem durchsich- tigen Ertzte gehärtet/ und von den Fischern ent- weder an dem von der See bespielten Strande auffgelesen/ oder aber aus gewissen Gräben/ darein es das Meer auswirfft/ gefischet werde? Die Naßauische Gräfin antwortete: Es wird zwar der Agstein auff solche Arten gesammlet; er ist aber weder der Safft noch das Hartzt/ we- niger die Frucht eines Baumes/ sondern ei- ne Fettigkeit der schwefflichten Erde/ welche die Kälte und das Saltz des Meer-Was- sers wie der Frost die Verg-Kristallen verstei- nert; und daher auch diß auff denen zweyen länglichten an der Ost-See in der Estier Gebie- te liegenden Eylanden mehrmahls herrliche Marck aus seiner Mutter der Erde gegraben wird. Zeno fügte bey: derogestalt wird nun- mehr der zeither verworffene Bericht des Phi- lemons H h h h h 2
Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
go. Die Koͤnigin Erato fuhr hieruͤber heraus:was hoͤre ich? Jſt Deutſchland das rechte Va- terland des edlen Agtſteines? und wird der haͤuffig im Meerſtrande gefunden; welcher in Morgenland den Edelgeſteinen vorgezogen wird/ zu Rom und in Aſien nicht nur ein herrli- cher Schmuck/ ſondern auch eine koͤſtliche Artz- ney fuͤr das Anlauffen der Mandeln und ande- re Fluͤſſe; ja weil er Stroh an ſich zeucht/ eben ſo wohl/ als der Magnet ein Wunder der Na- tur iſt? Die Naſſauin antwortete: der reine und wohlruͤchende Agſtein wuͤrde nirgends als bey den Gothonen und Eſtiern an der Oſt-See um die Weichſel und den Fluß Rodan gefunden; welchen letztern die Griechen aus Jrrthum oder vielleicht deßhalben Eridan hieſſen; weil ihren Getichten nach die fuͤr den vom Him̃el geſtuͤrtz- ten Thraͤnen der Sonnen-Toͤchter in Agſtein ſolten verwandelt werden. Salonine fing an: Es iſt diß Getichte nicht ſo ungeſchickt. Sinte- mal es zweifelsfrey den Urſprung und die Koͤſt- ligkeit des Agſteins auszudruͤcken erfunden/ und er hierdurch bey weitem dem Weyrauche/ wel- cher aus des in eine Staude verwandelten Juͤnglings Libanus Thraͤnen entſproſſen ſeyn ſoll/ fuͤrgezogen worden. Erato verſetzte: Es iſt freylich diß Getichte geſchickter/ als des Sopho- cles und Demonſtratus thoͤrichte Meynungen; in dem jener den Agſtein fuͤr der Jndianiſchen Hennen Zaͤhren haͤlt/ dieſer aber glaͤubt; daß er aus dem Harne der Luchſe entſpringe. Sonſt aber iſt der Agſtein in meinen Augen ſo ſchoͤn: daß die ihn gebaͤhrenden Baͤume von den Deut- ſchen mit Rechte den Arabiſchen Weyrauch- und Myrrhen-Baͤumen/ uñ denen Syriſchen Bal- ſam-Stauden entgegen geſetzet werden koͤnnen. Daher in Aſien ein Stuͤcke Agſtein/ darinnen eine Heydechſe von der Natur begraben worden war/ fuͤr etliche Talent/ und zu Rom ein kleiner Agſteinerner Cupido theuerer/ als ſchwerlich ein lebendeꝛ Menſch waͤꝛe zu verkauffen geweſt/ mei- nem Beduͤncken nach nicht zu theuer verkaufft [Spaltenumbruch] worden. Wie nun die Graͤffin von Naſſau laͤ- chelte/ fragte die Koͤnigin Erato: Ob ſie die Liebe aus Agſtein wol oder uͤbel gebildet zu ſeyn glaub- te? Jhrer Einbildung nach haͤtten beyde mit ein- ander eine vielfache Aehnligkeit; indem beyde zum brennen geſchickt waͤren/ und einen Ma- gnetiſchen Zug an ſich haͤtten. Die Graͤfin ent- ſchuldigte ſich: daß ſie daran nicht gedacht/ ſon- dern nur theils ſich uͤber der uͤbermaͤßigen Koſt- barkeit des Agſteins verwundert haͤtte/ welcher bey den Gothonen ſo gemein waͤre: daß ſie ihn zum Raͤuchern und zu den Opffern an ſtatt des Weyrauchs/ ja zur Kitte brauchten/ auch der E- ſtier Hertzog der Fuͤrſtin Thußnelde unlaͤngſt ein Stuͤcke dreyzehn Pfund ſchwer geſchenckt haͤtte; theils aus der Koͤnigin Rede eine Billi- gung des gemeinen Jrrthums zu ſpuͤren geweſt waͤre/ ſamb deꝛ Agſtein ebẽ diß an gewiſſen Baͤu- men/ was das Hartzt an den Kiefern und Tan- nen/ und das Gummi an den Kirſchbaͤumen waͤ- re. Verhaͤlt ſichs denn nicht alſo? verſetzte die Koͤnigin: daß der fette von gewiſſen Baͤumen ins Meer trieffende Schweiß von dem Meer- ſaltze durchbeitzet und gereinigt/ von den Son- nen-Stralen aber gleichſam zu einem durchſich- tigen Ertzte gehaͤrtet/ und von den Fiſchern ent- weder an dem von der See beſpielten Strande auffgeleſen/ oder aber aus gewiſſen Graͤben/ darein es das Meer auswirfft/ gefiſchet werde? Die Naßauiſche Graͤfin antwortete: Es wird zwar der Agſtein auff ſolche Arten geſammlet; er iſt aber weder der Safft noch das Hartzt/ we- niger die Frucht eines Baumes/ ſondern ei- ne Fettigkeit der ſchwefflichten Erde/ welche die Kaͤlte und das Saltz des Meer-Waſ- ſers wie der Froſt die Verg-Kriſtallen verſtei- nert; und daher auch diß auff denen zweyen laͤnglichten an der Oſt-See in der Eſtier Gebie- te liegenden Eylanden mehrmahls herrliche Marck aus ſeiner Mutter der Erde gegraben wird. Zeno fuͤgte bey: derogeſtalt wird nun- mehr der zeither verworffene Bericht des Phi- lemons H h h h h 2
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Arminius und Thußnelda.
go. Die Koͤnigin Erato fuhr hieruͤber heraus:
was hoͤre ich? Jſt Deutſchland das rechte Va-
terland des edlen Agtſteines? und wird der
haͤuffig im Meerſtrande gefunden; welcher in
Morgenland den Edelgeſteinen vorgezogen
wird/ zu Rom und in Aſien nicht nur ein herrli-
cher Schmuck/ ſondern auch eine koͤſtliche Artz-
ney fuͤr das Anlauffen der Mandeln und ande-
re Fluͤſſe; ja weil er Stroh an ſich zeucht/ eben
ſo wohl/ als der Magnet ein Wunder der Na-
tur iſt? Die Naſſauin antwortete: der reine und
wohlruͤchende Agſtein wuͤrde nirgends als bey
den Gothonen und Eſtiern an der Oſt-See um
die Weichſel und den Fluß Rodan gefunden;
welchen letztern die Griechen aus Jrrthum oder
vielleicht deßhalben Eridan hieſſen; weil ihren
Getichten nach die fuͤr den vom Him̃el geſtuͤrtz-
ten Thraͤnen der Sonnen-Toͤchter in Agſtein
ſolten verwandelt werden. Salonine fing an:
Es iſt diß Getichte nicht ſo ungeſchickt. Sinte-
mal es zweifelsfrey den Urſprung und die Koͤſt-
ligkeit des Agſteins auszudruͤcken erfunden/ und
er hierdurch bey weitem dem Weyrauche/ wel-
cher aus des in eine Staude verwandelten
Juͤnglings Libanus Thraͤnen entſproſſen ſeyn
ſoll/ fuͤrgezogen worden. Erato verſetzte: Es iſt
freylich diß Getichte geſchickter/ als des Sopho-
cles und Demonſtratus thoͤrichte Meynungen;
in dem jener den Agſtein fuͤr der Jndianiſchen
Hennen Zaͤhren haͤlt/ dieſer aber glaͤubt; daß er
aus dem Harne der Luchſe entſpringe. Sonſt
aber iſt der Agſtein in meinen Augen ſo ſchoͤn:
daß die ihn gebaͤhrenden Baͤume von den Deut-
ſchen mit Rechte den Arabiſchen Weyrauch- und
Myrrhen-Baͤumen/ uñ denen Syriſchen Bal-
ſam-Stauden entgegen geſetzet werden koͤnnen.
Daher in Aſien ein Stuͤcke Agſtein/ darinnen
eine Heydechſe von der Natur begraben worden
war/ fuͤr etliche Talent/ und zu Rom ein kleiner
Agſteinerner Cupido theuerer/ als ſchwerlich ein
lebendeꝛ Menſch waͤꝛe zu verkauffen geweſt/ mei-
nem Beduͤncken nach nicht zu theuer verkaufft
worden. Wie nun die Graͤffin von Naſſau laͤ-
chelte/ fragte die Koͤnigin Erato: Ob ſie die Liebe
aus Agſtein wol oder uͤbel gebildet zu ſeyn glaub-
te? Jhrer Einbildung nach haͤtten beyde mit ein-
ander eine vielfache Aehnligkeit; indem beyde
zum brennen geſchickt waͤren/ und einen Ma-
gnetiſchen Zug an ſich haͤtten. Die Graͤfin ent-
ſchuldigte ſich: daß ſie daran nicht gedacht/ ſon-
dern nur theils ſich uͤber der uͤbermaͤßigen Koſt-
barkeit des Agſteins verwundert haͤtte/ welcher
bey den Gothonen ſo gemein waͤre: daß ſie ihn
zum Raͤuchern und zu den Opffern an ſtatt des
Weyrauchs/ ja zur Kitte brauchten/ auch der E-
ſtier Hertzog der Fuͤrſtin Thußnelde unlaͤngſt
ein Stuͤcke dreyzehn Pfund ſchwer geſchenckt
haͤtte; theils aus der Koͤnigin Rede eine Billi-
gung des gemeinen Jrrthums zu ſpuͤren geweſt
waͤre/ ſamb deꝛ Agſtein ebẽ diß an gewiſſen Baͤu-
men/ was das Hartzt an den Kiefern und Tan-
nen/ und das Gummi an den Kirſchbaͤumen waͤ-
re. Verhaͤlt ſichs denn nicht alſo? verſetzte die
Koͤnigin: daß der fette von gewiſſen Baͤumen
ins Meer trieffende Schweiß von dem Meer-
ſaltze durchbeitzet und gereinigt/ von den Son-
nen-Stralen aber gleichſam zu einem durchſich-
tigen Ertzte gehaͤrtet/ und von den Fiſchern ent-
weder an dem von der See beſpielten Strande
auffgeleſen/ oder aber aus gewiſſen Graͤben/
darein es das Meer auswirfft/ gefiſchet werde?
Die Naßauiſche Graͤfin antwortete: Es wird
zwar der Agſtein auff ſolche Arten geſammlet;
er iſt aber weder der Safft noch das Hartzt/ we-
niger die Frucht eines Baumes/ ſondern ei-
ne Fettigkeit der ſchwefflichten Erde/ welche
die Kaͤlte und das Saltz des Meer-Waſ-
ſers wie der Froſt die Verg-Kriſtallen verſtei-
nert; und daher auch diß auff denen zweyen
laͤnglichten an der Oſt-See in der Eſtier Gebie-
te liegenden Eylanden mehrmahls herrliche
Marck aus ſeiner Mutter der Erde gegraben
wird. Zeno fuͤgte bey: derogeſtalt wird nun-
mehr der zeither verworffene Bericht des Phi-
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 793[797]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/857>, abgerufen am 01.07.2024. |